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Nachhaltige Mode: Jetzt auch fürs Buisness

INTERVIEW | "Die Idee kam auf der Suche nach nachweisbar nachhaltigen Anzügen und Kostümen für uns selbst. Wir haben keine gefunden, aber dafür die Marktlücke." Otto Kersten, Geschäftsführer von gotsutsumu GmbH im Interview.

INTERVIEW | "Die Idee kam auf der Suche nach nachweisbar nachhaltigen Anzügen und Kostümen für uns selbst. Wir haben keine gefunden, aber dafür die Marktlücke." Otto Kersten, Geschäftsführer von gotsutsumu GmbH im Interview.

09.05.2017

LifeVERDE: Herr Kersten, Ihr Modelabel gotsutsumu bietet nachhaltige Businessmode. Welche Bedeutung hat der Name und wo kann man Ihre Kleidungsstücke kaufen?

Otto Kersten: Der Name gotsutsumu ist Programm: Die Verpackung (Tsutsumu) von Gegenständen hat im Rahmen der japanischen Kultur und Weltanschauung eine besondere Bedeutung; Tsutsumu ist nicht einfach das Einpacken oder Verhüllen von Objekten, sondern erhöht deren Wertigkeit. Tsutsumu impliziert, dass etwas rein und sauber ist und grenzt es von Schmutz und Unrat deutlich ab. Tsutsumu leitet sich von dem Wort tsutsushimi ab, das so viel wie „diskret und  zurückhaltend sein“ oder „Verehrung zeigen“ bedeutet. Tsutsumu oder das Verpacken von Dingen geschieht nicht nur, um sie rein zu halten oder zu schützen, sondern auch, um Respekt auszudrücken.
 
Nachhaltige Mode fürs Business dürfte bislang ziemlich einzigartig sein? Wie ist das Konzept hierfür entstanden und welche Motivation treibt Sie an?

Die Idee kam auf der Suche nach nachweisbar nachhaltigen Anzügen und Kostümen für uns selbst. Wir haben keine gefunden aber dafür die Marktlücke. Alle, die nachhaltige Businesswear tragen wollen und sollen erhalten diese nun auch.

Was zeichnet gotsutsumu noch aus?

gotsutsumu ist die erste GOTS organic (97% zertifizierter Biofaseranteil) zertifizierte Business Kollektion weltweit: Anzüge, Kostüme und Kleider. Eventuell auch Indoor-Uniformen (Hostessen, Gastro etc.). Es gab diese Produkte bisher nicht. Alle Teile der Kollektion folgen - ohne Ausnahme diesen Kriterien.  Die Kollektion ist nicht nur in der Produktion nachhaltig sondern auch modisch, mit hohem Tragekomfort. Biofasern sind u.a. temperaturausgleichend und müssen nur ausgelüftet werden um Geruchsneutralität herzustellen. Reinigung zur Geruchsentfernung ist somit nicht nötig. Somit werden auch erhebliche Reinigungskosten und die damit verbundenen Umweltauswirkungen gespart.
Durch besondere Entwicklungen und Schnittführung kann der Kunde erstmals konsequent nachhaltige Business-Mode tragen ohne Einbußen an Funktionen oder Modeattributen in Kauf nehmen zu müssen.  Ein Beispiel wäre das Futter der Oberteile: Um diese  bequem an- und ausziehen zu können muss das Futter ausreichend glatt sein. Statt synthetische Fasern aus nicht nachwachsenden und nicht abbaubaren Synthetikfasern einzusetzen, wurde ein besonders kalandertes Baumwollgewebe eingesetzt, das diese Funktion ebenfalls erfüllt.
Mittlerweile entstehen immer mehr Modelabels und Anbieter auf deren Etikett ‚grün‘ steht. Sind diese wirklich alle einwandfrei nachhaltig?
Das lässt sich nicht generell beantworten. Die Käufer sollten genau hinschauen, was mit "grün" gemeint ist. Geht es nur um die eingesetzten Materialien oder auch um den Herstellungsprozess, also um die gesamte textile Kette? Geht es um soziale oder ökologische Nachhaltigkeit?

In welchen Bereichen wird Nachhaltigkeit oft vernachlässigt oder nicht konsequent umgesetzt? Können Sie vielleicht ein bis zwei Beispiele aus dem Herstellungsprozess geben, wo Verbraucher mit Greenwashing häufig in die Irre geführt werden?

Oft sind es die erwähnten Fasern: Ein Produkt wird als hochgradig nachhaltig bezeichnet, obwohl es nur 5% Biobaumwolle enthält und die Verarbeitungsprozesse wie Färben oder Ausrüsten - mit teilweise umweltgiftigen oder krebserregenden Stoffen gar nicht angeschaut werden.  Oder es werden zwar Naturmaterialien eingesetzt, wie z.B. Bambus, die Herstellung läuft aber über einen Viskose-Prozess. Das heißt aus dem Bambus wird ein Brei hergestellt, der dann durch eine Spinndüse (wie beim Spaghetti Eis) gepresst wird und so das Garn entsteht. Dieser Herstellungsprozess ist sehr mit Chemikalien belastet und in den meisten Fällen keineswegs nachhaltig.

Wie kann man als Verbraucher eine grüne Mogelpackung erkennen ohne aufwändig recherchieren zu müssen?

Verbraucher sollten sich nicht auf Selbstaussagen verlassen, sondern auf Standards, die eine unabhängige Zertifizierung vorschreiben - wie eben der GOTS. Jedes Produkt trägt die Lizenznummer, die auf der GOTS Webseite von jedem überprüft werden kann. Die Zertifizierer geben die Kennzeichnung am Produkt jeweils frei, so dass es sich tatsächlich um ein GOTS Produkt handelt.

Ein generelles Problem der grünen Branchen ist, dass Verbrauchern zugemutet wird, sich in einem immer dichteren Siegeldschungel zurechtzufinden. Wie könnte man hier Licht ins Dunkel bringen und bessere Orientierung schaffen?

Es gibt mittlerweile sehr gute unabhängige Informationsplattformen wie label-online.de vom Bundesverband der Verbraucherinitiative oder  siegelklarheit.de vom BMZ. Beide erklären und vergleichen kurz und verständlich Standards.
 
Vor welchen Herausforderungen stehen Sie aktuell, was Ihre Nachhaltigkeitsstrategie betrifft?

Den Wettbewerb mit den "nicht grünen", die jahrelang "anerzogene"  Preissensibilität der Konsumenten und die vielen unüberprüfbaren grünen Produkte. Darüber hinaus: Grün und gleichzeitig billig geht nicht, denn grün heißt automatisch Kosten zu internalisieren: Unsere Produkte enthalten die fairen Kosten für die Hersteller und die Umwelt, statt diese einfach auszulagern, indem z.B. die Abwässer nicht geklärt oder die Mitarbeiter nicht vernünftig bezahlt werden.



Mehr zu den Themen:   nachhaltige mode faire mode

Kommentare
Elana
11.05.2017
Many thanks very useful. Will share website with my friends.

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