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Ökologische Möbel fürs Büro

INTERVIEW | Wilkhahn engagierte sich – als einer der ersten - für eine nachhaltige Gestaltung von Büroräumen und setzte damit neue Standards. Ein Interview mit Burkhard Remmers.

INTERVIEW | Wilkhahn engagierte sich – als einer der ersten - für eine nachhaltige Gestaltung von Büroräumen und setzte damit neue Standards. Ein Interview mit Burkhard Remmers.

28.04.2017 - Das Interview führte Gessica Mirra

LifeVERDE: Herr Remmers, Wilkhahn wurde bereits 1996 mit dem Deutschen Umweltpreis ausgezeichnet und ist Mitunterzeichner des Klimaschutzplans der Unternehmer. Auf welche „grünen Erfolge“ sind Sie besonders stolz?

Burkhard Remmers: Besonders stolz sind wir auf unsere Pionierleistungen, mit denen wir Vorreiter waren und damit die Branche insgesamt beeinflusst haben: auf das erste ökologische Designkonzept 1992 und den Bürostuhl Picto als Umsetzung, auf den erstmaligen Einsatz von Photovoltaik im gleichen Jahr beim Bau der neuen Fabrikhallen nach Plänen des Architekten Thomas Herzog, auf den ersten Nachhaltigkeitsbericht zur EXPO 2000, auf die Errichtung eines BHKWs in 2008 – auch wenn sich das später als Irrweg erwies, und natürlich auch auf die vielzähligen Auszeichnungen, wie den Deutschen Umweltpreis 1996 und Bundespreis ecodesign für den dreidimensional dynamischen Bürostuhl ON in 2012.

Welcher Unternehmensphilosophie folgt Wilkhahn und was machen Sie unter Nachhaltigkeitsgesichtspunkten besser oder anders?

Wir arbeiten mit Menschen für Menschen. Deshalb engagieren wir uns für eine bessere Gestaltung der Büroarbeitswelten, die einen echten Mehrwert bieten und durch ihre Gestaltungsqualität langlebige Beiträge zur Kultur der Zeit leisten – und im Idealfall sogar neue Standards setzen. Das gelingt nicht immer, aber immer wieder. Nachhaltigkeit beginnt für uns also bei der Sinnfrage eines neuen Produkts, bei der Frage nach dem „Was und warum?“. Danach steht in der Entwicklung das „wie?“, also auch die ökologisch möglichst beste Lösung im Vordergrund. Dabei ist für uns die Langlebigkeit eine zentrale Zielsetzung. Denn am Ende entscheiden die Nutzungsqualität und die Nutzungsdauer darüber, ob Ressourceneinsatz und ökologische Rucksäcke gerechtfertigt sind.

Wie unterscheiden sich Ihre Produkte von herkömmlichem Bürointerieur?

Vor dem Produkt die Idee! Wir entwickeln wirklich Neues und Besseres, das bislang gefehlt hat. Beispiele dafür sind das Bürostuhlprogramm FS aus dem Jahr 1980, das weltweit zum Vorbild für dynamisches Sitzen wurde. Oder 1994 das Programm Confair mit dem berühmten Falttisch, ein Programm für beteiligungsorientierte und selbstorganisierte Konferenzformen die Innovations- und Veränderungsprozesse fördern. Oder aktuell die 3D-dynamischen Bürostühle ON und IN, von denen viele sagen, dass sie die derzeit besten Stühle weltweit für gesundes Bewegungssitzen sind. Bemerkenswert ist, dass auch die Klassiker in unserem Produktprogramm nichts an Aktualität eingebüßt haben. Im Gegenteil – es dürfte kaum einen besseren Bürostuhl für Co-Working geben als den FS. Er ist mit seiner genialen, reparaturfreundlichen Einfachheit, der enorm komfortablen Beweglichkeit, der Robustheit und der sympathischen Form der vermutlich nachhaltigste Bürostuhl überhaupt.

Fairness schreiben Sie auch beim Umgang mit ihren Mitarbeitern groß - wie äußert sich das?

Das ist für uns seit vielen Jahrzehnten selbstverständlicher Alltag. Der Betriebsrat ist als Co-Managementgremium etabliert, alle wesentlichen Themen werden in Betriebsvereinbarungen festgelegt und sein Vorsitzender ist mit Sitz und Stimme im Beirat vertreten. Es gibt maximale wirtschaftliche Transparenz. Jeder weiß, wie das Unternehmen aufgestellt ist – das ist aus unserer Sicht eine Voraussetzung dafür, um als Mitarbeiter Verantwortung übernehmen zu können. Hinzu kommt eine im Branchenvergleich ausgesprochen gute Entlohnung, die im Rahmen eines Premienlohnsystems selbst beeinflusst werden kann. Zu den übertariflichen Zusatzleistungen zählt auch die betriebliche Altersvorsorge. Das ist die strukturelle und finanzielle Seite, die andere betrifft das tägliche Miteinander. Anstand, Respekt und Ehrlichkeit sind hier die Leitbilder, die sich auch in besonderen Aktionen ausdrücken: Wir haben im letzten Jahr alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu unserer wichtigsten Branchenmesse Orgatec in Köln für einen Mitarbeitertag eingeladen – inklusive Messeführung, Bewirtung, Neuheitenpräsentation und abendlicher Standpartie. Und das auf Basis eines bezahlten Arbeitstags. Zur Fairness gehört auch, dass jeder darauf vertrauen kann, nicht wegen Krankheit oder persönlichen Schicksalsschlägen entlassen zu werden.

Wieviel Wert legen Ihre Kunde auf Nachhaltigkeit? Erkennen Sie ein verändertes Bewusstsein?

Für diejenigen, die wir als Kunden gewinnen, spielt Nachhaltigkeit eine Rolle. Sie entscheiden sich sehr bewusst für eine Lösung, die auch langfristig Gültigkeit hat, und sie sind bereit, dafür ein bisschen mehr zu investieren. Nachhaltigkeitskriterien werden immer häufiger in Ausschreibungen gefordert. Selten allerdings gibt es Transparenz darüber, wie diese Kriterien am Ende gewichtet werden. Wir machen manchmal die Erfahrung, dass am Ende wohl doch nur der Preis zählt und das Verfahren eher Alibicharakter hat. Insgesamt haben wir dennoch einen ganz guten Stand, weil im Business-to-Business-Bereich auf der anderen Seite ebenfalls Profis sitzen. Die wollen einfach ein perfektes Produkt, das bei ihnen intern in der Folgezeit keinen Aufwand und keine Beschwerden produziert und möglichst lange Zeit nach der Beschaffung wieder auf die Agenda kommt. Wenn es dann auch noch ökologisch verantwortlich hergestellt wird und ein Rund-um-sorglos-Paket enthält, umso besser – solange der Preis im Vergleich vernünftig ist. Diese Qualitätsorientierung trifft auch unsere Überzeugung: Ein schlechtes Produkt wird nicht dadurch besser, dass es „grün“ produziert wird.

Worauf wird bei der Entwicklung und Produktion besonders geachtet?

Wir versuchen in der Entwicklung, den gesamten Produktlebenszyklus möglichst gut nachzuvollziehen und in allen Bereichen, die richtige Balance aus ökonomischen, ökologischen und sozialen Aspekten zu finden: ob bei der Wahl der Materialien, bei der Konstruktion, bei der Selektion der Zulieferanten und in den Fertigungsprozessen, ob in der Lieferlogistik, im Kundenservice und in der Lebensverlängerung oder Rücknahme. Natürlich treten hier immer wieder Zielkonflikte auf, die diskutiert und entschieden werden müssen – manchmal in die eine, manchmal in die andere Richtung. Und manchmal gelingt es auch, Synthesen zu finden, bei denen alle Aspekte gewinnen. Durch dieses Vorgehen erschließen wir uns immer wieder Innovationspotentiale – und wir wissen wirklich, worüber wir entscheiden. Dadurch sind wir weitestgehend vor schlechten Überraschungen gefeit.

Auf Ihrer Homepage kann man Ihre zahlreichen Referenzprojekte nachverfolgen. Was verbirgt sich dahinter?

Unsere Beiträge zur Gestaltung der Arbeitswelten halten wir für sehr wesentlich. – Aber sie sind nur Teil eines Gesamtkonzepts, das immer individuell auf den Kunden zugeschnitten sein sollte. Wir halten gar nichts von uniformen Standards, die einem Unternehmen übergestülpt werden. Deshalb ist jedes Projekt anders und die Referenzen zeigen sehr schön, wie unsere Lösungen von Architekten und Gestaltern weltweit in die jeweilige Identität der Unternehmen eingepasst werden und sie gleichzeitig unterstützen. Das ist für uns die große Herausforderung im Design: Produkte zu entwickeln, die eigenständig und wiedererkennbar sind, und die sich gleichzeitig in die Architektur und Innenraumgestaltung einfügen. An den internationalen Referenzen soll sich auch ablesen lassen, wie die Vielfalt dieser Welt über gemeinsame Werte verbunden sein kann.



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