Grüne Wirtschaft

Ökostrom aus deiner Region - direkt vom Erzeuger

INTERVIEW | enyway bietet den ersten direkten Strom-Marktplatz weltweit ohne Konzerne als Zwischenhändler. Besitzer erneuerbarer Energieanlagen können so ihren Strom an Nachbarn, Freunde und andere Menschen verkaufen und die Energiewende aktiv vorantreiben.

INTERVIEW | enyway bietet den ersten direkten Strom-Marktplatz weltweit ohne Konzerne als Zwischenhändler. Besitzer erneuerbarer Energieanlagen können so ihren Strom an Nachbarn, Freunde und andere Menschen verkaufen und die Energiewende aktiv vorantreiben.

08.07.2018 - Das Interview führte Romek Vogel, Fotos © enyway

LifeVERDE: enyway versteht sich als „die Revolution des Strommarkts“. Was bedeutet das und worin besteht der revolutionäre Ansatz?

Varena Junge: Enyway ist der erste echte Strom-Marktplatz weltweit, denn hier treffen sich Erzeuger und Verbraucher und schließen einen direkten Vertrag über die Stromlieferung miteinander ab. Der undurchsichtige Stromhandel findet nicht mehr über Konzerne als Zwischenhändler statt, sondern direkt zwischen Menschen. Stromverkäufer, also Besitzer erneuerbarer Energieanlagen können so ihren Strom an Nachbarn, Freunde und andere Menschen verkaufen. Klassische Energieversorger werden überflüssig. Zudem können Stromkäufer direkt in Solaranlagen oder Windräder investieren, aus denen sie dann Strom beziehen - und so zum Selbstversorger werden. 

Können Sie uns an einem konkreten Beispiel erklären, wie man einen Stromverkäufer seines Vertrauens finden kann?

Wenn du dir deinen Stromerzeuger selber aussuchen möchtest, kannst du auf enyway.com deine Postleitzahl und deinen ungefähren Verbrauch eingeben. Du erhältst nun eine Übersicht an verfügbaren Stromverkäufern und kannst diese nach deinen Präferenzen filtern. Möchtest du deinen Strom aus Solarenergie, Windenergie oder Wasserkraft beziehen? Soll dein Erzeuger außerdem möglichst nah an deinem Wohnort sein oder möglichst günstig? Oder du entscheidest dich für jemanden der dir aufgrund anderer Aspekte sympathisch ist - beispielsweise das Ehepaar Kröger, die je verkaufter Kilowattstunde an ein Kinderprojekt spenden oder Christian, der Schafe nutzt um seine Solaranlage von Gras frei zu halten.

Wie einfach funktioniert der Wechsel und was passiert, wenn der persönliche Stromerzeuger mal nicht leisten kann?

Der Wechsel geht ganz einfach. Man muss nur einen Wunsch-Stromverkäufer auswählen, die dann automatisch abgefragten Angaben ausfüllen und innerhalb von Minuten ist der Vertrag abgeschlossen. Den Rest erledigen dann wir! Wir kündigen fristgerecht bei dem bisherigen Anbieter, kümmern uns um den reibungslosen Wechsel und informieren den Kunden, sobald alles klar ist. Das gilt natürlich auch für einen Umzug. In der Regel geht das ruckzuck.

In Zeiten, in denen die ausgewählte Anlage keinen Strom produziert – zum Beispiel weil die Sonne nicht scheint oder der Wind nicht weht – kauft der Stromverkäufer zertifizierten Ökostrom aus Wasserkraft dazu, um den Bedarf jederzeit vollständig zu decken.

Wie sieht es mit dem Strompreis aus, ist dieser fest oder variabel?

Der Strompreis besteht ja aus mehreren Komponenten, nur auf die Strombeschaffungskosten hat der Stromverkäufer Einfluss. Gesetzliche Umlagen, Steuern und Netznutzungsgebühren sind durch Behörden und die Bundesnetzagentur festgelegt und werden einfach durchgereicht. Hierbei gibt es maximal einmal im Jahr Anpassungen, die wir dann auch weitergeben – ob nach unten oder nach oben. In jedem Fall informieren wir dich rechtzeitig bei Preisänderung und unser monatliches Kündigungsrecht gilt natürlich immer.

Und wie kann man selbst Stromverkäufer werden?

Als Stromverkäufer darf jeder teilnehmen, der eine Wind-, Sonne- oder Wasserkraftanlage hat und damit genügend Strom produziert, um auch andere mit zu versorgen. Schon heute gibt es viele Anlagen in Bürgerhand, die somit in Zukunft von der verlängerten Wertschöpfungskette profitieren können.

Welches Feedback erhalten Sie von Ihren Kunden? Und inwieweit ist dieses Konzept „mainstream-fähig“?

Regionalität und Dezentralisierung trifft – wie auch in anderen Bereichen – im Strommarkt einen Nerv der Zeit. Wir bekommen dafür von unseren Kunden sehr viel positives Feedback und auch immer wieder Anregungen für neue Angebote und Verbesserungen, das finden wir großartig. Unsere Kunden bewegen gemeinsam mit den Stromverkäufern den deutschen Energiemarkt und brechen alte Strukturen auf, das aktiviert und fühlt sich gut an, mit ganz wenig Aufwand. Jeder Mensch bezieht Strom und immer mehr interessieren sich grundsätzlich dafür, woher und von wem ihre Produkte kommen. Statt wenigen, großen Stromunternehmen wird es damit in Zukunft tausende persönliche Stromverkäufer geben, welche die Energiewende ganz konkret lokal voranbringen.

Welche wesentlichen Vorteile bringt der dezentrale Ansatz von enyway mit einer aktiven Bürgerbeteiligung?

Über den Online-Marktplatz von enyway bezieht man Strom direkt vom Erzeuger, regional und persönlich. Der Strom wird nicht von Anzugträgern verwaltet, sondern von Landwirten, Hausbesitzern und anderen Pionieren vor Ort erzeugt. Als Stromkäufer kann ich meinen Wunsch-Stromverkäufer nach Sympathie, Erzeugungsart, Regionalität und Preis aussuchen. Und wenn ich will, fahre ich beim nächsten Wochenendausflug bei meinem Stromverkäufer auf einen Kaffee vorbei und lasse mir erklären, wie die Anlage genau funktioniert. So entsteht ein transparenter Strommarkt, der von Menschen und nicht von Konzernen gestaltet wird.  

Außerdem gehen die auf enyway ausgewiesenen Kosten direkt an den Stromverkäufer, der den Preis für seinen Strom selbst setzt. Von dem Strompreis insgesamt sind leider ca. 80% Steuern und sonstige Abgaben, welche der Stromverkäufer an den Staat und die Netzbetreiber zahlen muss. 

Und wer noch einen Schritt weiter gehen möchte, kann bei enyway auch in ein Windrad oder eine Solaranlage investieren und somit zum Selbstversorger werden – auch als Mieter ohne Hausdach und mit kleinem Budget.

Wieviel Wert legen die deutschen Konsumenten aktuell auf den Bezug von grünem Strom? Erkennen Sie generell hohe Wechselbereitschaft hin zu grünen Strom-Anbietern?

Strom ist leider ein „low interest“ Produkt. Und trotzdem glauben wir, dass die Zeit reif ist für einen völlig neuen, anderen Weg. Denn den Menschen ist unsere Energieversorgung und das Thema Nachhaltigkeit grundsätzlich wichtig, aber sie haben kein Vertrauen mehr in Energiekonzerne und können die ganzen Ökostrom-Tarife nicht mehr auseinanderhalten. Der Online-Marktplatz umgeht diese Zwischenhändler, schafft ein transparentes und direktes Modell und gibt die Gestaltungsmacht in die Hände der Menschen.

Das folgt einerseits der Logik der Sharing Economy und greift den „farm-to-table“ Trend auf, der das Bedürfnis nach echten Verbindungen zwischen Menschen und nach direktem, lokalen Handel widerspiegelt. So wird Vertrauen und Transparenz geschaffen.

Vielen Dank!

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