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Den Regenwald und seine Bewohner schützen – nachgefragt bei BOS Deutschland e.V.

INTERVIEW | Im Rahmen des Projekts “Lebenswald” der Borneo Orangutan Survival Foundation werden neue Lebensräume für Flora und Fauna geschaffen. Lies hier, wie auch du zur Rettung des Regenwaldes beitragen kannst.

INTERVIEW | Im Rahmen des Projekts “Lebenswald” der Borneo Orangutan Survival Foundation werden neue Lebensräume für Flora und Fauna geschaffen. Lies hier, wie auch du zur Rettung des Regenwaldes beitragen kannst.

28.08.2022 | Ein Interview geführt von Laura Hampel und Franziska Gissel | Bild: BOS Deutschland e.V.

Um unsere Regenwälder steht es nicht besonders gut. Durch Brandrodungen und die Anpflanzungen von Monokulturen werden sie und ihre Bewohner immer weiter verdrängt. Dabei sind Regenwälder doch bekanntlich die Lunge unserer Erde. Sie bieten nicht nur ein Heim für zahlreiche Tier- und Pflanzenarten, sondern binden auch große Mengen an CO2 aus unserer Atmosphäre. 

Die Borneo Orangutan Survival Foundation kämpft für den Erhalt des Regenwaldes und der Orang-Utan-Population auf Borneo. Sebastian Wolf, Leiter des Projekts „Lebenswald“ erzählt uns, wie man bereits mit einer Spende von 5€ dafür sorgen kann, dass ein Baum gepflanzt wird und so dazu beitragen kann, einen sicheren Lebensraum für Tiere und Pflanzen zu schaffen. 

LifeVERDE: Wie genau funktioniert die "Regenwald-Rettung" bei euch, wenn jemand ein Stück Wald oder einen Baum kauft?

Sebastian Wolf: Wir pflanzen in unserem Schutzgebiet Mawas in Zentral-Kalimantan auf Borneo Setzlinge aus unseren eigenen Baumschulen. Wir pflegen die Setzlinge in den ersten drei Jahren und schaffen somit eine Überlebensgarantie. Bei der Pflege achten wir darauf, dass die Setzlinge nicht überwuchert (Sekundärvegetation) oder abgetrennt werden. Verlieren wir doch mal einen Setzling, pflanzen wir ihn sofort nach. Mit stets aktuellen Drohnenkarten kann auf unserer interaktiven Website www.lebenswald.org das Heranwachsen der Setzlinge beobachtet werden. So erschaffen wir aus einer in den neunziger Jahren zerstörten Fläche Torfmoorregenwald einen neuen jungen Wald und Überlebensraum für Flora und Fauna.

Wie teuer ist ein Grundstück im Regenwald oder ein Baum bei euch?

Einen Baum – das entspricht zehn Quadratmetern Wald – kann man bei Lebenswald gegen eine Spende von 5 Euro pflanzen. Natürlich muss es nicht bei einem Baum bleiben. Auf unserer interaktiven Karte kann man auswählen, wo der Baum gesetzt werden soll. Manche Spender*innen haben so kleine Piktogramme in Mawas entstehen lassen. Auch eine schöne Idee, wenn man jemandem Wald schenken möchte.
Wir bieten auch Waldpatenschaften an, bei denen wir dann, je nach monatlicher Spendensumme, jeden Monat weitere Bäume anpflanzen.

Mit einer Spende von z. B. 5 Euro können wir folgendes bewirken: 3 Euro werden für die Aufzucht der Setzlinge in eigenen Baumschulen verwendet. Zusätzlich wird der Transport ins Aufforstungsgebiet, das Pflanzen der Setzlinge, die Pflege in den ersten drei Jahren gewährleistet. 80 Cent der Spende werden für den Waldschutz verwendet: regelmäßige Patrouillen durch den intakten Wald, Verhinderung von Wilderei und illegaler Waldrodung, sowie die frühzeitige Identifizierung und Bekämpfung von Brandherden. Weitere 80 Cent fließen in die Gemeindearbeit von BOS (Borneo Orangutan Survival) zur Schaffung nachhaltiger Einkommensquellen, Stärkung der Landrechte, Trainings für nachhaltige Ressourcennutzung und Bewusstseinsbildung für Naturschutz. 40 Cent (8 Prozent von 5 Euro) werden für den Verwaltungsaufwand benötigt (Projektcontrolling, Bereitstellungskosten, Transaktionsgebühren).


Mithilfe der Organisation konnten bisher fast 500 Orang-Utans ausgewildert werden (Bild: BOS Deutschland e.V.).

Seit wann gibt es Lebenswald.org und wie groß ist die Waldfläche, die ihr bisher habt retten können?

Lebenswald ist ein Projekt von BOS Deutschland e.V., das Teile eines in den neunziger Jahren zerstörten Torfmoorregenwaldgebiets auf Borneo wieder aufforstet. BOS ist mit internationalen Partnerorganisationen seit rund 20 Jahren hier aktiv. Das Mawas-Gebiet umfasst insgesamt rund 300.000 Hektar. Große Teile davon sind intakter Torfmoorregenwald, in dem mit etwa 2.500 Tieren eine der größten wilden Orang-Utan-Populationen lebt. Die zerstörten Teile von Mawas leiden vor allem unter dem zur Trockenlegung des Moors angelegten kilometerlangen Kanalsystem. Um neuen Regenwald anzupflanzen und den intakten Wald zu schützen, müssen wir diese Kanäle zunächst mit Staudämmen blocken. Eine langwierige und schweißtreibende Arbeit, denn mit schwerem Gerät können wir dort nicht arbeiten. Das Baumaterial müssen wir in kleinen Booten auf den noch bestehenden Kanälen transportieren und alle Arbeiten werden von Hand verrichtet. Erst dann, wenn der Boden wieder vernässt ist, kann mit den Pflanzungen begonnen werden. 

Seit 2019 haben wir im aktuellen Projektareal von Lebenswald 63.962 Setzlinge gepflanzt und schützen dadurch 639.620 Quadratmeter Regenwald. Dies entspricht einer Fläche von ca. 90 Fußballfeldern von besonders klimawertvollem Torfmoorregenwald.

Was müsste sich ändern, damit weniger Regenwald abgeholzt wird?

Die Verantwortung sollte nicht nur beim Individuum liegen. Wir brauchen einen starken gesellschaftlichen Druck, der die Gesetzgebung, Finanzindustrie und Unternehmen in die Pflicht nimmt, Verantwortung zu übernehmen. Schlagworte wie: Unternehmensverantwortung, Circular Economy und Divestment sind hier zu nennen. So sind Investitionen in zukunftsfeste Sektoren deutlich krisenfester als Bereiche, die nur auf kurzfristige Rendite ausgerichtet sind. Die wirtschaftliche Rentabilität vieler Divestment-Strategien bleibt stabil und bewältigt dabei soziale- und ökonomische Problemstellungen. Finanzielle Mittel sollten die Gesellschaft voranbringen und Divestment scheint hierfür ein unverzichtbares Instrument zu sein. Wir brauchen gerechte Ziele und sollten Geld für eine lebenswerte Zukunft arbeiten lassen.
Und natürlich sind auch die Verbraucher*innen gefragt, denn jede Konsumentscheidung ist mit Verantwortung verknüpft.


Die Setzlinge für den zukünftigen Regenwald werden in den Baumschulen der Organisation von Hand gezüchtet und gepflegt (Bild: BOS Deutschland e.V.).

Was können wir in Europa tun, um die Regenwaldabholzung nicht zu unterstützen?

Seit den 1990er Jahren wird der Regenwald vor allem für riesige Monokulturen abgeholzt. Mehr als 14 Millionen Hektar in Indonesien sind schon in Ölpalmplantagen umgewandelt worden.

Was wir tun können? Augen auf beim Shopping: Jedes zweite Produkt, das wir heute im Supermarkt kaufen können, enthält Palmöl. In Lebensmitteln muss es mittlerweile deklariert werden und lässt sich vermeiden. Bei Kosmetika oder Medikamenten wird es schwieriger, weil sich Palmöl dort oft hinter kryptischen Begriffen versteckt. Aber auch da gibt es Marken und Produzenten, die Wert darauf legen, palmölfrei zu sein und es gibt mittlerweile Produkte, die nachhaltig erzeugtes Palmöl verwenden. Entsprechende Hinweise stehen auf der Verpackung.

Außerdem sollten wir Recyclingpapier statt Frischfaserpapier nutzen. Das richtige Papier erkennt man an den Siegeln: Der “Blaue Engel”, Ökopa und Ökopa Plus. Noch besser ist, auf unnötige Ausdrucke zu verzichten. Jedes eingesparte Blatt spart Ressourcen. Verzichten Sie auf Möbel aus tropischem Holz. Reparieren ist der einzige ressourcenschonende Weg. Mittlerweile gibt es viele kreative Angebote von Upcycling-Möglichkeiten für Möbel.

Für weitere nützliche Hinweise möchte ich gerne auf unsere Verbrauchertipps auf unserer Website www.orangutan.de hinweisen. Hier finden Sie auch nützliche Apps und Links.  

Vielen Dank für das Interview, lieber Sebastian!

Dir schwebt nun auch noch eine Frage im Kopf herum, die du gerne an die Borneo Orangutan Survival Foundation stellen möchtest?

Dann schreib sie in die Kommentare – wir freuen uns auf den Austausch mit dir!

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