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Hundert Prozent Bio direkt ins Haus geliefert

Die Ökokiste steht für einen Verbund von rund 40 zertifizierten Lieferbetrieben. "Alle Mitgliedsbetriebe in unserem Verband sind eigenständige Bio-Lieferanten, die im Umland ausliefern, sich aber den verbandsweiten Richtlinien verpflichtet haben. Und das aus Überzeugung", erklärt Jochen Saacke, Vorstand des Verbands Ökokiste e.V.

Die Ökokiste steht für einen Verbund von rund 40 zertifizierten Lieferbetrieben. "Alle Mitgliedsbetriebe in unserem Verband sind eigenständige Bio-Lieferanten, die im Umland ausliefern, sich aber den verbandsweiten Richtlinien verpflichtet haben. Und das aus Überzeugung", erklärt Jochen Saacke, Vorstand des Verbands Ökokiste e.V.

26.04.2017

LifeVERDE: Herr Saacke, die „Ökokiste“ steht für einen Bio-Lieferservice und Verbund von rund 40 zertifizierten Lieferbetrieben. Welche Idee steckt dahinter?

Jochen Saacke: Kurz gesagt: Einheitliche und verlässliche Standards in ganz Deutschland, bei direkter Belieferung aus der Region. Alle Mitgliedsbetriebe in unserem Verband sind eigenständige Bio-Lieferanten, die im Umland ausliefern, sich aber den verbandsweiten Richtlinien verpflichtet haben. Und das aus Überzeugung: wir handeln konsequent nach den Grundsätzen des ökologischen Landbaus und setzen uns für dessen Förderung ein. So stammen alle Waren, soweit saisonal verfügbar, von Bio-Erzeugern aus der Region und wurden nach strengsten Richtlinien produziert – fast ausschließlich nach den Vorgaben eines Anbauverbands wie Demeter, Bioland oder Naturland. Was bei uns nicht gedeiht, beziehen die Betriebe von sorgfältig ausgewählten Partnern, zu denen sie in der Regel persönliche Beziehungen pflegen. Alle „Ökokistler“ bauen selbst an oder arbeiten seit Jahren sehr eng mit anderen regionalen Bio-Erzeugern zusammen.

Die Ökokiste gibt es bereits seit 20 Jahren. Aus welcher Motivation heraus wurde die Initiative gegründet und wie kommt dieses Konzept an?

Zwanzig ist noch recht bescheiden, eigentlich gibt es uns schon seit dreißig Jahren – nur die offizielle Verbandsgründung erfolgte 1996. Los ging es in Bayern mit sechs Betrieben, die neue Absatzwege für ökologisch erzeugtes Obst und Gemüse aus der Region finden wollten und anfingen, es in Kisten verpackt direkt auszuliefern. Hintergrund war schon immer, den ökologischen Landbau zu stärken und zu fördern. Hinter diesen Werten stehen wir seit unserer Gründung und das wird auch so bleiben. Mit der Zeit kamen immer mehr Betriebe hinzu, bis wir in ganz Deutschland vertreten waren. Ein wichtiger Schritt war natürlich auch der Online-Handel.
Insgesamt können wir schon sagen, dass unser Konzept erfolgreich ist und gut ankommt, zumal wir uns in einem Markt bewegen, der gerade in den vergangenen Jahren grundlegenden Änderungen unterworfen war und es auch immer noch ist. Für das vergangene Jahr können wir im Bundesdurchschnitt ein Wachstum von ungefähr 7 Prozent verbuchen, das entspricht auch der Entwicklung in den Vorjahren. Derzeit beliefern wir über 50.000 Kunden in ganz Deutschland.

Dass wir trotz wachsender Konkurrenz im Liefersegment weiterwachsen, führen wir darauf zurück, dass unsere Kunden merken, wie ernst es uns mit der Idee „100 Prozent Bio“ ist. Unsere Mitglieder sind in der Regel Öko-Pioniere aus Überzeugung, für die Bio keine Marketingstrategie, sondern eine Lebenseinstellung ist. Und so handeln wir auch. „Hauptsache Bio“ – egal wie und woher – kommt bei uns nicht in die Kiste, wir pflegen enge Beziehungen zu unseren Zulieferern oder bauen selber an. Aus unserer Sicht hört Bio nicht bei irgendeinem Label auf, wir schauen hinter die Kulissen, engagieren uns für Bodenerhalt und Saatgutdiversität, faire Arbeitsbedingungen und eine ökologische Tierhaltung. Jeder von uns arbeitet kontinuierlich daran, seine ökologischen Standards weiter zu verbessern.

Ein kleines Beispiel: Im Durchschnitt konnten wir die gefahrenen Kilometer pro gelieferter Kiste auf 2,5 senken, das ist deutlich weniger, als wenn Sie selbst ins Auto steigen, um zum nächsten Biomarkt zu kommen. Um hier aber noch besser zu werden, vor allem in urbanen Gebieten, fangen einige Betriebe an, ihre Waren mit dem Lastenfahrrad auszuliefern. Und wer bei uns einkauft, dem ist es in der Regel genauso ernst wie uns, deshalb kommen solche Maßnahmen sehr gut an – und machen den Unterschied zu der steigenden Zahl anderer Anbieter.

Welche Lebensmittel können bezogen werden und was kostet es im Durchschnitt?

Im Laufe der Jahre haben die meisten unserer Betriebe auf Vollsortiment umgestellt, da das immer mehr Kunden erwarten. Nach wie vor ist unser Kerngeschäft aber Bio-Obst und -Gemüse. Daneben bieten wir auch Molkereiprodukte aller Art an, Eier, Fleisch- und Wurstwaren, Getreideprodukte, Back- und Süßwaren, und und und. Alles natürlich in Bio-Qualität, das meiste nach den Richtlinien anerkannter Anbauverbände wie Demeter, Bioland oder Naturland erzeugt.

Bei einem so reichhaltigen Sortiment ist es natürlich schwierig zu sagen, was es durchschnittlich kostet. Grundsätzlich bieten wir unsere Waren als vorgepackte Kisten an, die jeweils an unterschiedliche Bedürfnisse oder Vorlieben angepasst sind: zum Beispiel die Regionalkiste, die Single-Kiste, eine Büro-Kiste oder auch die Schonkost-Kiste – um nur einige zu nennen. Wer sich seine Bestellung lieber selbst zusammenstellt, kann das aber auch tun, gern auch jede Woche neu. Für beide Varianten gilt: Es wird nur berechnet, was auch in der Kiste ist. Sprich, je mehr Inhalt, desto mehr kostet sie. Vielleicht ein Beispiel: Die meisten Betriebe bieten ihre Kisten in drei verschiedenen Größen an, so könnte man beispielsweise eine Regionalkiste in kleiner (ca. 16 Euro), mittlerer (ca. 20 Euro) und großer Ausführung (ca. 24 Euro) bestellen. Unser Angebot ist deshalb kein klassisches Abo, sondern eine regelmäßige Lieferung, die jederzeit variiert, unterbrochen oder abbestellt werden kann.



Jeder Ihrer Lieferbetriebe unterliegt neben der EU-Öko-Verordnung für Bio-Erzeuger zusätzlich Ihren eigenen Verbandsrichtlinien. Welche sind das zum Beispiel?

Die EU-Richtlinien gehen uns an vielen Stellen nicht weit genug. Deshalb haben wir Quoten an Verbandsware eingeführt, die jeder Betrieb einhalten muss. Das bedeutet, dass ein gewisser Anteil der Ware im Sortiment nach den Richtlinien eines anerkannten Anbauverbands wie Demeter, Bioland oder Naturland erzeugt worden sein muss. Außerdem geben wir Quoten an regionaler Ware vor und Flugware darf gar nicht vertrieben werden. Das sind allerdings nur wenige Beispiele, unsere vollständigen Werte und Richtlinien können auf der Verbands-Website www.oekokiste.de eingesehen werden. Darüber hinaus beteiligen sich unsere Mitgliedsbetriebe auch immer wieder freiwillig an Aktionen wie zum Beispiel dem „Eier-Cent“. Für jedes verkaufte Ei fließt ein Cent an die Zuchtinitiative ÖTZ, die es sich zum Ziel gesetzt hat, ein optimal an Bio-Haltungsbedingungen angepasstes Huhn zu züchten.

Wer gehört zu den Beziehern der Ökokiste und welche Käufergruppen konnten Sie in den vergangenen Jahren neu dafür begeistern?

Unsere Kunden sind Privathaushalte aller Art, viele Familien, aber auch Singles und Rentner. Wir beliefern zudem auch etliche Unternehmen, die Bio-Obst für ihren Besprechungsraum, Empfang oder als nette Geste gegenüber ihren Mitarbeitern benötigen; zudem auch Kitas und Schulen, die im Rahmen des staatlich geförderten Schulfrucht-Programms Bio-Obst beziehen, um die Kinder an eine gesunde Ernährung heranzuführen. Diese Kundengruppen beliefern wir seit vielen Jahren recht konstant.

Wie kann ich meine eigene Ökokiste zusammenstellen und beziehen?

Dafür gehen Sie zuerst auf die Verbands-Website www.ökokiste.de, wo Sie unter „Ihre Lieferbetriebe“ den oder die Betriebe angezeigt bekommen, der bei Ihnen in der Nähe ist. Auf dessen Website können Sie dann online bestellen oder sich einfach telefonisch mit dem Betrieb in Verbindung setzen. Im Anschluss daran wird mit Ihnen ein Liefertag und ein Lieferort vereinbart und los geht’s.

Die Bio-Branche verzeichnet bereits seit einigen Jahren einen starken Aufwärtstrend vor allem beim Obst und Gemüse. Welches Verhalten der Deutschen beobachten Sie beim Thema Regionalität?   

Wir sehen, dass viele Händler ENTWEDER Bio ODER regionale Ware anbieten. Vor allem sind das dann Supermärkte und Discounter, die zu den niedrigen Preisen nicht beides gewährleisten können. Wo irgend möglich, setzen wir uns für regionales Bio ein – schließlich widerspricht es dem ökologischen Ansatz völlig, wenn Bio-Gemüse bereits viele hundert oder gar tausend Kilometer auf dem Buckel hat. Oder nehme ich lieber in Kauf, konventionelles Gemüse aus der Region zu bekommen, bei dem zwar die CO2-Bilanz stimmt, die Pestizide jedoch auf dem Feld um die Ecke verspritzt wurden? Da fällt die Entscheidung häufig nicht ganz leicht. Deshalb beziehen wir unser Obst und Gemüse, wenn verfügbar, aus der Region. Wenn nicht – wie zum Beispiel bei Orangen oder Bananen, die unsere Kunden auch gern bei uns bestellen wollen –, ist uns Erzeugernähe sehr wichtig. Das heißt, wir pflegen dann enge Beziehungen zu den erzeugenden Betrieben und statten ihnen auch immer wieder Besuche ab, um uns davon zu überzeugen, dass ökologisch gewirtschaftet wird.

Immer mehr Discounter führen ihre eigenen Bio-Linien ein. Wie viel Bio kann man Ihrer Meinung nach zum Discount-Preis erhalten und wie grenzen Sie sich ab?

Natürlich muss man bei den niedrigen Discounter-Preisen in puncto Bio-Standards Abstriche machen. Da steht in der Regel kein ganzheitlicher ökologischer Anspruch dahinter, sondern eine Marketingstrategie, weil Bio eben gerade gut ankommt. Zwar kann man in Deutschland durchaus davon ausgehen, dass mit „Bio“ gekennzeichnete Waren auch bio sind – allerdings erfüllen sie dann nur die Mindeststandards. Mitkaufen wird man in aller Regel auch weite Transportwege, Monokulturen im Ausland oder auch Erzeuger mit Mischbetrieben, sprich Bio und konventionell. Abgrenzen können wir uns nur durch ein konsequent anderes Verhalten, strenge Kriterien und die Nähe zu unseren Erzeugern und Kunden. Aber wir sind davon überzeugt, dass das letztlich nachhaltiger ist und dass das auch viele Kunden zu schätzen wissen.



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