Gesellschaft

An einem Wochenende bleibt so viel Müll zurück wie sonst in einem Jahr

Bei einem Festival mit 80.000 Besuchern bleibt an einem Wochenende so viel Müll liegen, wie eine Stadt mit gleicher Einwohnerzahl in einem Jahr produziert. Auch der CO2-Ausstoß ist bei einer solchen Großveranstaltung gigantisch: Allein der Reiseverkehr verursacht die Hälfte der gesamten Treibhaus-Emissionen.

Bei einem Festival mit 80.000 Besuchern bleibt an einem Wochenende so viel Müll liegen, wie eine Stadt mit gleicher Einwohnerzahl in einem Jahr produziert. Auch der CO2-Ausstoß ist bei einer solchen Großveranstaltung gigantisch: Allein der Reiseverkehr verursacht die Hälfte der gesamten Treibhaus-Emissionen.

08.05.2017 - ein Beitrag von Gessica Mirra

Und noch ein paar erschreckende Zahlen: Die Universitätsstadt Marburg hat rund 80.000 Einwohner. Im Jahr werden hier 900 Tonnen Müll von den Straßen gefegt. Das Roskilde Festival produziert dieselbe Menge Abfall in nur einer Woche!
Jeder Festivalbesucher hinterlässt somit 23 Kilogramm in Roskilde.

Große Veranstaltungen hinterlassen große Spuren

In den Sommermonaten, der Hochsaison für Musikfestivals und Open-Air-Veranstaltungen, finden zahlreiche Veranstaltungen statt: Der Infodienst festivalguide.de listete beispielweise für 2013 über 1.100 Veranstaltungen auf. Laut Deutschem Musikrat erzielten die Veranstalter damit einen Gesamtumsatz von 341 Millionen Euro. Zu Rock am Ring kamen 2013 beispielweise 85.000 Besucher. Und es geht noch größer: Etwa 500.000 Feierlustige kamen nach Polizeiangaben 2012 zum Schlagermove nach Hamburg-St. Pauli.Und die Besucher produzieren eine ganze Menge Müll: Nach dem eintägigen Schlagermove meldete die Hamburger Stadtreinigung, dass sie bis zu 18 Tonnen Müll auf St. Pauli eingesammelt habe.

Hinzu kommen Umweltbelastungen durch die An- und Abreise der Festivalfans, die oft große Strecken zurücklegen. So verursacht eine Autofahrt von München nach Berlin etwa 160 Kilo CO2. Für einen Flug entstünden auf dieser Strecke sogar bis zu 200 Kilo CO2.
Gut, dass einige schon umweltfreundliche Maßnahmen getroffen haben!

Und der Oskar geht an …

Verschiedene Initiativen verleihen Festivalverantwortlichen verschiedene Gütesiegel, wenn diese nachhaltig agieren. An diesen Siegeln können Besucher erkennen, wie „ernst“ das Thema Nachhaltigkeit von dem jeweiligen Veranstalter gehandhabt wird. Eins wird beispielsweise von der Sounds for Nature Foundation vergeben, eine aus einem Projekt des Bundesamtes für Naturschutz entstandene Organisation. Die Green Operation Group Europe verleiht zum Beispiel den "Green'n'Clean Award". In Deutschland haben diesen Award schon das Wacken Open Air, das Taubertal- und das Melt! -Festival erhalten.



Kreative Maßnahmen auf den Festivals

Viele Veranstalter bemühen sich, den Besuchern die Müllvermeidung und -rückgabe so einfach wie möglich zu machen: Zahlreiche Abfall- oder Recyclinginseln werden aufgestellt, verschiedene Behälter trennen Papier, Glas und Restmüll. Für die Zeltplätze werden bei der Ankunft Mülltüten verteilt. Es wird zudem ein Pfand erteilt und wenn zum Ende der Veranstaltung die Tüte mit eingesammelten Müll abgegeben wird, wieder zurückgegeben.

Einige mehrtägige Festivals bieten "Green Camping"-Zonen an. Das sind Bereiche des Campingareals, wo Müll vermieden und besser entsorgt wird und außerdem weniger Lärm verursacht werden soll. Bei Rock im Park wird sogar ein Wettbewerb daraus gemacht: Wer den saubersten Zeltplatz hinterlässt, erhält eine Trophäe – den "Umwelt-Rocky" nämlich.
Andere werben mit der sogenannten "Love your tent"-Kampagne, mit der Festivalbesucher für den nachhaltigen Umgang mit ihren Zelten sensibilisiert werden sollen. Die Initiative rät nicht nur zu jahrelang verwendbaren Zelten, sondern ruft auch auf, den Campingplatz sauber zu hinterlassen und die Nachtruhe der Nachbarn zu respektieren.
Auf wieder anderen Festivals, wie dem Highfield Festival, in der Nähe von Leipzig, wurden Konservenstationen eingerichtet, an denen die Festivalbesucher ungeöffnete Dosen abgeben können. Diese werden von lokalen Tafel-Organisationen abgeholt und an Bedürftige verteilt.
Caterer vermeiden Müll, indem sie Mehrwegsysteme für Becher und Geschirr entwickeln. Zudem bieten sie generell gerne Speisen wie Wraps oder Pizzastücke an, da hierfür kein Besteck notwendig wird. Einige Festivals gehen beim Catering noch weit darüber hinaus und achten darauf, dass ausschließlich regionale und biologisch erzeugte Lebensmittel angeboten werden.

Ein anderer Aspekt der Versorgung ist das Wasser: Um die Umweltbelastung zu reduzieren, verzichten einige Festivalveranstalter ganz auf Chemietoiletten. Wenn es die Rahmenbedingungen zulassen, können auch transportable Toiletten an die Kanalisation angeschlossen werden. Um Trinkwasser zu sparen, kann zum Teil auch auf Regen- und Brunnenwasser zurückgegriffen werden.

Ein weiterer wichtigerer Faktor in der Umweltbilanz von Festivals ist die An- und Abreise der vielen Besucher. Die Veranstalter versuchen, Staus und Parkplatzprobleme rund um ihre Veranstaltungszentren zu verringern, indem sie beispielweise Shuttle-Services vom nächstgelegenen Bahnhof anbieten. Bei Rock am Ring pendeln so Busse vom Koblenzer Hauptbahnhof zum Nürburgring und zurück. Das Melt! bietet sogar Sonderzüge mit Liegewagenabteilen an. Die Züge – aus Köln und München kommend – bleiben auf dem Festivalgelände stehen, damit die Besucher darin übernachten können. Für alle vier Nächte hat man somit ein eigenes Bett, ist unabhängig von Wind und Wetter, steht nicht im Stau und muss keine Ausrüstung schleppen. Wer möchte hat sogar die Möglichkeit, ein ganzes Sechser-Abteil zu mieten.
Mit dieser Reisevariante wird der CO2-Fußabdruck im Vergleich zur An- und Abreise per Auto halbiert.
Viele Festivalbetreiber haben auch eigene Foren eingerichtet, auf denen Mitfahrgelegenheiten organisiert werden können.

Andere Festivals leben die Nachhaltigkeit nicht nur, sie machen sie zum Thema: Sie ähneln dabei eher Messen - allerdings mit großem Unterhaltungsfaktor. Dort können sich die Gäste bei Vorträgen, Filmen sowie bei Ausstellern und Showköchen über nachhaltige Lösungen für alle Lebenslagen informieren.




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