LifeVERDE-Experte für nachhaltiges Reisen: Dirk Radke (FairAway Travel) | Bild: Unsplash
Dass häufiges Reisen mit emissionsstarken Verkehrsmitteln dem Klima nicht zugute kommt und dass die Umwelt durch starke Eingriffe in die Natur für touristische Anlagen leidet, ist mittlerweile im Bewusstsein der Öffentlichkeit angekommen. Doch lautet nun die einzig mögliche Antwort darauf, vollkommen auf nicht zwingend notwendige Reisen, d.h. auch auf Urlaubsreisen, zu verzichten? Mit dem Konzept des sogenannten "sanften Tourismus" soll nachhaltiges Reisen möglich werden. Doch was macht den sanften Tourismus aus und gibt es neben der reinen Erholung nicht auch weitere gute Gründe für eine Reise?
Diese und weitere Fragen stellen sich täglich hunderte Menschen – ein klarer Fall für unser Informations-Format “Frag die Expert*innen!”. Wir geben eure ausgewählten Fragen rund um nachhaltige Produkte und Themen direkt an unsere Partner*innen weiter, die selbst Hersteller*innen, Produzent*innen, Dienstleister*innen, Wissenschaftler*innen oder aus einem anderen Grund Expert*innen auf ihrem Gebiet sind.
Auf LifeVERDE stellen wir dir auch Anbieter im Bereich nachhaltiger Tourismus vor!
1. Warum ist nachhaltiges Reisen bzw. sanfter Tourismus wichtig?
2. Auf welche fünf Dinge sollte ich unbedingt achten, wenn ich nachhaltig reisen will?
3. Schließen Nachhaltigkeit und Tourismus sich nicht zwangsläufig aus?
4. Leider kommt es vor, dass Unternehmen und darunter auch Anbieter in der Tourismusbranche nicht so nachhaltig sind wie sie vorgeben. Wie lässt sich überprüfen, wie nachhaltig die Reisen wirklich sind?
5. Welche Reisetrends lassen sich für die nächsten Jahre erkennen?
6. Was versteht man unter nachhaltigem und sanftem Tourismus?
7. Wie kompensiere ich den CO2-Ausstoß meines Flugs freiwillig?
8. Welches Transportmittel ist beim Reisen am nachhaltigsten?
9. Nachhaltiger Tourismus am Urlaubsort - wie schütze ich die Umwelt in meinem Urlaubsziel?
10. Was genau ist ein nachhaltiges Hotel?
Reisen hat viele Facetten und Elemente: Erholung, Bildung, kultureller Austausch, Menschen treffen uvm. Reisen bedeutet daher so viel mehr als nur Urlaub und birgt auch eine gewisse Verantwortung, insbesondere was die Emissionen, z.B. bei Flugreisen angeht. Die Klimakrise ist gerade Gesprächsthema Nummer eins – zu Recht. Wenn wir in den nächsten Jahren nichts ändern, werden Hitzewellen, Dürreperioden und Überschwemmungen unsere Welt wie wir sie kennen grundlegend verändern. Deswegen ist es wichtig, auch auf den Reisen das Thema Klimaschutz im Blick zu behalten.
Abgesehen von Klimafaktoren bedeutet nachhaltiges Reisen aber noch mehr! Es schließt die Menschen vor Ort und ihre Lebens- und Arbeitsbedingungen ein, den Tier- und Naturschutz sowie auch die wirtschaftliche Situation. Im Grunde geht es darum, dass deine Reise nicht nur für dich ein tolles Erlebnis wird, sondern auch die Menschen und die Natur vor Ort davon profitieren.
Dirk Radke (FairAway Travel GmbH)
- Reise länger und dafür seltener. Unternimm lieber eine Reise, die drei Wochen oder länger dauert, als viele kleine Kurztrips. So kannst du das Land und die Menschen richtig kennenlernen, du erholst dich besser und die CO2-Emissionen deiner An- und Abreise fallen auch nur einmal an.
- Übernachte während deiner Reise in Familienpensionen oder kleinen gemütlichen Hotels. Hier kommt das Geld direkt bei den Locals an und du lernst herzliche Gastgeber*innen kennen, die dich noch mit Tipps für deine Region versorgen können! Das alles findest du nicht, wenn du im All-Inclusive-Hotel oder in einer großen Hotelkette übernachtest.
- Achte darauf, wie du unterwegs bist. Ist eine Anreise mit dem Zug möglich? Falls nicht, dann empfehlen wir dir einen Direktflug ins Reiseziel – das spart CO2-Emissionen und ist komfortabler. Auch im Reiseland ist es viel gemütlicher und spannender, wenn du auf Inlandsflüge verzichtest und mit dem Zug oder Bus unterwegs bist.
- Think global, act local. Gehe auf dem lokalen Markt leckeres Gemüse oder Obst kaufen, iss in kleinen Restaurants mit hausgemachter Kost oder unternimm Aktivitäten mit lokalen Guides vor Ort. So hast du einen direkten Einfluss auf die Menschen und deren Einkommen vor Ort.
- Gehe respektvoll mit der Natur und den Tieren um. Nimm deinen Müll nach einer Wanderung wieder mit und entsorge diesen fachgerecht. Elefantenreiten? No-Go! Plane lieber eine Safari im Nationalpark und schaue dir die imposanten Dickhäuter in freier Wildbahn an.
Dirk Radke (FairAway Travel GmbH)
Ganz und gar nicht! Wichtig ist hierbei, dass sich Nachhaltigkeit nicht nur auf das Thema des Klimas konzentriert. Nachhaltiges Handeln bedeutet eben auch, sozial und wirtschaftlich verantwortungsvoll zu handeln. In allen drei Bereichen, ökologisch, wirtschaftlich und sozial, kann im Tourismus viel bewegt werden.
Tatsächlich ist Tourismus an einigen Stellen auch ein unverzichtbarer Faktor! In vielen Ländern finanzieren Reisende Naturschutzprojekte, indem sie zum Beispiel Nationalparks besuchen und schaffen Arbeitsplätze für die lokale Bevölkerung. Bleiben die Touristen aus, wie wir es in der Corona-Pandemie erlebt haben, verlieren unzählige Mensche ihr Einkommen, Naturschutzprojekte schließen, Regenwälder werden wieder lieber für die Landwirtschaft gerodet anstatt Touristen durch den Dschungel zu führen.
Problematisch sind daher vordergründig die viel zu hohen Emissionen durch das Fliegen. Hier gilt es, CO2 zu reduzieren so weit es geht und die Entwicklung von emissionsarmen Treibstoffen voranzutreiben.
Dirk Radke (FairAway Travel GmbH)
Leider steckt nicht überall Nachhaltigkeit drin, wo es auch drauf steht. Das trifft auch auf die Tourismusbranche zu. Dabei möchten 76% der deutschen Bevölkerung nachhaltiger reisen - bei 30% davon ist dieser Gedankenwandel ein Resultat der Pandemie.
Es gibt einige Dinge, auf die man achten kann: Es gibt mehrere weltweit anerkannte Nachhaltigkeitslabel für Tourismus wie zum Beispiel Travellife, die die Reisebüros in diversen Kriterien prüfen von Energie- und Papierverbrauch bis hin zu Arbeitsbedingungen der Mitarbeiter*innen.
Weitere Anhaltspunkte sind zum Beispiel der Verband Forum Anders, ein Zusammenschluss deutscher Reiseveranstalter, die nachhaltig agieren oder Roundtable for Human Rights in Tourism, die sich für die Einhaltung der Menschenrechte einsetzen.
Dirk Radke (FairAway Travel GmbH)
Nachhaltigkeit, Workations und Reisen innerhalb Europas.
Dabei schließen sich diese drei Trends nicht aus: Wer länger in einem Reiseland bleibt, dies vielleicht mit der Arbeit kombinieren kann und dabei mit dem Zug anreist, ist natürlich viel nachhaltiger unterwegs, als eine Person, die zum Shopping einen Städtetrip macht.
Gleichzeitig sollten Reiselustige eher auf Angebote mit flexiblen Stornobedingungen zurückgreifen als auf Last-Minute-Angebote, da es Guides, Fahrer*innen und vielen anderen Menschen vor Ort eine besser Perspektive bietet.
Dirk Radke (FairAway Travel GmbH)
Weitere Hintergrundinformationen zum Thema nachhaltiger Tourismus
(Erstellt von Nele Schauer für die LiveVERDE Redaktion)
Wer nachhaltig reisen möchte, sollte das Fliegen vermeiden. Vor allem Langzeitflugstrecken sind besonders umweltschädlich, da sie viel Co2 freisetzen und Schadstoffe freisetzen. So setzt ein Hin- und Rückflug von Berlin nach Peking beispielsweise das Doppelte der Emissionen frei, die von einem durchschnittlichen Auto in einem ganzen Jahr freigesetzt werden. Auch wenn die Emissionen, die auf den Luftverkehr zurückzuführen sind, nur einen Anteil von ungefähr 3% aller Treibhausgase ausmachen, ist das Flugzeug in unsererr globalisierten Welt teilweise alternativlos, wenn man für den Urlaub in die Ferne reisen will. Wer daher trotzdem nicht auf das Fliegen verzichten kann und möchte, kann das ausgestoßene CO2 des Flugs freiwillig kompensieren, in dem er sogenannte CO2-Zertifikate aus Klimaschutzprogrammen kauft. Solche Projekte fördern zum Beispiel den Erhalt des Regenwalds oder den Ausbau von Biogasanlagen und anderen nachhaltigen Alternativen.
Tipp: Bei der Wahl deines Zertifikats solltest du auf Seriosität und Transparenz der Anbieter*innen achten.
Mit diesem CO2-Rechner des Umweltbundesamts kannst du deinen ökologischen Fußabdruck ausrechnen und weißt, wie viel CO2 du am besten kompensierst. Dabei ist es egal, wo sich das Projekt des CO2-Ausgleichs befindet, schließlich landen die Treibhausgase in der Atmosphäre und sind nicht ortsgebunden. Die Preise variieren nach Programm und Angebot, für eine allgemeine Einschätzung kann dir jedoch auch diese Seite weiterhelfen.
Dieses sogenannte Offsetting kann jedoch nie die ganzen Schäden der CO2 Emissionen reparieren und ist daher statt einer 100% wirksamen Umweltschutzmethode vor allem eine Möglichkeit, selbst nachzuvollziehen, wie viel Co2 man mit seinem Flug etc. eigentlich ausstößt.
Das Reisen mit dem Zug ist nachhaltiger als das Reisen mit dem Auto oder mit dem Flugzeug, da weniger Emissionen freigesetzt werden. Fernbusse sind auch eine nachhaltigere Alternative für das klimaschädliche Transportmittel. Auch, wenn das Auto mit Blick auf unterschiedliche Modelle mehr oder weniger klimaschädlich sein kann, ist es im Vergleich zu Alternativen das umweltschädlichste Transportmittel.
Generell sollte beim nachhaltigen Reisen auf die Entfernung geachtet werden: Je näher sich dein Reiseziel an deiner Heimat befindet, desto nachhaltiger kannst du die Reise dorthin tendenziell gestaltet. Ganz nach dem Prinzip des sanften Tourismus würdest du so näher gelegene Länder als Urlaubsort bevorzugen und beispielsweise eher in Dänemark deinen Sommerurlaub verbringen als in den USA. Dazu gehört auch, dass du vor allem Kurzstreckenflüge vermeiden solltest und anstatt für ein Wochenende nach Mallorca zu fliegen, lieber ins Allgäu fahren solltest.
Wer es noch nachhaltiger mag, kann stattdessen auch zelten gehen und mit dem Fahrrad, oder E-Bike zum nahgelegenem Urlaubsort fahren. Wem das zu sportlich ist, kann auch während des Urlaubs anstatt mit dem Auto oder dem Motorrad mit dem Fahrrad zum Strand und zum See fahren und so Emissionen einsparen.
Urlaub & Auto – was, wenn man es doch nicht vermeiden kann?
Wenn du doch nicht auf dein Auto verzichten kannst oder möchtest, kannst du folgende Dinge tun, um das ganze weniger umweltschädlich zu machen:
Auch in deinem Urlaubsort angekommen, solltest du dich um nachhaltige Alternativen und umweltschonende Ausflüge & Co. entscheiden. Wie bereits angedeutet, ist es umweltfreundicher, mit dem Fahrrad oder öffentlichen Verkehrsmitteln die Stadt zu erkunden als mit dem Mietwagen. Fahrradmietstationen gibt es in vielen Städten und machen dir so einen umweltfreundlichen Transport leicht. Dazu solltest du mit Blick auf Nachhaltigkeit auch die Tiere und dein näheres Umfeld in der Natur deines Urlaubslandes respektieren und schützen. Betrete keine Naturschutzgebiete, komm (wilden) Tieren nicht zu nah, nimm deinen Müll mit und achte darauf, in erster Linie nicht viel davon zu produzieren.
Auch im Hotel kannst du auf Nachhaltigkeit achten. Hier hilft besonders ein Blick auf Umweltgütesiegel, die dazu beitragen dass Hotels umweltbewusster agieren.
Nachhaltige Hotels versuchen ihren Energie- sowie Ressourcenverbrauch und ihre Schadstoffemissionen auf ein Minimum zu reduzieren. Das bedeutet, dass nachhaltige Hotels ihrer Umgebung entsprechend umweltfreundlich konzipiert wurden, weshalb sie oft mit natürlichen Materialen der Umgebung erbaut wurden. Außerdem respektieren nachhaltige Hotels den Naturraum und bieten ihren Gästen ökologisches und regionales Essen an. Der größte Teil der Energieversorgung in einem nachhaltigen Hotel beruht auf erneuerbaren Energien und auch in den Zimmern wird auf energiesparende Beleuchtungssysteme & Co. geachtet. Nachhaltige Restaurants erfüllen Bestimmungen über den bioklimatischen Bau und das Gebäude ist gut isoliert.
Um sicher zu gehen, dass das Hotel deiner Wahl nachhaltig und klimafreundlich ist, kannst du schauen, ob es mit einem der folgenden Siegel ausgestattet worden ist:
Nachhaltigkeitssiegel im Tourismus
- Tourcent
- Travelife Gold
- GreenSign
- Viabono
- Green Key
Was sind deine Fragen zum Thema nachhaltiger beziehungsweise sanfter Tourismus?
Schreib uns gerne an expertinnen@lifeverde.de, wir sichten und sammeln die Themen und geben sie dann weiter an unsere Expert*innen.
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