Politik, Kultur & Wissenschaft

Was uns bewegt im Juni: Weltweite antirassistische Demos und gegenseitiges Verständnis

Es ist in aller Munde und verbreitet sich über Medien wie ein Lauffeuer: Das Video des Afroamerikaners George Floyd. Der Vorfall ruft einmal mehr dazu auf unter dem Motto „Black lives Matter!“ ein Zeichen gegen den Rassismus zu setzen.

Es ist in aller Munde und verbreitet sich über Medien wie ein Lauffeuer: Das Video des Afroamerikaners George Floyd. Der Vorfall ruft einmal mehr dazu auf unter dem Motto „Black lives Matter!“ ein Zeichen gegen den Rassismus zu setzen.

10. 06.2020 I Ein Beitrag von Dorothea Meyer

„I can’t breathe!“ – das waren die letzten Worte des Afroamerikaners George Floyd, der am 25. Mai 2020 in Minneapolis im US-Bundesstaat Minnesota rassistischer Polizeigewalt zum Opfer fiel und dadurch qualvoll getötet wurde. Das Video über den gewalttätigen Akt der Polizisten gegenüber Floyd konnte ich mir genau drei Sekunden anschauen ohne direkt in Tränen auszubrechen. Insgesamt 8 Minuten und 46 Sekunden dauerte es bis der 46-jährige Afroamerikaner zuerst das Bewusstsein verliert und anschließend sein Leben ließ.

Und zwar, weil einer der insgesamt vier Polizisten, die ihn attackierten, sein Knie auf George Floyds Kehle drückte und ihm damit die Luft abschnürte. Der Ausdruck des Polizisten ist dabei voller Gleichgültigkeit, als sei ihm überhaupt nicht bewusst, dass unter ihm ein Mensch lag, dem Verzweiflung, Panik und Ausweglosigkeit ins Gesicht geschrieben stand. Die Kaltblütigkeit, mit der die Polizisten hier vorgegangen sind und dabei die Klagen, Bitten und verzweifelten Schreie des am Boden kauernden Floyds ignorierten ist mir absolut unverständlich. Der Mitschnitt geht durch die Decke und verbreitet sich über soziale Netzwerke und die Medien wie ein Lauffeuer. Denn der letzte Vorfall rassistischer Polizeigewalt in den USA ist erst wenige Wochen her und leider kein Einzelfall.

Weltweite Demos gegen Rassismus und Polizeigewalt geben erste Hoffnung

In mir brodelt Wut, Unverständnis und Traurigkeit darüber, dass unschuldige Menschen aufgrund ihrer Hautfarbe und ihres Aussehens diskriminiert, misshandelt, beschimpft und Opfer von Gewaltdelikten werden, die viel zu oft tödlich enden. Ich frage mich, wer bereits vor tausenden von Jahren auf die bescheidene Idee gekommen ist, zu behaupten, Mitmenschen seien minderwertiger nur weil sie BIPoCs (Black, Indigenous and People of Color) sind. Wo kommen diese Stereotype und der (unterbewusste) Rassismus dieses Systems her in das wir hineingeboren wurden? Und warum haben ausgerechnet weiße Menschen automatisch ein höheres Privileg und nicht BIPoCs?



Ich bin nicht die Einzige, die so darüber denkt, wie zum Glück große Proteste gegen Polizeigewalt und Rassismus in den vereinigten Staaten so wie anderen Teilen der Welt und u.a. auch in verschiedenen Städten Deutschlands in den vergangenen Tagen zeigten. Die BLM-Demos (BLM = Black lives Matter) geben Hoffnung und wirken gleichzeitig wie ein weltweites „Erwachen“. Denn die Probleme gehen weit über die amerikanischen Grenzen hinaus. Sie liegen vor unserer aller Haustür und sind Teil unseres Alltags. Auch in Deutschland existiert alltäglicher Rassismus und Polizeigewalt und es liegt in unserer aller Verantwortung unsere Stimmen dagegen zu erheben, Rassismen zu erkennen und sie dementsprechend auch zu benennen.

Das bedeutet, dass wir jetzt mehr denn je zuhören, uns in Sachen Rassismus weiterbilden und systematisierte angeborene Privilegien begreifen. Denn meiner Meinung nach ist es unserer aller Aufgabe, Diskriminierungen nicht nur zu erkennen, sondern auch entsprechend gegen sie vorzugehen, Mitmenschen darüber aufzuklären und ein gegenseitiges Verständnis füreinander herzustellen. Natürlich gehen damit viel Arbeit und tiefgreifende Prozesse einher, die von dem ein oder anderen vielleicht sogar erst abgelehnt werden und zu Gefühlswallungen führen. Das ist ok und auch normal so. Dennoch bin ich davon überzeugt, dass wir jetzt etwas verändern müssen, um den Ungerechtigkeiten aufgrund von Herkunft, Aussehen, Kultur usw. ein Ende zu setzen. Davon werden wir - bewusst oder unbewusst - später profitieren.

Jede*r von uns kann nachhaltig solidarisch sein und antirassistisch handeln

Die Demos und die Anteilnahme an den Vorfällen, die sich insbesondere über das soziale Netzwerk Instagram verbreiten, geben erste Hoffnungen auf positive Veränderungen. Sie reichen aber nicht aus, um langfristige Erfolge zu erzielen und jegliche Art von Rassismus ein Ende zu setzen. Deswegen appelliere ich an jede einzelne Person, die diesen Beitrag hier liest: Informiere dich mehr zum Thema Rassismus, checke deine Privilegien und mach deine Mitmenschen über ihr rassistisches Verhalten aufmerksam, wenn es dir auffällt. Das geht auch vollkommen sachlich und freundschaftlich, ohne dem Gegenüber Böswilliges zu untererstellen. Nur so können wir etwas bewegen und gemeinsam an einem Strang ziehen, um unsere Gesellschaft in Sachen nachhaltiger Solidarität zu verbessern. Indem wir Haltung und Verständnis für alle Mitmenschen zeigen, die leider Rassismus erfahren mussten und müssen. Offenheit, Empathie und sich Fehler einzugestehen lautet die Devise.

Literatur, Hörbücher, Influencer*innen & Co., die über Rassismus aufklären

Im Internet und anderen Medien kursieren inzwischen massenhaft Informationen zum Thema Rassismus und die gravierenden Gewaltdelikte gegenüber BIPoC‘s. Damit du den Überblick nicht verlierst oder dich von der Informationsflut nicht ertränkt fühlst, möchte ich dir gerne ein paar inspirierende Informationsquellen an die Hand geben. Darin werden auf mehr oder weniger verständliche Weise gesellschaftliche Missstände aufgeklärt und erläutert, wie jeder einzelne etwas bewegen kann.

 

Buchinspirationen:

  • Exit Racism von Tupoka Ogette. Tipp:  Gibt es auch kostenfrei als Hörbuch bei Spotify
  • Gegen den Hass von Carolin Emcke
  • Was weiße Menschen nicht über Rassimus hören wollen aber wissen sollten von Alice Hasters. Tipp:  Gibt es auch kostenfrei als Hörbuch bei Spotify
  • Between the World and Me von Ta-Nehisi Coates
  • So You Want To Talk About Race von Ijeoma Oluo
  • Deutschland Schwarz Weiß. Der alltägliche Rassimus von Noah Sow

Filminspirationen und Dokumentationen:

  • Der Dokumentarfilm „I am not your negro“ von Raoul Peck. Tipp: Gibt es bei Netflix
  • Die Miniserie „When they see us“. Tipp: gibt es bei Netflix
  • Die Dokumentation über Altagsrassismus „Der Rassismus in uns“. Tipp: Gibt es bei ZDFneo und YouTube
  • Die Doku-Reihe „Die Geschichte des Rassimus“. Tipp: Alle drei Teile gibt es in voller Länge auf YouTube
  • Der Film und die Serie „Dear White People“. Tipp: Gibt es bei Netflix.

Inspirierende Instagram-Accounts, die sich mit dem Thema Anti-Rassismus befassen:

  • @tupoka.o
  • @aminatabelli
  • @naimaamazigh
  • @alice_haruko
  • @habibitus
  • @helenfares
  • @malcolmohanwe

Podcastinspirationen, die es alle bei Spotify gibt:

  • tubodcast
  • Weißabgleich – taz Podcast von PoC
  • Kanackische Welle
  • Parallel dazu
  • Kultur Karambolage

Das sind natürlich nur einige erste Quellen über die du dich aufklären und informieren kannst. Sicher wirst du dich hier, so wie ich auch das ein oder andere Mal ertappt fühlen und bemerken, dass auch du schon rassistische Äußerungen oder ein diskriminierendes Verhalten, sei es nun unbewusst oder bewusst, an den Tag gelegt hast. Auch, wenn das vielleicht gar nicht deine Absicht gewesen ist. Stichwort: positiver Rassismus.

Gleichberechtigung, denn wir sind alle eins: Menschen

Wichtig ist hier, dass du dich nicht selbst verurteilst oder sauer auf dich bist, denn niemand ist perfekt und frei von Fehlern. Wir sind in dieses ungerechte System hineingeboren und dahingehend leider auch so erzogen worden. Es fordert eine Menge Kraft als auch Arbeit unsere bisherigen Gewohnheiten und Absichten zu verändern, um eine langfristige, nachhaltige, soziale und gesellschaftliche Gleichberechtigung zu schaffen. Ich bin jedoch überzeugt davon, dass eine Veränderung jedes*r einzelnen und auch aus gesellschaftlicher Perspektive nicht nur enorm essentiell, sondern auch möglich ist. Wir alle sind aus Fleisch und Blut und aufgrund Vorfahren und Urahnen ein Stück weit multinational. Stehen wir ein für alle Mal auch dafür ein und ziehen an einem Strang damit Rassismus und rassistische Polizeigewalt in naher Zukunft nur noch eine traurige Erinnerung unserer Vergangenheit sein wird.

BLACK LIVES MATTER!

 

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Bilder: Unsplash, Pixaby




Kommentare
Joachim M
12.06.2020
Was für ein wunderbarer Artikel in dieser widerlichen Zeit, der eine großartige Menschen achtende und liebende Haltung offenbart. Ich wünsche mir sehr, dass diese würdevollen Zeilen der Nächstenliebe vieler Leser*innen nochmals einen Schub und neue Nahrung verleihen und viele zum intensiveren Befassen mit der Thematik angeregt werden.
Auf die Autorin und Lifeverde kann man sehr stolz sein, dass eine solche Haltung hier auf dieser Plattform offenbart und kund getan wird.
Chapeau!!

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