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Ergonomische Bürostühle – die wichtigsten Fragen und Antworten

Was macht einen guten ergonomischen Stuhl aus? Und welche Vorteile bietet er im Gegensatz zu einem herkömmlichen Bürostuhl? Unser LifeVERDE-Experte Thomas Schmeer (Viasit Bürositzmöbel GmbH) beantwortet alle wichtigen Fragen zum Thema.

 

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Was macht einen guten ergonomischen Stuhl aus? Und welche Vorteile bietet er im Gegensatz zu einem herkömmlichen Bürostuhl? Unser LifeVERDE-Experte Thomas Schmeer (Viasit Bürositzmöbel GmbH) beantwortet alle wichtigen Fragen zum Thema.

 

LifeVERDE Experte für ergonomische Bürostühle: Thomas Schmeer (Viasit Bürositzmöbel GmbH) | Bild: Pexels

Durch Home-Office, Digitalisierung und flexible Arbeitszeiten sitzen wir immer mehr und auch häufiger an unterschiedlichen Arbeitsplätzen, Arbeitswege fallen weg und meist ist der provisorisch eingerichtete Arbeitsplatz daheim nicht wirklich für die Bedürfnisse des Körpers ausgerichtet. Worauf sollte man daher beim Kauf eines guten ergonomischen Stuhl achten? Und wie viel kostet eigentlich ein guter Bürostuhl?

Solche und ähnliche Fragen zum Thema ergonomische Bürostühle stellen sich viele Menschen im Alltag – ein klarer Fall für unser Informations-Format “Frag die Expert*innen!”. Wir geben eure ausgewählten Fragen rund um nachhaltige Produkte und Themen direkt an unsere Partner*innen weiter, die selbst Hersteller*innen, Produzent*innen, Dienstleister*innen, Wissenschaftler*innen oder aus einem anderen Grund Expert*innen auf dem jeweiligen Gebiet sind. 

  1. Welche Anforderungen müssen an einen ergonomischen Bürostuhl gestellt werden?
  2. Warum ist eine Lordosenstütze bei ergonomischen Bürostühlen wichtig?
  3. Welcher ergonomische Bürostuhl ist am besten für den Rücken? 
  4. Was kostet ein guter ergonomischer Bürostuhl?
  5. Woran erkennt man einen ergonomischen Bürostuhl?

Welche Anforderungen müssen an einen ergonomischen Bürostuhl gestellt werden?

Grundsätzlich soll ein ergonomischer Bürostuhl ermöglichen, dass man sich beim Sitzen bewegen kann. Er soll die natürliche Bewegung unterstützen, Zwangshaltungen vermeiden, und so die Muskulatur und Bandscheiben flexibel halten, um Rückenschmerzen zu vermeiden.

Es gibt dabei mehrere „Ausbaustufen“: Unter 2D-Sitzen versteht man eine Beweglichkeit der Rückenlehne nach vorn und hinten. Kommt eine dritte Bewegungs­dimension hinzu - zum Beispiel eine seitliche Beweglichkeit der Rückenlehne, und/oder eine Beweglichkeit der Sitzfläche – dann spricht man vom 3D-Sitzen.

Denkt man die bewegliche Sitzfläche zu Ende, kommt dabei ein Stuhl heraus, der so flexibel ist wie ein Sitzball, denn seine Mechanik erlaubt es, die Sitzfläche in alle Richtungen zu neigen. Auf diese Weise wird die Rumpfmuskulatur ständig zu kleinen Bewegungen angeregt. Eine Rückenlehne im eigentlichen Sinne gibt es nicht. An einen solchen Stuhl muss man sich erst etwas gewöhnen, aber auf die Dauer wird er von vielen Menschen als sehr angenehm empfunden.

Das wichtigste Element eines ergonomischen Bürostuhls ist die sogenannte Mechanik. Sie sitzt unterhalb der Sitzfläche auf der Gasfeder auf. An der Mechanik sind auch die meisten Bedien­elemente befestigt. Sie wird täglich hunderte Male bewegt, trägt die Last von Sitz und Rücken. Deshalb sind an ihre Stabilität besonders hohe Anforderungen zu stellen.

Stand der Technik ist hier die sogenannte „Synchronmechanik“. Sitzfläche und Rückenlehne sind nicht starr verbunden, sondern bewegen sich im anatomisch richtigen Verhältnis zueinander.

Wichtig ist dabei, dass sich der Widerstand der Rückenlehne an das Körpergewicht anpassen lässt, denn die Rückenlehne sollte die Bewegung des Körpers sanft stützen, ohne einzuengen und ohne zur Hängematte zu werden. Hochwertigere Bürostühle stellen sich automatisch oder per Schnellverstellung auf das Körpergewicht des Benutzers ein. Damit die Synchronmechanik ihre gesundheitsfördernde Wirkung entfalten kann, sollte man die Rückenlehne nicht feststellen.

Einfacher gebaut ist die sogenannte Wipp-Mechanik, bei der Sitz und Rücken fest verbunden sind und sich immer im gleichen Winkel bewegen. Die Wipp-Mechanik ist für einen Besprechungsstuhl oder für einen weniger lange genutzten Stuhl im Home Office okay, aber für einen professionellen Einsatz am Schreibtisch nicht zu empfehlen.

Ein ergonomischer Bürostuhl lässt sich an Körpergröße und -gewicht des Nutzers anpassen.

Achten Sie darauf, für welches Nutzergewicht der Stuhl zertifiziert ist. Es sind handelsübliche Modelle für bis zu 150 kg Belastbarkeit erhältlich.

Verstellung der Sitzhöhe: Die Sitzhöhe wird mit Hilfe der Gasfeder verstellt. In der richtigen Sitzhöhe bilden Ihre Oberschenkel einen Winkel von etwas mehr als 90° bei fest auf dem Boden stehenden Füßen. Sinnvoll ist auch eine höhenverstellbare Rückenlehne. Nacken- und Lordosenstützen gehören nicht zwingend zur Ausstattung eines ergonomische Bürostuhls, werden aber von vielen Menschen als angenehm empfunden. Auch sie lassen sich auf verschiedene Weise auf die Bedürfnisse des Benutzers konfigurieren.

Stühle für besonders große oder kleine Personen: Wenn Sie besonders groß oder besonders klein sind, kann ein Serienmodell auch durch Austausch der Gasfeder an Sie angepasst werden. Aber achten Sie auch darauf, dass sich Armlehnen usw. entsprechend einstellen lassen.

Ein gutes Indiz, dass Sie einen Stuhl vor sich haben, der besonders für große und kleine Menschen geeignet ist, ist die sogenannte NPR-Empfehlung. Dabei handelt es sich um eine niederländische Ergonomie-Richtlinie, die auf besonders große und kleine Menschen Rücksicht nimmt.

Polsterung ergonomischer Stühle: Damit Sie komfortabel sitzen, spielen natürlich auch alle Oberflächen des Stuhls, mit denen Ihr Körper in Kontakt kommen, eine große Rolle. Ist der Stuhl angenehm gepolstert, hat der Bezugsstoff eine angenehme Haptik? Haben die Armlehne eine angenehme Oberfläche?

Ausführung der Stühle: Kein Ergonomie-Kriterium, aber auch wichtig: Die Rollen für Ihren Stuhl sind in harter oder weicher Ausführung erhältlich. Je nachdem ob der Stuhl auf einem Teppich oder z.B. Fliesen steht, können Sie die passenden Rollen mitbestellen – das sollte ohne Aufpreis möglich sein.

Zusammengefasst: Insgesamt führt ein ergonomischer Bürostuhl zu einer gesunden Sitzhaltung und lässt Sie dadurch konzentriert und ausdauernd arbeiten. Trotzdem sollten Sie Ihre Arbeit gelegentlich unterbrechen, aufstehen und sich bewegen.

Nicht vergessen: Diese Eigenschaften sollten möglichst lange erhalten bleiben, also sollte man auf hochwertige, stabile Materialien und gute Verarbeitung achten. Machen die Bedienelemente einen soliden Eindruck? Es gibt viele Testzeichen von etablierten Test-Institutionen wie „GS – Geprüfte Sicherheit“, „Quality Office“ oder „Ergonomie geprüft“, die als Orientierungshilfe dienen können. Da z. B. Gasfedern und Rollen mit der Zeit verschleißen, sollte man auch auf langfristige Verfügbarkeit von Ersatzteilen achten.

Ein guter Bürostuhl kann ein Freund fürs Leben werden. Wählen Sie also in Ruhe aus. Es empfiehlt sich, beim Fachhändler Probe zu sitzen, oder sich das gewünschte Produkt zum Ausprobieren zuschicken zu lassen.

Thomas Schmeer (Viasit Bürositzmöbel GmbH)

Warum ist eine Lordosenstütze bei ergonomischen Bürostühlen wichtig?

Die „Lordose“ ist die nach vorn gerichtete, natürliche Krümmung der Wirbelsäule im Bereich der Hals- und Lendenwirbelsäule. Zusammen mit der „Kyphose“, der nach hinten gerichteten Krümmung der Wirbelsäule im Bereich der Brustwirbelsäule, geben sie der Wirbelsäule eine geschwungene „S“-Form und sorgen für eine gute Abfederung beim Laufen.

Bei andauernder sitzender Tätigkeit und mit zunehmendem Alter kann es im Bereich der LWS zu Fehlentwicklungen wie z. B. einem Flachrücken (Hypolordose) kommen. Dem kann man mit einer Lordosenstütze vorbeugen.

Thomas Schmeer (Viasit Bürositzmöbel GmbH)

Welcher ergonomische Bürostuhl ist am besten für den Rücken? 

Wir sitzen leider fast alle zu viel. Immer mehr Menschen üben Schreibtisch-Jobs aus, die sie bis zu acht Stunden am Tag an den Stuhl fesseln. Im Home-Office, so hat eine Studie kürzlich ergeben, bewegen wir uns sogar eher noch weniger als im Büro.

Der Mensch ist aber nicht zum Sitzen geschaffen. Langes statisches Sitzen belastet die Muskulatur in Schultern, Armen, dem Nacken und hemmt auch die Durchblutung in den Beinen. Besonders belastet sind die Muskeln und Bandscheiben im Rücken.

Ein ergonomischer Bürostuhl kann der Belastung durch statisches Sitzen entgegenwirken und so Rückenschmerzen vermeiden helfen. Welche Eigenschaften eines ergonomischen Bürostuhls gerade für Sie und Ihren Rücken am wichtigsten sind, hängt von Ihren persönlichen Gegebenheiten ab.

Die wichtigsten Kriterien, die ein ergonomischer Bürostuhl erfüllen sollte:

Verstellbare Sitzhöhe. Ergonomisch richtig sitzt man, wenn die Oberschenkel bei fest aufgestellten Füßen ungefähr einen Winkel von 90°-100° bilden. Für Menschen mit kurzen Beinen empfiehlt sich auch eine Sitztiefenverstellung. Denn zwischen Kniegelenk und Sitzflächenkante sollte etwa eine Handbreit Platz sein, damit sich das Blut in den Beinen nicht staut.

Verstellbare Armlehnen. Armlehnen stützen die Unterarme während der Arbeit ab. Wenn man am PC arbeitet, sollten die ungefähr auf gleicher Höhe mit der Tischplatte eingestellt sein. Dann ist die Entlastung optimal. Damit das funktioniert, müssen die Armlehnen natürlich höhenverstellbar sein. Viele Modelle erlauben es auch, die Breite der Armlehnen einzustellen, damit besonders breite und besonders schmale Personen zu ihrem Recht kommen

Synchronmechanik. Das größte Problem bei der Schreibtischarbeit ist statisches Sitzen. Um das zu vermeiden, haben ergonomische Bürostühle eine Mechanik, die Sitzfläche und Rückenlehne flexibel verbindet, so dass Rückenlehne und Sitz sich synchron zueinander bewegen. Wenn man sich darauf zurücklehnt, öffnen sich die Rückenlehne und Sitzfläche im anatomisch richtigen Winkel – im Gegensatz zu starren Stühlen oder solchen mit sogenannter Wippmechanik sitzt man so auch viele Stunden angenehm und kann sich ohne Beschwerden auf seine Arbeit konzentrieren.

Angepasster Gegendruck der Rückenlehne. Die Rückenlehnen sollte die Bewegung des Körpers sanft stützen. Beim Zurücklehnen soll man weder sofort den Anschlag spüren, noch zu viel Kraft brauchen. Je nach Körpergröße und -gewicht ist der „Hebel“ des Oberkörpers unterschiedlich. Den richtigen Gegendruck kann man bei ergonomischen Bürostühlen entweder von Hand einstellen – meist über einen Drehknopf oder eine Kurbel. Oder man entscheidet sich für einen Bürostuhl, der beim Draufsetzen das Körpergewicht „misst“ und den Gegendruck der Rückenlehne automatisch anpasst.

Sitz mit Taschenfederkernen.  Was sich bei Matratzen als besonders komfortabel, hygienisch und ergonomisch bewährt hat, ist auch als Option für Bürostühle erhältlich: Punktelastische Taschenfederkerne passen sich der Anatomie des Menschen optimal an, sorgen für angenehme Belüftung und sind himmlisch komfortabel.

Thomas Schmeer (Viasit Bürositzmöbel GmbH)

Was kostet ein guter ergonomischer Bürostuhl?

Für einen Bürostuhl in guter Qualität, der mit den wichtigsten ergonomischen Funktionen ausgestattet ist (Synchronmechanik, bewegliche Rückenlehne, höhenverstellbarer Sitz, höhenverstellbare Armlehnen), bezahlt man mindestens 300 bis 400 Euro.

Woran erkennt man einen ergonomischen Bürostuhl?

Für den Laien ist es beim bloßen Ansehen nicht leicht zu erkennen, wie nachhaltig ein Bürostuhl ist. Wenn man es genauer wissen will, lohnt sich ein Blick auf die Website des Herstellers:

  • Finden sich dort Informationen über den CO2-Fußabdruck des Unternehmens insgesamt, und über die einzelnen Produkte?
  • Legt der Hersteller Wert auf ein zeitgemäßes, zertifiziertes Umweltmanagement (z. B. EMAS)? Gibt es einen zertifizierten Umwelt- und/oder Nachhaltigkeitsbericht?
  • Kann ich dort Informationen finden über den Anteil der recycelten Materialien, die in meinem Bürostuhl verbaut wurden?
  • Können die Materialien später wieder recycelt werden?
  • Sorgt der Hersteller durch geschicktes Produktdesign dafür, dass die Komponenten ohne Verklebung wieder zerlegt werden können, so dass die verwendeten Materialien am Ende des Produktlebens möglichst effizient recycelt werden können?
  • Woraus bestehen z. B. die Bezüge? Es gibt heute sehr schöne und haptisch sehr angenehme Möbelbezugsstoffe, die aus „post-consumer recycled polyester“ hergestellt sind. Als Rohstoff dienten also z. B. gebrauchte Plastikflaschen. Das minimiert den CO2-Ausstoß, reduziert den Abfall auf Mülldeponien und in der Natur und reduziert die Verschmutzung durch Verbrennung. Für einen Quadratmeter Polyestergewebe werden sieben Zwei-Liter-Plastikflaschen eingesetzt.
  • Woher bezieht der Hersteller seine Rohstoffe und Materialien?
  • Wie lange war der Transportweg vom Hersteller zu mir?
  • Versendet das Unternehmen klimaneutral?

Thomas Schmeer (Viasit Bürositzmöbel GmbH)

 

Experte für ergonomische Bürostühle

Thomas Schmeer, Geschäftsführer der Viasit Bürositzmöbel GmbH

Thomas Schmeer ist Geschäftsführer der Viasit Bürositzmöbel GmbH in Neunkirchen (Saar). Der Betriebswirt führt in der zweiten Generation das Familienunternehmen Viasit, das Sitzmöbel für Büro, Heim und Objektausstattung produziert.

Ergonomische Bürostühle baut Viasit schon seit 1980. Sie sind die wichtigste Produktgruppe im Portfolio des Unternehmens. Zu den Kunden zählen Private ebenso wie Behörden, Unternehmen und Großkonzerne in der ganzen Welt.

 

"Ein guter Bürostuhl kann ein Freund fürs Leben werden. Wählen Sie also in Ruhe aus. Es empfiehlt sich, beim Fachhändler Probe zu sitzen, oder sich das gewünschte Produkt zum Ausprobieren zuschicken zu lassen" (Viasit Bürositzmöbel GmbH). 

 

Was sind deine Fragen zum Thema ergonomische Bürostühle?

Schreib uns gerne an expertinnen@lifeverde.de, wir sichten und sammeln die Themen und geben sie dann weiter an unsere Expert*innen.

Du bist selbst Expert*in auf einem nachhaltigen Gebiet und möchtest als LifeVERDE-Expert*in Fragen zu deinem Fachthema beantworten? Wir freuen uns über eine Nachricht an expertinnen@lifeverde.de.




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