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"Kleidung muss fair, ökologisch und vegan produziert sein."

„Ein Kleidungsstück aus konventioneller Baumwolle, aber fair produziert würde für uns keinen Sinn ergeben. Die Menschen in den Anbauländern von Baumwolle würden immer noch unter den Dünge- und Spritzmitteln leiden, die auf die Felder kommen und in das Grundwasser gelangen", so  Christina Wille, Gründerin von LOVECO.

„Ein Kleidungsstück aus konventioneller Baumwolle, aber fair produziert würde für uns keinen Sinn ergeben. Die Menschen in den Anbauländern von Baumwolle würden immer noch unter den Dünge- und Spritzmitteln leiden, die auf die Felder kommen und in das Grundwasser gelangen", so  Christina Wille, Gründerin von LOVECO.

29.03.2017 - © LOVECO

LifeVERDE: Frau Wille, bei LOVECO findet man Vegane Eco Fashion. Was versteht man unter veganer Kleidung und was ist das Besondere an Ihrer grünen Mode?

Christina Wille, Gründerin LOVECO: Vegane Eco Fashion steht für Kleidung ohne tierische Bestandteile, ähnlich wie im Lebensmittelbereich. Das heißt, wir verzichten auf Leder, auf tierische Wolle, Seide, Horn, Daunen und Pelze. Da wir aber niemanden entlang der textilen Produktionskette ausbeuten wollen, ist es uns genauso wichtig, dass die Mode, die wir anbieten, den strengsten ökologischen und sozialen Standards entspricht, die es zur Zeit auf dem Textilmarkt gibt.

Bio-Mode genießt bei Verbrauchern zunehmend eine größere Aufmerksamkeit. Wie ist das bei veganer Mode, erkennen Sie hier einen ähnlichen Trend?

Wer sich mit nachhaltiger Mode auseinandersetzt, kommt auf Dauer nicht an veganer Mode vorbei. Wir nehmen ein immer größer werdendes Bewusstsein über die Auswirkungen von Massentierhaltung wahr. Wer sich mit den daraus resultierenden Folgen für die Umwelt auseinandersetzt, der wird merken, dass auch die Lederproduktion ein extrem schmutziges Geschäft ist. Um nur ein Beispiel zu nennen. Angefangen bei der oft qualvollen Haltung der Tiere, die nur für die Ledergewinnung gehalten werden, bis hin zum Einsatz von giftigen Substanzen wie Chrom, das Umwelt und Mensch schadet. Ich denke, dass KonsumentInnen zunehmend auch über einen veganen Lebensstil nachdenken und danach handeln. Sicher werden das nicht alle zu 100% umsetzen, aber in gewissen Bereichen können wir diesen Trend beobachten, ähnlich wie im Lebensmittelbereich. Viele leben nicht rein vegan, achten aber vermehrt darauf, weniger tierische Produkte zu essen.

Welches sind die Vorteile von veganer Mode und wie grenzt sie sich gegenüber Bio-Mode ab?

Wir sprechen in der Eco Fashion Szene immer davon, niemanden ausbeuten zu wollen. Nicht die Natur und nicht den Menschen. Aber wo sind dabei die Tiere? Gehören die nicht zu unserer Natur? Ich denke, es fehlt an Aufklärung, woher Wolle, Leder, Pelze und co. stammen. Und auch wenn es ein Abfallprodukt ist, ich möchte nicht, dass ein Tier für mich sterben musste, damit ich es als Schuh oder Pelzbesatz tragen kann. Auch nicht wenn es von einem Biohof stammt oder ein Abfallprodukt ist. Niemand vermisst in unserem Sortiment ein Patch aus Leder an seiner Jeans. Wirklich niemand! Wir müssen uns diese Begründung immer wieder von DesignerInnen anhören: „Zu einer klassischen Five-Pocket-Denim gehört ein Lederpatch.“ Darauf erwidere ich immer und immer wieder: „Die meisten wissen nicht
einmal, dass eine Jeans ein Patch aus Leder besitzt und fragen, was an einer Jeans nicht vegan sein kann.“ Die verheerenden Folgen der Nutztierhaltung werden erst langsam deutlich. Der erhöhte Ausstoß von CO2 und Methan, der wahnsinnige Verbrauch von Ressourcen, um ein Stück Fleisch zu produzieren, all dem wollen wir entgegenwirken, indem wir im wahrsten Sinne des Wortes über den Tellerrand hinaus schauen und nicht bei der Ernährung aufhören, sondern zeigen, dass man auch bei veganer Mode auf nichts verzichten muss. Der Vorteil besteht also ganz klar darin, dass wir einen Schritt weitergehen und die oft verachtenden Haltungsmethoden von Tieren vermeiden und hinterfragen wollen. Da gibt es viel Streitpotenzial. Natürlich ist es aus ökologischer Sicht keine perfekte Lösung anstatt eines Lederschuhes einen Kunststoffschuh zu tragen. Aber wer vermeiden möchte, dass ein Lebewesen für ihn sterben musste, der kommt nicht darum herum, auch auf Leder zu verzichten. Jeder hat ein anderes Bewusstsein gegenüber Tieren. Mir liegt es am Herzen, dass kein Mensch, aber auch kein Tier für mich ausgebeutet wird. Tiere sind nicht auf dieser Welt, um als Hochleistungsapparate ihr Leben für irgendeine Industrie zu fristen.

Wie würden Sie ihren Kundenkreis beschreiben, sind es überwiegend Veganer, die auch bei Nahrungsmitteln tierische Produkte ablehnen?

Nein. Unser größter Kundenstamm besteht aus Menschen, die sich vorrangig mit dem ökologischen und fairen Aspekt identifizieren. Der vegane Aspekt ist sehr jung, aber auch da haben wir ein wachsendes Publikum. Außerdem sind viele neugierig und fragen nach, warum wir auf tierische Materialien verzichten. Das gibt uns die Bestätigung, dass wir noch viel Aufklärungsarbeit leisten können. Meist sind die KundInnen überrascht, welche Auswirkungen tierische Produkte haben. Viele verzichten nicht gänzlich auf tierische Produkte, aber zum Teil. Und das ist gut so!

Aus welchen Materialen besteht vegane Mode, können Sie ein paar Beispiele geben? Gibt es neue innovative Materialien?

Der Großteil unseres Sortiments besteht aus Biobaumwolle. Das sieht in nicht-veganen Läden nicht anders aus. Da muss man schon einmal auf kaum etwas verzichten. Als Seidenersatz bieten wir Tencel an. Eine Faser, die sich in den letzten Jahren im Eco Fashion Bereich sehr verbreitet hat. Sie wird aus Eukalyptus oder Buchenholz gewonnen und trägt sich sehr angenehm auf der Haut und wird in einem sehr umweltschonenden Verfahren gewonnen. Außerdem versuchen wir auf robuste und nachhaltige Fasern wie Hanf und Leinen zu setzen. Sie haben eine noch bessere Ökobilanz als Biobaumwolle, weil sie wenig Wasser, keine Dünge- oder Spritzmittel benötigen. Auf unserer Seite finden Sie in unserem ​Ratgeber​ mehr Informationen zu allen Materialien, sowie ihren Vor- und Nachteilen.

Nachhaltigkeit und Tierschutz stehen bei Ihnen an oberster Stelle bei der Auswahl der Kleidungsstücke. Worauf achten Sie ganz besonders?

Alle Bereiche so ehrlich und streng wie möglich zu erfüllen. Bei uns müssen alle drei Säulen erfüllt sein. Die Kleidung muss fair, ökologisch und vegan produziert sein. Wir priorisieren keines der drei Kriterien. Ein Kleidungsstück aus konventioneller Baumwolle, aber fair produziert würde für uns keinen Sinn ergeben. Die Menschen in den Anbauländern von Baumwolle würden immer noch unter den Dünge- und Spritzmitteln leiden, die auf die Felder kommen und in das Grundwasser gelangen. Es muss ein ganzheitliches Konzept ergeben. Daher haben wir uns über die faire und ökologische Ausrichtung hinaus ja auch für eine vegane Ausrichtung entschieden.

Woran können sich Verbraucher orientieren, die sich für vegane Mode interessieren? Gibt es spezielle Siegel, die darauf hinweisen?

Jein. Es gibt die „vegan approved“ Auszeichnung von PETA. Leider beachtet diese Auszeichnung nicht zwangsläufig ökologische und soziale Kriterien. Dies ist definitiv ein großes Manko und mein Kritikpunkt. Wer sich also daran orientiert, muss sich zusätzlich absichern. Beispielsweise über den GOTS, der die ökologischen Standards gewährt, sowie die Fair Wear Foundation, die soziale Standards überprüft. Leider müssen gewisse Materialien an Kleidungsstücken nicht ausgezeichnet sein. Eine Jeans hat häufig ein Patch aus Leder hinten am Bündchen. Das muss aber nicht deklariert sein als Leder. Da muss man schon sehr genau hingucken. Auch viele Besatzstücke aus Pelz werden häufig nicht richtig deklariert. Daher ist das PETA vegan approved Zeichen schon sehr hilfreich, aber aus meiner Sicht nicht umfassend genug.

Welche Trends im Bereich grüner Mode finden Sie aktuell besonders spannend?

Kreislaufsysteme. Ich denke dabei an Rücknahmesysteme, bei denen aus Altkleidern neue Textilien hergestellt werden. Die Circular Economy steckt in den Kinderschuhen. Es gibt noch keine gute Infrastruktur dafür. Aber die werden wir auf Dauer benötigen. Denn wir können vor dem Hintergrund der drohenden Lebensmittelknappheit nicht unbegrenzt Land für die Textilindustrie bewirtschaften. Hierbei spreche ich nicht von Recycling-Systemen, wie sie beispielsweise H&M zur Zeit aufbaut. Hier werden noch zu wenig Altkleider tatsächlich recycelt, sondern downcycelt. Das heißt, bspw. in Putzlappen oder Autositzfüllungen verwandelt und nicht in neue Kleidung. Häufig werden die Sachen auch einfach als secondhand Ware verkauft. Für die Eco-Szene erwarte ich ausgereiftere Prozesse, die weitreichender sein müssen. Das ist allerdings noch schwierig, da man Mischgewebe nicht so einfach recyceln kann. Eine Jeans besteht zum Beispiel häufig aus Baumwolle und
Elasthan. Daraus lässt sich nicht einfach eine neue Jeans herstellen. Aber es kommen neue Methoden auf den Markt und ich bin gespannt, was da in Zukunft passiert.

Verraten Sie uns, wie sich LOVECO weiterentwickeln wird, sind weitere Läden geplant?

Wir planen in der Tat eine kleine Erweiterung. Wir haben eine Bürofläche für unser Onlineteam gesucht und dabei ein Büro mit kleiner Ladenfläche im Herzen Kreuzbergs gefunden. Es war alles ein großer Zufall, aber wenn alles klappt, werden wir zu Juni einen weiteren 30qm Laden eröffnen, mit einem selektierten Sortiment unseres ersten Ladens.



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