Politik, Kultur & Wissenschaft

Die Rollstuhlfahrerin und der Marathonläufer

GASTBEITRAG | Geschichten, die das Leben erzählt: Gelila Mulugeta wurde 1984 in Äthiopien geboren. Da sie mit einem offenen Rücken auf die Welt kam, musste sie schnellstmöglich operiert werden. Die Stiftung „Menschen für Menschen“ von Karlheinz Böhm ermöglichte der damals sieben Monate alten Gelila eine Operation in Deutschland.

GASTBEITRAG | Geschichten, die das Leben erzählt: Gelila Mulugeta wurde 1984 in Äthiopien geboren. Da sie mit einem offenen Rücken auf die Welt kam, musste sie schnellstmöglich operiert werden. Die Stiftung „Menschen für Menschen“ von Karlheinz Böhm ermöglichte der damals sieben Monate alten Gelila eine Operation in Deutschland.

04.09.2017 - Gastbeitrag von Qiaozhi Meng

Nach der Operation kam sie mit ihrer Mutter im SOS-Kinderdorf Schwarzwald in Sulzburg unter. Mit 25 Jahren wagte Gelila den Schritt in die Selbstständigkeit und das eigenverantwortliche Wohnen. Die Suche nach einer rollstuhlgerechten und bezahlbaren Wohnung in ihrer Wahlheimat Freiburg im Breisgau gestaltete sich jedoch schwierig. Über Kontakte wurde sie an das Projekt Holzhaus vermittelt, das sich seinerzeit noch im Bau befand und dessen Fortschritt als nachhaltiges Beispielprojekt für die Weltausstellung Expo 2010 Shanghai live übertragen wurde. Es ist ein energieeffizientes, mehrstöckiges Mehrfamilienhaus in massiver Holzbauweise, dessen Hülle ohne Beton und Ziegel auskommt. Zur ökologischen Ausstattung gehören ein vollständig begrüntes Dach, eine Photovoltaikanlage, thermische Solarkollektoren und eine Holzpelletheizung.

Die ursprüngliche Zimmeraufteilung in der vorhergesehenen Wohnung im Holzhaus sah eine Wohngemeinschaft für zwei Personen vor. Da für Gelila die halbe Miete nicht tragbar war, erklärte sich die verantwortliche Projekt- und Baugesellschaft bereit, die Wohnung nicht nur rollstuhlgerecht zu machen, sondern auch eine zusätzliche Wand einzuziehen. Somit entstand eine Wohnung, die für eine Dreier-Wohngemeinschaft geeignet war und die Belastung der Kosten für jeden Bewohner geringer machte.

Gelila zog nach Fertigstellung gemeinsam mit ihren Mitbewohnern Raphael, ein Saxophon spielenden Musikstudenten, und Thomas, einen Marathonläufer, in das Holzhaus in Freiburg-Rieselfeld ein.

Doch aus Mitbewohnern wurde mehr. Inzwischen sind Gelila und Thomas verheiratet. „Dass ich im Rollstuhl sitze und er Marathonläufer ist, darüber darf man schmunzeln“, sagt Gelila. Sie macht eine Ausbildung zu ihrem Traumberuf als Kinderpflegerin und ist in ihrer Freizeit leidenschaftliche Spielerin von Rollstuhlhockey. Gelilas Geschichte zeigt, dass nachhaltiges Bauen und ganzheitliche Stadtentwicklung bedeutet, den unterschiedlichen Bedürfnissen der Menschen nachzukommen. Stadtquartiere und Mehrfamilienhäuser spiegeln im Optimalfall die Vielfältigkeit der Gesellschaft wider, um Stigmatisierung zu vermeiden. Um gesellschafts- und zukunftsorientiert zu bauen, müssen Akteure aus dem Bauwesen, Wirtschaft und Politik an einem gemeinsamen Strang ziehen.

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