LifeVERDE-Expertin für nachhaltige Tampons und Binden: Madeline Graham (Natracare Ltd) I Bild: Natracare
Eine menstruierende Frau verbraucht in ihrem Leben ungefähr 16.800 Tampons, Binden und Slipeinlagen - das kostet nicht nur eine Menge Geld, sondern auch Energie und Ressourcen bei der Herstellung der Hygieneartikel. Ist es dennoch möglich die Menstruation nachhaltiger zu gestalten? Und was zeichnet nachhaltige Tampons und Binden gegenüber den herkömmlichen Varianten aus?
Solche und ähnliche Fragen zum Thema nachhaltige Tampons und Binden stellen sich hunderte Menschen täglich – ein klarer Fall für unser Informations-Format “Frag die Expert*innen!”. Wir geben eure ausgewählten Fragen rund um nachhaltige Produkte und Themen direkt an unsere Partner*innen weiter, die selbst Hersteller*innen, Produzent*innen, Dienstleister*innen, Wissenschaftler*innen oder aus einem anderen Grund Expert*innen auf dem jeweiligen Gebiet sind.
1. Was ist der Unterschied zwischen einem konventionellem Tampon und einem Bio-Tampon?
2. Sind Binden oder Tampons nachhaltiger?
3. Woraus bestehen nachhaltige Binden?
4. Wie werden nachhaltige Tampons hygienisch verpackt?
5. Wie werden nachhaltige Binden hygienisch verpackt?
6. Woher kommt die Bio-Baumwolle für nachhaltige Tampons und Binden und wie wird sie angebaut?
7. Was ist beim Kompostieren von nachhaltigen Tampons und Binden zu beachten?
8. Wo werden nachhaltige Tampons und Binden produziert?
9. Wieviel kosten nachhaltige Tampons und Binden?
10. Welche nachhaltigen Alternativen gibt es noch?
Erstens besteht ein Bio-Tampon aus 100 % Baumwolle und sonst nichts. Konventionelle Tampons können gentechnisch veränderte Baumwolle - die mit starken Pestiziden angebaut wird - und auch Rayon enthalten, ein chemisch verarbeitetes Material, das sehr saugfähig ist. Bio-Tampons müssen die Kriterien für die Verwendung und die Verarbeitung von Materialien mit biologischem Standard erfüllen. Die Verwendung von synthetischen Stoffen, Duftstoffen und Plastik im Tampon sind hier ist streng verboten. Das heißt, dass ein Bio-Tampon garantiert keine Spuren von Pestiziden und chemischen Prozessen hinterlässt. Bei Produkten, die für die Vagina bestimmt sind, ist das besonders wichtig. Bio-Baumwolle garantiert außerdem gerechtere Löhne, schließt den Einsatz von Zwangsarbeit aus, hat einen geringeren CO2-Fußabdruck, verbraucht weniger Wasser und wird so angebaut, dass die Pflanzenvielfalt größer ist als beim konventionellen Baumwollanbau.
Madeline Graham (Natracare Ltd)
Tampons sind insgesamt nachhaltiger, da sie eine "konzentriertere und kompaktere" Form der Absorption bieten als Binden. Binden bestehen aus mehreren Schichten und Materialien, die allesamt mehr Kosten für die Umwelt verursachen - selbst wenn diese Materialien aus erneuerbaren Quellen stammen und biologisch abbaubar sind. Tampons aus 100 % biologischem Material hingegen haben einen geringeren ökologischen Fußabdruck. Das liegt daran, dass weniger Verpackung, geringere Transportemissionen und weniger Verarbeitung nötig sind. Tampons aus 100 % Baumwolle sind immer kompostierbar, was bei vielen Binden nicht der Fall ist. Dennoch ist zu empfehlen, dass jede menstruierende Person das benutzt, was für ihre Periode am angenehmsten ist.
Madeline Graham (Natracare Ltd)
Nachhaltigere Binden bestehen aus natürlich gewonnenen Materialien, die zu einer Kreislaufwirtschaft führen können. Dabei wird jeder Bestandteil sorgfältig auf seine Nachhaltigkeit und Funktionalität geprüft. Bei zertifizierter Bio-Baumwolle als Bezug und dem saugfähigen Kern der Binde wird auf eine Herstellung aus nachhaltig gewonnenem Holzzellstoff geachtet. Die auslaufsichere Rückseite besteht beispielsweise aus einem Biokunststoff, der aus gentechnikfreier Maisstärke hergestellt wird, einem erneuerbaren Nebenprodukt aus der Landwirtschaft. Außerdem werden bei nachhaltigen Binden auch synthetische Gummiklebstoffe in medizinischer Qualität genutzt, um diese Schichten zusammenzuhalten und sie sicher in der Unterwäsche zu fixieren. Zu mehr Nachhaltigkeit gehört auch, dass weniger unnötige Inhaltsstoffe verwendet werden, um unparfümierte Binden herzustellen, die keine Kunststoffe auf Erdölbasis und keine Farbstoffe enthalten. Dies alles macht nachhaltige Binden aus, die dadurch sogar kommerziell kompostierbar sind und damit zu Hause kompostiert werden können.
Madeline Graham (Natracare Ltd)
Weitere Hintergrundinformationen zum Thema nachhaltige Tampons und Binden
(erstellt von Johanna Metz für die LifeVERDE-Redaktion)
Je nach Firma unterscheidet sich die Verpackung. Um die Tampons herum kann eine Hülle aus recyclebarem Plastik sein. Die Schachtel, in der sich die Tampons befinden, kann aus recyceltem Karton bestehen. Auch der Applikator, der bei manchen Ausführungen mit dem Tampon verpackt ist, kann aus Karton bestehen. Einige Hersteller nutzen FSC-zertifizierte Verpackungen., die einzelnen Tampons sind allerdings in gewöhnlichem Plastik verpackt. Eine weitere Möglichkeit besteht darin, die einzelnen Tampons in einer Schutzhülle aus kompostierbarer Cellophanfolie zu verpacken.
Nachhaltige Möglichkeiten zur Verpackung von Tampons
Außenverpackung | Verpackung der Tampons | Applikator |
recycelter Karton | recyclebares Plastik | Karton |
FSC-zertifizierter Karton | kompostierbare Cellonphanfolie | |
Die Verpackung kann sich je nach Firma unterscheiden. Es gibt die Möglichkeit, dass die Binden sich in einem Karton befinden und jede einzelne von einem silikonbeschichteten Papierstreifen umgeben ist. Weiterhin gibt es die Option, dass die Verpackung und der Abziehstreifen aus abbaubarem Bio-Plastik besteht.
Nachhaltige Möglichkeiten zur Verpackung von Binden
Außenverpackung | Abziehstreifen |
Karton | silikonbeschichteter Papierstreifen |
abbaubares Bio-Plastik | abbaubares Bio-Plastik |
Bio-Baumwolle wird größtenteils in Indien, China, Ägypten, Amerika und der Türkei angebaut. Baumwolle, die nicht nach Bio-Standards angebaut wird, braucht im Schnitt 11.000 Liter Wasser pro Kilogramm. Bio-zertifizierte Baumwolle verbraucht wesentlich weniger Wasser, da hier die Böden durch wechselnde Bepflanzung mehr Wasser enthalten und oft Regenwasser sowie nachhaltigere Bewässerungssysteme für die Bewässerung eingesetzt werden.
Nachhaltige Binden und Tampons, die aus natürlichen und kompostierbaren Materialien und ohne Plastik gefertigt werden, können nach der Benutzung kompostiert werden. Der Prozess dauert etwa 18 bis 24 Monate. Beschleunigen lässt sich die Zersetzung durch das Zerschneiden der Binde, sodass eine größere Oberfläche entsteht. Nach dieser Zeit kann der Kompost verwendet werden. Als Dünger eignet sich dieser Kompost aufgrund der im Blut enthaltenen Mineralstoffe besonders gut. Jedoch sollte Kompost, der benutzte Binden und Tampons enthält, vorsichtshalber nur für nicht essbare Pflanzen gebraucht werden, da durch das Blut auch infektiöse Erreger übertragen werden können.
Auch industriell können nachhaltige Binden und Tampons kompostiert werden, da einige Abfallbehörden das aber nicht wollen, muss das vorher abgeklärt werden.
Die meisten nachhaltigen Binden und Tampons, die es in Deutschland zu kaufen gibt, werden in Europa produziert.
Eine nachhaltige Binde kostet je nach Firma und Ausführung etwa zwischen 20 und 50 Cent während man herkömmliche Binden schon für unter 20 Cent pro Stück bekommt.
Ein nachhaltiger Tampon kostet zwischen 15 und 20 Cent und ist somit etwa doppelt so teuer wie herkömmliche Produkte.
Ein nachhaltiger Tampon mit Applikator kostet zwischen 30 und 40 Cent, ein herkömmlicher zwischen 10 und 40 Cent.
Preise für nachhaltige und herkömmliche Tampons und Binden im Vergleich
| nachhaltig | herkömmlich |
Binde | 20-50 Cent | <20 Cent |
Tampon ohne Applikator | 15-20 Cent | <10 Cent |
Tampon mit Applikator | 30-40 Cent | <40 Cent |
Neben Tampons und Binden, die nur ein Mal benutzt werden können, gibt es auch Produkte, die mehrmals nutzbar sind. Alternativen zu Binden sind waschbare Binden und Periodenunterwäsche. Waschbare Binden bestehen meist aus Bio-Baumwolle und Frottee oder Molton und können nach Gebrauch kalt abgespült und in der Waschmaschine gewaschen werden. Das Gleiche gilt für Periodenunterwäsche, die ebenfall größtenteils aus Baumwolle besteht.
Eine Menstruationstasse stellt eine Alternative zu Tampons dar. Sie besteht aus medizinischem Silikon und muss am Ende eines Monatszyklus für einige Minuten in kochendem Wasser desinfiziert werden.
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