Gesellschaft

"Geld ist für Menschen und nicht für den Profit der Banken da"

INTERVIEW | Durch Anlagerichtlinien soll sichergestellt werden, dass Gewinne nicht auf dem Rücken von Mitmenschen, Steuerzahlern, künftiger Generationen und der Umwelt erzielt werden. Ein Interview mit Klaus Euler, Gründungsmitglied der EthikBank.

INTERVIEW | Durch Anlagerichtlinien soll sichergestellt werden, dass Gewinne nicht auf dem Rücken von Mitmenschen, Steuerzahlern, künftiger Generationen und der Umwelt erzielt werden. Ein Interview mit Klaus Euler, Gründungsmitglied der EthikBank.

03.05.2017 - Das Interview führte Gessica Mirra

Hier findest du Anbieter und Informationen zum Thema nachhaltige Banken und nachhaltige Finanzen!

LifeVERDE: Herr Euler, seit wann gibt es Ihre Bank? Aus welcher Motivation ist sie gegründet worden und war das Thema Nachhaltigkeit schon immer zentrales Augenmerk?

Klaus Euler: Die EthikBank wurde 2002 von mir und der damaligen Prokuristin Sylke Schröder gegründet.
Hinter der Gründung stand der Grundgedanke, dass Geld für die Menschen und nicht für den Profit der Banken da ist. Wir sind damit ein Gegenentwurf zu den konzerngesteuerten Großbanken. Durch unsere Anlagerichtlinien ist sichergestellt, dass wir Gewinne nicht auf dem Rücken von Mitmenschen, Steuerzahlern, künftiger Generationen und der Umwelt erzielen. Von der Einstellung „Alles ist erlaubt, hauptsache es macht Profit“ distanzieren wir uns folgerichtig.
Umgesetzt wird diese Grundhaltung der EthikBank in ihren strengen sozial-ökologischen Anlagekriterien – einem Mix aus Tabu- und Positivkriterien. Wir tätigen beispielsweise keine Investitionen in Firmen, die Militärwaffen herstellen oder vertreiben, Atomkraftwerke besitzen, Pflanzen und Saatgut gentechnisch verändern, Kinder zur Arbeit ausnutzen oder das Klima durch Kohle und fossile Brennstoffe zerstören.

Was macht Sie zu einer nachhaltigen Bank?

Im Gegensatz zu traditionellen Banken verfügen wir über umfangreiche ethisch-ökologische Anlage- und Investitionskriterien, die einen gesellschaftlich verantwortungsvollen Umgang mit den uns anvertrauten Geldern unserer Kunden regeln.

Danach investiert die EthikBank nicht in gesellschaftlich unerwünschte Bereiche. Zu den Ausschluss- oder Tabu-Kriterien gehören beispielsweise:

01. Herstellung und Vertrieb von Militärwaffen, inkl. Atomwaffen, Streubomben, Landminen
02. Besitz oder Betrieb von Atomkraftwerken
03. Gentechnische Veränderung von Pflanzen und Saatgut
04. Kinderarbeit, Verletzung von Arbeitnehmerrechten
05. Tierversuche bei Kosmetika
06. Eklatante Bestechungs- und Korruptionsfälle
07. Eklatante Verstöße im Umgang mit Menschenrechten
08. Pornographie
09. Glücksspiel
10. Betrieb von Kohlekraftwerken
11. Ölgewinnung aus Ölsand und Ölschiefer
12. Kohleförderung
13. Gewinnung fossiler Brennstoffe

Wir investieren auch nicht in Staaten von unter Nachhaltigkeitsaspekten unterdurchschnittlichen Ländern, die
01. Menschenrechte (politische Rechte und zivile Grundfreiheiten) verletzen
02. eklatante Korruption zulassen
03. die ILO-Kernarbeitsnormen inkl. Kinderarbeit nicht beachten
03. wichtige Militärkonventionen (inkl. Oslo-Übereinkommen über Streumunition) nicht beachten
04. Nuklearwaffen besitzen
05. wichtige Artenschutz- und Biodiversitätsabkommen nicht beachten
06. wichtige Klimaabkommen nicht beachten
07. über eine hohe Atomstromproduktion verfügen
Darüber hinaus unterstützten wir per se keine politischen Parteien durch Spenden und spekulieren nicht mit Rohstoffen, Nahrungsmitteln und Devisen und betreiben auch keinen Hochfrequenzhandel.

Als nachhaltige Bank ist Transparenz für uns elementar. In der „gläsernen Bank“ legen wir alle Geschäfte lückenlos für jedermann offen – jeden Kredit, jedes Wertpapier und jede Beteiligung.
Darüber hinaus dürfen unabhängige Wirtschaftsprüfer turnusmäßig in unsere Bücher schauen und prüfen, ob wir uns im Tagesgeschäft tatsächlich an die von uns selbst auferlegten Anlagerestriktionen halten. Auch diese Prüfungsberichte veröffentlichen wir im Internet.

Wann ist man bei einer nachhaltigen Bank richtig aufgehoben? Und welche besonderen Anforderungen muss man als Kunde erfüllen?

Bei einer nachhaltigen Bank ist man dann gut aufgehoben, wenn sich die Wertvorstellung dieser Bank mit den eigenen Wertvorstellungen deckt.
Unabdingbar für eine Nachhaltigkeitsbank ist natürlich, dass die Bank einen offenen und fairen Dialog mit Ihren Kunden pflegt und über kompetente Mitarbeiter verfügt. Daneben sollte die Bank die entsprechenden Produkte, die für mich als Kunde wichtig sind, auch anbieten.
Ein wichtiger Gesichtspunkt bei der Wahl der Bank ist mittlerweile auch die Sicherheit von Banken. Da die Einlagensicherung der Groß- und Privatbanken (BdB) Ihre Haftung bei einer Schieflage beschränken wird, lohnt es sich genauer hinzuschauen. Erste Wahl sind Banken mit der Zugehörigkeit zu einer Sicherungseinrichtung mit unbeschränktem Einlagenschutz.

Was passiert mit dem Geld Ihrer Privatkunden? In welche konkrete Projekte fließt es mit ein?

Das Geld der Kunden wird ausschließlich nach unseren ethisch-ökologischen Anlage- und Investitionsrichtlinien investiert. Diese setzen sich aus einer Kombination von Ausschlusskriterien und Positivkriterien zusammen.

Zu den Ausschluss-Kriterien gehören:

01. Herstellung und Vertrieb von Militärwaffen, inkl. Atomwaffen, Streubomben, Landminen
02. Besitz oder Betrieb von Atomkraftwerken
03. Gentechnische Veränderung von Pflanzen und Saatgut
04. Kinderarbeit, Verletzung von Arbeitnehmerrechten
05. Tierversuche bei Kosmetika
06. Eklatante Bestechungs- und Korruptionsfälle
07. Eklatante Verstöße im Umgang mit Menschenrechten
08. Pornographie
09. Glücksspiel
10. Betrieb von Kohlekraftwerken
11. Ölgewinnung aus Ölsand und Ölschiefer
12. Kohleförderung
13. Gewinnung fossiler Brennstoffe

Nur diejenigen kapitalmarktorientierten Unternehmen, die nicht an unseren Ausschluss-Kriterien scheitern, werden in einem zweiten Schritt auf ihre positiven sozialen und ökologischen Leistungen untersucht (Positivkriterien).

1. Umgang mit Klimawandel
2. Umweltpolitik
3. Umweltmanagementsysteme
4. Leistungen im Umweltbereich
5. Geschäftspolitik unter Beachtung der Menschenrechte
6. Förderung, Gleichberechtigung und Vielfalt der Mitarbeiter
7. Dialog mit Kunden und Lieferanten
8. Weiterbildung und Personalentwicklung
9. Schaffung und Erhalt von Arbeitsplätzen
10. Vorsorgemaßnahmen, um Korruption und Bestechung zu verhindern

Darüber hinaus unterstützt die EthikBank seit ihrer Gründung der EthikBank jeweils ein Ethik-, Frauen- oder Umweltprojekt.
Hinter dem Frauenprojekt steht mit Afghanistan-Schulen ein Hamburger Verein, der seit 25 Jahren im Nordwesten von Afghanistan Schulen baut und diese unterstützt. Ziel des Vereins Afghanistan-Schulen ist es, der Jugend, insbesondere Mädchen, eine solide Ausbildung zu ermöglichen und sie auf einen Beruf vorzubereiten. Durch die kriegerischen Auseinandersetzungen mangelt es im afghanischen Bildungssystem immer noch überall. Viele Schulen im Land sind zerstört oder stark beschädigt worden; in vielen Dörfern hat es nie eine Schule gegeben.
Bei dem Ethikprojekt handelt es sich um einen von Frankfurter Studenten gegründeten Verein, der unterprivilegierten Kindern in Nepal hilft. In enger Zusammenarbeit mit einheimischen Organisationen richten die jungen Leute ihren Fokus auf Bildung, Ernährung und eine medizinische Grundversorgung. Der Verein unterstützt eine Heimschule, eine Primärschule, ein Waisenhaus und ein Behindertenzentrum in Kathmandu.
Mit dem Umweltprojekt „ethecon Stiftung Ethik & Ökonomie“ wird eine seit 2004 unabhängige internationale politische Stiftung „von unten“ aufgebaut, die sich statt um Wohltätigkeit, Vermehrung des Reichtums und Machterhalt um gesellschaftskritische Auseinandersetzung mit Umweltschutz, Ethik und Ökonomie und dem damit notwendigen gesellschaftlichen Wandel auseinandersetzt. Getragen wird ethecon nicht von den Milliarden der Reichen und Mächtigen, sondern von kleinen und kleineren Zustiftungen vieler Menschen, die sich für Frieden, Umweltschutz und soziale Gerechtigkeit einsetzen.
Auch die Kunden der EthikBank können die Projekte durch die Wahl eines Förderkontos unterstützten. Die Idee basiert auf einer langfristigen Begleitung und einem gemeinsamen Engagement von Bank und Kunden.
Seit dem Jahr 2002 sind auf diese Weise 415.372,27 Euro zusammengekommen.

Inwiefern erleichtert das Zahlungskontengesetz einen Wechsel der Bank? Wobei unterstützen Sie Ihre neuen Kunden dann genau?

Neu ist, dass der zur EthikBank gewechselte Kunde, uns den Auftrag erteilen kann, den Kontowechsel für ihn durchzuführen. Seit dem Inkrafttreten dieses Zahlungskontengesetz ist ein spürbarer Anstieg, in der Spitze bis zu 50%, an neuen Kontoeröffnungen festzustellen.
In der Praxis fordern wir die Kontobewegungsdaten der alten Bank innerhalb von 2 Tagen an. Innerhalb von 5 Tagen werden uns die Zahlungsinformationen (z. B. Daueraufträge, Lastschriften) von der alten Bank zur Verfügung gestellt. Danach richten wir die Daueraufträge und Lastschriften für unseren neuen Kunden ein.
Zusätzlich stellen wir unseren Neukunden unsere Online-Kontowechselhilfe für Ihre sonstigen regelmäßigen Zahlungen im Internet zur Verfügung.

Vor welchen Herausforderungen stehen Sie aktuell als nachhaltige Bank und wie wird es sich, Ihrer Meinung nach, in Zukunft mit ethischen Geldanlagen verhalten?

Die meisten Staaten der Europäischen Union sind durch Misswirtschaft hoch verschuldet. Um ihre Verschuldung in den Griff zu bekommen betreibt die Europäische Zentralbank eine finanzielle Repression. Sie will sich der immensen Staatsschulden stillschweigend durch Null- und Negativzinsen bei gleichzeitiger Inflation entledigen.
Diese Geldpolitik (Negativzinspolitik) führt zu einer Umverteilung von unten nach oben. Kapitalmarktjongleure profitieren, normale Sparer verlieren. Aber auch realwirtschaftliche Banken sind durch diese Entwicklung betroffen, während Großbanken durch Spekulationen kräftig verdienen. In diesem Umfeld werden folgende Entwicklungen kennzeichnend:
Wie alle Banken sind auch Alternativbanken in diesem Umfeld durch den Wegfall der Zinsmarge mit sinkenden Erträgen konfrontiert. Diese Entwicklung zwingt alle realwirtschaftlich Banken zum Überdenken ihres Geschäftsmodells.
Vor diesem Hintergrund werden sich realwirtschaftliche Banken von der Zinsmarge unabhängiger machen müssen. Ein dauerhaft fehlender Zins wird daher zum einen zu einem Wegfall der Quersubventionierung von Kontoführungskosten über die Zinsmarge führen.
Zum anderen fällt aber auch der Zins als preisbestimmender Wettbewerbsfaktor weg, so dass das Geschäftsmodell einer sozial-ökologischen Bank für den Kunden in den Vordergrund tritt.

Unverzichtbar werden in diesem Kontext für den Bankensektor schlanke Prozesse und Strukturen, ein schonender Umgang mit Ressourcen, maßvolle Managergehälter und der Verzicht auf “goldene Paläste”, prestigeträchtige Gebäude oder sonstige Attitüde; also Geschäftspraktiken, die in Nachhaltigkeitsbanken wie der EthikBank selbstverständlich sind.
Insgesamt dürften nachhaltige Banken von dieser immer offener zu Tage tretenden Missständen im ökonomischen Rahmensystem profitieren.

Worin unterscheiden Sie sich von anderen nachhaltigen Banken?

Transparenz und Offenheit! Die EthikBank ist absolut transparent. Wir legen den kompletten Prozess unserer Anlageentscheidungen klar und nachvollziehbar im Internet offen; Anlagekriterien, Ethik-Kompass und Gläserne Bank.
Wir sind die einzige Bank, die auch Positiv- und Negativlisten in ihrem Ethik-Research veröffentlicht. Daneben sind alle Wertpapiere und Beteiligungen sind im Internet sauber aufgelistet und waren im Übrigen die erste alternative Bank, die ihr gesamtes Wertpapierportfolio offen in das Netz gestellt hat.
Die EthikBank ist gegenüber Wettbewerbern frei von jeglicher Ideologie oder kirchlichen Gesinnung.
Die EthikBank liefert umfangreiche Hintergrundinformationen zur sozialökologischen Qualität des jeweiligen Unternehmens.

Wir sind die einzige Bank, die die Einhaltung Ihrer Anlagekriterien von einem unabhängigen Wirtschaftsprüfer überprüfen und bestätigen lässt.
Die EthikBank hebt sich auch positiv über ihren Service ab. Nach der aktuellen Untersuchung der WirtschaftsWoche über Deutschlands „Beste Mittelstandsdienstleister“ belegt die Ethikbank den ersten Platz. 16.817 mittelständische Unternehmen bewerteten neben der Kundenzufriedenheit weitere Leistungsmerkmale, wie Qualität von Produkten, Beratung, Preis-Leistungs-Verhältnis, Service, Informationen und kompetente Mitarbeiter. Die EthikBank erreichte in der Sparte Direktbanken den ersten Platz.

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