Grüne Wirtschaft

Wie ein Lipizzaner Bewusstsein für mehr Nachhaltigkeit schafft

INTERVIEW | Was ein Lipizzaner mit Bewusstsein-Schaffen zu tun hat? Das findest du bei Lipizzaninchen raus, einem Unternehmen, das nachhaltige Postkarten und Geschenkartikel herstellt.

INTERVIEW | Was ein Lipizzaner mit Bewusstsein-Schaffen zu tun hat? Das findest du bei Lipizzaninchen raus, einem Unternehmen, das nachhaltige Postkarten und Geschenkartikel herstellt.

08.06.2021 | Ein Interview geführt von Deborah Iber | Bilder: Lipizzaninchen, Unsplash


Nachhaltigkeit kann auf allen möglichen Wegen vermittelt werden. Zum Beispiel durch einen Lipizzaner, der auf den nachhaltigen Postkarten und Geschenkartikeln von Lipizzaninchen zu sehen ist. Das Markenzeichen des Unternehmens fehlt auf keinem der Produkte und vermittelt online Wissenswertes zur Nachhaltigkeit und Infos über andere Länder.

Wie Heidrun Parussel zu der Idee kam, was die Lipizzanichen-Produkte nachhaltig macht und wie sie entstehen, erfährst du im Interview.

 

LifeVERDE: Heidrun, du hast Lipizzaninchen ins Leben gerufen. Wie kam es dazu und welche Leidenschaft steckt dahinter?

HEIDRUN PARUSSEL: Eigentlich sind es ja zwei Leidenschaften… ;) Meine erste große Leidenschaft in meinem Leben waren und sind die Lipizzaner! Wunderbare Pferde mit Charme, Noblesse und unglaublich viel Schmäh. In meinem Heimatort war eine kleine Lipizzanerzucht – vor über dreißig Jahren eine absolute Seltenheit, Lipizzaner in privater Hand gab es kaum. Diese Liebe begleitete mich überall hin: In den hohen Norden, wo ich zwei Jahre lebte, und natürlich auch hier nach Baden-Württemberg, meiner jetzigen Heimat.

Die andere Leidenschaft ist Nachhaltigkeit. Es fing in kleinen Schritten vor vielen, vielen Jahren an und geht auch immer weiter: Es gibt so viele kleine Stellschrauben in unserem Alltag, mit denen man etwas Großartiges bewirken kann. Für uns oft nur ein minimaler Aufwand, dessen Effekt sich aber multipliziert! In diesem ganzen Treiben der grünen Entwicklung aber habe ich festgestellt, dass Siegel nur am Anfang zur Orientierung helfen. Bei genauerem Hinsehen entstanden für mich immer mehr Fragezeichen, wie und ob tatsächlich jetzt dieses eine Produkt wirklich so nachhaltig ist wie auch angepriesen. Oft musste ich mich in die Materie dahinter einlesen, Fragen stellen, manchmal die richtigen auf Anhieb oder die (vorerst) falschen, die dann aber auf Umwegen doch zu den richtigen führten. Zermürbend und hin und wieder ernüchternd.

Dann war die Idee von Lipizzaninchen geboren: Eine Marke, unter der ausschließlich grüne Geschenkideen zu finden sind und die durch Lipizzaninchen immer wiederzuerkennen ist. Wo man als Kunde weiß: Wenn ich dort kaufe, kann ich mich darauf verlassen, dass das Thema Nachhaltigkeit gründlich für jedes einzelne Produkt unter vielen, oft spezifischen Gesichtspunkten beleuchtet und umgesetzt wurde!

Mit Lipizzaninchen bietet ihr nicht nur verschiedene Produkte wie Postkarten und Geschenkartikel an, sondern wollt auch auf die Vielfalt der Welt aufmerksam machen. Wieso ist dir das so wichtig und in welcher Form setzt ihr das um?

Die Welt ist so einzigartig, es ist so vieles spannend! Da unser Protagonist sehr, sehr neugierig ist und dazu noch eine große Verwandtschaft weltweit hat, erzählt Lipizzaninchen selbst kurze Anekdoten zu – ich nenne es mal – Länderspezialitäten. Außerdem präsentiert Lipizzaninchen zu jedem Land etwas Länderspezifisches, eines der Aushängeschilder des jeweiligen Landes. Die Geschichten kann man frei im Internet lesen. Sie sind kurzweilig, prägnant und mit viel Wissen gespickt, danach weiß man zu einem Thema auf jeden Fall mehr! Ergänzend zu den Geschichten gibt‘s die Serie „Weltreise“, die geografische Fakten auf einer Länder-Postkarte zusammenfasst.
 

Nun zu euren Produkten: Eure Postkarten gibt es für verschiedenste Anlässe und mit unterschiedlichen Lipizzaner-Motiven. Wie entstehen eure Postkarten von der Idee bis zur fertigen Karte?

Zugegeben, manchmal ist die Entstehung der Postkarten ein bisschen eigen. Es kommt oft vor, dass ich mitten in der Nacht aufwache und entweder einen neuen Spruch oder eine neue Serie im Kopf habe, der oder die dann auch unbedingt sofort visualisiert werden will. Aber vorher muss erst noch Lipizzaninchen jeweils neu „geboren“ werden. Dafür ist der Illustrator Fred Gemballa zuständig, den wir für unsere Marke gewinnen konnten. Er lässt unser Lipizzaninchen mit Charme und Vorwitz aus seiner Feder fließen. Da lasse ich ihm auch völlig freie Hand und gebe nur den groben Rahmen vor. Die Postkarten (und auch andere Papierwaren) werden fast alle in Deutschland von auf Umweltdruck spezialisierten Druckereien produziert. Nur die Serie „Lipizzanergeschichten“, in der es ganz speziell um die Lipizzaner geht, wird in Österreich hergestellt.
 

Auch Geschenkartikel sind in eurem Sortiment enthalten. Welche sind das und an wen richten sie sich?

Menschen, die die Welt lieben! *lach* Aber tatsächlich, so kann man es formulieren. Unsere Geschenkideen sind für Menschen, die anderen gerne eine Freude machen, die in ihrem Alltag liebevoll gestaltete Seelenschmeichler mögen und für die es eine Herzensangelegenheit ist, unsere Mitmenschen und unsere Welt dabei gut zu behandeln. Nachhaltig eben.

In ein paar Wochen wird z. B. unsere Serie „Lindenblatt“, die im Moment über den Geburtstagskalender und drei Klappkarten bekannt ist, im Lindenlädle um wunderbare Porzellanideen erweitert! Tasse, Keks- oder Tortillatablett, Schälchen für leckere Dipp-Soßen, für Marmelade oder einfach nach Geschmack. Das Porzellan, das in der Porzellanmanufaktur KAHLA hergestellt wird, hat eine so wunderbare Haptik, fühlt sich so samtig weich an, dass es ein wahrer Genuss ist, sich nicht nur die Hände an einem heißen Kakao zu wärmen, sondern sie einfach in der Hand zu halten. Nach dem Motto: Nie mehr loslassen!

Nachhaltigkeit liegt euch wie gesagt am Herzen. Welche ökologischen und sozialen Aspekte setzt ihr innerhalb der Lieferkette auf welche Weise um?

Das ist bei Lipizzaninchen wirklich ein sehr weites Feld, denn jede Geschenkidee, jedes Produkt ist anders, hat andere Voraussetzungen, andere Herstellungsweisen, die alle auf ihre eigene Nachhaltigkeit im Detail abgeklopft werden. Vieles ist bei uns (noch) nicht als Geschenkidee verfügbar, weil uns einfach das Gesamtbild der Nachhaltigkeit noch nicht überzeugt. Wir haben eine Idee, recherchieren, suchen, führen Gespräche, schauen uns ganz viele verschiedene Versionen an und probieren aus, bis wir sagen: Jawoll, das ist es, damit sind wir zufrieden! Manchmal dauert das Jahre, bis das nächste Produkt bei uns Einzug findet, eben weil wir so hartnäckig versuchen alles abzuklopfen.

Nachhaltigkeit beim Produkt selbst heißt für mich aber auch, dass man es selbst nach zigfachem Gebrauch immer noch gerne anschaut, die Farben weiter so brillant sind, das Gefühl, es in der Hand zu halten, immer noch genauso ist, wie anfangs. Nur dann ist es letztendlich nachhaltig, denn die Freude daran muss bleiben, sonst wird es ein ungewollter Staubfänger. Wer möchte das schon sein…

Die Lieferkette hört bei uns übrigens nicht bei der Haustür zum Lindenlädle auf, sondern geht bis zum Verbraucher weiter: Unsere Geschenkideen sind nicht unermesslich teuer, auch wenn Hochwertigkeit und Nachhaltigkeit ihren Preis haben. Es muss eine Freude bleiben, bei uns zu stöbern und einzukaufen!
 

Für die Postkarten werden Pflanzenölfarben verwendet. Kannst du einmal erläutern, aus welchen Pflanzen die Farben entstehen und was sie umweltfreundlicher macht?

Die Pflanzenölfarben – oder besser: Druckfarben auf Basis von Pflanzenöl bzw. nachwachsenden Rohstoffen – sind ein wunderbares Beispiel dafür, dass wir alle nicht nur nachhaltiger denken und handeln müssen, sondern auch, dass wir aufgefordert sind, vieles zu hinterfragen, ein Thema immer unter verschiedenen Aspekten zu beleuchten und erst dann eine Entscheidung zu treffen. Was offensichtlich Umweltschutz zu sein scheint, muss noch lange keiner sein.

Die von unserer Druckerei verwendeten Druckfarben auf Basis von Pflanzenölen bestehen zu rund 80% aus Bindemitteln und zu 20% aus Pigmenten. In der Zusammensetzung der Pigmente unterscheiden sich die Farben auf Pflanzenölbasis nicht von denen auf Mineralölbasis. Bei beiden Druckfarbtypen werden künstlich hergestellte Pigmente verwendet. Natürliche Pigmente wären toll, allerdings sind diese im Moment horrend teuer, nicht farbecht, schwierig in Suspension zu halten, nicht vegan (z. B. rote Farbstoffe, die aus verschiedenen Schildläusen gewonnen werden) und und und. Aber da wird auch schon fleißig dran geforscht!

Der andere und weitaus größere Bestandteil der Druckfarben, das Bindemittel, unterscheidet sich allerdings gewaltig. Dieses besteht aus Ölen und Harzen. Es ist dafür verantwortlich, dass das Pigment in einer Suspension stabil gehalten und eine gleichmäßige Verteilung des Farbstoffs auf dem Papier möglich wird. In den meisten Fällen ist der Hauptbestandteil dieses Bindemittels Mineralöl. Die Harze können sowohl künstlich als auch spezielles Baumharz sein. Bei den Druckfarben auf Pflanzenölbasis nicht: Hier besteht das Bindemittel hauptsächlich aus pflanzlichen Ölen, also aus nachwachsenden Rohstoffen. Bei der Druckfarbe unserer Papierwaren werden meist Lein- und Sojaöl verwendet, aber generell sind z. B. auch Palm- und Rapsöl im Einsatz. Während Lein- und Rapsöl aus europäischer Produktion stammen können, ist es bei Palmöl mit Sicherheit und bei Sojaöl mit hoher Wahrscheinlichkeit so, dass der dazugehörige Pflanzenanbau in tropischen und subtropischen Gebieten von Mittel- und Südamerika von statten ging. Die Verwendung von gentechnisch verändertem Saatgut ist bei uns in Deutschland nicht, in der EU unter Auflagen tlw. erlaubt, aber in anderen Gegenden unserer Erde gängige Praxis. Auch die Gewinnung neuer Anbauflächen in den Hauptanbaugebieten von Ölpalme und Soja stehen mit Recht im internationalen Fokus und in der Kritik. Und so sind die Farben auf Pflanzenölbasis auch Teil dieser negativen Rohstoffkette.

Trotzdem haben wir uns für den Druck mit Farben auf Basis von Pflanzenöl entschieden, da der Anteil an der fertigen Postkarte sehr gering ist (nicht einmal 1% des gesamten Produktes) und der positive Effekt bei weitem überwiegt. Denn auch wenn unsere herzensniedlichen Postkarten natürlich niemals weggeworfen oder unachtsam im Altpapier entsorgt werden: Sollten sie doch einmal den Weg ins Papierrecycling gehen, können die Druckfarben viel leichter aus dem Papier herausgelöst werden. Dies bedeutet weniger Energieaufwand und eine höhere Rückgewinnung der Papierfaser für neues Recyclingpapier. Außerdem können die Bestandteile aus Pflanzenöl deutlich besser biologisch abgebaut werden als die mineralölbasierten und belasten so weniger unsere Umwelt.

Da uns aber Anbau und Gentechnik natürlich nicht egal sind, tüfteln wir gerade an einer Modellrechnung „Einsatz Druckfarbe im Verhältnis zur Anbaufläche Soja“ für unsere Papierprodukte, um auch diesen Punkt anzugehen und nicht zu ignorieren. Wir wissen zwar nicht, woher das in unseren Druckfarben eingesetzte Sojaöl ursprünglich stammt (auch eine europäische Produktion ist möglich!) oder wie hoch der Anteil an der Bindemittelmischung Lein-/Sojaöl tatsächlich ist. Kennt man alle Parameter und setzt sie entsprechend ein, werden wir am Ende von der verwendeten Menge an Druckfarbe je Produkt auf die dafür verwendete Anbaufläche von Soja kommen. Und diese werden wir obligatorisch durch Unterstützung von Regenwaldprojekten mit aufforsten. Mit der Annahme von 100% Sojaöl als Bindemittel und Anbau des Sojas in Übersee machen wir lieber mehr für den Regenwald als zu wenig, das lohnt sich für alle!

Was wollt ihr in Sachen Nachhaltigkeit bei Lipizzaninchen noch verbessern?

In den letzten Jahren haben wir bei unseren Produkten als auch bei uns im Unternehmen ziemlich viel in Sachen Nachhaltigkeit auf die Beine gestellt. Wir laufen komplett auf Ökostrom, haben unsere Finanzen bei einer grünen Bank, haben beide Websites klimaneutral gestellt – um nur einige Beispiele zu nennen. Die gesamten Papierwaren werden klimaneutral hergestellt, die Serie „Lipizzanergeschichten“ sogar klimapositiv.

In näherer Zeit werden wir bei Lipizzaninchen zwei konkrete Projekte zusätzlich angehen:

  • Das eine wird der Start unseres Blogs sein, der im Lindenlädle integriert ist. Hier werden wir immer wieder tiefgreifende, wissenschaftlich fundierte Artikel einstellen, um das Bewusstsein für die Hintergründe der Nachhaltigkeit zu schärfen und durch Fakten den Menschen ein Hinterfragen zu erleichtern.
  • Das andere wird sich wieder auf unsere Produkte beziehen. Zusammen mit verschiedenen Partnern wollen wir auch die Produktion unserer Geschenkideen aus Porzellan klimaneutral stellen.

Ihr seht: Es gibt viel zu tun bei uns! Ist das eine abgeschlossen, schaut auch schon das nächste um die Ecke.

 

Vielen Dank für das Interview, liebe Heidrun!

Dir schwebt nun auch noch eine Frage im Kopf herum, die du gerne an Lipizzaninchen stellen möchtest?

Dann schreib sie in die Kommentare - wir freuen uns auf den Austausch mit dir!

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