Grüne Wirtschaft

Das Leben umkrempeln, aber nachhaltig - umweltschonend umziehen

INTERVIEW | Umzüge sind oft stressig, chaotisch – und immer eine Belastung für die Umwelt. Wie du deinen nächsten Umzug nachhaltiger gestalten kannst, erfährst du im Interview mit dem Umzugsunternehmen IMOVEYOU.

INTERVIEW | Umzüge sind oft stressig, chaotisch – und immer eine Belastung für die Umwelt. Wie du deinen nächsten Umzug nachhaltiger gestalten kannst, erfährst du im Interview mit dem Umzugsunternehmen IMOVEYOU.

15.12.2021 | Ein Interview geführt von Veronika Gruber | Bild: Unsplash

Ein Umzug stellt oftmals einen tiefen Einschnitt in unserem Leben dar. Er markiert auf jeden Fall einen Aufbruch vom Alte ins Neue und ruft die verschiedensten Gefühle hervor. Zumeist mischt sich mit dem Herannahen des Umzugstages auch Stress unter diese Gefühle. Doch nicht nur für uns ist ein Umzug eine Belastung, sondern auch für die Umwelt: Zahlreiche Umzugskartons, Sperrmüll, endloses Hin-und Herfahren mit dem LKW… Levent vom Hamburger Umzugsunternehmen IMOVEYOU ist sich dieser Tatsache bewusst, und bemüht sich daher, nicht nur einen entspannten, sondern auch einen umweltfreundlichen Umzug zu ermöglichen. Welche Tipps er für mehr Nachhaltigkeit beim Umziehen hat, erfährst du im Interview.

LifeVERDE: Hallo Levent! Umzüge sind meistens stressig und bringen so einige, oftmals unvorhergesehene Probleme mit sich, sei es bei der Entrümpelung der Wohnung oder beim Möbeltransport. Was gefällt dir an Umzügen und warum ist es dir wichtig, deine Mitmenschen dabei als Umzugsunternehmer zu unterstützen?

Levent Aksu: An Umzügen gefällt mir in erster Linie, dass ich Menschen helfen kann. Der enge Kundenkontakt zu unbekannten Personen, die einem plötzlich all ihr Hab und Gut anvertrauen – das ist Ehrensache! Leute ziehen aus verschiedensten Gründen um: bei Familienzuwachs, wegen ihres Jobs oder Hauskaufs. Auch wegen Rausschmisses, Trennungen, Behörden oder dem Tod eines lieben Menschen. Jeder hat so seine ganz eigene Geschichte. Wenn für meine Kunden mit ihrem Umzug etwas Neues beginnt, bin ich dabei und kann mit anpacken. Ich biete quasi eine Art Entlastung. Das finde ich toll. So ein Umzug kostet ja extrem viel Nerven. Den Leuten ihren Stress abzunehmen, gibt mir Zufriedenheit. Außerdem mag ich es, neue Gesichter kennenzulernen und stehe auf den ganzen Umzugstrubel. Am Ende des Tages macht sich in mir dann das gute Gefühl breit, jemanden Fremden in seinem Leben irgendwie weiter gebracht zu haben.

Levent's Team im Einsatz! (Bild: IMOVEYOU)

Vom Entsorgen nicht mehr benötigter Möbel über eine Unmenge an Verpackungen, Pappboxen und Folien bis hin zu CO2-intensiven Fahrten im LKW – Umzüge sind oft alles andere als umweltfreundlich. Inwiefern achten du und deine Mitarbeiter*innen darauf, den Umzug eurer Kund*innen ökologisch(er) zu gestalten?

Wir haben uns eine Reihe von Do’s und Dont’s auf die Fahne geschrieben, um unsere Erde nicht noch tiefer reinzureiten: Für alle Umzüge und Transporte benutzen wir unsere selbst entwickelten Stretch-Umzugsdecken. Wir verwenden sie so gut wie jedes Mal. Die Decken funktionieren gleichzeitig als Puffer, weil sie sich wegen ihrer Materialzusammensetzung an alle Möbelformen anpassen. Nichts wird mehr einfoliert oder muss mit Tape befestigt werden, um es vor Stößen zu schützen. Als Zweites reparieren wir Dinge, anstatt sie wegzuschmeißen. Alles, wirklich alles, an Arbeitswerkzeugen wird verbessert, verfeinert und optimiert, um es nicht in den Müll pfeffern zu müssen. Unsere zu vermietenden Umzugskartons werden geflickt, neu zusammengesetzt oder zweckentfremdet. Ich habe gelernt, dass man immer aus vermeintlichem „Schrott“ noch etwas Nützliches erschaffen kann, wenn man nur umdenkt. Hört sich vielleicht kauzig an, ist aber so.

Zudem unternehmen wir keine unnötigen Fahrten. Wir koordinieren die Routen so, dass wir naheliegende Ziele miteinander verbinden. So fahren wir kraftstoffsparend und übrigens natürlich ohne Diesel.

Bei Umzügen kommt es oft vor, dass Kunden sagen: „Dieses Möbelstück möchte ich eigentlich nicht mehr haben, aber für den Sperrmüll ist es zu schade.“ Ich habe ein Herz für so altes Handwerk. Als gelernter Architekt kann ich zu schönen Möbelschätzen nicht Nein sagen. Erst versuchte ich, die Möbel vor dem Schredder zu retten, indem ich einen Schaufensterverkauf arrangierte. Mittlerweile ist daraus ein neues Projekt entstanden: „Ein zweites Mal“. Wir holen per Auftrag unbeliebte, aber trotzdem wertige Einrichtungsgegenstände vom Kunden ab und geben sie an Andere weiter. In Zukunft wird es einmal pro Monat einen Lagerflohmarkt von „Ein zweites Mal“ geben. Ich möchte Möbel und das gute, alte Qualitätshandwerk erhalten. Es in den Kreislauf zurückbringen, bevor es in Kellern einstaubt.

Die wiederverwendbaren Stretch-Umzugsdecken sind eine von vielen Ideen, um Umzüge nachhaltiger zu gestalten. (Bild: IMOVEYOU)

In welchem Bereich habt ihr noch am meisten Schwierigkeiten, mehr Nachhaltigkeit in euren Umzugsservice einzubringen?

Der Sektor Umzüge und Transporte ist leider generell wenig nachhaltig, weil es wahnsinnig schwierig ist, alle Einzelbereiche auf eine ökologisch-faire Arbeitsweise umzumünzen. Logistisch gesehen wäre das ein megagroßer, fast unmöglicher Aufwand, denn alles ist auf Effizienz aufgebaut. Das größte Problem sehe ich bei den Verbrennungsmotoren, sprich dem zu hohen Kraftstoffausstoß. Es gibt bisher wenig Möglichkeiten, den zu reduzieren. Außer eben seine Wege klug zu planen und auf Diesel zu verzichten. Natürlich wären Elektro-LKWs eine vorübergehende Option, aber in der Größe, wie wir diese Fahrzeuge bräuchten, gibt es sie unseres Wissens nach nicht. Die bauliche Entwicklung ist da noch nicht ausgereift. Schon die kleinen E-Transporter wären immens teuer und eine staatliche Finanzspritze gibt’s dafür bisher nicht. Natürlich kann man niemandem zumuten, seinen Umzug mit dem Fahrrad zu wuppen, aber rein theoretisch wäre das der umweltfreundlichste Ansatz.

Bei Verpackungen, Packboxen und der Folie sehe ich das zweitgrößte Problem. Im Handel, wo wir unsere Arbeitsmaterialien einkaufen, ist wenig auf Nachhaltigkeit ausgelegt. Deswegen suche ich immer wieder nach alternativen Anbietern, von denen ich weiß, sie bieten ökologisch abbaubare Werkmittel an. Die Misere ist, dass die Händler oft im Ausland sitzen und der Versandweg wiederum die Umwelt belastet. Es ist echt schwierig. Aber ich will diese Einfallslosigkeit meiner Branche nicht auf mir sitzen lassen. Deswegen recherchiere ich nach allem Nachhaltigen, was irgendwie in meinem Sektor brauchbar wäre. Dazu minimieren wir den Gebrauch von Folien und Kartons so gut es geht. Ein drittes Problem, das uns immer wieder direkt auffällt: Es gibt zu viel Müll.

Beim Thema Entrümpelung und Möbelentsorgung sieht es ähnlich spärlich aus. In Deutschland werden statistisch gesehen mehrere Tausend Tonnen Möbelstücke pro Jahr einfach so weggeschmissen. Klar gibt es da gewisse Unternehmen, die sich die guten Teile abkrallen und dann teurer weiterverkaufen. Aber das sehen wir nicht. Wir wollen die Gegenstände, die uns unsere Kunden überlassen, wiederinstandsetzen und sie erst dann wieder an den Mann bringen. Die Stücke werden von uns abgeschliffen, neu vernagelt, gepolstert und so weiter. Macht doch mehr Sinn. Wir stehen auf Ehrlichkeit, anstatt auf maximalen Profit. Das davon eingenommene Geld spenden wir coolen, gemeinnützigen Vereinen. Wir befinden uns da zwar noch am Anfang, aber die ersten Schritte machen wir bereits mit unserem erwähnten Projekt „Ein zweites Mal.“

In welchen Orten ist IMOVEYOU über Hamburg hinaus tätig?

Natürlich fragen uns meistens Kunden aus Hamburg und Umland an, weil hier unser Standort ist. Und sie bedienen wir auch am meisten. Aber wir transportieren zum Beispiel auch nach Hannover oder Bremen. Und standardmäßig nach Berlin. Aber ich bevorzuge regionale Tätigkeiten, schließlich sind wir auf umweltfreundliches Umziehen ausgerichtet. Regelmäßige Aufträge aus beispielsweise Mannheim anzunehmen wäre Quatsch und unglaubwürdig.

Welche Tipps kannst du unseren Leser*innen mit auf den Weg geben, um den nächsten Umzug entspannt und nachhaltig zu gestalten?

Eine vorausschauende Planung plus Organisation und Mitdenken. Ich habe dafür extra eine To Do-Liste auf unserer Homepage erstellt, an denen sich unsere Kunden langhangeln können. Erstmal Kartons mehrfach benutzen oder im Bekanntenkreis ausleihen, anstatt sich welche zu kaufen. Das spart Ressourcen. Bevor das Hab und Gut eingepackt wird, könnte man sich die Zeit nehmen auszusortieren. Die ausrangierten Sachen dann entweder zur Spende freigeben, verschenken, rechtzeitig online verkaufen oder an uns für unser Möbelprojekt weitergeben. Es ist hilfreich, die Schränke und Schubladen vor dem Umzug zu entleeren, damit wir den Kleiderschrank aus Massivholz nicht mitsamt Inhalt drei Stockwerke runterschleppen müssen. Fotos von allen umzuziehenden Möbeln sind auch hilfreich für unsere Planung, genauso wie das Maßnehmen des Treppenflurs.

Und ganz wichtig: Vor dem alten Wohnort und dem Neuen nach Parkmöglichkeiten umsehen. Können wir an der Straße halten, weil es ein verkehrsruhiger Seitenweg ist? Oder müssen wir ohne befahrbaren Gehweg an einer mehrspurigen Hauptstraße parken? Dann lohnt es sich über unseren Service Halteverbotszonen einrichten zu lassen.

Oft hängt man aus Sentimentalität oder Sammelleidenschaft an Dingen, welche man nicht mehr wirklich benutzt. Viele Menschen hadern deswegen damit, vor einem Umzug Gegenstände auszusortieren. Wie lassen sich diese Entscheidungen leichter treffen?

Dazu gibt es verschiedene Methoden, die einem das Aussortieren vereinfachen. Eine Variante wäre, sich zu fragen, wann man das Stück zuletzt benutzt hat. Stößt man bei den Umzugsvorbereitungen zufällig darauf und denkt: „Ach, krass. Das lag hier?! Soll ich das weggeben?“ kann das Teil definitiv weg. Die Faustregel besagt, hielt man den Gegenstand in den letzten zwei Monaten nicht in den Händen, hat sich das Ding erledigt.

Eine zweite Vorgehensweise ist das immer bekannter werdende Ampelsystem. Vor dem Aussortieren werden drei Kisten aufgestellt mit einem grünen, gelben und roten Zettel darauf. Die Gegenstände sollen dann kategorisiert werden. In die grüne Box kommt, was auf jeden Fall mitsoll. In die Gelbe die Dinge, bei denen Unentschlossenheit herrscht. Und die rote Kiste sollte sich mit Dingen füllen, die nicht mit umziehen. Wobei wir diese dann auf Wunsch direkt mitnehmen können, da wir uns auch um professionelle Müllentsorgung und Sperrgutannahme kümmern. Beim Ampelsystem ist Spontanität und schnelles Entscheiden wichtig. Das Bauchgefühl geht voran. Ein zusätzlicher Tipp: Lieber alleine Aussortieren, als zu Zweit. Eine andere Person beeinflusst und verunsichert oft. Auch, wenn sie es eigentlich gut meint.

Bereit zum Entrümpeln? (Bild: IMOVEYOU)

Als Umzugsunternehmer kennst du Hamburg sicherlich so gut wie deine Westentasche. Was machen die Stadt Hamburg und ihre Bewohner*innen bereits gut in Sachen Nachhaltigkeit, wo besteht noch Nachholbedarf?

Was ich im Ansatz ganz cool finde, ist die Agenda 2030 der vereinten Nationen, für die sich auch Hamburg entschieden hat. Da geht’s um die Umsetzung bestimmter, vorher festgelegter Nachhaltigkeitsziele. Unterschiedlichste Dinge sind aufgelistet, zum Beispiel Armutsbekämpfung, sauberes Wasser und Sanitärversorgung, saubere Energie, menschenwürdige Arbeit für alle und auch Maßnahmen zur allgemeinen Gesundheit. Ich finde es eben aber auch nur vom Prinzip her gut, denn an der Umsetzung hapert es natürlich wieder. Warum? Weil das Vorhaben trotzdem ein Wirtschaftssystem bleibt und jeder daran verdienen möchte. Auf Kosten anderer. Es wäre schön, wenn sich all diese Punkte in Praxis verwandeln würden und ich möchte fest daran glauben. Ich bin mir sogar sicher, dass es machbar ist, wenn sich jeder ein wenig von seinem Ego lösen würde und für die Allgemeinheit denkt. Denn schlussendlich – und jetzt kommt der kitschige Spruch – bevölkern wir alle zusammen nur diese eine Erde. Diese eine eine eine eine.

Vielen Dank für das sympathische Interview, lieber Levent!

Dir schwebt nun auch noch eine Frage im Kopf herum, die du gerne an IMOVEYOU stellen möchtest?

Dann schreib sie in die Kommentare - wir freuen uns auf den Austausch mit dir!

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