Grüne Wirtschaft

Vom Herzensprojekt zum Label für nachhaltige Accessoires

INTERVIEW | Die Schwestern Nora und Clara haben ihr Hobby zum Beruf gemacht und ein Label für Öko-Accessoires gegründet. Finde im Interview heraus, was die nachhaltige Marke ausmacht und welche Rolle Rhabarber dabei spielt.

INTERVIEW | Die Schwestern Nora und Clara haben ihr Hobby zum Beruf gemacht und ein Label für Öko-Accessoires gegründet. Finde im Interview heraus, was die nachhaltige Marke ausmacht und welche Rolle Rhabarber dabei spielt.

24.09.2020 | Ein Interview geführt von Deborah Iber


Zwei talentierte Schwestern und eine Vision: Das ergab Pikfine, ein nachhaltiges Label für Öko-Accessoires. Neben Eco-Leder Produkten, wie Geldbörsen und Handytaschen, werden bei Pikfine auch faire Schmuckstücke hergestellt, wie Ketten, Armbänder und Ohrringe. Die Geschichte hinter dem umweltbewussten Unternehmen und die Besonderheiten der Pikfine Accessoires erzählen uns die Schwestern Nora und Clara im Interview. 
 

LifeVERDE: Schon von Kind auf wurde euer Nachhaltigkeitsbewusstsein durch euer Zuhause geprägt. Was veranlasste euch schließlich dazu, Slow Fashion Accessoires herzustellen?

NORA & CLARA: Seitdem wir denken können, waren wir immer von Kreativität umgeben. Vor allem unsere Mutter, die freischaffende Künstlerin ist, hat uns zu Vielem Inspiriert. Durch die Freiheit schon als Kinder und Jugendliche viele verschiedene Kreativitätstechniken kennenlernen zu dürfen, haben wir unsere Leidenschaften entdeckt. Nora die Passion für Fotografie und Design und Clara ihr Hobby, das Entwerfen und Nähen von Kleidungsstücken und Accessoires. Auch wenn unsere beruflichen Wege anfangs komplett unterschiedlich waren (Nora studierte Ökologisches Design an der ecosign Akademie in Köln. Clara machte ein Duales Studium der Wirtschaftswissenschaften) kam irgendwann der Punkt an dem uns klar wurde, dass wir unsere Herzensprojekte perfekt miteinander kombinieren könnten. So entwarf und nähte Clara die ersten pikfine-Accessoires, die Nora dann fotografierte und im Onlineshop in Szene setzte. Unser gemeinsames Label entstand und nach und nach wurde unsere Vision immer klarer: Wir wollten Accessoires herstellen, die zu Lieblingsstücken werden und das unter umweltfreundlichen und fairen Bedingungen. 

Wie hat sich euer Unternehmen seit der Gründung im Jahr 2011 verändert?

Seit der Gründung hat sich bei uns einiges getan. Wir haben aus einer spontanen Idee heraus gestartet, einfach gemacht und nicht lange gezögert. Anfangs hatten wir nur eine vage Vorstellung von dem was unsere Marke wirklich ausmachen soll. Das ist heute anders. Wir sind an unseren Aufgaben gewachsen und wissen ganz genau, wofür pikfine und unser gesamtes Unternehmen heute steht. Auch unsere Produktpalette hat sich stark verändert. Gestartet haben wir mit Wollschals, Mützen, Taschen, T-shirts und Schmuck. Dabei haben wir neben Leder auch viele Stoffe verarbeitet. Mit der Zeit haben wir aber festgestellt, dass unsere Stärken in der Lederverarbeitung und im Schmuckdesign liegen. Auf diese Bereiche haben wir uns in den letzten Jahren konzentriert und unseren eigenen Stil gefunden. 
 

Was würdet ihr sagen, unterscheidet euch in Sachen Nachhaltigkeit von anderen umweltbewussten Accessoire-Herstellern?

Das ist eine gute Frage! In den letzten Jahren hat sich viel auf dem Accessoiremarkt getan. Immer mehr Labels nehmen sich dem Thema der Nachhaltigkeit an und das finden wir toll. Es war längst an der Zeit, dass diese Entwicklung richtig in Schwung kommt. 

Als wir gestartet haben, sah das anders aus. Wir haben vergeblich zum Beispiel nach Taschen aus nachhaltig gegerbtem Leder gesucht. Es war oftmals einfach nicht ersichtlich, wo das verwendete Leder herkommt und wie es gegerbt wurde. Wir haben aus diesem Mangel an Informationen den Anspruch entwickelt unser Angebot so transparent wie möglich zu gestalten. Wir arbeiten direkt mit unseren Gerbern zusammen, entwickeln mit ihnen neue Farben, wissen wo die Rohhäute herstammen und welche Gerbstoffe verwendet werden. Diese Hintergrundinformationen geben wir gerne an unsere Kunden weiter und kommunizieren diese offen. Auch, dass unsere Produktionsstätten nahezu alle in Deutschland sind, ist etwas Besonderes. So stärken wir nicht nur die heimische Wirtschaft, sondern garantieren kurze Lieferwege, faire Arbeitsbedingungen und hohe Qualitätsstandards.

Bezogen auf unser angebotenes Sortiment ist es ziemlich einzigartig, dass wir neben Eco-Lederaccessoires auch fair hergestelltem Schmuck anbieten. In unseren Augen auch eine ganz besondere Kombination. 

  

Auf eurer Materialienliste stehen hauptsächlich Ökoleder, Edelmetalle und Biobaumwolle. Wieso habt ihr euch für diese Materialien entschieden?

Wir wollen unsere Produkte so natürlich, hochwertig und so langlebig wie möglich gestalten. Die von uns verwendeten Rohstoffe stammen aus der Natur und sind zum Großteil aus nachwachsenden Quellen. Im Schmuckbereich ist es uns zudem wichtig, dass das von uns verwendete Material möglichst recycelt ist und sich auch wieder leicht recyceln lässt. 
 

Das von euch verwendete Leder stammt aus Deutschland und wird nachhaltig mit Rhababer gegerbt, eine sehr interessante Art des Leder-Gerbens. Wie funktioniert dieses Verfahren und was macht es so umweltfreundlich?

Der nachwachsende Rohstoff Rhabarber bzw. die Rhabarberwurzel enthält natürlicherweise Inhaltsstoffe, sogenannte Gerbstoffe, die geeignet sind, Leder zu gerben. Um die Gerbstoffe gewinnen zu können, müssen diese aus der Wurzel herausgelöst (extrahiert) werden. Die Extraktion der pflanzlichen Gerbstoffe ist technisch sehr gut realisierbar und die benötigten Extraktionsmittel sind erheblich weniger umweltbelastend als die Chemikalien, die im Rahmen der Herstellung von Chromgerbstoffen verwendet werden.
Das mit Rhabarberextrakten gegerbte Leder hat den Anspruch eines der hochwertigsten pflanzlich gegerbten Leder zu sein. Die Rhabarberpflanzen als schnell nachwachsenden Rohstoff für die chromfreie Gerbung zu nutzen, besitzt nicht nur hohen Innovationswert, sondern verleiht dem Bio-Leder auch seine einzigartige Haptik und Qualität. Das Leder ist frei von Schadstoffen, allergikergeeignet und biologisch abbaubar bzw. kompostierbar. Zudem ist es atmungsaktiv, langlebig und der besondere Duft gibt jedem Produkt Individualität und Hochwertigkeit. All diese Aspekte und die Herstellung 100 % Made in Germany machen das Leder zu einem der nachhaltigsten Leder seiner Zeit.
 

Zu euren Ledertaschen: Diese stellt ihr in eurer Kölner Manufaktur her. Wie genau verläuft der Produktionsprozess, vom Rohstoff bis zur fertigen Tasche?

Damit aus einer Lederhaut eine Tasche wird, sind viele kleine Arbeitsschritte, viel Knowhow und Fingerspitzengefühl notwendig. Grob kann man die Taschenherstellung in folgenden 9 Schritte zusammenfassen:

1. Zuschnitt

Wir bekommen von unserer Gerberei ganze Häute geliefert. Pro Haut sind das ca. 5-6 m². Diese Lederhäute müssen zunächst je nach Artikel zugeschnitten werden. Die Schnittschablonen werden auf dem Leder platziert und mit einem Silberstift angezeichnet. Dabei achten wir darauf, dass wir die Haut vollständig ausnutzen und dass so wenig Verschnitt wie möglich anfällt. Die Lederhaut wird dann mit einem Cutter-Messer, Skalpell oder einer Schere zugeschnitten. Die Lederreste sammeln wir und machen im Nachgang dann kleinere Artikel daraus. 

2. Schärfen

Nach dem Zuschnitt wird geschaut, welche Lederkanten geschärft werden müssen. Beim Schärfen „verdünnt“ man die Kanten des Lederstücks nach außen hin, damit beim Nähen keine wulstigen Nähte entstehen. Das erledigen wir mit unserer Schärfmaschine.

3. Kleben

Teilweise werden die einzelnen Teile wie zum Beispiel Reißverschlüsse mit speziellem Kleber an den Lederstücken fixiert, damit diese beim Zusammennähen nicht verrutschen. Arbeitet man mit Stoff, kann man die Stoffstücke problemlos mit Stecknadeln fixieren. Da jeder Nadelstich jedoch ein Loch im Leder hinterlassen würde, fällt diese Option im Lederhandwerk weg.

4. Zusammensetzten

Nun werden die vorbereiteten Einzelteile an unseren Ledernähmaschinen zusammengenäht. Aus den einzelnen Schnittteilen entsteht ein Taschenrohling. Je nach Modell fertigen wir nun auch das Baumwoll-Innenfutter für die Ledertasche an. Das Futter und der Taschenrohling aus Leder werden dann miteinander verbunden.

5. Veredeln

Unter Veredeln verstehen wir verschiedene Arbeitsschritte. Das kann zum Beispiel das Festnieten von Taschenriemen, das Entfernen von Fadenüberständen oder das Anbringen unseres Labels sein.

6. Qualitätskontrolle

Ist die Tasche fertig geht´s ab zu unserer Qualitätskontrolle. Dort werden all unsere Taschen nochmal auf Herz und Nieren geprüft.

7. Auszeichnen

Ist alles so wie es sein soll? Wenn ja, dann zeichnen wir unsere Tasche noch mit unserem pikfine Hangtag, den genauen Materialangaben und einem EAN-Code aus.

8. Verpacken

Unsere Ledertaschen verpacken wir in einem kleinen Bio-Baumwolltäschchen.  

9. Versand / Lager

Dann kann das fertige Unikat auf Reisen gehen!

Danke für den Einblick in die Produktionswelt von Pikfine.

Ihr bietet auch einen Reparaturservice an, damit die Accessoires auch wirklich lange am Leben bleiben. Umfasst dieser Service all eure Produkte und wie genau läuft dies ab?

Ja genau, unser Reparaturservice umfasst alle Produkte die wir anbieten. Wir versuchen zu retten was zu retten ist. Wir können zum Beispiel meist problemlos Reißverschlüsse austauschen, Riemen reparieren oder offene Nähte wieder schließen. Wenn etwas nicht mehr zu retten ist, versuchen wir die Einzelteile auseinander zu nehmen und diese dann zu Recyceln. Kaputter und nicht mehr zu reparierender Schmuck wird zum Beispiel eingeschmolzen und wir machen dann neue Schmuckteile daraus. 
 

Zu guter Letzt der Preis: In welchem Preissegment liegen die Pikfine Accessoires und wie setzt sich der Preis zusammen?

Unsere Preise liegen im mittleren Preissegement. Kleine Creolen bekommt man bereits ab 9,90€, unser größter Ledershopper liegt preislich über 200€. 

Da wir mit vielen Produzenten der Rohstoffe direkt zusammenarbeiten, umgehen wir die Preisaufschläge von Zwischenhändlern. Diesen Preisvorteil geben wir gerne an unsere Endkunden weiter.
 

Was sind eure Ziele und Wünsche für die Zukunft von Pikfine?

Wir wünschen uns, dass wir mit der gleichen Leidenschaft weitermachen können wie bisher und wir unsere Accessoires in Zukunft zertifizieren lassen können.

 

Lies auch: Nachhaltige Lederalternativen erobern die Modewelt

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Bilder: Pikfine




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