Gesellschaft

Nachhaltiges Modebusiness auf der Neonyt miterleben und gestalten

INTERVIEW | Die Modewelt gemeinsam nachhaltig verändern – das ist das Ziel der Neonyt. Wie dieses auf der Messe verfolgt wird, verrät dir Bettina Bär im Interview.

INTERVIEW | Die Modewelt gemeinsam nachhaltig verändern – das ist das Ziel der Neonyt. Wie dieses auf der Messe verfolgt wird, verrät dir Bettina Bär im Interview.

03.12.2021 | Ein Interview geführt von Deborah Iber | Bild: NEONYT

Die Neonyt ist eine durch die Messe Frankfurt ins Leben gerufene und veranstaltete Messe, bei der es um die Ausrichtung der Modebranche hin zu mehr Nachhaltigkeit geht. Auf dem Event treffen sich unterschiedliche Akteur*innen aus dem Modebereich, die sich dort austauschen, präsentieren und inspirieren lassen können.

Bettina Bär ist Showdirectorin der Neonyt und gibt im Interview einen Einblick über die Hintergründe, Mission und Ziele der Neonyt und was für die nächste Veranstaltung im Januar 2022 erwartet wird.

Hinweis vom 22.12.2021: Aufgrund der weltweit wieder zunehmend angespannten Covid-19-Situation wird die Neonyt abgesagt. Die Neonyt und die Val:ue werden analog zu den weiteren Fachmessen der Frankfurt Fashion Week ihre physische Premiere in Frankfurt auf die Sommerausgabe vom 5. bis 7. Juli 2022 verschieben.

Hier findest du noch mehr spannende nachhaltige Mode Marken und Labels!

LifeVERDE: Bettina, seit wann gibt es die Neonyt und wofür steht die Messe?

Bettina: Im Januar wird die Neonyt tatsächlich schon 10 Jahre alt – wir feiern eine Dekade nachhaltiges Modebusiness. Und das auch noch in unserer Homebase Frankfurt! Auch deshalb sind wir extra gespannt auf die erste physische Veranstaltung nach der langen Corona-Zwangspause!

Die Neonyt steht vor allem für eines: Community. Es gibt wohl kaum eine zweite Veranstaltung, und schon gar keine B2B-Messe, die einen solchen Zusammenhalt über die Branche hinweg erfährt, wie die Neonyt. Neonyt bedeutet ganzheitlich denken und nachhaltig agieren, das ist es auch, was wir anstreben: Gemeinsam die Mode nachhaltig verändern – authentisch, unmittelbar und transparent. Wir bieten einen Ort für Business, Inspiration, Knowledge und Community-Building.


Bettina Bär, Showdirectorin bei NEONYT (Bild: NEONYT).

Anfang 2022 findet die Neonyt wieder vor Ort statt. An wen genau richtet sich die Messe und welche Akteur*innen der Fashion Branche finden sich dort zusammen?

Alle, für die Mode und Nachhaltigkeit untrennbar verbunden sind, die die Textil- und Modebrache nachhaltig verändern und nach vorne bringen wollen, kommen auf die Neonyt. Unsere Cross Sector-Community streckt sich von Einkäufer*innen und Händler*innen über Brands, Agenturen und CEO’s, Marketing- und CSR-Verantwortliche bis hin zu Moderedakteur*innen, Wirtschaftsjournalist*innen und Content Creators.

Mit der Neonyt haben wir einen einzigartigen Ort geschaffen: Auf der Trade Show bilden wir das Order-Business unserer Brands ab, auf der Fashionsustain-Konferenz und in den dazugehörigen Showcases werden nachhaltige Initiativen und Impact diskutiert und Innovationen präsentiert. Während der Prepeek generiert die Lifestyle-Community modischen Content in Form von Shootings und Social Media-Professionals können Gleichgesinnte im Austausch treffen. Und unsere kuratierte Fashion Show sorgt für das entsprechende Glamour-Feeling und zeigt immer wieder wie High-Fashion nachhaltige Mode ist! Da ist wirklich für alle was dabei!

Ihr arbeitet mit dem Conscious Fashion and Lifestyle Network zusammen und möchtet durch die Messe einen Dialog ermöglichen, um die SDG´s weiter in die textilen Wertschöpfungsketten zu integrieren. Welche Voraussetzungen bietet die Messe dafür?

Die Kooperation mit dem Conscious Fashion and Lifestyle Network ist sehr wichtig für uns – nicht nur für die Neonyt, sondern für das gesamte Texpertise Network (Textile Business Network) der Messe Frankfurt. Wir integrieren die SDGs so in rund 60 internationale Veranstaltungsformate: Die 17 Nachhaltigkeitsziele stehen bei uns im Spotlight, ob in Panel Discussions, bei Pressekonferenzen, in Lounges oder auf unseren Social Media-Kanälen. Unser gemeinsames Ziel ist der direkte Austausch mit unserer Community. Denn wir sind alle gemeinsam dafür verantwortlich, Lösungen für einen sozialen, wirtschaftlichen und ökologischen Wandel zu finden und umzusetzen.

Die SDGs werden im Rahmen der Frankfurt Fashion Week beispielsweise bis 2023 Richtwert für alle Aussteller*innen der Messen – Labels der Neonyt erfüllen diese sowieso schon: Alle Labels, die auf der Neonyt ausstellen, durchlaufen seit jeher vor ihrer Zulassung einen Nachhaltigkeits- und Style-Check. In einem mehrseitigen Fragebogen müssen interessierte Labels konkrete Angaben zu ökologischen und sozialen Aspekten ihrer Nachhaltigkeit machen und diese transparent beispielweise durch Zertifikate wie Bluesign, GOTS, Fair Trade oder Oeko-Tex sowie Multi-Stakeholder*innen-Programme oder Code-of-Conducts belegen. Auch werden Angaben zu ihrem CO2- und Wasserfußabdruck, zu ihrer Liefer- und Wertschöpfungskette sowie Angaben zur Ressourceneffizienz und innovativen Produktionszyklen abgefragt. Nur wer mindestens 70% der Anforderungen erreicht, darf auf der Neonyt ausstellen. Unsere Cross Sector-Community hat somit die Garantie echter modischer Nachhaltigkeit.

Was sind eure weiteren Ziele im Nachhaltigkeitsbereich, die ihr mit Neonyt erreichen möchtet?

Im Idealfall ist irgendwann die gesamte Textil- und Modebranche nachhaltig aufgestellt und unsere Mission hinfällig. Und bis wir an diesem Punkt sind, werden wir weiterhin daran arbeiten, die breite Masse von nachhaltiger Mode, einem bewussteren Konsumieren und einem zukunftsweisenden Lifestyle zu überzeugen.

Sustainability hat so viele Aspekte und Dimensionen, das lernt keiner über Nacht – es ist ein Prozess und diese Transformation wollen wir weiterhin aktiv vorantreiben und immer wieder neuinterpretieren. Nachhaltigkeit bedeutet Fortschritt, anti-Stillstand und Synergien schaffen.


Einblick in die NEONYT im Januar 2020 (Bild: NEONYT).

Was sind aktuell die größten Probleme der Modebranche?

Generell das größte Problem ist die „Ultra Fast-Fashion“. Auf der einen Seite macht sie Mode für Jede*n erschwinglich, sie demokratisiert sie. Auf der anderen Seite muss man sich doch fragen, wie es sein kann, dass Kleidungsstücke für weniger als 5 Euro gekauft werden können. Eine solche Rechnung kann unterm Strich überhaupt nicht positiv ausfallen. Das Problem nachhaltiger Mode ist jedoch, dass es ressourcentechnisch überhaupt nicht möglich ist, so viel fair zu produzieren, wie aktuell konsumiert wird. Viel mehr braucht es ein Umdenken in der Gesellschaft. Meiner Meinung nach müssen wir lernen, Mode und Kleidungsstücke wieder Wert zu schätzen und sie nicht als Wegwerfprodukte zu sehen. Qualität sollte uns wieder wichtiger als Quantität sein – dadurch profitieren alle Beteiligten. Und dieses Umdenken muss eben nicht nur in der Textilindustrie stattfinden, sondern generell in den Köpfen der Menschen.

Und welche Fortschritte nehmt ihr war?

Die Einstellung heute, seitens Produzent*innen, aber vor allem auch Konsument*innen, geht wieder zurück auf die „weniger ist mehr“-Mentalität. Plan A geht nicht mehr auf, also müssen wir umdenken. Die Corona-Krise hat deutlich gemacht, wie vernetzt und gleichzeitig fragil das gesamte Textil- und Modesystem ist, und hat die Bereitschaft für Kooperation gestärkt. Der Wandel in der Konsument*inneneinstellung hat gezeigt, dass ein Miteinander besser funktioniert als ein Gegeneinander, auch wenn es ums Business geht – Konkurrenz belebt zwar das Geschäft, aber in Zeiten der Umwälzung sind Investitionen in neue Technologien und Geschäftsmodelle nötig und die stemmt man am besten gemeinsam! Zwischen Wettbewerber*innen bilden sich Synergien, die gemeinsam genutzt allen einen Vorteil bringen – Stichwort Coopetition. Und durch echte Partnerschaften mit Zulieferer*innen und enge Kollaboration während des gesamten Herstellungsprozesses können nachhaltige Produktionsstandards eingehalten und transparente Lieferketten erwirkt werden.

Außerdem wurde die Modebranche geradezu dazu gezwungen, digitaler zu denken und zu handeln – angefangen bei Modepräsentationen per Livestream, Auf- oder Ausbau von komplementären Online-Vertriebswegen. Sah man den Online-Handel zuvor oft als Ergänzung zum stationären Handel, verschmelzen nun immer mehr Komponenten der beiden Business-Modelle. Weiterhin kann Digitalisierung auch ganz allgemein dabei helfen, nachhaltiger zu agieren. Ich denke dabei an die Digitalisierung von Produktionsprozessen, die beispielsweise Überproduktion verhindern kann, oder die Blockchain-Technologie, die für Transparenz und Nachvollziehbarkeit bei Lieferketten und Warenflüssen sorgt. Nachhaltige Modelabels stehen an der Spitze der Innovationskette!

Was hat sich in den letzten Jahren verändert bezüglich ausstellender Labels, Besucher*innen, Nachhaltigkeitsbewusstsein?

Mehr als die Hälfte der weltweiten Einkaufschef*innen in der Modebranche hält Nachhaltigkeit mittlerweile für eine der wichtigsten Geschäftsstrategien. Entsprechend wächst auch das Angebot nachhaltiger Kleidung, jedes Jahr um das Fünffache. Dennoch ist nur 1% der Modeprodukte als „nachhaltig“ gekennzeichnet, das bedeutet auch einfach, dass es an internationalen Standards und klaren Definitionen für Nachhaltigkeit fehlt.

Wir merken verstärkt, dass die Branche und die Community aktiv werden. Vor allem die „Instagram“-Generation: Millennials und Generation Z, die „Digital Natives“ haben eine stärkere Sensibilität für Themen der sozialen Gleichberechtigung – wie Gender-Equality, Diskriminierung oder Diversität – und fordern von Marken mehr als nur attraktive Produkte. Sie fordern Vielfalt, Inklusivität und vor allem einen transparenten und verantwortungsvollen Umgang mit den Menschen und der Umwelt.

Fair Fashion-Brands gehen unlängst mit gutem Beispiel voran und gerade in Krisenzeiten hat sich das Geschäftsmodell dieser Modelabels bewiesen. Durch die enge und transparente Zusammenarbeit der Brands mit den Partner*innen entlang der Liefer- und Wertschöpfungskette konnten und können gemeinsam schnelle und flexible Lösungen gefunden werden. Das veränderte Bewusstsein und der Wertewandel der Konsument*innen führt zu einer gesteigerten Nachfrage nachhaltiger Produkte – Mode „made to last“ statt „dressed for the moment“ sozusagen.

Kleiner Spoiler: Welche Highlights erwarten die Besucher*innen der nächsten Neonyt?

Die ganze Veranstaltung wird ein Highlight ;) vor allem nach so langer Pause: Die Labels sind motiviert, die Branche heiß auf nachhaltige Innovationen und Frankfurt bereit für die Fashion Week. Ich würde sagen, einfach vorbeikommen und inspirieren lassen!

 

Vielen Dank für das spannende Interview, liebe Bettina!

Dir schwebt nun auch noch eine Frage im Kopf herum, die du gerne an NEONYT stellen möchtest?

Dann schreib sie in die Kommentare - wir freuen uns auf den Austausch mit dir!

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Weitere Infos zur NEONYT im Januar: NEONYT - die Modebranche steht auf grün

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