Grüne Wirtschaft

Retouren vermeiden und belohnt werden – Keepoala im Einsatz gegen Rücksendungen

INTERVIEW | Um die Anzahl an Retouren zu verringern, hat Keepoala ein Belohnungssystem entwickelt, das zum bewussteren Bestellen anregen soll. Wie das funktioniert, erfährst du hier.

INTERVIEW | Um die Anzahl an Retouren zu verringern, hat Keepoala ein Belohnungssystem entwickelt, das zum bewussteren Bestellen anregen soll. Wie das funktioniert, erfährst du hier.

29.03.2022 | Ein Interview geführt von Deborah Iber | Bild: Unsplash

Online Shopping ist super bequem – leider so bequem, dass oft einfach alles Mögliche in den Warenkorb geladen wird, obwohl klar ist, dass der Großteil wieder zurückgeht. Die Rücksendung kostet in den meisten Fällen schließlich nichts und man hat viel Zeit, sich darum zu kümmern. Doch das Zurückschicken des Pakets ist auch wieder mit Emissionen verbunden. Hinzu kommt, dass Retouren oft einfach vernichtet werden, wodurch eine Menge Müll entsteht.

Den Retouren-Wahn möchte Keepoala stoppen, mithilfe eines Belohnungssystems, das Online Shopper*innen für das Nicht-Zurückschicken von Paketen belohnt. Wie das geht und wie Retouren weniger werden sollen, erzählt uns Eik, einer der Gründer, im Interview.

LifeVERDE: Eik, erzähle uns einmal, was die Mission von Keepoala ist und seit wann es euch gibt.

Eik: Keepoala ist die erste App, die gegen eines der größten Probleme des Onlinehandels vorgeht: Retouren. Mit Keepoala kann man in zahlreichen Onlineshops Punkte sammeln, indem man seine Bestellungen nicht zurückschickt. Dadurch reduzieren wir die riesige Menge an unnötigen Rücksendungen, damit verbundene CO2-Emissionen sowie Verpackungs- und Textilmüll. Wir müssen nicht darauf warten, dass die großen Modekonzerne etwas gegen die Umweltverschmutzungen des Textilsektors unternehmen.

Gegründet haben wir als Dreierteam im Juni 2021. So richtig durchgestartet sind wir dann vor dem Black Friday 2021 mit dem Release unserer mobilen Keepoala App. Seitdem konnten wir bereits 13 Shops & Brands als Partner gewinnen und als Community mehr als 2 Tonnen CO2 vermeiden.


Das Keepoala-Gründerteam (Bild: Rocka Studio/ wayra).

Wie ist das aktuelle Onlineshopping- und Retourenverhalten in Deutschland und was sind die Hauptursachen für „blindes Draufloskaufen und Zurückschicken“?

Deutschland ist Europameister im Retournieren. 315 Millionen zurückgesendete Pakete waren es in 2020. Die Ursachen dafür sind vielfältig. Der häufigste Retourgrund ist eine falsche Größe. Dagegen versuchen Onlineshops aktiv mit Größenberatern und Vermessungstechnologien vorzugehen. Was außen vorbleibt sind verhaltensbezogene Retourgründe: Auswahlbestellungen gleicher Artikel, die anlassbezogene Nutzung eines Kleidungsstückes für Hochzeit oder Fotoshooting, um es danach zurückzuschicken. Hier wird das sorglose Einkaufen und Retournieren zum Teil von den großen Shops motiviert, insbesondere durch Rückgabezeiten bis 100 Tage, die Möglichkeit des Rechnungskaufes und des kostenlosen Rückversands. Doch Rücksendungen sind keinesfalls kostenlos, denn die durchschnittlichen Kosten in Höhe von 15 EUR pro Retoure werden auf alle Bestellungen wieder verteilt. Es bleibt meist unerwähnt, dass allein in Deutschland etwa 20 Mio. Retouren pro Jahr vernichtet werden und generell aufgrund von Retouren viel Müll entsteht.

„Retouren vermeiden und Belohnungen bekommen“ – dieser Satz empfängt die Leser*innen auf eurer Webseite. Welche Belohnungen gibt es und sind diese auch mit Nachhaltigkeit verbunden?

Unser Ziel ist es, dass Nutzer*innen letztlich nur das bestellen, was sie auch behalten möchten. Wenn das nachhaltige Produkte sind, die unter fairen Arbeitsbedingungen gefertigt wurden, umso besser! Daher findet man in unserem Voucherstore, in dem man seine Punkte gegen Gutscheine einlösen kann, neben klassischer Streetwear vorrangig Fair Fashion Brands und Shops. Darüber hinaus findet man grüne Alternativen im Ernährungs- oder Mobilitätssektor oder aktuell auch Spendenmöglichkeiten für die Ukraine.

Wer einen klassischen Tankgutschein oder einen Rabatt für SHEIN sucht, der wird langfristig bei uns nicht fündig werden. Wir versuchen, einen umweltfreundlichen Rahmen vorzugeben, werden aber nicht mit erhobenen Zeigefinger sagen: das ist guter Konsum, das ist schlechter Konsum!

Wie läuft das Belohnungsprinzip bei euch ab?

Viele Konsument*innen geben an, nachhaltiger leben zu wollen. Was fehlt, ist der Anreiz sein Verhalten dahingehend anzupassen. Diese Lücke schließt unsere App. Zum ersten Mal wird nicht der Kauf eines Produktes belohnt, sondern das Nicht-Retournieren der Bestellung. Dadurch wird CO₂ vermieden, bevor es durch den Transportweg emittiert wird.

Man kann mit Keepoala auf zwei Wegen Punkte sammeln: Am Einfachsten sammelt man Punkte bei Bestellungen in unseren Partnershops, denn diese werden automatisch im Nutzeraccount erfasst und man braucht nichts weiter zu tun. Für alle anderen Onlineshops kann man einfach das beiliegende Retourenlabel scannen. Nach Ablauf der entsprechenden Widerrufszeit prüfen wir automatisiert, ob das Paket zurückgeschickt wurde oder nicht und geben die vollen Keepoala Punkte frei. Müssen Onlineshopper*innen doch retournieren, gibt es die Möglichkeit, durch die Angabe der Retourengründe einen Teil der Gesamtpunkte zu erhalten und die betroffenen Shops durch eine höhere Datentransparenz zu befähigen, Produkte oder Produktdarstellungen zu verbessern.


Durch das Scannen des Retourenlabels wird geprüft, ob das Paket zurückgeschickt wurde oder nicht. Wenn nicht, werden Keepoala Punkte gesammelt (Bild: Keepoala).

Einige eurer Nutzer*innen sagen, dass sie durch euch realisieren, wie schädlich ihr Retouren- bzw. Kaufverhalten eigentlich ist. Wie macht ihr das den App-Nutzer*innen bewusst?

Letztlich geht es um Transparenz. Deshalb veröffentlichen wir Informationskampagnen zum Thema Onlineshopping, Retouren und Nachhaltigkeit in unseren Social Media Kanälen und in unseren Blogbeiträgen. Um darauf aufbauend eine Verhaltensänderung anzustoßen bzw. retourbewusstes Verhalten zu festigen, bieten wir in der App einen Tracker, der die eigenen CO₂-Einsparungen misst, die mit einer vermiedenen Rücksendung verbunden sind. Den eigenen Fortschritt, die individuelle Retourenquote kann ich dann mit der Keepoala Community vergleichen und gemeinsam über Community Challenges weitere Ziele erreichen.

Wenn ich weiß, welche Auswirkungen auf CO2 und Verpackungsmüll mein eigenes Einkaufs- bzw. Retourverhalten hat, dann gehe ich zukünftig sensibler mit dem Thema um.

Wie erreicht ihr diejenigen, die sich darüber bisher keine Gedanken gemacht haben und welche Schwierigkeiten gibt es dabei?

Jede*r hat im Freundeskreis jemanden, der jede Woche eine Retoure zur Post bringt. Lädt man diese Personen ein, ebenfalls Teil der Keepoala Community zu werden, fangen auch die Eingeladenen an, sich über das Thema Gedanken zu machen. Wenn man sich dann in der App mit seinen Freunden im Sinne des Umweltbewusstseins vergleichen kann, landet in der nächsten Bestellung vielleicht nicht mehr dreimal der gleiche Artikel in unterschiedlichen Farben.

Generell ist Shopping im Fashionbereich ein sehr emotionales Thema. Das Anprobieren der Kleidung ist mit der Erwartungshaltung verbunden, dass es so aussieht wie auf dem Modelfoto im Onlineshop. „Entspricht es nicht den Vorstellungen“, wird es oft ohne nachzudenken zurückgeschickt. An der Stelle versuchen wir mit entsprechenden Denkanstößen, nochmal über die Retoure nachzudenken, z.B. indem man den Artikel mit anderen Outfitkombinationen anprobiert. Hier gibt es einen schmalen Grad zwischen „ich behalte den Artikel, weil er mir doch gefällt“ und „ich behalte den Artikel für den Umweltaspekt aber es landet ungetragen im Schrank“. Letzteres kann auch nicht unser Ziel sein. Man muss es schaffen, dass sich die Einkaufenden vor der Bestellung mehr Gedanken machen, um dann vielleicht auch zu entscheiden: ein Shirt bestelle ich immer in ein und derselben Größe, die Gefahr einer Retoure ist gering. Bei einer Jeans ist die Größenfindung schwieriger, die shoppe ich lieber stationär.

Geprüft wird Keepoala durch Retourenregister e.V. Was bedeutet das konkret?

Der Retourenregister e.V. hat es sich zur Aufgabe gemacht, Shopbetreiber*innen zu helfen, Retouren zu vermeiden bzw. das Retourenhandling nachhaltig aufzustellen – diese Anstrengungen werden per Retourensiegel zertifiziert. Dafür wurden 16 Kriterien entwickelt, von denen ein Shop acht erfüllen muss, um zu verifizieren, dass es sorgfältig und nachhaltig mit Retouren umgeht, anstatt sie z.B. einfach zu vernichten. Durch die Teilnahme am Keepoala Programm kann ein Onlineshop nachweisen, die zwei Kriterien „Vermeidungsstrategien existent“ und „Retourenvermeidung wird belohnt“ zu erfüllen, um so seiner Obhutspflicht nachzukommen.

Welche Shops machen bei eurer Mission bisher mit und inwieweit wollt ihr euer Netzwerk zukünftig erweitern?

Aktuell arbeiten wir mit 13 Onlineshops und Brands zusammen, vorrangig aus dem Fair Fashion Bereich. Dazu zählen erlich textil, Fyra, Pretty Clear oder Loveco.

Uns vereint die Motivation, den E-Commerce Sektor grundlegend auf nachhaltigere Füße zu stellen und nicht nur auf fair produzierte Produkte zu schauen. Jetzt geht es darum, größere Fashion Shops für uns zu gewinnen, auch außerhalb der Fair Fashion Bubble. Dort sind die Endkund*innen oftmals noch preissensitiver und retourfreudiger. Gleichzeitig können wir dort noch größere Einspareffekte im Sinne von Shopkosten und CO2-Emissionen erzielen.

Unsere Mission ist es, das shopunabhängige Loyalty Programm für umweltbewussten und retourenarmen Konsum zu werden. Wir werden also nicht aufgeben, bis alle bekannten Onlineshops Teil des Keepoala Universums sind und wir die Zahl von 315m Retouren pro Jahr in Deutschland signifikant gemeinsam reduzieren.

Vielen Dank für das Interview, lieber Eik!

Dir schwebt nun auch noch eine Frage im Kopf herum, die du gerne an Keepoala stellen möchtest?

Dann schreib sie in die Kommentare - wir freuen uns auf den Austausch mit dir!

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