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Ökostrom – die wichtigsten Fragen und Antworten

Woran erkennt man wirklich grünen Ökostrom und was unterscheidet die Angebote voneinander? Unser LifeVERDE-Experte Florian Henle (Polarstern) beantwortet alle wichtigen Fragen zum Thema.

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Woran erkennt man wirklich grünen Ökostrom und was unterscheidet die Angebote voneinander? Unser LifeVERDE-Experte Florian Henle (Polarstern) beantwortet alle wichtigen Fragen zum Thema.

LifeVERDE-Experte für Ökostrom: Florian Henle (Polarstern) | Bild: pixabay

Dass zum Erzeugen von Strom weltweit eine Menge Energie aufgewendet werden muss, was Umwelt und Natur Schaden zufügt und wertvolle Ressourcen nimmt, ist inzwischen zum Thema der Öffentlichkeit geworden. Oder wie sieht es mit sogenanntem Ökostrom aus? Durch Ökostrom kann elektrische Energie aus umweltfreundlichen erneuerbaren Energiequellen hergestellt werden. Doch was zeichnet Ökostrom aus und worauf muss ich beim Bezug von Ökostrom eigentlich Acht geben? Was ändert sich ab März 2023 durch die Preisbremsen für Gas und Strom?

Diese und weitere Fragen stellen sich täglich hunderte Menschen – ein klarer Fall für unser Informations-Format “Frag die Expert*innen!”. Wir geben eure ausgewählten Fragen rund um nachhaltige Produkte und Themen direkt an unsere Partner*innen weiter, die selbst Hersteller*innen, Produzent*innen, Dienstleister*innen, Wissenschaftler*innen oder aus einem anderen Grund Expert*innen auf ihrem Gebiet sind.

1. Woran erkennt man echten Ökostrom?
2. Was sind Vor- und Nachteile der Ökostromgewinnung aus Wasserkraft?
3. Wie funktioniert die Erzeugung von klimaneutralem Ökogas?
4. Ist ein Elektroauto klimafreundlicher und auf was ist beim Laden zu achten?
5. Wie kommt der Ökostrom zu mir nach Hause?
6. Kann jede*r mit erneuerbaren Energien heizen?

7. Wie sieht die ideale Energieversorgung mit eigener PV-Anlage aus?
8. Welche Ökostrom-Tarife gibt es für Wärmepumpen?
9. Wie unterstütze ich als Verbraucher*in die Energiewende?
10. Ist eine Energieversorgung mit 100% Ökostrom in ganz Deutschland möglich?

11. Wie viel spare ich mit der Strom- und Gaspreisbremse?
12. Auf welchem Jahresverbrauch basiert die Entlastungs-Berechnung durch die Preisbremse?

1. Woran erkennt man echten Ökostrom?

Wer Ökostrom bezieht, will die Energiewende unterstützen und das heißt, dass der Ausbau der erneuerbaren Energien gefördert wird. Und genau hier gibt es große Unterschiede, weil Ökostrom kein geschützter Begriff ist.

Zum einen können Ökoenergieversorger fossilen Strom einkaufen plus grüne Zertifikate z.B. aus norwegischer Wasserkraft und so den eingekauften Strom quasi grün waschen. Wichtig ist also, ob der Anbieter wirklich auch grünen Strom einkauft. Zum anderen gibt es große Unterschiede, wie stark der Ausbau erneuerbarer Energien gefördert wird. Das ist ab dem 1. Juli 2022 einmal wichtiger, weil ab dann die EEG-Umlage nicht mehr im Strompreis enthalten ist. Wer mit dem Bezug von Ökostrom die Energiewende voranbringen will, muss also darauf achten, dass der Energieversorger nachweislich in den Ausbau der erneuerbaren Energien investiert. Das zertifiziert zum Beispiel das Grüner Strom-Label.

Vergessen wird oft die Bedeutung des Energieversorgers selbst. Auch er sollte nachhaltig handeln und Ökoenergie nicht neben anderen Tarifen anbieten oder gar eigene Kohlekraftwerke besitzen oder daran beteiligt sein, denn das ist wenig glaubwürdig.

Florian Henle (Polarstern)

2. Was sind Vor- und Nachteile der Ökostromgewinnung aus Wasserkraft?

Für die Energiewende braucht es einen Energiemix, eine Mischung aus Sonnen-, Wind- und Wasserkraft sowie Biomasse. Eine Energiequelle allein reicht nicht. Heute basiert ein Großteil der Ökostrom-Tarife auf Wasserkraft. Wichtig ist, wo und wie Energie aus Wasserkraft gewonnen wird. Je größer das Kraftwerk ist, umso größer die Eingriffe in das Umweltsystem. Attraktiv ist Wasserkraft durch seine konstante Stromerzeugung, die unabhängiger von Tages- und Jahreszeiten ist als die Wind- oder Sonnenkraft. Es ist eine bereits umfassend erschlossene Form der Energieerzeugung, so dass die bestehenden Kraftwerke sinnvoll genutzt werden sollten. Denn ein Großteil der Ressourcen und Emissionen entfällt auf die Errichtung von Kraftwerken. Technische Modernisierung und Maßnahmen zum Tier- und Umweltschutz sind bei bestehenden Kraftwerken wichtig. Schließlich werden mit der Errichtung von Wasserkraftwerken auch die Flussläufe verändert, was Tiere und Natur stört.

Florian Henle (Polarstern)

3. Wie funktioniert die Erzeugung von klimaneutralem Ökogas?

Hier gilt es aufzupassen, denn was bei Ökostrom Standard ist, also die Basis auf 100 % Ökoenergie, ist bei Ökogas eine absolute Seltenheit. Auch ist Ökogas kein geschützter Begriff, so dass die große Mehrheit klimaneutrales Ökogas ist, sogenanntes Klimagas, das jedoch komplett auf Erdgas basiert und bei dem die verursachten Treibhausgase lediglich kompensiert werden. Das unterstützt aber nicht die Energiewende. Wichtig ist bei Ökogas, dass im Tarif möglichst viel Biogas enthalten ist, am besten 100 %. Und auch hier ist ein Blick auf den Ökogasanbieter wichtig. Hinter einem echten Ökogasangebot steckt ein Anbieter, der es ehrlich meint und eben nicht sein Geld mit Erdgas macht.

Florian Henle (Polarstern)

4. Ist ein Elektroauto klimafreundlicher und auf was ist beim Laden zu achten?

Elektroautos unterstützen die Energiewende und den Klimaschutz im Verkehr. Das unterstreichen diverse Studien wie zuletzt die des renommierten International Council on Clean Transportation (ICCT). Betrachtet wurden nicht nur die Emissionen, die beim Fahren verursacht werden, sondern sämtliche Schadstoffe entlang der Lebensdauer des Autos, von der Produktion bis zum Recycling. Fazit: Schon mit dem heutigen Strommix sind Elektroautos deutlich weniger schädlich als Verbrenner. Fahren sie stets mit Ökostrom, sind es sogar bis zu 81% weniger Emissionen.

Typischerweise werden Elektroautos daheim geladen. Das verdoppelt schnell den Strombedarf eines Haushalts. Wichtig im Sinne des Klimaschutzes ist es, dass der Ökostromtarif zuhause unbedingt den Ausbau der erneuerbaren Energien fördert. Schließlich brauchen wir auch aufgrund von mehr Elektroautos immer mehr Ökostrom.

Viele Versorger haben außerdem eigene Autostromtarife. Sie sind in der Regel günstiger als der klassische Ökostromtarif für zuhause. Hast du einen eigenen Stromzähler, der die Energie zum Laden des Elektroautos separat vom Hausstrom erfasst, kannst du einen Autostromtarif mit einem besonders preiswerten Arbeitspreis erhalten. Am attraktivsten ist es, wenn du dein Elektroauto mit Solarstrom aus deiner eigenen Solaranlage und mit einem speziellen Autostromtarif lädst, Stichwort KaskadenschaltungBei einigen Energieversorgern kannst du zusätzlich die THG-Quote verkaufen, die du seit 2022 für die Elektroauto erhältst.

Um dein Elektroauto zuhause laden zu können, reicht theoretisch eine normale Steckdose. Weil der Stromanschluss jedoch für so ein anhaltend starkes Laden nicht ausgelegt ist, ist eine Starkstrom-Steckdose oder noch besser an einer Wallbox zu bevorzugen. Das ist effizienter und sicherer. Mit einem eigenen Stromzähler an der Ladestation kann man wie gesagt einen besonders preiswerten Autostromtarif beziehen.

Nicht vergessen: Weil ein großer Teil des Ressourcenbedarfs und der Emissionen bei der Herstellung des Autos anfallen, kommt es auch auf die Nutzungsintensität und die Größe des Autos an, insbesondere der Batterie. Das heißt zuerst sollte man sich gut überlegen, ob man wirklich ein eigenes Fahrzeug braucht.

Florian Henle (Polarstern)

5. Wie kommt der Ökostrom zu mir nach Hause?

Mit dem Wechsel zu Ökostrom leistet ein Haushalt einen wichtigen Beitrag für den Klimaschutz. Ein typischer Dreipersonenhaushalt spart beispielsweise mit Ökostrom fast eine Tonne CO2 pro Jahr.

Doch mit dem Wechsel fließt trotzdem nicht nur grüner Strom aus der Steckdose. Vielmehr ist in den ganzen Stromleitungen ein Strommix drin. Er setzt sich aus allen Quellen zusammen, die für Deutschland Strom erzeugen.

Das Stromsee-Modell.

Man kann sich das gemeinsame Stromnetz wie einen See vorstellen, in den alle Kraftwerke ihren erzeugten Strom einspeisen. Dieser Stromsee enthält somit eine Mischung aus grünem und fossilem Strom. Von diesem Stromsee gehen Leitungen zu den Haushalten und Unternehmen in Deutschland, um sie mit Strom zu versorgen.

Wie die Ökostrom-Entscheidung wirkt.

Wer zu Ökostrom wechselt, trägt dazu bei, dass für ihn grüner Strom in den Stromsee gespeist wird. Je mehr Menschen sich für Ökostrom entscheiden, umso grüner wird also dieser Stromsee. Und irgendwann fließt wirklich nur grüner Strom aus der Steckdose.

Damit der Stromsee immer grüner wird, braucht es vor allem mehr erneuerbare Kraftwerke. Sie müssen die bestehenden fossilen Kraftwerke quasi verdrängen. Daher sollten Ökostrom-Wechsler*innen darauf achten, dass ihr Stromanbieter auch wirklich in neue Kraftwerke investiert. Wer nur Ökostrom aus bereits existierenden Kraftwerken verkauft und nichts dazu baut, der macht der Stromsee nicht grüner. Es wird lediglich der aktuelle Status erhalten. Also: Beim Wechsel zu Ökostrom ist es wichtig, dass der Ausbau der erneuerbaren Energien unterstützt wird.

Florian Henle (Polarstern)

6. Kann jede*r mit erneuerbaren Energien heizen?

Im Grunde ja. Dabei kommt es zuerst auf ein energiesparendes Verhalten an. Der Heizspiegel von CO2 verzeichnet pro Haushalt ein Sparpotenzial von oft mehreren hundert Euro im Jahr. Der zweite Schritt, um klimabewusst zu heizen, ist der Wechsel zu klimafreundlichen Brennstoffen. Das können alle Haushalte tun, bis auf diejenigen mit einer Ölheizung.

Für Wärmepumpen, die im Neubau mehrheitlich installiert werden, gibt es sogar Wärmepumpen-Spezialtarife. Steckt hinter diesen Angeboten Ökostrom, sparen die Haushalte durch die deutlich effizientere Wärmepumpe nicht nur Kosten, sondern auch CO2. Wirklich nachhaltig ist es, wenn der Energieversorger für jede*n Kund*in in den zusätzlichen Ausbau der erneuerbaren Energien investiert. Schließlich steigt durch das Heizen mit Wärmepumpen der Strombedarf. Wir brauchen also unbedingt mehr erneuerbare Energien, um diesen Strombedarf nachhaltig zu decken.

Aktuell heizt die Mehrheit der Deutschen noch mit Gas. Gasheizungen können mit Ökogastarifen klimabewusst betrieben werden. Dabei ist es wichtig, dass es sich um 100% Ökogas handelt. Denn der Unterschied in Sachen CO2-Emissionen ist enorm. Ein 120-qm-Haushalt mit einem Jahresgasverbrauch von 15.000 Kilowattstunden verhindert mit der Umstellung auf einen 100% Ökogas-Tarif ganze 3.600 Kilogramm CO2. Mit einem 10%-igen Biogastarif spart der Haushalt nur noch 360 Kilogramm CO2.

Immer häufiger werden Solarthermieanlagen mit Gasheizungen kombiniert und so der Energiebedarf aus dem Gasnetz gesenkt. Branchenverbände erwarten für 2022 einen Nachfrageschub infolge der stark gestiegenen Gas- und CO2-Preise. Einer Umfrage zufolge planen in den kommenden drei Jahren rund 1,9 Millionen Eigenheimbesitzer*innen in Deutschland die Anschaffung einer Solaranlage für die Heizungsunterstützung oder Warmwasserbereitung.

Dass wir uns dringend um mehr erneuerbare Energien auch beim Heizen kümmern und unabhängiger von fossiler Energie werden müssen, machen Klimakrise, Energiekrise, aber auch politische Abhängigkeiten einmal deutlicher.

Florian Henle (Polarstern)

7. Wie sieht die ideale Energieversorgung mit eigener PV-Anlage aus?

Wer eine eigene PV-Anlage besitzt, sollte möglichst viel der erzeugten Solarenergie selbst nutzen. Das steigert die Wirtschaftlichkeit der Anlageninvestition und reduziert die laufenden Energiekosten. Besonders gut gelingt das Haushalten, die auch eine Wärmepumpe oder ein Elektroauto haben. Beide benötigen viel Strom und können zeitversetzt zu ihrem Bedarf Solarenergie speichern und diese später nutzen. Mit einem zusätzlichen Stromspeicher kann das gesteigert werden. Ist der Wärmebedarf hoch, ist außerdem die sogenannte Kaskadenmessung eine attraktive Option, sowohl eigenen, günstig erzeugten Solarstrom zu nutzen, als auch einen vergünstigten Stromtarif für Wärmepumpen zu beziehen. Möglich macht das ein spezielles Strommesskonzept mit zwei „hintereinander“ geschalteten Stromzählern. Ein Zwei-Richtungszähler, auch Summenzähler genannt, wird am Hausanschluss verbaut und ein zweiter Stromzähler wird ihm nachgeschaltet.

Der Stromzähler, mit dem auch der Strombedarf für die Wärmepumpen gemessen wird, funktioniert als steuerbare Verbrauchseinrichtung (nach § 14a Energiewirtschaftsgesetz - EnWG) und kann dadurch netzdienlich gesteuert werden. Das heißt, dass die Stromversorgung der Wärmepumpe über das öffentliche Stromnetz kurzzeitig unterbrochen oder reduziert werden kann. Die Haushalte merken aufgrund des Pufferspeichers der Wärmepumpe in der Regel davon nichts. Die Herausforderung besteht derzeit vor allem in der Abstimmung der Kaskadenmessung mit dem zuständigen Netzbetreiber, der dieses Messkonzept genehmigen muss.

Florian Henle (Polarstern)

8. Welche Ökostrom-Tarife gibt es für Wärmepumpen?

Wärmepumpen sind besonders effiziente Heizungen. Sie erzeugen einen Großteil der benötigten Energie aus der Umweltwärme – sprich aus Luft, Grundwasser oder der Erde. Für ihren Betrieb brauchen sie aber auch Strom. Wieviel Strom eine Wärmepumpe am Ende benötigt, hängt von vielen Faktoren ab: dem Energiestandard des Gebäudes, der Haushaltsgröße und individuellen Bedürfnissen sowie dem Heizverhalten.

Klar ist nur: ist es kein Ökostrom, verursacht ein Haushalt am Ende schnell deutlich über eine Tonne CO2 pro Jahr. Mit einem Ökostrom-Tarif lässt sich das ganz einfach vermeiden.

Für Haushalte mit Wärmepumpe gibt es verschiedene Ökostrom-Angebote. Wer einen gemeinsamen Stromzähler für Haushalt und Wärmepumpe hat, kann einen klassischen Ökostrom-Tarif wählen. Preiswerter sind zum Heizen die Wärmepumpen-Spezialtarife. Sie setzen allerdings einen eigenen, unterbrechbaren Stromzähler für die Wärmepumpe voraus. Die Strompreise sind hier niedriger, weil der Netzbetreiber zu gewissen Zeiten, in denen viel Strom im gesamten Netz benötigt wird, die Stromversorgung der Wärmepumpe unterbrechen kann. Das merkt der Haushalt nicht, weil eine Wärmepumpe mit ihrem Wärmespeicher diese Zeiten einfach überbrückt. Die geringsten laufenden Energiekosten haben Haushalte, die ihre Wärmepumpe mit einem Ökostrom-Spezialtarif und selbst erzeugter, günstiger Solarenergie vom eigenen Dach versorgen. Dieses Konzept bedarf einer speziellen Messung, der Kaskadenmessung.

Florian Henle (Polarstern)

9. Wie unterstütze ich als Verbraucher*in die Energiewende?

Um von fossilen Energien loszukommen, müssen wir dringend den Ausbau der erneuerbaren Energien verstärken. Das kann ein Haushalt zum einen durch eigene Energieerzeugung tun. Hier gibt es neben PV-Anlagen für das Dach, PV-Module für den Balkon und Mieterstromangebote, wenn bei Mehrparteienhäusern eine PV-Anlage auf dem Gebäudedach installiert ist und die Bewohner*innen damit versorgt werden.

Aber jeder Haushalt braucht auch Strom aus dem öffentlichen Netz. Eine komplette Stromautarkie ist meist nicht möglich und auch nicht wirtschaftlich. Weil seit dem 1. Juli 2022 die EEG-Umlage nicht mehr im Strompreis enthalten ist, müssen Haushalte bei ihrer Ökostromwahl darauf achten, dass der Energieversorger wirklich in den Ausbau von Ökoenergien investiert. Das zertifiziert etwa das Grüner Strom-Label.

Und noch eines hilft der Energiewende: Energiesparen. Solange wir mit dem Ausbau der Ökokraftwerke hinterherhinken, ist es einmal wichtiger nur so viel Energie zu beziehen, wie wirklich nötig ist. Umso schneller sind wir in der Energieversorgung Deutschlands unabhängig von einzelnen Staaten und fossilen Energien. Übrigens: Besonders viel Energie wird zur Erzeugung von Produkten benötigt. Nur das zu kaufen, was wirklich gebraucht wird, unterstützt somit auch die Energiewende.

Florian Henle (Polarstern)

10. Ist eine Energieversorgung mit 100% Ökostrom in ganz Deutschland möglich?

Haushalte und Unternehmen können schon heute ihren gesamten Strombedarf aus erneuerbaren Energien decken – durch Ökostrom, durch eigene Photovoltaikanlagen auf den Dächern sowie mit Stromspeichern. Geht das aber auch für alle Haushalte in Deutschland? Ja, eine Stromversorgung mit 100 % erneuerbaren Energien ist bis 2035 möglich, heißt es nach einer Analyse des Thinktanks Agora Energiewende. Entscheidend dafür ist ein Mix aus verschiedenen Quellen, dazu gehören Sonne, Wind, Wasser und Biomasse. Auch Speichertechnologien sind wichtig, um überschüssig erzeugte Energie zu speichern und Schwankungen auszugleichen. So kann mit Power-to-Heat-Anlagen erneuerbar erzeugter Strom etwa in Wärme umgewandelt und gespeichert werden. Die Wärme wird in Wärmenetze gespeist oder zu einem späteren Zeitpunkt rückverstromt.

Schon heute wird Strom aus erneuerbaren Energien günstiger erzeugt als aus fossilen Energien oder Atomkraft. Klimafreundlicher ist sie ohnehin. Wichtig für die Versorgung mit 100 % erneuerbaren Energien ist eine dezentrale Erzeugung in allen Regionen. Und weil nicht überall zu jeder Zeit gleichviel Energie benötigt und erzeugt wird, ist der Ausbau der Stromnetze und ihre intelligente Steuerung wichtig für ein funktionierendes Stromnetz.

Vor allem aber muss der Ausbau der erneuerbaren Energien deutlich schneller vorankommen als bisher. Dazu sind große Investitionen in neue Kraftwerke nötig, genauso wie in die Infrastruktur. Die Produktion von regenerativem Strom in Deutschland muss sich voraussichtlich noch einmal mehr als verdoppeln, um die gleichzeitig steigende Stromnachfrage zu decken. Auch der Ausbau etwa von Gaskraftwerken, die auf den Betrieb mit Wasserstoff (H2­ready) vorbereitet sein müssen, ist wichtig. Wenn Netze, Speicher und flexible Lasten schnell in das Stromsystem integriert werden, kann laut Agora Energiewende der Stromsektor in Deutschland bereits 2035 vollständig auf erneuerbaren Energien basieren.

Florian Henle (Polarstern)

Experte für Ökostrom und Ökogas

Florian Henle, Gründer und Geschäftsführer Polarstern GmbH

Florian Henle ist neben Simon Stadler Gründer und Geschäftsführer der Polarstern GmbH. Gemeinsam mit seinem Kollegen wollte er sich 2011 beruflich neu orientieren und seine Kraft und Arbeitszeit für etwas Sinnvolles, etwas Nachhaltiges, etwas die Zukunft Gestaltendes einsetzen. Eine große Chance bot aus seiner Sicht der Energiemarkt, in dem der Klimaschutz viel stärker vorangebracht werden muss. Schließlich ist er ein zentraler Treiber der Treibhausgase. Neben dem Ausbau von echtem Ökostrom geht es auch um klimabewusste Mobilität und ein nachhaltiges Heizen. Bis zu 80 % des Energieverbrauchs im privaten Haushalt entfallen auf die Wärme. Mit ,Wirklich Ökogas' entwickelten sie das erste Produkt, das ausschließlich auf 100 % erneuerbaren Quellen basiert.

Polarstern ist 2011 als Social Business gegründet worden und der erste Energieversorger, der aktives Mitglied der Gemeinwohl-Ökonomie ist. So möchte das Unternehmen wirklich jedem die beste Energiewende ermöglichen. Hinter Polarstern steht kein Großkonzern, sondern ein Team überzeugter junger Menschen, die als Teil der Gemeinwohl-Ökonomie mit Energie die Welt verändern wollen. Als Ökoenergieversorger bringt Polarstern so die Energiewende direkt zu den Menschen, in ihre Städte und Häuser, fördert die Energiewende auch auf den Straßen und arbeitet gemeinsam mit anderen daran, mehr Gemeinwohlorientierung in die Wirtschaft zu tragen.

„Wer Ökostrom bezieht, will die Energiewende unterstützen und das heißt, dass der Ausbau der erneuerbaren Energien gefördert wird."
(Florian Henle)

Weitere Hintergrundinformationen zur Strom- und Gaspreisbremse ab März 2023:
 

11. Wie viel spare ich mit der Strom- und Gaspreisbremse?

Ziel der Strom- und Gaspreisbremse ist es, die hohen Energiekosten für Verbraucher*innen zu senken und zugleich zum Stromsparen zu motivieren. Daher liegt der Preisdeckel bei einem typischen Privathaushalt bei 40 Cent je Kilowattstunde für Strom und bei 12 Cent je Kilowattstunde für Gas. Das gilt allerdings "nur" für 80 % des Strom- oder Gasbedarfs. Für die restlichen 20 % fällt der Arbeitspreis je Kilowattstunde an, der im individuellen Vertrag mit dem Energieversorger festgehalten ist.

Wer also seinen Energieverbrauch um 20 % reduziert, spart. Weil erstens der ganze Verbrauch von der Preisbremse auf 40 Cent je kWh gedeckelt ist und zweitens, weil es am Jahresende Geld zurück gibt. Schließlich werden die monatlichen Abschläge basierend auf dem prognostizierten Strombedarf berechnet und wer weniger verbraucht als prognostiziert, der bekommt am Ende Geld zurück.

Wer einen sehr hohen Strom- oder Gasbedarf hat, für den gelten andere, reduzierte Entlastungen. Das greift allerdings erst ab einem Stromverbrauch von 30.000 kWh im Jahr und einem jährlichen Gasverbrauch vom 1,5 Millionen kWh.

Anhand des Jahresverbrauchs und seines Energievertrags kann man mit dem Entlastungsrechner von Polarstern eine erste Schätzung seiner Entlastung erhalten und sieht auch, was das Energiesparen zusätzlich bringt.

Florian Henle (Polarstern)

12. Auf welchem Jahresverbrauch basiert die Entlastungs-Berechnung durch die Preisbremse?

Prinzipiell wird der Verbrauch aufgrund historischer Verbrauchsdaten vom Netzbetreiber geschätzt und darauf basierend die Entlastung berechnet.

Bei einem typischen Privathaushalt (Fachleute sprechen von SLP-Kund*innen) liegt der Entlastung der geschätzte Jahresverbrauch zugrunde, welcher der zuständige Netzbetreiber dem Energieversorger Anfang 2023 übermittelt hat. An diesen Verbrauchswert ist der Energieversorger gesetzlich bei der Entlastungsberechnung auch gebunden.

Bei wem zeitabhängig verschiedene Arbeitspreise (z.B. HT/NT-Tarife) gelten, dessen Entlastung wird über einen Durchschnittspreis ermittelt. Dabei handelt es sich um eine Gewichtung anhand der zeitlichen Gültigkeit der Tarifstufen, unabhängig von den dann jeweils bezogenen Energiemengen.

Und für Kund*innen, deren Verbrauch nach der registrierenden Lastgangmessung (RLM) bilanziert wird, gilt ebenfalls ein anderer Verbrauchswert. Typischerweise ist das bei sehr hohen Energieverbräuchen der Fall, wo der Energiebedarf viertelstündlich erfasst wird. Die Entlastung dieser RLM-Kund*innen basiert auf dem Jahresverbrauchswert von 2021.

Florian Henle (Polarstern)

Was sind deine Fragen zum Thema Ökostrom und nachhaltige Energieversorgung?

Schreib uns gerne an expertinnen@lifeverde.de, wir sichten und sammeln die Themen und geben sie dann weiter an unsere Expert*innen.

Du bist selbst Expert*in auf einem nachhaltigen Gebiet und möchtest als LifeVERDE-Expert*in Fragen zu deinem Fachthema beantworten? Wir freuen uns über eine Nachricht an expertinnen@lifeverde.de.
 

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