Politik, Kultur & Wissenschaft

Die Linke kämpft für mehr Nachhaltigkeit auf allen Ebenen

"Wo wir für gute und gerecht verteilte Arbeit kämpfen, kämpfen wir für Nachhaltigkeit und wo wir für Umverteilung, mehr soziale Gerechtigkeit und demokratische Teilhabe in Deutschland streiten, streiten wir für Nachhaltigkeit". Birgit Menz, tierschutzpolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion DIE LINKE, im Interview.

"Wo wir für gute und gerecht verteilte Arbeit kämpfen, kämpfen wir für Nachhaltigkeit und wo wir für Umverteilung, mehr soziale Gerechtigkeit und demokratische Teilhabe in Deutschland streiten, streiten wir für Nachhaltigkeit". Birgit Menz, tierschutzpolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion DIE LINKE, im Interview.

22.02.2017 - Das Interview führte Gessica Mirra, Bild © www.birgit-menz.de
LifeVERDE: Welche Rolle wird das Thema Nachhaltigkeit in Ihrem Bundestagswahlkampf einnehmen?

Birgit Menz: DIE LINKE setzt sich für einen grundlegenden, demokratischen Wandel unserer Gesellschaft, der Politik und der Kräfteverhältnisse in unserem Land, aber auch weltweit ein. Das werden wir auch im Wahlkampf tun. Wir wollen zeigen, dass das Thema Nachhaltigkeit weder mit einer konservativen Politik noch mit nationalistischen Abschottungsprogrammen zu erreichen ist. Denn wer die systematischen Zusammenhänge und die strukturellen Ursachen der sozial-ökologischen Krisen nicht angeht, wird diese zementieren. Wir wollen deutlich machen, dass die Frage der Nachhaltigkeit im Rahmen des bestehenden Wirtschaftssystems mit seiner einseitigen Fixierung auf Wirtschaftswachstum und Wettbewerb, mit seiner extremen Ungleichheit bei Einkommen und Vermögen, bei Macht und Einfluss auf politische Entscheidungen nicht zu beantworten ist. Denn ohne soziale Gerechtigkeit bleiben ökologisches Wirtschaften und eine nachhaltige Lebensweise leere Versprechen. Unser Ansatz für einen sozial-ökologischen Umbau setzt deshalb auf die Durchsetzung globaler Rechte und die gesicherte Teilhabe an menschlichen Grundbedürfnissen wie Ernährung, Zugang zu Wasser, Mobilität, Bildung. Deshalb wird Nachhaltigkeit in unserem Wahlkampf an vielen Stellen eine wichtige Rolle einnehmen: Wo wir für gute und gerecht verteilte Arbeit kämpfen, kämpfen wir für Nachhaltigkeit; wo wir für Umverteilung, mehr soziale Gerechtigkeit und demokratische Teilhabe in Deutschland streiten, streiten wir für Nachhaltigkeit; und wenn wir eine andere Handels- und Entwicklungspolitik und klare gesetzliche Regeln für das Verhalten deutscher Konzerne weltweit fordern, dann fordern wir Nachhaltigkeit. Kurz, das Thema Nachhaltigkeit wird sich durch den Wahlkampf der Linken ziehen mit der klaren Botschaft, dass es gute Alternativen gibt, für die es sich zu kämpfen lohnt.

Was sind die Eckpfeiler Ihrer Umweltpolitik?

Unsere Umweltpolitik baut auf dem Zusammendenken von Natur-, Umwelt- und Klimaschutz, Gerechtigkeit und demokratischer Teilhabe auf. Es geht also immer darum, einerseits unsere Umwelt als Grundlage unseres Lebens und als Voraussetzung guten Lebens zu erhalten. Gleichzeitig aber ist Umweltpolitik immer auch eine Frage der sozialen Gerechtigkeit: Wie werden ökologische Kosten verteilt, in Deutschland, aber eben auch global? Und wie können umweltpolitische Maßnahmen so gestaltet und umgesetzt werden, dass sie helfen, ökologische und soziale Gerechtigkeit zu befördern? Hier gibt es viel zu tun. Konkrete Projekte, für die wir uns in diesem Sinne einsetzen, sind etwa ein geordneter, sozialverträglich gestalteter Kohleausstieg bis 2035, eine dezentrale Energiewende in Bürger*innenhand und  der Ausbau des ÖPNV, der sozial gerecht finanziert wird und fahrscheinlos genutzt werden kann.

Menschen, denen die Umwelt und soziale Gerechtigkeit wichtig ist, sind bei Ihrer Partei gut aufgehoben, weil?

Weil DIE LINKE die einzige Partei ist, die Nachhaltigkeit nicht nur fordert, sondern auch die Voraussetzungen dafür schaffen will, indem wir Alternativen zur jetzigen Wachstums- und Wegwerfkultur aufzeigen. Denn es ist ja nicht so, dass sich die Menschen keine Gedanken über ihre Lebensweise machen. Viele suchen nach Wegen, wie wir anders leben, arbeiten, produzieren, konsumieren können, um nicht nur wenigen, sondern möglichst allen eine gute Zukunft zu ermöglichen. Aber viele scheitern daran, weil die Strukturen sie darin nach wie vor nicht unterstützen. Deshalb brauchen wir einen gestaltenden Staat, der die Rahmenbedingungen im Interesse von Nachhaltigkeit setzt. Der eben auch bereit ist, sich ernsthaft mit den Unternehmen anzulegen, um wirksame gesetzliche Vorgaben zum Umsteuern zu erreichen. Für einen nachhaltigen Umbau kommt es auf jeden an. Deshalb müssen wir politische Prozesse und Wirtschaft radikal demokratisieren, damit die Menschen ihre Zukunft tatsächlich gestalten können. Wir können die Komplexität der Welt nicht verringern und wollen auch nicht so tun. Aber wir können und wollen die Menschen in die Lage versetzen, sich dieser Komplexität ohne Angst stellen zu können.

Bei welchen Umweltthemen sehen Sie derzeit Optimierungsbedarf?

Zu den größten umweltpolitischen Problemen gehört, dass Umweltpolitik durch eben jene „Silopolitik“ beschränkt wird, die im Namen der Nachhaltigkeit, spätestens aber mit der Umsetzung der VN-Agenda 2030 für eine nachhaltige Entwicklung überwunden werden muss. Aktuell scheitert Umweltpolitik regelmäßig an den Toren gerade der Ministerien, deren Regelungsbereiche zu den entscheidenden Ursachen der größten Umwelt- und Klimaprobleme gehören. Hier besteht nach wie vor eine Schieflage. Insofern sehen wir Optimierungsbedarf bei den Umweltthemen Landwirtschaft, Ernährung und Konsum, wir sehen Optimierungsbedarf bei dem Umweltthema Mobilität, den Umweltthemen Klimawandel, Energiewende und Kohleausstieg, bei den Umweltthemen Wirtschaft und Handel. Umweltpolitik muss in andere Politikbereiche integriert werden, um den Erhalt von Natur und Biodiversität zu gewährleisten. Aber natürlich gibt es auch im Umwelt- und Naturschutz selbst noch viel zu verbessern. Unter anderem muss Deutschland endlich die EU-Naturschutz-Richtlinien umsetzen und entsprechend finanziell stützen; Natur- und umweltzerstörende Subventionen müssen abgebaut, der weltweite Flächenverbrauch Deutschlands dringend verringert werden; gerade mit Blick auf unsere Böden müssen wir verhindern, dass Klima- und Biodiversitätsschutz zu Konkurrenten werden; der Ausstieg aus der Atomkraft muss im Grundgesetz festgeschrieben und der Im- und Export von Uranbrennstoffen verboten werden.

Welche wirtschaftlichen Vorteile ergeben sich für den Standort Deutschland aber auch für die deutschen Unternehmen aus einer Politik, bei der das Thema Nachhaltigkeit eine große Rolle spielt?

Die eigentliche Frage ist doch: Warum ergeben sich nach wie vor wirtschaftliche Vorteile auch aus einer Politik, bei der das Thema Nachhaltigkeit keine große Rolle spielt? Dass hohe soziale und ökologische Standards, faire Löhne und demokratische Mitbestimmung nach wie vor als Zumutung empfunden und mit Verweis auf Wettbewerbsfähigkeit und den drohenden Verlust von Arbeitsplätzen regelmäßig unterlaufen werden, zeigt, dass eine nachhaltige Politik in nicht nachhaltigen Strukturen nicht zu machen ist. Wirtschaftliche Vorteile werden nach wie vor auf Kosten von Natur und Umwelt erreicht. Denn den Preis bezahlen ja andere. Genau das wollen und müssen wir ändern. Künftig werden Standorte und Unternehmen nur auf der Basis von Nachhaltigkeit erfolgreich sein können. Denn erneuerbare Energien, Ressourceneffizienz, ökologische Produkte und umweltverträgliche Produktionsverfahren schonen nicht nur die Umwelt, sondern verbessern unmittelbar den Ruf von Unternehmen und bergen in mittlerer Frist auch Kostenvorteile. Wer heute nachhaltig wirtschaftet und ökologisch investiert, also: im Sinne des Menschen, an seinen Bedürfnissen sowie an der Erhaltung der Natur ausgerichtet, wird morgen geringere Kosten haben und Unabhängigkeit von nicht-erneuerbaren und deshalb knapper werdenden Energien und Ressourcen ernten.

Weltweit sind grüne Unternehmen wie etwas TESLA in Kalifornien besser aufgehoben als in Deutschland. Die Finanzierungsmöglichkeiten über Risikokapital sind in den USA noch immer größer als hierzulande. In welcher Verantwortung steht also die Politik?

Die USA haben seit vielen Jahren eine Tradition der Start-Up-Finanzierung, die stark auf Risikokapital setzt.  Auf dieser Basis gibt es spektakuläre, erfolgreiche und schnell wachsende Neugründungen, aber auch massenhaft Fehlschläge und fehlgelenkte Investitionen. Ob TESLA zu einem dauerhaften Erfolg wird, ist angesichts der bisherigen Verluste in Milliardenhöhe nicht gewiss. In Deutschland spielen Kredite, Mischformen von Eigen- und Fremdkapital sowie öffentliche Institutionen (KfW, ERP, Mittelstandsförderung) anteilig eine deutlich größere Rolle. Wichtiger ist in Deutschland auch der lenkende Effekt des politisch gesetzten Rahmens, wie das Beispiel des Erneuerbare Energien Gesetzes (EEG) zeigt. Vor diesem Hintergrund erklärt sich die „wirtschaftskulturelle“ Differenz zwischen den USA und Deutschland. Eine über den bisherigen Rahmen hinausgehende Förderung von Risikokapital ist nicht nötig.

Lesen Sie hier zum Wahlkampf der Grünen: "Nachhaltigkeit weiterhin zentrales Prinzip im Wahlkampf der Grünen"

Die SPD und das Thema Nachhaltigkeit: "SPD will Stromwende zu Energiewende machen"




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