LifeVERDE-Expertin für nachhaltige Farben und Lacke: Nadine Schrader (AURO Pflanzenchemie AG) I Bild: Unsplash
Wandfarben sind aus unserer Welt kaum wegzudenken, ist doch so gut wie jeder Raum, in dem wir uns aufhalten, gestrichen. Auch wenn die wenigsten von uns tagtäglich Wände streichen, so haben es doch die meisten schon einmal gemacht - und dabei wahrscheinlich nicht besonders über die Folgen für die Umwelt nachgedacht. Doch was ist überhaupt das Problem mit konventionellen Farben? Und wodurch zeichnen sich nachhaltige aus?
Solche und ähnliche Fragen zum Thema nachhaltige Wandfarben und Lacke stellen sich hunderte Menschen täglich – ein klarer Fall für unser Informations-Format “Frag die Expert*innen!”. Wir geben eure ausgewählten Fragen rund um nachhaltige Produkte und Themen direkt an unsere Partner*innen weiter, die selbst Hersteller*innen, Produzent*innen, Dienstleister*innen, Wissenschaftler*innen oder aus einem anderen Grund Expert*innen auf dem jeweiligen Gebiet sind.
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1. Woraus bestehen Naturfarben?
2. Was ist der Vorteil von Naturfarben?
3. Womit pflege ich Holzflächen nachhaltig?
4. Was ist der Unterschied zwischen ökologischem und herkömmlichem Lack?
5. Welche Bestandteile herkömmlicher Wandfarben sind nicht nachhaltig?
6. Welche nachhaltigen Wandfarben gibt es?
7. Sind nachhaltige Wandfarben gesundheitlich unbedenklich?
8. Wo können nachhaltige Wandfarben aufgetragen werden?
9. Wie ist die Deckkraft von nachhaltigen Wandfarben im Vergleich zu herkömmlichen?
10. Welche Bestandteile herkömmlicher Lacke sind nicht nachhaltig?
11. Was unterscheidet nachhaltige von herkömmlichen Lacken?
12. In welchen Farben sind nachhaltige Wandfarben und Lacke erhältlich?
13. Wie viel kosten nachhaltige Wandfarben und Lacke im Vergleich zu herkömmlichen?
14. Welche Siegel können über die Nachhaltigkeit von Wandfarben und Lacken informieren?
Für Naturfarben werden Rohstoffe aus pflanzlichen und mineralischen Quellen eingesetzt. Das sind zum Beispiel Öle, Harze, Wachse und Pigmente aus der Natur.
Nadine Schrader (AURO Pflanzenchemie AG)
Ein großer Vorteil ist, dass echte Naturfarben aus natürlichen Inhaltsstoffen bestehen und biologisch abbaubar sind. Sie lassen sich ohne Bedenken wieder in den natürlichen Stoffkreislauf der Natur integrieren. AURO-Naturfarben beispielsweise kommen ohne den Rohstoff Erdöl aus, da es nicht erneuerbar ist und bereits bei der Gewinnung die Umwelt belastet. Pflanzen hingegen sind nachwachsend, sie benötigen nur die „solare Energie“, also das Sonnenlicht. Ein weiteres Plus ist, dass ökologische Wandfarben zur Wohnraumgesundheit beitragen. Man sieht und fühlt es einfach, die Farbtöne wirken authentisch und natürlich.
Herkömmliche Farbhersteller setzen oft synthetische Stoffe ein, die häufig als Mikroplastik in unserer Umwelt enden. Diese sind zwar günstig in der Herstellung, lassen sich jedoch nicht wirklich abbauen, außerdem können dadurch auch Schadstoffe freigesetzt werden. Wenn man bedenkt, dass wir unsere Zeit im Alltag durchschnittlich zu 90 Prozent in Innenräumen verbringen, spielen sie nicht nur ästhetisch und damit auch seelisch eine Rolle. Die Möbel und Farbtöne, mit denen wir uns umgeben, die Emissionen aller Gegenstände tragen zu einem gesunden Raumklima der eigenen vier Wänden bei.
Nadine Schrader (AURO Pflanzenchmie AG)
Pflegeprodukte aus reinen Naturölen für Holzmöbel und Fußböden bieten sich für Innenräume an. Sie schaffen auf unbehandelten oder vorgeölten Holzflächen einen Langzeitschutz und sind weniger schmutzanfällig. Zudem sind viele Produkte nach der Spielzeugnorm DIN EN 71 Teil 3, geprüft. Des Weiteren gibt es ökologische Reinigungs- und Pflegeprodukte und lösemittelfreie, wasserbasierte Lacke und Lasuren für einen langanhaltend Schutz in vielen Farbnuancen.
Nadine Schrader (AURO Pflanzenchemie AG)
Der Unterschied findet sich nur in den Inhaltsstoffen. Echte ökologische Lacke enthalten Biomasse, andere Lacke setzen oft petrochemische Stoffe als Ausgangsstoff in der Rezeptur ein. Echte ökologische Lacke sind kompostierbar und technisch mindestens genauso gut wie herkömmliche. Gestrichene Flächen sind resistent gegen UV-Strahlung und sehr langlebig. Auch die Farbenvielfalt ist bei ökologischen Lacken gegeben: Es gibt je nach Produktreihe bis zu 800 Farbtöne. Auch die Were für Nassabrieb und Deckkraft gemäß der DIN EN 13300 sind sehr gut für ökologische Lacke. Und selbstverständlich wird die sogenannte „Spielzeugnorm" DIN EN 71-3 ebenso erfüllt, wie die DIN 53160, die Schweiß- und Speichelechtheit garantiert.
Nadine Schrader (AURO Pflanzenchemie AG)
Weitere Hintergrundinformationen zum Thema nachhaltige Wandfarben und Lacke
(erstellt von Johanna Metz für die LifeVERDE-Redaktion)
Herkömmliche Wandfarben enthalten verschiedene Stoffe, die nicht mineralischen oder pflanzlichen Ursprungs sind, wie Konservierungsstoffe, Lösemittel, Bindemittel, Füllstoffe, Pigmente und Weichmacher. Diese können nicht nur der Umwelt schaden, sondern auch unserer Gesundheit.
Es gibt Lehmfarbe, die gewöhnlich als Pulver verkauft wird, Kalkfarbe, Silikatfarbe (auch als Mineralfarbe bekannt) und Dispersionsfarbe.
Lehm-, Kalk- und Silikatfarbe sind rein organisch. Diese Wandfarben, die aus natürlichen Rohstoffen pflanzlichen oder mineralischen Ursprungs bestehen, werden als Naturwandfarben bezeichnet.
Dispersionsfarbe enthält für gewöhnlich Lösungs- und Konservierungsstoffe, es gibt aber auch Anbieter, die darauf verzichten und die Farbe sogar klimaneutral produzieren. Dennoch handelt es sich hier nicht um ein rein organisches Produkt, da diese Farben Kunstharze enthalten.
Eigenschaften der Naturwandfarben im Überblick
Lehmfarbe Kalkfarbe Silikatfarbe
streichfertig meistens nein ja ja
Farben matt beliebig beliebig
Untergrund alle saugend mineralisch
+mineralisch
Kosten je 10L etwa 40€ etwa 80€ etwa 70€
Naturwandfarben gelten als für Mensch und Tier als gesundheitlich unbedenklich. Sie verzichten auf einige bedenkliche Stoffe, zum Beispiel chemische Lösungsmittel, die das Raumklima negativ beeinflussen können.
Naturfarben sind diffusionsoffen, sodass sie Schimmelbildung vorbeugen.
Beim Streichen mit Kalkfarbe sollten vorsichtshalber eine Schutzbrille und Handschuhe getragen werden, da der hohe ph-Wert für Augen und Haut nicht gut ist.
Gerade für Allergiker sind die Naturfarben (im Gegensatz zu Dispersionsfarben) besonders gut geeignet, da sie meist keine Konservierungsstoffe wie Methylisothiazolinone oder Benzisothiazolinone enthalten. Lehmfarben benötigen keine Konservierungsstoffe, da sie als Pulver verkauft werden. Bei Lehmfarbe, die bereits fertig angerührt verkauft wird, sollte hier allerdings das Etikett auf Konservierungsstoffe überprüft werden.
Lehmfarbe kann auf allen Untergründen genutzt werden.
Kalkfarbe kann auf saugenden, mineralischen Untergründen verwendet werden. Hierzu zählt neben Kalk-, Zementputz und Sandstein auch Raufasertapete. Andere Untergründe müssen vor dem Streichen grundiert werden.
Silikatfarbe ist für mineralische Untergründe wie Beton oder Gips gedacht. Andere Untergründe benötigen auch hier eine Grundierung.
Bei herkömmlichen Wandfarben kann sich die Deckkraft je nach Marke stark unterscheiden. Bei nachhaltigen Wandfarben ist dies ähnlich. Auskunft gibt immer die Deckkraftklasse auf dem Farbeimer. Klasse 1 zeichnet eine besonders gute Deckkraft aus, bei Klasse 4 muss mehrfach gestrichen werden.
Der Hauptbestandteil von Lack ist Harz. Dieser kann entweder aus Erdöl, einem begrenzten Rohstoff, oder Schellack, den Ausscheidungen von Lackschildläusen, sein. Meist werden für Möbel Kunstharze wie meist Polyurethan aus Erdöl genutzt.
Herkömmliche Lacke enthalten zudem Lösemittel, die durch Verdunstung in die Umwelt gelangen und diese schädigen können. Zudem sind sie oft toxisch.
Nachhaltiger Lack zeichnet sich vor allem durch den Verzicht auf Lösemittel und eine möglichst ressourcenschonende Rezeptur aus.
Nachhaltige Wandfarben sind in den unterschiedlichsten Farben erhältlich. Lehmfarbe zeichnet sich durch matte Töne aus, die nach dem Auftragen teils unregelmäßig wirken können. Kalk- und Silikatfarben sind mittlerweile in verschiedenen Farben erhältlich.
Auch nachhaltige Lacke sind in allen erdenklichen Farben verfügbar.
Nachhaltige Wandfarben können etwas mehr kosten als die herkömmlichen Varianten. So kosten 10L weiße Farbe als Lehmfarbe etwa 40€, als Kalkfarbe etwa 80€, als Silikatfarbe etwa 70€ und als herkömmliche Wandfarbe, von Alpina etwa, 50€.
Der Preis für einen Liter nachhaltigen glänzenden Klarlack beträgt etwa 40€, für die herkömmliche Variante etwa 30€.
Es gibt verschiedene Siegel, die verschiedene Eigenschaften zertifizieren. So zeichnet der blaue Engel Farben aus, die neben einigen anderen Vorschriften nur unter 0,1% Weichmacher, unter 0,1g je Kilogramm Lösungsmittel und Formaldehyd und nur einen geringen Anteil an Konservierungsstoffen enthalten. Die Farben müssen außerdem frei von krebserregenden, fortpflanzungsgefährdenden und erbgutverändernden Stoffen sowie Bleiverbindungen sein und dürfen die Ozonschicht nicht schädigen.
Bei Lacken ist der blaue Engel zu finden, wenn sie einen höheren Wasseranteil haben und somit weniger umweltschädliche Stoffe enthalten. Auch hier sind beispielsweise krebserzeugende und fortpflanzungsgefährdende Stoffe verboten oder andere wie Formaldehyd begrenzt.
Das natureplus-Siegel zertifiziert Wandfarben und Lacke, die ökologischen Anforderungen entsprechen, unerwünschte Stoffe beschränken und sozialverträglich sind. Sie dürfen Weichmacher, Glykolverbindungen, Alkylphenolethoxylate, halogenorganische Verbindungen, zinnorganische Verbindungen, Azofarbstoffe, die krebserzeugende Amine abspalten, Biozide, die nicht der Topfkonservierung dienen (Filmkonservierungsmittel), halogenierte Isothiazolinone und Formaldehydabspalter nicht enthalten. Weiterhin muss nachgewiesen werden können, dass Roh- und Füllstoffe durch ressourcenschonenden Abbau gewonnen werden. Es dürfen auch keine synthetischen Pflanzenschutzmittel eingesetzt werden, die auf der natureplus Pestizid-Verbotsliste stehen.
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