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Zertifizierungssystem für Urlauber, Einheimische und Tourismusbranche

THEMENWOCHE GRÜNE OSTERREISEN | TourCert hat ein Zertifizierungssystem entwickelt, von dem alle profitieren: die Reisenden, die besuchten Menschen in den Zielgebieten und die Beschäftigten in den Tourismusunternehmen. Aktuell soll das TourCert-System auf Lateinamerika ausgeweitet werden.

THEMENWOCHE GRÜNE OSTERREISEN | TourCert hat ein Zertifizierungssystem entwickelt, von dem alle profitieren: die Reisenden, die besuchten Menschen in den Zielgebieten und die Beschäftigten in den Tourismusunternehmen. Aktuell soll das TourCert-System auf Lateinamerika ausgeweitet werden.

21.03.2017 - Bilder © TourCert - Das Interview führte Gessica Mirra

LifeVERDE: Herr Giraldo, inwiefern fördert TourCert nachhaltigen Tourismus?

Marco Giraldo, Geschäftsführender Gesellschafter TourCert: Wir stehen für einen Tourismus, der mehr ist als „öko“: Wir haben ein Zertifizierungssystem entwickelt, von dem alle profitieren – die Reisenden, die besuchten Menschen in den Zielgebieten und die Beschäftigten in den Tourismusunternehmen. Für die Kunden bedeutet das: bessere Angebote, Ersparnis von Zeit und Nerven und obendrein das gute Gefühl, „nachhaltig“ unterwegs zu sein. Den Reiseunternehmen in den Zielländern und hierzulande hilft es wiederum, Partnerschaften für bessere Reiseangebote aufzubauen. Und unsere Community wächst und wächst: Mit 53 neu zertifizierten Tourismusunternehmen konnten wir im Jahr 2016 unser weltweites Netzwerk auf insgesamt über 200 Akteure aus der Reisewirtschaft erweitern. Wichtiger Treiber dafür ist insbesondere die Ausweitung des TourCert-Systems auf Lateinamerika. Mit Unterstützung der Austrian Development Agency (ADA), der Agentur der Österreichischen Entwicklungszusammenarbeit, haben wir den bestehenden Prozess im ersten Schritt nach Ecuador und Peru übertragen und arbeiten derzeit an Zertifizierungen in Kolumbien oder Costa Rica.

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Wer wird von Ihnen mit dem TourCert-Siegel zertifiziert und was muss dafür erreicht und gemacht werden?

Wir zertifizieren Reiseveranstalter, Reisebüros, Unterkünfte und Destinationen. Auf dem Weg zum Siegel wird zuerst das Leitbild in punkto Nachhaltigkeit durchleuchtet und eine umfassende Bestandsaufnahme durchgeführt. Dazu zählen zum Beispiel Mitarbeiterumfragen, eine Erhebung der Unternehmensdaten oder die Angebotsgestaltung. Außerdem wird mindestens eine Person im Unternehmen zum CSR-Verantwortlichen ernannt und geschult, um Nachhaltigkeit im Tagesgeschäft fest zu verankern und alle anderen Mitarbeitenden zu einer nachhaltigen Denk- und Handlungsweise zu motivieren. Herzstück ist das Verbesserungsprogramm mit konkreten Zielen und Maßnahmen – diese werden von Jahr zu Jahr überprüft und kontinuierlich weiterentwickelt. Auf Basis der Bestandsaufnahme in Form eines Ergebnisberichts, dem so genannten Nachhaltigkeitsbericht, geht es dann an den letzten Schritt. Zur Zertifizierung überprüfen unabhängige und externe Gutachter die Einhaltung aller TourCert-Zertifizierungskriterien. Die Entscheidung über die Vergabe des TourCert-Siegels trifft der ehrenamtliche Zertifizierungsrat.

Wie wichtig ist den Urlaubern ein nachhaltiger Urlaub? Nehmen immer mehr Menschen solche Angebote an bzw. suchen aktiv danach?

Unberührte Natur, unvergessliche Begegnungen und authentisches Erleben der Gastkultur – gerade in unserer immer schneller werdenden, digitalen Welt sind es diese persönlichen Erfahrungen, die wirklich wichtig sind. Das ist es, was die Urlaube wollen – weg vom 0815-Programm, hin zu außergewöhnlichen Reisepaketen. Das Sahnehäubchen ist, wenn die Reise auch noch nachhaltig ist. Mit unserem TourCert-Siegel geben wir genau dieses Versprechen und unsere weltweit wachsende Community bestätigt uns diesen Trend zum nachhaltigen Urlaub im Sinne von „einfach eine schöne Zeit zu verbringen“. Im Dschungel der vielen Tourismussiegel sehnen sich viele Reisende nach einer Orientierungshilfe, die Rundum-Qualität verspricht und ihnen die Suche nach dem passenden Urlaubsangebot erleichtert. Und wenn die Menschen vor Ort auch noch etwas davon haben – umso besser.

Welches sind Ihrer Einschätzung nach die 5 größten Urlaubssünden der Deutschen unter ökologischen Gesichtspunkten?

1. Kurzurlaube per Auto oder Flugzeug
Für viele Deutsche stehen die geplanten Urlaube noch immer unter dem Motto: „schneller, öfter, weiter“. Hauptsache schnell raus aus dem Alltag. Ob man mit dem Auto fährt oder ins Flugzeug steigt – meistens gehen diese Kurzurlaube auf Kosten der Umwelt.  

2. Alles Inklusive
Von der Unterkunft über die Verpflegung bis hin zur Unterhaltung – wenn bei „all inclusive“-Reisen alles im Hotel angeboten wird, hat die heimische Bevölkerung wenig von den ausländischen Urlaubern, dafür mehr Abfall und Lärm. Auf der anderen Seite haben auch die Reisenden selbst keine Möglichkeit, wirklich in die Kultur des Landes einzutauchen.

3. Speisebuffets
Riesige Buffets führen häufig zu großen Mengen an Speiseresten, die in den Müll wandern. Bei einem Besuch in einheimischen Restaurants hingegen, kann man lokale Spezialitäten probieren und die Menschen vor Ort profitieren auch davon.

4. Weite Strecken vor Ort
Einmal im Gastland angekommen steht bei vielen Deutschen gleich eine große Palette an Ausflügen auf dem Programm. Zu empfehlen sind hierbei Touren, die keine weitere lange Anreise benötigen oder zum Beispiel die Erkundung per Fahrrad, öffentlichen Verkehrsmitteln oder per Zug zulassen. Zudem kommt man bei einer Bus- oder Zugfahrt viel besser mit den Einheimischen in Kontakt und gewinnt so einen intensiveren Eindruck vom Land.

5. Benehmen im Urlaubsland
Es ist immer hilfreich, sich im Vorfeld über das Gastland zu informieren und sich an die Gegebenheiten vor Ort anzupassen. Oft werden Verhaltensweisen, die bei uns in Deutschland ganz normal sind, im Urlaub über Bord geworfen. Neben sozialen Aspekten zählt dazu beispielsweise auch der Umgang mit Abfall – generell sollte man natürlich immer darauf achten, wenig Abfall zu hinterlassen und ihn auf keinen Fall einfach in der Umwelt entsorgen.

In welchen Bereichen erkennen Sie ein Umdenken, und sind die Deutschen auch bereit, eventuell einen Aufpreis für eine nachhaltigere Urlaubsgestaltung zu bezahlen?

Das Erlebnis steht neben der Erholung und der Abwechslung zum Alltag ganz oben bei der Wahl der Urlaubsreise. Reisende möchten das Land, die Region oder den Ort kennenlernen und legen immer mehr Wert auf intakte Natur und authentischen Austausch mit den Menschen, die dort leben. Es geht also denke ich vielmehr um die Frage der Qualität, und Qualität hat ihren Preis. Das heißt allerdings nicht, dass nachhaltige Reisen teurer sein müssen.

Wie könnte man noch mehr Menschen für nachhaltigen Urlaub oder sanften Tourismus begeistern? Welches sind aktuell die größten Hemmnisse?

Nachhaltigkeit muss wie gesagt nicht teurer sein und bietet den Reisenden in jedem Fall einen außergewöhnlichen Urlaub und den Menschen vor Ort eine bessere Zukunft. Die Umsetzung der verschiedenen Aspekte der Nachhaltigkeit im wirtschaftlichen, ökologischen und sozialen Bereich leuchtet den Menschen ein, allerdings fehlt es noch an der ausreichenden Sensibilisierung und Umsetzung. Wir denken, dass Unternehmen lernen müssen, ihr Engagement im Bereich Nachhaltigkeit zu kommunizieren und den Mehrwert aufzuzeigen.

Was glauben Sie, wie wird sich das Reiseverhalten in 10 Jahren verändert haben?

Ich wünsche mir einen fairen, zukunftsorientierten und verantwortlichen Tourismus, der die Einnahmen gerecht verteilt, die natürlichen Ressourcen schont, Reisende und Mitarbeitende für nachhaltiges Handeln begeistert und ihnen Freude, Naturerlebnisse, ein Gemeinschaftsgefühl sowie die Lust auf einen nachhaltigen Lebensstil vermittelt. Nicht als Nischenprodukt, sondern als Grundlage jeglicher Angebote.
In 10 Jahren werden wir feststellen, dass sich nicht nur im Tourismus die Art zu wirtschaften in diese Richtung entwickelt hat.

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