Im Hinblick auf die Endlichkeit natürlicher Ressourcen und exorbitanten Abfallmengen von deutschlandweit zuletzt knapp 400 Millionen Tonnen ist Upcycling ein Hoffnungsschimmer: Es ist Recycling plus Wertschöpfung. Dabei werden die im Abfall gespeicherten Energien und Rohstoffe bewahrt und zu neuwertigen Produkten umgewandelt. Das Gute daran: Werden Rohstoffe wiederverwendet, müssen sie nicht durch Bergbau, Land- und Forstwirtschaft neu beschafft werden, das wirkt sich hemmend auf Energieverbrauch und Luftverschmutzung aus.
Materialarmut versus Individualismus
In ärmeren Gesellschaften ist das alles nichts Neues, allein schon aus Materialarmut werden alte Stoffe traditionell wieder verwendet. Obwohl Industriegesellschaften eher im Wegwerfmodus verhaftet sind, schwappte das „aus alt mach neu“-Motto schließlich über und wurde als Ausdruck von Individualität zum Megatrend: Denn Upcycling ist kreativ und einzigartig. Vor allem Designer und Künstler widmeten sich der Idee und kreierten und hippe Möbel und Kunstobjekte.
Immer mehr Upcycling-Firmen
Nun entdecken immer mehr junge deutsche Firmen das Konzept für sich: Das Berliner Startup „Aluc“ etwa produziert Hemden, Blusen und Kleider aus „Preconsumer Waste“, d.h. Fehlerware und Musterstoffe – neuwertiger Abfall. Das Augsburger Unternehmen „manomama“ zerlegt Textilreste und Schnittabfälle aus Nähereien in Fasern und verarbeitet sie zu neuem Garn für ganze Kollektionen.
Soziales Engagement
Der soziale Faktor spielt dabei eine große Rolle: Bei „manomama“ etwa, die nach eigenen Angaben in einer ökologischen und regionalen Wertschöfpungskette produzieren, heißt es auf der Webseite: „Die einzige Aufgabe eines Unternehmens heute ist die
Maximierung der Menschlichkeit – nicht die Steigerung des monetären Gewinns.“
Vielzahl an Materialien
Aber auch bei den Materialien sind die Start-ups innovativ und finden spannende Nischen: Die deutsche Firma „Zirkeltraining“ fertigt Taschen aus dem Leder von Sportgeräten und Turnmatten, auf denen Schüler ganzer Klassen jahrzehntelang ihre Turnübungen absolviert haben. Der Südtiroler Tischler Norbert Öttl nutzt für seine Taschen Holz – von der zarten Clutch über den soliden Aktenkoffer bis zum stämmigen Trolley.
Kleider aus Kuhmilch
Äußerst hautfreundlich sind die Kuhmilch-Kleider des Startups „Qmilch“. Die Mikrobiologin und Designerin Anke Domaske produziert aus nicht mehr verwertbaren Milchresten Fasern für die Bekleidungsindustrie. Allein in Deutschland werden pro Jahr rund zwei Millionen Liter Milch entsorgt, die Domaske nutzbar macht. 2010 erhielt sie dafür den Deutschen Gründerpreis.
Abgenutzte Textilreste nutzt die Berliner Stadtmission seit 2013 noch ergiebiger: 200 Tonnen alter Kleidung spenden die Berliner jedes Jahr dem kirchlichen Dienstleister. Was nicht für die sozialen Projekte oder die Second-Hand-Läden der stadtmissionseigenen "Komm-Und-Sieh"-Läden geeignet ist, geht an das Design-Label „Water to Wine“. Dort verwandeln lokale Designer die abgetragenen Materialien zu nachhaltiger Designermode. Mit den Einnahmen werden soziale Projekte unterstützt.
Nachhaltige Mode aus erster Hand
Weil Altkleidung aber ein riesiges Geschäft ist, sind enge Grenzen gesetzt. Das Gesammelte lässt sich oft nur zu Unikaten verarbeiten, den Massenmarkt zu bedienen, ist kaum möglich. Mittlerweile bieten auch immer mehr Modeunternehmen, die mit neuen Stoffen arbeiten, eine Alternative für die Umwelt-Mode-Bewussten.
Der Online-Shop Cecil etwa hat Nachhaltigkeitsaspekte fest verankert, die man als Kunde nachlesen kann. Das Unternehmen setzt zum Beispiel auf neue Wege der Energieerzeugung sowie auf Ökostrom und verwendet ausschließlich Stoffe nach dem Prüf- und Zertifizierungssystem Ökotex 100. Auch soziale Verantwortung gehört zu den Grundprinzipien. So arbeiten die Unternehmer mit der Deutschen Kleiderstiftung zusammen und tauschen alte Cecil-Artikel gegen Gutscheine ein. Gut erhaltene Kleidungsstücke und Haushaltswäsche kommen auf diese Weise sozialen Projekten zugute.
So werden die Upcycling-Startups auch über ihre häufig eher geringen Absatzzahlen hinaus wirksam, indem sie eine gesellschaftliche Entwicklung vorantreiben, in der sich große Hersteller gezwungen sehen, auf das wachsende Verbraucherbewusstsein zu reagieren.
03.07.2016
LG Sabine
24.05.2016
Ich find das richtig toll und es gibt einen ein bisschen Hoffnung.
Liebe Grüße Claudia
03.05.2016