Grüne Wirtschaft

Saubere Straßen, weniger Plastikmüll – biologisch abbaubare Hundekotbeutel & Co.

INTERVIEW | Die Umweltauswirkungen von Plastik zu reduzieren, ist die Mission von The Sustainable People. Was biologisch abbaubare Hundekotbeutel und Mülltüten damit zu tun haben, erfährst du im Interview.

Sag Ade zu unnötigen Plastikprodukten
Designelement

INTERVIEW | Die Umweltauswirkungen von Plastik zu reduzieren, ist die Mission von The Sustainable People. Was biologisch abbaubare Hundekotbeutel und Mülltüten damit zu tun haben, erfährst du im Interview.

06.07.2021 I Ein Interview geführt von Dorothea Meyer I Bilder: The Sustainable People

Hast du dich jemals gefragt, ob es nicht eine nachhaltigere Alternative für Hundekotbeutel und Müllbeutel gibt als Plastiktüten? Inzwischen gibt es einige wenige Unternehmen, die biologisch abbaubare Hundekotbeutel als auch Müllbeutel sowohl für Einzelverbraucher*innen aber auch Unternehmen und Kommunen anbieten. Einer dieser innovativen Vorreiter ist die Marke The Sustainable People. Die „People“ dahinter haben es sich zur Aufgabe gemacht, nachhaltige Lösungen aus heim-kompostierbarem oder aus recyceltem Kunststoff für diverse Einsatzbereiche des täglichen Lebens anzubieten.

Woraus sind die Hundekotbeutel und Mülltüten von The Sustainable People gemacht und sind sie wirklich die nachhaltigste Alternative? Und was hat es mit den vermeintlich nachhaltigen Oxo-Beuteln auf sich? Das und viele weitere Infos erhältst du im Interview mit Marketing- und PR-Manager Sören Meissner.

LifeVERDE: Wie ist The Sustainable People entstanden und wofür steht ihr?

Sören: Als Student fielen unserem Gründer Arne 2013 beim Joggen rund um Hamburgs Grünanlagen und Kanäle auf einer Strecke von ca. 5 km annähernd 100 Hundekotbeutel auf, die am Wegesrand lagen. Schockiert von der schieren Anzahl der Beutel entstand der Wunsch, dieses Problem zu lösen. Noch im gleichen Jahr entwickelte Arne zusammen mit einem Schweizer Unternehmen biologisch abbaubare Hundekotbeutel für den Städtebedarf. Damit gehört er weltweit zu den Pionieren in diesem Bereich.

2016 wurde „The Sustainable People“ gegründet. Unser Kernsortiment umfasst Hundekotbeutel sowie Müllbeutel aus verschiedenen Materialien und in unterschiedlichen Formaten. Dazu bieten wir passendes Zubehör an. Im B2B-Bereich wird unser Portfolio abgerundet durch Versandtaschen, Folienbeutel, Einkaufstüten und Meisenknödel-Netze.

Egal ob Kommune, Unternehmen oder Verbraucher - wir bieten passende Lösungen für diverse Einsatzbereiche des täglichen Lebens. Gemeinsam mit unseren Kund*innen arbeiten wir daran, die Umweltauswirkungen von Plastik zu reduzieren. Der wesentliche Ansatz dazu: die eingesetzten Materialien sind biologisch abbaubar bzw. heim-kompostierbar oder aus recyceltem Kunststoff, um Ressourcen und Umwelt zu schonen.

Habt ihr in allen Bereichen in denen Biokunststoffe zum Einsatz kommen nachhaltige Alternativen parat?

Ja! Wir sind grundsätzlich sehr breit aufgestellt und können unseren Kund*innen neben den Varianten aus bioabbaubarem bzw. heim-kompostierbarem Material auch viele weitere, möglichst nachhaltige Alternativen anbieten. Das gilt für all unsere o.g. Folienprodukte.

Im B2B-Bereich können wir zudem in allen Bereichen unseres Sortiments maßgeschneiderte Lösungen entwickeln - passend zu den individuellen Bedürfnissen unserer Kunden (Materialart, Abmessungen, Stärke, Farbe, Druck etc.).

Mit unserer Erfahrung und Expertise beraten wir unsere Kunden auch bei der Frage, welches Material bei welcher Anwendung - gesamtökologisch betrachtet - am ehesten zu empfehlen ist.

Welche Materialen verwendet ihr, um eure Hundekotbeutel, Müllbeutel & Co. nachhaltiger zu gestalten?

Je nach Produkt und Einsatzbereich verwenden wir bei der Herstellung entweder Biokunststoff, Recycling-Kunststoff oder biobasiertes PE.

Unser Biokunststoff ist „OK compost HOME“ zertifiziert (getestet bei 20 - 30 °C) und damit auch bei niedrigen Temperaturbedingungen, wie sie in Deutschland in der Umwelt erreicht werden, komplett biologisch abbaubar. Erst dadurch wird sichergestellt, dass auch ein Abbau außerhalb der industriellen Kompostierung („OK compost“ / EN 13432) möglich ist. Bei dem Material handelt es sich konkret um einen Stärkeblend aus 30 % nachwachsenden Rohstoffen (Maisstärke; nicht für den Verzehr geeignete Ausschussware) und einem bioabbaubarem Copolymer. Unser Biokunststoff ist zudem frei von Weichmachern, Polyethylen und genmanipulierten Stoffen. Die „OK compost HOME“ Zertifizierung würde unser Biokunststoff übrigens selbst dann noch schaffen, wenn wir das Material 3x so dick machen würden.

Unsere Produkte aus PE Rezyklat werden ressourcenschonend aus bis zu 100 % Recycling Material (PE) hergestellt. Dies bedeutet eine signifikante Einsparung von CO₂ im Vergleich zu frischem PE aus Neugranulat. Zudem ist die Verwendung von recyceltem Kunststoff im Vergleich zu Neugranulat gleichbedeutend mit einer geringeren Bodennutzung, da die Erdölförderung entfällt. Da es sich um ein Monomaterial (PE) handelt, sind die entsprechenden Folienprodukte sehr gut recycelbar. So eignen sich z.B. unsere mit dem Blauen Engel zertifizierten 120 L Recycling Müllsäcke ideal für die Wertstoffsammlung. Im Falle einer Entsorgung über den Restmüll - z.B. Hundekotbeutel - punktet das PE Rezyklat mit seinem hohen Brennwert und einer sauberen Verbrennung (rückstandsfrei zu Wasser und CO₂).

Bei biobasiertem PE handelt es sich um Polyethylen mit einem hohen Anteil (mind. 80 %) nachwachsender Rohstoffe. Derzeit ist Zuckerrohr das Ausgangsmaterial. Biobasiertes PE ist eine sinnvolle Alternative zu herkömmlichem, fossilem Polyethylen, da das Material eine negative CO₂-Bilanz aufweist (cradle-to-factory gate). Das Material verfügt über bessere Materialeigenschaften im Vergleich zu recycelten Kunststoffen, z.B. im Hinblick auf die Reißfestigkeit. Es ist außerdem komplett recycelbar in den bestehenden Recycling-Strömen (z.B. Entsorgung über Gelben Sack), da es über die gleiche chemische Struktur verfügt wie erdöl-basiertes Polyethylen.

Zu guter Letzt: die für unsere Standardprodukte verwendeten Verpackungen bestehen allesamt aus FSC zertifiziertem Material. Der Rollenkern bei unseren bioabbaubaren Hundekotbeuteln ist aus Pappe, ebenso wie der Sticker, der die kleinen Rollen zusammenhält.

Richten sich eure Produkte ausschließlich an Endverbraucher*innen oder können beispielsweise auch ganze Ortschaften auf eure Müllbeutel & Hundekotbeutel zurückgreifen?

Sowohl Endverbraucher*innen als auch Kommunen und Unternehmen zählen zu unserem vielfältigen Kundenkreis.

Im deutschen Städtebedarf sind wir heute sogar Marktführer im Bereich bioabbaubarer Hundekotbeutel (Stand Juli 2021). Aber auch Hundekotbeutel aus Recycling Material (PE) liefern wir regelmäßig an Städte und Gemeinden. Diese Beutel werden mit 100 % Ökostrom in der EU und mit hohem, sozialem Engagement hergestellt - mehr als die Hälfte der Belegschaft im Produktionsbetrieb hat eine Behinderung. Neben den umwelthetbezogenen und sozialen Aspekten erfreuen sich Kommunen daran, dass unsere Hundekotbeutel passend sind für nahezu alle gängigen, öffentlichen Spendersysteme. Je nach Bedarf der jeweiligen Kommune entwickeln wir immer wieder gerne maßgeschneiderte Lösungen - passend zu den individuellen Bedürfnissen unserer Kunden (Materialart, Abmessungen, Stärke, Lochung, Farbe, Druck etc.).

In den vergangenen Jahren haben wir sowohl Unternehmen als auch Städte und Gemeinden bereits mit vielen Millionen Hundekotbeuteln und Müllbeuteln beliefert. Bei den Unternehmen liegt der Fokus eher auf unseren Standardprodukten. Aber auch hier haben wir schon verschiedene, individuelle Lösungen entwickelt - z.B. Versandtaschen aus LDPE Rezyklat (mind. 95 % Post-Consumer-Abfälle aus der haushaltsnahen Wertstoffsammlung), welches mit dem Blauen Engel zertifiziert ist.

Aufgrund des steigenden Umweltbewusstseins gibt es inzwischen sogenannte Oxo-Hundekotbeutel. Die sind jedoch gar nicht so nachhaltig wie man denkt. Kannst du uns aufklären?

Sehr gerne! Da „grüne“ Produkte voll im Trend liegen, wird leider viel zu oft und an vielen Stellen Greenwashing betrieben – auch im Bereich Hundekotbeutel. So werden z.B. Kommunen und Verbrauchern oftmals sogenannte "Oxo-Beutel" als "biologisch abbaubar" angeboten. „Oxo“ Hundekotbeutel bestehen aus herkömmlichem Plastik wie Polyethylen (PE), dennoch bezeichnen verschiedene Anbieter sie als „zersetzbar“, „biologisch abbaubar“ oder sogar „kompostierbar“, wenn diese bestimmte Zusatzstoffe - i.d.R. Metallsalze - enthalten. Erkennbar ist das Material an Bezeichnungen wie „oxo“, „epi“ oder „d2w“. Die Zusatzstoffe sollen dazu führen, dass die Beutel unter Sonneneinwirkung biologisch abgebaut werden kann. Jedoch findet lediglich eine Zerkleinerung statt, sodass das Material nur schneller zu Mikroplastik zerfällt und zudem auch die Zusatzstoffe in die Umwelt gelangen. Dadurch wird das Umweltproblem also noch weiter verstärkt! (Quelle: Europäisches Parlament)

Die gute Nachricht: der Verkauf von oxo-abbaubaren Kunststoffprodukten ist ab dem 03.07.2021 EU-weit verboten, wie es z.B. auch einer entsprechenden Verordnung der Bundesregierung zu entnehmen ist. Dennoch gibt es noch immer einige „oxo“ Angebote am Markt.

Inzwischen gibt es zudem einen neuen „Greenwashing Trend“ im Bereich Hundekotbeutel, bei dem die Anbieter ihre Produkte ebenfalls fälschlicherweise als „biologisch abbaubar“ ausloben. Bei dem Material handelt es sich um eine Mischung aus herkömmlichem Polyethylen und thermoplastischer Stärke. TPS ist zwar grundsätzlich abbaubar – die Mischung mit PE führt aber nicht dazu, dass PE vollständig abbaubar wird. In der europäischen Natur gibt es weder Bakterien noch Pilze, die die entsprechenden Enzyme besitzen, um PE biologisch abzubauen. Genau wie im Falle der „Oxo-Hundekotbeutel“ wird also auch bei stärkegefüllten Polymeren das Material zwar defragmentiert, letztendlich aber in Mikroplastik umgewandelt.

Vor diesem Hintergrund ist es umso wichtiger, dass Hundehaltende Alternativen für die steigende Nachfrage im Bereich der Kotbeutel finden, die unter europäischen Temperaturbedingungen vollständig biologisch abbaubar sind („OK compost HOME“ Zertifizierung als Unterscheidungskriterium). Mit unseren bioabbaubaren Hundekotbeuteln bieten wir Hundehaltenden eine umweltbewusst gestaltete Alternative. 

Warum ist es euch von The Sustainable People wichtig, nachhaltige Alternativen zu herkömmlichen Produkten aus Kunststoff anzubieten?

Unsere umweltbewusst gestalteten Produkte sind keine reine Erweiterung eines bestehenden Portfolios. Unser Unternehmen ist aus einer Studienarbeit zur Bekämpfung des Plastikproblems entstanden. Das Bewusstsein für Umweltprobleme und die Notwendigkeit für möglichst nachhaltige Alternativen sind somit fest im Kern der Unternehmenskultur verankert. 

In unserem Team sind alle sehr naturverbunden und hochmotiviert, die Welt ein bisschen besser zu machen. Wir führen zudem immer wieder Aufräumaktionen durch, bei denen wir - neben anderem Müll - bereits tausende Hundekotbeutel in der Umwelt gefunden und entsorgt haben. Bereits 2015 haben wir ein Umweltprojekt („Poop Bag Map“) gestartet, bei dem wir untersuchen, wie viele Hundekotbeutel in der Umwelt liegen und welche Bereiche besonders betroffen sind.    

All diese Faktoren begleiten uns bei unserer Mission, die Umweltauswirkungen von Plastik zu reduzieren. Das positive Feedback unserer Kunden freut und motiviert uns dabei jeden Tag zusätzlich!

Welche weiteren Alternativen zu Plastiktüten sind bei The Sustainable People geplant und wann können eure Kund*innen mit neuen Produkten rechnen?

In naher Zukunft werden wir eine neue B2C Variante für Hundekotbeutel aus 100 % Recycling Material (PE) anbieten. Die Beutel werden mit 100 % Ökostrom gefertigt in einem tschechischen Werk, in dem extrem viel Wert auf Inklusion gelegt wird (mehr als die Hälfte der Belegschaft hat eine Behinderung).

Parallel dazu arbeiten wir derzeit mit Hochdruck an einem Relaunch unserer Müllbeutel - sowohl bei der Variante aus Recycling Material (PE) als auch bei der bioabbaubaren.

Die wesentliche Änderung bei unseren Recycling Zugband-Müllbeuteln wird darin bestehen, dass diese künftig aus Post-Consumer-Rezyklat hergestellt werden, welches mit dem Blauen Engel zertifiziert ist.

Bei unseren bioabbaubaren Müllbeuteln arbeiten wir gerade daran, dass diese in naher Zukunft gemäß der Norm „DINplus Bioabfall-Beutel“ zertifiziert sind. Seit einiger Zeit wird in Deutschland die Rottezeit von kompostierbaren Müllbeuteln kritisiert und dabei häufig 12 Wochen genannt, wie sie von der entsprechenden Norm DIN EN 13432 vorausgesetzt werden, damit Folienprodukte die Voraussetzungen für die Kompostierbarkeit erfüllen. 12 Wochen wären in der Tat viel zu lang für die tatsächlichen Prozesse in den meisten industriellen Kompostierungsanlagen (hier sind eher 5-6 Wochen üblich). In der Diskussion wird jedoch häufig außer Acht gelassen, dass es nicht „DEN“ Biokunststoff gibt, sondern viele, teils sehr unterschiedliche Materialien zum Einsatz kommen und die 12 Wochen nur eine Obergrenze darstellen, die diverse kompostierbare Kunststoffe mit Leichtigkeit einhalten (das Material unserer Beutel schafft das selbst noch in der achtfachen Materialdicke der jetzigen Produkte). Diesem Umstand trägt das Zertifizierungsprogramm „DINplus Bioabfall-Beutel“ Rechnung, in dem hier - zusätzlich zur DIN EN 13432 oder DIN EN 14995 - eine Rottezeit von max. 6 Wochen veranschlagt wird. Das ist eine erfreuliche Entwicklung, da dieser Ansatz dazu beitragen kann, die Akzeptanz bioabbaubarer Bioabfallbeutel - die entsprechend zertifiziert sind – auch in Deutschland zu steigern.

 

Vielen Dank für das Interview, Sören!

Dir schwebt nun auch noch eine Frage im Kopf herum, die du gerne an The Sustainable People stellen möchtest?

Dann schreib sie in die Kommentare - wir freuen uns auf den Austausch mit dir!

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