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„Veganismus ist kein Trend, sondern eine nötige gesellschaftliche Entwicklung“

INTERVIEW | Miriam Billa möchte mit ihrem Online-Shop boutique vegan Verantwortung für Natur und zukünftige Generationen übernehmen.

INTERVIEW | Miriam Billa möchte mit ihrem Online-Shop boutique vegan Verantwortung für Natur und zukünftige Generationen übernehmen.

17.05.2017

LifeVERDE: Frau Brilla, über Ihren Online-Shop boutique vegan verkaufen Sie ausschließlich vegane Produkte. Was macht diese Produkte besonders nachhaltig?

Miriam Brilla: Wir führen über 500 ausgewählte Hersteller aus den Bereichen Lebensmittel, Getränke, Haushalt, Beauty, Kosmetik, Tierbedarf und Medien. Vegan ist für uns die ethische Grundlage, jedoch achten wir sehr auf die Qualität der Produkte. Wir haben überwiegend biozertifizierte Produkte, Produkte aus fairtrade Handel, Naturkosmetik und im Bereich Haushalt Produkte ohne Chemie, die biologisch abbaubar sind, im Sortiment. Dabei ist uns wichtig, dass wir den ökologisch-nachhaltigen Gedanken fördern, aber auch die kleinen Hersteller, deren Produkte überzeugen, eine Möglichkeit bieten, ihre Produkte zu präsentieren. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist, dass die Produkte schmecken und funktionieren müssen. Das bedeutet wir entscheiden als Team, ob ein Produkt das halten kann was versprochen wird. Somit versuchen wir bereits im Vorfeld ein Sortiment zusammenzustellen, das den Kunden nicht enttäuscht. Innerhalb von 3 Jahren sind wir mit über 4000 Produkten zum größten Online Shop mit veganem Vollsortiment in Europa gewachsen.

Welche veganen Produkte bestellen Ihre Kunden besonders gern, können Sie aktuelle Trends beobachten?

Dadurch, dass wir ganz viele unterschiedliche Kunden haben, gibt es ganz viele verschiedene Warenkorbzusammenstellungen bei uns. Das ist wirklich interessant zu beobachten. Es gibt allerdings schon ein paar Produkte, die sehr beliebt sind. Dazu zählt z.B. veganer Käse, den es in Scheiben, am Stück, gerieben und als Aufstrich gibt. Erhältlich in vielen verschiedenen Geschmacksrichtungen, auf Nussbasis oder komplett frei von Soja, Palmöl und Gluten bieten wir unseren Kunden eine breite Auswahl. Besonders Sahne, Schlagsahne und Pflanzenmilch wird sehr stark nachgefragt, da Kunden merken, dass sie in dieser Hinsicht auf nichts mehr verzichten müssen. Wir haben auch ganz viele Naschkatzen als Kunden, die so viele leckere und teils sehr gesunde Süßwaren bei uns finden. Besonders stechen hier die YumEarth Bio-Süßwaren hervor, die komplett Allergenfrei sind und so fruchtig lecker sind. Ein besonderes Highlight sind auch die miigan Trockenfleischersatzprodukte, die aus 100% Sojaprotein oder Erbsenprotein bestehen. Nicht nur Veganer, Vegetarier und Blogger lassen ihrer Koch-Kreativität hiermit freien Lauf, sondern auch Sportler und ernährungsbewusste Menschen kennen die Vorteile dieser Produkte.

Sie haben auch ein reiches Sortiment für Allergiker. Was bieten Sie diesen an?

Dadurch, dass wir von vornherein diverse Zutaten in Lebensmitteln ausschließen, ist unser Sortiment komplett frei von tierischem Protein, d.h. auch laktosefrei, caseinfrei, ei-frei. Zirka 30 % unserer Kunden sind keine Vegetarier, sondern genießen die Produktvielfalt aufgrund diverser Allergien. Wir haben Kunden, die sich so gefreut haben wieder Omas Käsekuchenrezept backen zu können, oder ihren geliebten Cappuccino mit Schaum-Haube trinken zu können. Wir waren der erste vegane Online Shop mit integriertem Allergiefilter. Mit unseren detaillierten Produktbeschreibungen haben besonders Menschen mit Allergien alle Informationen zur Hand, die sie benötigen. Sie erfahren sogar Hintergründe zu den Herstellern und erhalten wertvolle Zubereitungs- und Geschmackstipps. Gluten-unverträglichkeit ist ein großes Thema, aber auch immer mehr Menschen, die Produkte ohne Soja, ohne Zuckerzusatz, ohne Palmöl suchen oder Rohkost bevorzugen.

Handelt es sich bei all ihren Zulieferern um „nachhaltige Unternehmen“? Kann dies kontrolliert werden, wie transparent sind die Lieferketten?

Alle Produkte in unserem Sortiment müssen grundsätzlich 100% vegan, bzw. tierversuchsfrei sein. Das ist unser ethisches Grundkriterium. Darüber hinaus jedoch unterscheiden wir zw. verschiedenen BV Standards. Das heißt, ob durch die Verarbeitungsmaschinen Spuren von Milch, Ei, etc. im Produkt enthalten sein könnte. Dies muss rechtlich auf dem Etikett vermerkt sein, jedoch nur weil es sich bei diesen Stoffen um Allergene handelt. Ob z.B. Gelatine zur Klärung, oder Würzmittel aus Fleischprodukten eingesetzt wird, muss der Hersteller nicht kennzeichnen. Hier liegt es an uns ordentlich über die Hersteller und Herstellungsverfahren zu recherchieren, um dies entsprechend auszuschließen. Zudem nehmen wir keine Produkte auf, die Gentechnik enthalten. Auch Firmen, die wir aus ethischen Gründen ablehnen, möchten wir indirekt durch Tochterunternehmen auch nicht unterstützen, z.B. Nestle, Loreal, P&G, Kraft Foods, Monsanto, etc.

Weitere Kriterien sind die Qualität, Geschmack und Zutaten der Produkte. Nur Produkte, die uns überzeugen kommen ins Sortiment. Diese werden daher alle von uns im Team getestet und beurteilt.

Durch unseren Shop wollen wir Firmen unterstützen, die sich für Umwelt, Tiere und Menschen einsetzen, d.h. auch soziale Projekte fördern, feste Abnahmeverträge mit Bauern schließen, möglichst Bio-Anbau betreiben und Fair handeln.

Können Sie auch einen relevanten generellen Trend hin zu veganer Ernährung oder einem veganen Lebensstil feststellen?

Ich bin ganz klar der Meinung, dass Veganismus kein Trend ist, sondern eine nötige gesellschaftliche Entwicklung. Wir müssen die Verantwortung für unser Handeln auf dieser Erde übernehmen und sind es zukünftigen Generationen schuldig. Die übermäßige Umweltverschmutzung, der enorme CO2 Ausstoß, sowie das unendliche Leid der ausgebeuteten Tiere ist absolut vermeidbar. Für unseren derzeitigen Umgang mit Ressourcen bräuchten wir 2,5 Erden, die wir natürlich nicht haben. Wenn der Fleischkonsum um 50% weltweit reduziert werden würde, dann würde diese Erde und die vorhandenen Anbauflächen völlig ausreichen um jeden Menschen vollständig zu ernähren. Keiner müsste Hunger leiden.

Ich bin mir sicher, dass sich Karnismus und Spezizismus auf Dauer nicht halten werden. Ein Beispiel hierfür ist die in früheren Generationen völlig normale Sklaverei und Rassismus. Diese Praktiken wurden auch abgeschafft, waren damals jedoch völlig „normal“. Durch eine solche Zeit gehen wir im Moment, bzw. die nachfolgende Generation hat gar keine Wahl. Zum anderen ist es so, dass uns das Internet Einblicke hinter Kulissen verschafft, die große Konzerne nicht mehr verstecken können. So haben wir erst erfahren wie es den Tieren in einer solchen Massentierhaltung ergeht, wie schrecklich Langstreckentransporte sind, wie grausam die Massenschlachtanlagen sind, wie elend es ausgebeuteten Arbeitern in Fabriken und Farmen der 3. Welt ergeht…etc. Unwissenheit schützt nicht mehr vor Verantwortung, denn die Informationen sind für jeden zugänglich – man muss nur die Augen aufmachen.

Es gibt auch viele Kritiker, die den Vegan-Trend stark in Frage stellen beispielsweise aus gesundheitlichen Gründen. Was entgegnen Sie diesen?

Es sind bereits vermehrt Zivilisationskrankheiten aufgekommen, die rein auf die falsche Ernährung und Lebensweise zurückzuführen sind. Wir haben deshalb auch eine wachsende Anzahl an kranken und älteren Kunden, die eine vegane Ernährung aus gesundheitlichen Gründen verordnet bekommen haben.

Dass wir durch tierische Proteine auf lange Sicht krank werden ist heutzutage kein Geheimnis mehr, dies belegen zahlreiche UNABHÄNGIGE Studien. Viele haben verstanden, worum es bei einer veganen Lebensweise geht – gesundheitliche Prävention, Empathie mit Lebewesen und der Natur, Nachhaltigkeit, Verminderung von Leid… vegan zu leben hat schlichtweg nur Vorteile für Mensch, Tier und Natur – leider nicht für Biotech Konzerne, Pharmaindustrie und Petro-Chemie, deshalb wird es seitens Wirtschaft und dessen Druck auf Politik auch weiterhin Widerstand gegen diese Bewegung geben. Da gibt es nur eine Lösung – jeder Konsument hat jeden Tag eine Wahl zu treffen und gestaltet aktiv die Marktentwicklung mit. Je mehr sich dieser Macht als Einzelner also bewusst sind, desto schneller wird sich unsere Gesellschaft auch in eine positive Richtung entwickeln.

Wie leben Sie in Ihrem Unternehmen Nachhaltigkeit?

Wir achten auf viele Kriterien, z.B. nachhaltigen Bio-Landbau, fairen Handel mit Rohstoffen, soziales Engagement unserer Hersteller, Ausschluss von Gentechnik und die Qualität der Produkte. Wir prüfen jedes Produkt im Team und entscheiden dann über die Aufnahme in unserem Sortiment, denn das Produkt muss auch das halten können was es verspricht – Geschmack, Anwendung, Zutaten.

Wir nutzen einen klimafreundlichen Versand, nur recycelte Versandmaterialen aus Papier und biologisch abbaubarer Maisstärke, sowie ein Mehrwegsystem für den Kühlversand.

Im Büro und Lager achten wir auf die Verwendung von nachhaltigen Rohstoffen, sowie Mülltrennung.

Vor welchen Herausforderungen stehen Sie aktuell in diesem Zusammenhang aber noch?

Wir sind immer auf der Suche nach den nachhaltigsten Konzepten hinsichtlich Qualität, Herstellung, Verpackung und Vertrieb. Leider müssen auch wir immer noch Abstriche machen und Kompromisse eingehen – so z.B. für den Kühlversand in der Thermobox mit wiederverwendbaren Tiefkühlakkus. Dieser Service ist wichtig für unsere Kunden, sodass Kühlprodukte auch im Sommer über längere Strecken geschützt bleiben. Allerdings ist dieses Produkt nicht aus nachhaltigen Rohstoffen hergestellt und wir würden uns eine nachhaltigere Lösung wünschen, welche es so leider noch nicht gibt. Jedoch haben wir uns hierfür ein Recycling Konzept überlegt, d.h. jeder Kunde darf seine angesammelten Thermoinlays und Kühlakkus an uns zurücksenden, wir verwenden diese weiter und der Kunde erhält entsprechende Treuepunkte als Gegenleistung für sein Umweltengagement.



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