Gesellschaft

Was uns bewegt im Juli: Lass die Kuh in Ruh‘

Nicht nur in der Fleischindustrie sind viele Bedingungen zu hinterfragen. Auch die Milchindustrie greift in viele, natürliche Prozesse ein. Wir stellen dir hier Ideen und Ansätze für gute Alternativen des Milchkonsums vor.

Nicht nur in der Fleischindustrie sind viele Bedingungen zu hinterfragen. Auch die Milchindustrie greift in viele, natürliche Prozesse ein. Wir stellen dir hier Ideen und Ansätze für gute Alternativen des Milchkonsums vor.

24.07.2020 |Ein Beitrag von Fenja Zingsheim

Schafsmilch als Käse, Kuhmilch im Kaffee, mit Müsli, in Teigwaren, als Eis, in Soßen und sogar in vielen Lebensmitteln, von denen wir es nie erwartet hätten. Das Verzehren von tierischer Milch gehört in den Ernährungsplan von den meisten Menschen und gilt als selbstverständlich. Und weil so viele die Milch lieben, gibt es eine sehr hohe Nachfrage auf dem deutschen Markt. Oftmals erzählen Konsument*innen, dass ihnen das Ausmaß des massenhaften Milchkonsums nicht bewusst ist. Denn meist wird mit glücklichen Kühen auf den Produkten geworben, die gerne ihre Milch an die Menschen abgeben. Oder es wird laut: „das war schon immer so, dafür sind die Tiere da“. Doch all zu leicht sind diese Prozesse nicht zu rechtfertigen. Die Milchindustrie befindet sich in einem Teufelskreis. Die Nachfrage nach Milch steigt, die Preise sind niedrig und die Bauern müssen in der Produktion mithalten. Darüber hinaus scheiden sich die Geister dabei, ob der Mensch tatsächlich die tierische Milch für die Gesundheit benötigt. Mit Nachhaltigkeit und Ethik, hat dies zumindest nichts mehr zu tun.

Der Milchkonsum steigt

Laut des Milch Industrie Verbands sind die Milcherzeuger*innen in den letzten Jahren weniger geworden, obwohl die Nachfrage genauso hoch ist wie bisher und sogar weiter steigt. Dies bedeutet, dass das Angebot von den übrig gebliebenen Milchbetrieben aufgefangen werden muss. Somit steigt natürlich auch die durchschnittliche Milchleistung einer Kuh. Viele kleine Milchbetriebe existieren nicht mehr. Die Milchindustrie steht vor der Herausforderung, die Nachfrage zu stillen und das Thema Nachhaltigkeit und Ökologie gleichermaßen gerecht einzubetten. Da ein achtsamer Umgang mit den Tieren, ihrer Milch und unserem Lebensstil präsenter denn je ist, sollte die Milchindustrie nicht so fortlaufen. 

Nicht nur die Landwirt*innen schultern immensen Druck auf dem Markt bestehen zu bleiben, besonders die Tiere leiden unter diesen Umständen weit entfernt einer artgerechten Haltung.

Wem die Milch galt? Dem Kalb

Eine Kuh muss in etwa 60 Liter Milch am Tag geben. Durch massenhaftes füttern mit Kraftfutter, produziert sie so viel Milch, dass das Melken mehrmals am Tag nötig ist. Doch gehen wir einmal zum Ursprung zurück. Wie fast jedes weibliche Säugetier, geben auch Kühe erst dann Milch, wenn sie Nachwuchs erwarten. In diesem Fall kalben die Kühe. Die Kuhmilch wird somit in erster Linie für das Kalb produziert, dessen natürliche Nahrungsquelle die Milch aus dem Euter des Muttertiers ist. Im Milchbetrieb wird nun in diesen Prozess bereits eingegriffen. Milchkühe werden in einen „dauerkalben“-Zustand gesetzt, um durchgehend Milch produzieren zu können. Je größer und kommerzieller die Betriebe sind, desto extremer die Eingriffe. Es kommt nicht selten vor, dass die Kühe künstlich befruchtet werden. Die daraus entstehenden Kälber werden der Mutter meist sofort nach der Geburt entrissen und separat gehalten. So kann die Milch des Muttertiers direkt „abgezapft“ werden bis die Euter sozusagen leergesaugt sind. Und schon folgt die nächste Befruchtung. Doch wohin mit den zahlreichen Baby-Tieren?


Die Jungtiere haben nicht die Chance, frei auf der Wiese herum zu hüpfen. So malt man sich das ohnehin nur in der eigenen Vorstellung über die fröhliche Kuh-Kindheit aus. Die Realität sieht anders aus. Wenn die Kälber weiblich sind, folgt mit hoher Wahrscheinlichkeit derselbe Lebensweg wie der ihrer Mütter. Männliche Kälber werden entweder zur späteren Zucht genutzt oder landen sehr häufig direkt beim Schlachter. Milchkühe leben im Schnitt fünf Jahre, obwohl ihre natürliche Lebenserwartung 20 Jahre beträgt. Der Rattenschwanz dieser Prozesse nimmt vielseitige Ausmaße an und auch die Bedingungen der Tierhaltung sehen je nach Betrieb ganz verschieden aus. Skandale von Tiertransporten lebender Tiere ins Ausland, wo sie unter grauenvollen Umständen gehalten und geschlachtet werden oder viel zu kleine Ställe ohne Aussicht auf grüne Wiesen sind keine Seltenheit. Solche Umstände treiben so manche Tränen in die Augen und stoßen bei uns zumindest auf ein: „Mensch, lass doch die arme Kuh in Ruh“. Der Wunsch nach Änderungen findet immer größeren Anhang. Dass vor allem der massenhafte Konsum eines jeden von möglichst preiswerter Milch zu diesen Umständen beiträgt, ist eine logische Schlussfolgerung. Gerade deswegen ist es für Konsumierende umso wichtiger, darauf zu schauen, wie (viel) und auch was konsumiert wird.

Auch wenn sie in Debatte oft in Vergessenheit geraten, verhält es sich bei Schafen, Ziegen und Büffeln ebenso. Schafskäse oder Büffelmozarella für Feinschmecker*innen entstammen aus den Eutern der Muttertiere, dessen Baby-Tiere keine Chance auf ein artgerechtes Leben haben und ihren natürlichen Saugreflex nicht am Euter ihrer Mutter ausleben können.

Diese Erkenntnisse und die heutigen Möglichkeiten sollten nicht die Negativität der wirtschaftlichen Prozesse in den Fokus setzen. Denn wir sind mehr bereit denn je, die Welt etwas besser zu machen. Indem wir nicht wegschauen und gezielt darüber nachdenken, was jede*r Einzelne ändern kann.

Dafür möchten wir dir selbstverständlich ein paar Tipps geben. Nachfolgend findest du Produkttipps, die dir den Verzicht auf Milchprodukte erleichtern sollen:

Nicht verzagen, nach Milchalternativen fragen

Pflanzendrinks und Käse-Ersatz bieten in vielen Speisen eine super Alternative. Angefangen am Morgen. Die meisten essen gerne Brötchen mit Käse. Bestimmt hat auch deine Bäckerei um die Ecke vegane Brötchen im Angebot. Es ist zwar nicht immer ersichtlich, aber Fragen kostet bekanntlich ja nichts. Sollte der regionale Kauf einmal nicht möglich sein, bietet zum Beispiel hello-bread.de vegane und Bio-Brötchen online an. Und bei Aufbackwaren steht die Zutatenliste immer auf der Verpackung, sodass auch hier eine vegane Alternative einfach ersichtlich ist.

Selbst bei Margarine müssen Milch und tierische Produkte nicht enthalten sein. Landkrone bietet beispielsweise zahlreiche und kreative Margarinesorten an. Das macht doch neugierig!

Käsealternativen sind zum Beispiel die Produkte von Happy Cheeze, Simply-V oder bedda auf Cashew-, Kokos- oder Mandel-Basis. Diese sind wie alle anderen Produkte in Supermärkten zu finden und sogar immer zahlreicher vertreten. Gerade bei Produkten, die auf dem Brot landen, kommt es ganz auf den individuellen Geschmack an. Somit heißt es neugierig bleiben und ausprobieren!

Was garantiert vielen schmecken wird, ist die Verwendung von Pflanzendrinks im Müsli, Kaffee oder als Alternative zum Backen. Von der Hafermilch von Oatly bis hin zu Kokos- oder Haselnussdrink von dmBio oder anderen Anbieter*innen ist jede Variation möglich und kann der tierischen Milch sozusagen „die Milch reichen“. Auch zum Kaffee gibt es bereits Baristamilch für einen wunderbar stabilen pflanzlichen Milchschaum.
Auch das Erzeugen von Pflanzenmilch kann als interessante Beschäftigung in die Freizeit integriert werden. Mit Nussmilchbeuteln, die es in unverpackt Läden gibt, und Nüssen kannst du deine eigene Pflanzenmilch erzeugen. Falls dies zu anstrengend wirkt, dann ist unser Tipp der Pflanzenmilchbereiter von ANDSOY, mit dem du ganz einfach deine eigene vegane "Milch" zubereiten kannst.


Nachmittags noch einen Kuchen? Kein Problem, denn vegane Kuchen können ebenfalls nicht nur einfach selbst gemacht werden, immer mehr Cafés bieten diesen auch an. Im Sommer greifen viele lieber zum Eis. Auch das ist ohne Milch möglich. Ob für Zuhause von diversesten Marken oder in Eisdielen. Eissorbets schmecken meist der Frucht ähnlicher, als die Varianten mit Zufuhr von Kuhmilch. Die Liste der Alternativen wächst täglich und wenn du einmal beginnst, dich damit auseinander zu setzen, wirst du überrascht sein, wie gut diese sind.

Gesundheitlich ist es besser für dich

Ob das nicht-konsumieren tierischer Milch gesundheitliche Konsequenzen für den Menschen hat, ist nicht mit einem JA oder NEIN zu beantworten. Fakt ist, dass die Menschheit auf einen Jahrhundertlangen selbst erschafften Mischkonsum zurückblickt und sich eine Laktosetoleranz größtenteils angeeignet hat. Zählt man die Fakten zusammen, ist es für das Überleben des Menschen wohl nicht nötig, tierische Milch zu konsumieren. Personen, die sich Milchfrei, oder sogar vegan ernähren, klagen selten von gesundheitlichen Beschwerden. Oftmals wird der Verzicht auf Milch als die Gesundheitsformel schlecht hin bezeichnet. Besonders auch Schadstoffe, Antibiotika und andere Zusätze, die in der langen Verarbeitung oder vom gemästeten Tier in die Milch gelangen, sind in den pflanzlichen Alternativen weniger enthalten.

Vegan ist nicht dein Ding? Dann mach' Bio zu deinem Liebling!

Es muss nicht komplett auf Milch verzichtet werden, wenn du nicht möchtest. Allein mit Bioprodukten kannst du den schlimmen Umständen der Milchindustrie etwas entgegensteuern. Faire Preise für die Bauern, damit sie bessere und gesünderer Lebensumstände für die Tiere gewährleisten und ihre Landwirtschaft erhalten können. Ein Bewusstsein darüber, was wir alle mit unserem Konsumverhalten anrichten verhilft, schreckliche Umstände in den Ställen zu verbessern. Auch unsere eigene Gesundheit profitiert davon. Es handelt sich also um eine Win-Win- Situation, wenn wir alle bewusster miteinander umgehen und die Natur wertschätzen.

Es liegt an uns allen, die Milchindustrie zu verändern

Milchfrei oder vegan leben, fordert eine Lebensumstellung. Hinsichtlich der Aspekte, dass Kälber, Lämmer, Ziegen und andere Jungtiere ihrer Mutter entrissen werden und ihr Recht auf Muttermilch nicht erhalten, dass die Tiere unter schlechten, nicht artgerechten Bedingungen gehalten werden, der Treibhauseffekt der Haltung in der Milchproduktion immens hoch ist und die Milchprodukte gesundheitlich der eigenen Gesundheit nicht mal gänzlich guttun, fällt es eventuell doch leichter, den einen oder anderen milchfreien oder veganen Snack als Alternative in den Alltag zu integrieren.

Niemand ist perfekt im eigenen Konsumverhalten. Das sollte dich aber nicht daran hindern, Dinge bewusster anzugehen. Selbst kleine Veränderungen, sind ein Beitrag zum großen Ganzen. Unser Konsum trägt erheblich dazu bei, wie Wirtschaft und Politik die Gesellschaft leiten und beeinflusst somit auch unsere Natur.

 

Lies auch: Veganismus ist kein Trend, sondern eine nötige gesellschaftliche Entwicklung, der Milchvergleich & Sojamilch, worauf kommt es an?

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Bilder: Unsplash, Pixabay & LifeVERDE

 




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