Grüne Wirtschaft

Hält was sie verspricht: Gemüsebrühe MIT Gemüse

INTERVIEW | Herkömmliche Gemüsebrühen enthalten viele Zutaten – oftmals allerdings kaum Gemüse. Wir stellen dir eine gesunde, gemüsehaltige Alternative vor.

INTERVIEW | Herkömmliche Gemüsebrühen enthalten viele Zutaten – oftmals allerdings kaum Gemüse. Wir stellen dir eine gesunde, gemüsehaltige Alternative vor.

26.10.2021 | Ein Interview geführt von Deborah Iber | Bild: Unsplash


Wenn man an „Gemüsebrühe“ denkt, denkt man an eine gesunde, frische Brühe, die ganz ganz viel Gemüse enthält. Das ist in der Realität leider eher selten: bei vielen Gemüsebrühen ist der Gemüseanteil sehr gering, gerade mal bis zu 20% (NDR). Dafür sind andere Stoffe enthalten, die mit Gemüse und Gesundheit nicht viel am Hut haben: Glutamat, Zucker und Füllstoffe zum Beispiel. Swen und Maja wollten sich das nicht länger gefallen lassen und haben ihre eigene Gemüsebrühe entwickelt: Eine Gemüsebrühe, die hält was sie verspricht und einen Gemüseanteil von 73% hat.

Was noch in der Gemüsebrühe von SweMa enthalten ist, wie sie hergestellt wird und warum genau herkömmliche Brühen nicht sehr gesund sind, erfährst du im Interview mit Swen.

 

LifeVERDE: Swen, zusammen mit deiner Partnerin hast du SweMa gegründet, mit dem Ziel, eine gesündere und nachhaltigere Gemüsebrühe zu kreieren. Was war/ ist bei den bisherigen Gemüsebrühen problematisch?

Swen: Als gelernter Koch gibt es aus meiner Sicht nur einen Vorteil bei den bisherigen „Gemüse“brühen: Sie sind lange haltbar. Aber leider viel zu häufig auf Kosten der Qualität. Oft sind die Pulver und Brühwürfel hoch verarbeitet und haben wenig mit einer Gemüsebrühe zu tun, da sie kaum Gemüse, aber dafür allerlei Zusätze enthalten. Eine gute „fertige“ Gemüsebrühe sollte nicht nur wie selbst gemacht schmecken, sie sollte auch von den Inhaltsstoffen wie eine selbst gemachte Brühe aufgebaut sein. Es gibt zwar bereits viele Produkte die komplett ohne Zusatzstoffe und/oder Zusätze auskommen, allerdings sind alle Produkte getrocknet oder auf eine andere Art und Weiße erhitzt, was mit einem Geschmacksverlust verbunden ist. Gemüsebrühe war eines der letzten Produkte, die die Verbraucher*innen selber herstellen mussten, um eine echte Qualität zu bekommen.

Herkömmliche Gemüsebrühen sind, egal ob biologisch oder konventionell hergestellt, von den Zutaten ausgehend, fast identisch zusammengesetzt! Wichtig zu wissen ist, dass die Reihenfolge der Zutaten im Zutatenverzeichnis den Anteil an der Gesamtrezeptur bestimmt. Fast alle der von uns untersuchten Brühen verwenden anteilsmäßig am meisten die Zutat Salz. Der Gemüseanteil liegt bei einem verschwindend geringen Anteil von max. 25%, meistens aber zwischen 1-10%.

Beispiel konventionell: Speise- oder Jodsalz, Füllstoffe (Maltodextrin), Zucker (Glukosesirup oder Saccharose), Geschmacksverstärker (Mono- oder Di-Natrium Glutamat), Fett (meist Palmfett), getrocknetes Gemüse (i.d.R. 1-12%), Kräuter und Gewürze, manchmal sogar Aroma und weitere Zusätze

Beispiel biologisch: Meeressalz, Füllstoffe (Mais- oder Reisstärke), Zucker (Rohrohrzucker), getarnter Geschmacksverstärker (Hefeextrakt), Fett (Palmfett, Sonnen oder Rapsöl), getrocknetes Gemüse (max. 1-20%), Kräuter und Gewürze

SweMa Gemüsebrühe: 73% rohes, frisches Gemüse, Steinsalz, Gewürze.

Auf den Punkt gebracht, finden wir an den bisherigen Brühen Folgendes problematisch:

  • Viel zu viel Salz (zw. 50-80%), oft Einsatz von kritischem Salz (Salz mit Zusätzen oder Salz mit Verunreinigungen)
  • Viel zu wenig Gemüse, dieses ist fast immer getrocknetes Gemüse
  • Einsatz von unnötigen Füllstoffen wie Mais-, Reis- oder Kartoffelstärke
  • Beimischung von Fett, obwohl nahezu 100% der Bevölkerung Fett Zuhause hat
  • Unnötige Zugabe von bspw. Zucker, Aromen, Geschmacksverstärkern und Hefeextrakt – dies enthält 5% geschmacksverstärkende Glutaminsäure, aber die Hersteller müssen dies nicht als Geschmacksverstärker deklarieren


Maja und Swen, die Köpfe hinter der "gemüsigen" Gemüsebrühe (Bilder: SweMa).

Eure Bio Gemüsebrühe zeichnet sich, wie man bereits feststellen konnte, durch frische Qualität ohne jegliche Zusatzstoffe aus. Was genau ist in der SweMa Gemüsebrühe drin und woher kommen die Zutaten?

Unsere SweMa Rohkost-Produkte bestehen aus frischem Gemüse in Rohkostqualität, je nach Sorte zwischen 69%-76%. Also nur Gemüse, Steinsalz und Gewürze – sonst nichts! Für die Gemüsemischung verwenden wir Pastinaken, Sellerie, Karotten, Lauch, Zwiebeln, Petersilie und getrocknete Tomaten.

Das Gemüse beziehen wir größtenteils von Bio-Großhändlern, die ihre Rohstoffe von verschiedenen deutschen Landwirten erhalten (z.B. Watzkendorf, Brodowin, Rosengarten, Börde). Viele kennen wir auch persönlich. Saison- und erntebedingt kann es jedoch vorkommen, dass wir bzw. die Großhändler die Rohstoffe innerhalb der EU beziehen müssen. Allerdings haben wir mittlerweile eine Unternehmensgröße erreicht, mit der wir die Möglichkeit haben, auch größere Mengen direkt bei einigen landwirtschaftlichen Erzeugern einkaufen zu können. Bei diesem Direktbezug setzen wir ausschließlich auf deutsche Landwirte. Feste Vertrags-Partner haben wir allerdings noch nicht, da unsere Abnahmemengen für einen Anbauvertrag nicht ausreichen. Die Ausnahme in der Regionalität bilden die Petersilie und die getrockneten Tomaten, welche wir im Winter aus südlichen EU-Ländern wie z.B. Italien beziehen müssen. Das Steinsalz, naturbelassen und ohne Rieselhilfen, beziehen wir aus Deutschland.

Verarbeitet werden die Zutaten in eurer eigenen Manufaktur in Berlin. Welche Schritte durchläuft das Gemüse bis zur fertigen Gemüsebrühe?

  • Zuerst kaufen wir die Rohstoffe ein.
  • Beim Wareneingang wird deren Qualität geprüft.
  • Dann folgt die Produktion: Erst wird das frische Gemüse geschält, gewaschen und gesäubert, danach erfolgt ein weiterer Waschgang.  Im weiteren Schritt findet die Vorzerkleinerung des Gemüses statt, danach die Feinzerkleinerung. Zum Schluss werden Salz und Gewürze zugegeben und das Ganze vermischt.
  • Die fertige Gemüsebrühe wird erneut geprüft.
  • Dann wird sie abgefüllt, etikettiert, verpackt und schließlich an unsere Kund*innen ausgeliefert.


Die SweMa-Gemüsebrühe wird regional hergestellt (Bild: SweMa).

Danke für den kleinen Einblick. Das Haltbarmachen der Gemüsebrühe ist dabei ein wichtiges Thema. Erhitzen oder Zusätze zuführen kommt für euch nicht infrage. Was ist generell das Problem bei diesen Varianten?

Rohes Gemüse hat einen deutlich besseren und intensiveren Geschmack als getrocknetes. Durch das Trocknen gehen außerdem wertgebende Inhaltstoffe verloren. Zusätze, sagt schon der Name, sind keine Lebensmittel und werden Lebensmitteln zusätzlich zugegeben, um bestimmte Ziele zu erreichen. Dabei steht die Natürlichkeit der Produkte eher im Hintergrund und es wird eher darauf geachtet, dass das System kosteneffizient läuft. Hier einige Beispiele von Zusatzstoffen und deren Auswirkungen:

Rieselhilfen: Das sind technologische Hilfsmittel und somit Lebensmittel-Zusatzstoffe (z.B. Calcium- und Magnesiumcarbonat, Natrium- und Kaliumhexacyanoferrat oder Aluminiumsilikate). In der Industrie werden sie eingesetzt, um eine leichtere Verarbeitung sicherzustellen. Problematisch dabei ist, dass die eingesetzten technologischen Hilfsstoffe nicht immer im Zutatenverzeichnis deklariert werden müssen.

Hefeextrakt und andere Geschmacksverstärker: Hefeextrakt ist im Sinne der Zusatzstoffzulassungs-Verordnung kein Zusatzstoff. Produkte, welche Hefeextrakt enthalten, können somit auch mit „ohne Geschmacksverstärker“ bzw. „ohne geschmacksverstärkende Zusatzstoffe“ gekennzeichnet werden. Lässt man die Marketing-Aussagen rund um die positiven Eigenschaften von Hefeextrakt weg, bleibt, dass Hefeextrakt zu knapp 5% aus Glutaminsäure besteht, und darum geht es der Industrie und anderen Herstellern: Die Einbringung von geschmacksverstärkenden Substanzen, ohne dass diese als Zusatzstoffe gekennzeichnet werden müssen. Glutamat ist das Salz der Glutaminsäure und ist als Reinform ein Zusatzstoff und wird in der Zusatzstoffzulassungs-Verordnung unter den E Nummern E 621 bis E 625 als Geschmacksverstärker geführt. Es gibt Studien mit Tieren, die einen kausalen Zusammenhang von der Glutamat-Aufnahme mit der Reaktion auf Übergewicht, Diabetes, Augen- und Herzerkrankungen zeigen. Bei Jungtieren konnte sogar bereits ein signifikantes Absterben von Nervenzellen im Gehirn festgestellt werden. In Deutschland ist daher die Zugabe von Glutamat in Babynahrung verboten.

Zucker: Trotz der häufig verwendeten Auslobungen wie „Bio-Qualität“ und „100% natürliche Zutaten“ wird bei fast allen Gemüsebrühen Zucker in unterschiedlichen Formen als Zutat verwendet. Einfach als Zucker, mal als Glucose Sirup, mal als Rohrohrzucker oder Kokosblütenzucker. Der Grund dafür ist zum einen, dass Zucker den Appetit anregt und Lust auf mehr macht. Auf der anderen Seite ist Zucker – ähnlich wie Salz – im Vergleich zum Gemüse eine sehr günstige Zutat. Analog zur Zugabe von Fett sind wir auch beim Zucker der Meinung, dass die Verbraucher*innen selbst entscheiden können sollten, ob und wenn ja in welcher Qualitätsstufe und wie viel Zucker sie haben möchten.

Für uns sind das ausschließlich finanzielle Vorteile der Hersteller*innen, welche zu Lasten der Qualität der Produkte und damit zu Lasten der Gesundheit der Konsument*innen gehen. Daher verwenden wir keinerlei Zusatzstoffe! Das Besondere ist, dass wir eine Möglichkeit gefunden haben, die Qualität des rohen Gemüses ohne Zusätze und ohne herkömmliche Konservierungsverfahren wie z.B. Erhitzen zu erhalten.

Wie macht ihr eure Gemüsebrühe haltbar?

Die mikrobiologische Haltbarkeit ist durch das Salz gegeben – auch bei geöffneten Gläsern und sogar nach Ablauf der 9-monatigen Mindesthaltbarkeit. Neben der mikrobiologischen Haltbarkeit sind die qualitätsbeschreibenden Merkmale (Farbe, Geruch, Geschmack, Textur, Konsistenz) laut deutschem Lebensmittelrecht ausschlaggebend für die Haltbarkeit eines Produktes.

Während der Entwicklung unserer Gemüsebrühe haben wir festgestellt, dass speziell die leuchtend grüne „Farbe“, die aus dem in der frischen Petersilie und Lauch enthaltenen Chlorophyll hervorgeht, das Merkmal ist, was sich im Laufe der Lagerung unserer Gemüsebrühe sehr schnell verändert. Der im Gemüse natürlich vorhandene Sauerstoff ist dabei das „Problem“, da dieser die Chlorophyll-Moleküle oxidiert. Dafür entwickelten wir im Studium über zwei Jahre eine zukunftsweisende Herstellungstechnologie, die auf einem eigens konzipierten Vakuumverfahren zur zusatzstofffreien Herstellung und Haltbarmachung von Rohkostrezepturen basiert. Dabei wird dem rohen Gemüse während der Herstellung der zellgebundene Sauerstoff entzogen, das Produkt wird unter Vakuum abgefüllt und im Glas vakuumiert verschlossen. Der sauerstoffempfindliche grüne Blattfarbstoff (Chlorophyll) der Petersilie und des Lauches sowie ein Großteil der Vitamine und Nährstoffe bleiben dabei über eine längere Zeit erhalten – ohne Zusatz- oder Konservierungsstoffe.


Die Gemüsebrühe von SweMa hat einen deutlich höheren Gemüseanteil als herkömmliche Gemüsebrühen (Bild: SweMa).

Wie du eben erwähnt hast, dauerte die Entwicklung der SweMa Gemüsebrühe zwei Jahre. Welche Herausforderungen sind euch noch dabei begegnet?

Als Lebensmitteltechnologen war die eigentliche Produktentwicklung (Rezepturentwicklung, Entwicklung eines Herstellungsprozesses, Haltbarkeit hervorgehend aus chemischen und mikrobiologischen Analysen, Qualitätssicherung) die kleinere Herausforderung. Am meisten Zeit in Anspruch genommen hat die Konzipierung und Entwicklung der Maschine, die die Vakuumabfüllung und den Vakuumverschluss der Gläser ermöglicht.

Eine große Herausforderung war hingegen alles andere: Das Marketing- und Kommunikationskonzept, die Suche nach einem geeigneten Produktionsstandort, das Finden von passenden Partner*innen, die Entwicklung des Produktdesigns, die Überlegung wie und wo wir starten.

Was sind eure Ziele und Wünsche für die Zukunft von SweMa?

Zukünftig wollen wir weiter daran arbeiten, Menschen für natürliche und zusatzstofffreie Bio-Lebensmittel zu begeistern. Hierfür versuchen wir unsere Rohkost-Produkte weiter im Bio-Fachhandel zu platzieren. Darüber hinaus möchten wir weitere Produkte entwickeln, welche unser Konzept sinnvoll fortsetzen.

Ferner haben wir das Ziel alle unsere Rohstoffe direkt bei den Landwirten einzukaufen. Dafür müssen wir allerdings noch weiterwachsen, um fest vereinbarte Anbaumengen abnehmen zu können. Bei allen Handlungen begleitet uns der Anspruch ökologisch sinnvoll zu handeln und das Ziel, gesunde und natürliche Ernährung einfach zu machen.

 

Vielen Dank für das spannende Interview, lieber Swen!

Dir schwebt nun auch noch eine Frage im Kopf herum, die du gerne an SweMa stellen möchtest?

Dann schreib sie in die Kommentare - wir freuen uns auf den Austausch mit dir!

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