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Warum Wildbienen so wichtig sind und wie du zu ihrem Schutz beiträgst

INTERVIEW | Wildbienen sind wahre Bestäubungskünstler und unerlässlich für unser Ökosystem. Was du zum Schutz und Erhalt der fliegenden Helden tun kannst, erfährst du hier.

INTERVIEW | Wildbienen sind wahre Bestäubungskünstler und unerlässlich für unser Ökosystem. Was du zum Schutz und Erhalt der fliegenden Helden tun kannst, erfährst du hier.

27.07.2021 | Ein Interview geführt von Deborah Iber | Bild: Pascal Meichtry

Die bunte Wildpflanzenwelt verdanken wir hauptsächlich den fleißigen Wildbienchen, die sich um die Bestäubung der Blüten kümmern. Wie wir alle wissen, sind einige Bienenarten, darunter auch Wildbienen, unter anderem aufgrund von Pestizideinsätzen und zu geringer Blütenvielfalt gefährdet. Und damit auch die Biodiversität. Es ist daher wichtig, sich mit diesem Thema auseinanderzusetzen und etwas zum Erhalt und zum Schutz dieser wichtigen Insekten beizutragen.

Pollinature beschäftigt sich tagtäglich mit Wildbienen und bietet Möglichkeiten für jede*n, sich für den Erhalt der Wildbienen einzusetzen, zum Beispiel durch das BeeHome für Mauerbienen. Was das BeeHome ist, wie das Leben einer Wildbiene bzw. Mauerbiene aussieht und was du für ihren Schutz tun kannst, erzählt dir Holger von Pollinature im Interview.

LifeVERDE: Holger, Pollinature möchte Wildbienen fördern und Lebensraum für sie schaffen. Kläre uns zu Anfang einmal über die Wichtigkeit von Wildbienen auf und warum sie so bedeutend für unser Ökosystem sind.

Holger Thissen: Als vielfältige und äußerst effiziente Bestäuber übernehmen Wildbienen eine Schlüsselrolle für unser Ökosystem. Sie sorgen dafür, dass die unzähligen heimischen Wildpflanzen bestäubt werden, die dann Früchte und Samen produzieren, um sich fortzupflanzen. Ohne Wildbienen würden schon bald viele Wildpflanzen aussterben, was zu einem enormen Verlust und einer starken Verarmung der Biodiversität führen würde.

Wie genau hat sich die Idee zu Pollinature entwickelt und wie entstand daraus euer Unternehmen?

Den Mitgründer Dr. Claudio Sedivy treibt seit vielen Jahren die Frage um, wie wir Wildbienen helfen können. Als er im Rahmen seiner Dissertation an der ETH Zürich spezielle Wildbienenarten für sich entdeckte, wurde ihm klar: Wildbienen sind für unsere Wild- und Kulturpflanzen unersetzlich. Doch wie viele andere Insekten sind auch Wildbienen immer seltener geworden. Deshalb hat er gemeinsam mit dem Biologen Tom Strobl zuerst in der Schweiz das Wildbienen-Start-up Wildbiene + Partner gegründet. Nach dem großen Erfolg in der Schweiz, gründeten sie 2017 in Deutschland das Tochterunternehmen Pollinature.

Wir vermehren Mauerbienen, mit denen Obstbauern durch optimale Bestäubung ihre Ernte verbessern, bieten mit dem BeeHome hochwertige Wildbienen-Häuschen inklusive Mauerbienen an und wollen so möglichst viele Menschen für die unersetzlichen Bestäuber begeistern.


Das Team von Pollinature (Bild: Pollinature).

Die BeeHomes hast du bereits erwähnt, mit denen jede*r von uns den Wildbienen ein Zuhause bieten und zur Wildbienenvermehrung beitragen kann. Woraus bestehen die Bienenhäuschen und wie sind sie aufgebaut?

Ein BeeHome bietet Mauerbienen und vielen anderen Wildbienenarten idealen Nistraum. Das ist kein Zufall, sondern das Ergebnis jahrelanger Arbeit, Forschung und Weiterentwicklung. Wir wissen, was Mauerbienen brauchen und wollen ihnen mit jedem BeeHome optimale Nistbedingungen bieten. Daher legen wir großen Wert auf optimales Material und sorgfältige Verarbeitung in Handarbeit.

Wir verwenden für die Außenboxen unbehandeltes Holz. Als Nistmaterial dient Riesenschilf (Arundo donax). Das wetterfeste Dach ist aus biobasiertem Kunststoff (Arbofill) und besteht zu 80 Prozent aus nachwachsenden Rohstoffen. Kurze Wege, Qualität und soziale Verantwortung sind für uns selbstverständlich. Wir fertigen unsere Wildbienen-Häuschen ausschließlich in Deutschland und der Schweiz bei Holzspezialisten und in sozialen Werkstätten.

Jedes BeeHome ist das Ergebnis sorgfältiger Handarbeit. Die Niströhrchen werden nach klaren Vorgaben einzeln zur idealen Bienenkinderstube zurechtgesägt, in die Holzbox eingepasst und behutsam abgeschliffen, bis alle Nisteingänge schön glatt sind. Die Wildbienen sollen sich nicht die Flügel an ausgefransten Röhrchen verletzten. Erst nach einer strengen Qualitätskontrolle darf ein BeeHome gut verpackt die Holzwerkstatt verlassen, um den wichtigen Bestäubern ein neues Zuhause zu bieten.  


Das BeeHome von Pollinature bietet einen Nistraum für Wildbienen und kann ganz einfach im Garten aufgestellt werden (Bild: Pollinature).

Wenn man sich für ein BeeHome entscheidet, erhält man dazu eine Startpopulation von 25 Mauerbienenkokons. Woher kommen diese und wie lange dauert die Entwicklung einer Mauerbiene vom Ei bis zum voll entwickelten Insekt?

Wir vermehren seit Jahren in Deutschland die Rote Mauerbiene und die Gehörnte Mauerbiene in Zusammenarbeit mit Obstbauern. Die Mauerbienenkokons für die BeeHomes sind die Nachkommen dieser Bienen, die im Vorjahr fleißig Kirsch-, Apfel-, und Birnbäume bestäubt haben.

Vom Ei bis zur ausgewachsenen Mauerbiene im Kokon dauert es circa fünf Monate.

Wie sieht eigentlich der „Lebenslauf“ einer Mauerbiene aus und wie lange leben sie?

Die Rote Mauerbiene startet üblicherweise im April mit der Eiablage. Aus dem Ei schlüpft kurz darauf eine Larve, die sich durch den Pollenvorrat im Nest frisst. Nach drei bis vier Wochen hat die Larve alles aufgefuttert und spinnt sich nach einer kleinen Ruhephase ihren Kokon. In dieser braunen Schutzhülle entwickelt sie sich bis zum August in mehreren Stadien zur voll entwickelten Mauerbiene. Den Winter verbringt die Mauerbiene gut geschützt im Nest und schlüpft im kommenden Frühling. Dann beginnt der Zyklus von Neuem. Vom Ei bis zum letzten Flug lebt eine Mauerbiene also ein Jahr, davon die meiste Zeit im Niströhrchen. Im folgenden Kurzfilm ist diese spannende Reise mit faszinierenden Aufnahmen erklärt.

Die Mauerbienen unterscheiden sich in einigen Punkten von Honigbienen. Was zeichnet sie aus und macht sie zu perfekten Bestäubungskünstlern?

Wildbienenarten wie die Rote Mauerbiene sind Solitärbienen. Das heißt, sie leben als Einzelgänger, bilden keine Staaten und machen keinen Honig. Jedes Weibchen legt – anders als bei Honigbienen mit ihrer Königin – eigene Eier, die es mit Nahrung versorgen muss. Die Mauerbienen, die auch das BeeHome besiedeln, sammeln dazu fleißig Pollen in den Blüten von Wildbumen und Obstbäumen. Weil sie den Blütenstaub trocken in ihrer Bauchbürste sammeln und am Tag bis zu 2500 Blüten besuchen können, sind sie ausgezeichnete Bestäuber und daher für das Ökosystem so wichtig. 

Was ist bei er Bienenhaltung im BeeHome zu beachten und was sind die täglichen Aufgaben als Besitzer*in?

Das ist das Schöne am BeeHome: Es gibt im Frühling ganz viel zu entdecken, ohne dass man etwas tun muss. Man hängt das BeeHome an einem wettergeschützten Ort auf, bestellt die Bienenkokons online und wartet, bis die neuen Mitbewohner schlüpfen. Den Rest regelt die Natur, ohne dass der Mensch eingreifen muss. So sind spannende Beobachtungen und faszinierende Naturerlebnisse von Anfang an garantiert, und das Frühjahr für Frühjahr.

Was kann jede*r Einzelne von uns tun, um zum Erhalt der Bienen beizutragen, auch ohne ein eigenes BeeHome?

Wir freuen uns über jeden Beitrag, der Wildbienen und anderen Insekten hilft. Es ist wirklich einfach, mitzumachen. Es genügt schon, ein paar bienenfreundliche Pflanzen auf dem Balkon zu pflanzen oder im Garten beim Rasenmähen einen kleinen Bereich einfach wachsen zu lassen. Wie das geht, zeigt unserer Wildbienen-Flüsterer Yannick hier.

 

Vielen Dank für das Interview, lieber Holger!

 Dir schwebt nun auch noch eine Frage im Kopf herum, die du gerne an mein Pollinature stellen möchtest?

Dann schreib sie in die Kommentare - wir freuen uns auf den Austausch mit dir!

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Kommentare
Hampe, Martin
29.07.2021
Mir schwirren viele Fragen im Kopf rum...

Wird mit dem Versand von Mauerbienen nicht wieder unnötig in die Natur eingegriffen?

Führt das nicht eventuell zu einem Ungleichgewicht, da die Mauerbienenpopulationen unnatürlich steigen?

Stellen diese Mauerbienenpopulationen als polylektische Art nicht eine große Nahrungskonkurrenz für oligolektische Arten dar?

VG Martin


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