Grüne Wirtschaft

Veganer Fleischersatz: Mit Erbsen gegen die Massentierhaltung

INTERVIEW | Die Auswirkungen der Massentierhaltung müssen beendet werden. Vegane Alternativen auf Erbsenbasis sind ein erster Schritt in diese Richtung.

INTERVIEW | Die Auswirkungen der Massentierhaltung müssen beendet werden. Vegane Alternativen auf Erbsenbasis sind ein erster Schritt in diese Richtung.

19.10.2021 | Ein Interview geführt von Deborah Iber | Bild: endori


Ausbeutung, Tierleid, Ressourcenverschwendung, Umweltverschmutzung – diese und weitere negative Aspekte stehen im Zusammenhang mit der Fleischindustrie bzw. vor allem der Massentierhaltung. Hier eine Lösung zu finden ist enorm wichtig - für die Tiere, die Umwelt und für uns Menschen. Das hat sich Friedrich Büse zum Ziel gesetzt und das Unternehmen endori gegründet. Dort werden pflanzliche Alternativen zu Fleischprodukten, hauptsächlich auf Erbsenbasis, hergestellt.

Im Interview mit Friedrich erhältst du weitere Einblicke in die Fleischindustrie und die aktuellen Probleme, sowie in das Unternehmen endori und deren Produkte.
 

LifeVERDE: Friedrich, als ehemaliger Fleischermeister bist du nun Gründer von endori und entwickelst vegane und vegetarische Produkte auf Erbsenbasis. Wie kam dieser Wandel?

Friedrich: Nach fast 40 Jahren in der Fleisch- und Wurstwarenindustrie habe ich eine Menge gesehen, was mir überhaupt nicht gefallen hat. Hier geht es um Tierwohl, Respekt (auch gegenüber den Menschen, die in dieser Branche arbeiten) und das Verständnis für die elementaren Zusammenhänge zwischen Klimawandel und Massentierhaltung weltweit. Nachdem ich über viele Jahre versucht habe, der Branche allgemein und vielen Betrieben im Einzelnen die Problematik deutlich zu machen und zum Umdenken zu bewegen, musste ich feststellen, dass ich damit gescheitert bin. Von daher habe ich mir zum Ziel gesetzt, wo immer es möglich ist, tierische Proteine durch pflanzliche zu ersetzen – und das sowohl im Fleisch- wie auch im Molkereibereich als auch bei Fisch. Das zu erreichen, war und ist tagtäglich mein Antrieb und meine Motivation.


endori-Gründer Friedrich Büse (Bild: endori).

Welche Haltung hast du heute gegenüber Fleisch und deren Herstellung?

Immer noch die Gleiche! Es muss uns weiterhin gelingen, diesen Wahnsinn der Massentierhaltung zu beenden. Es geht nicht darum, den Menschen den Fleischverzehr zu verbieten, sehr wohl aber darum, ihnen deutlich zu machen, was wir damit anrichten und wie sehr wir uns auch damit schaden. Bewusster und verantwortungsvoller Umgang mit Tieren ist eine absolute Notwendigkeit. Die unglaubliche Verschwendung von Ressourcen, die Verschmutzung unserer Umwelt, insbesondere die des Trinkwassers, ist immer noch tragisch, genauso wie die unglaubliche Ignoranz von vielen in der Industrie.

Natürlich gibt es auch positive Entwicklungen in der Fleisch- und Wurstindustrie, aber leider sind sie noch immer die Ausnahme und verschwindend gering. Sich ein „grünes Feigenblatt“ umzuhängen und zu sagen „wir machen jetzt auch Fleischalternativen“ ist viel zu wenig und oftmals einfach nur eine unglaubliche Frechheit. Aber es gibt auch erste ernstgemeinte Ausnahmen und das macht ein wenig Hoffnung.

Warum ist Fleischersatz so wichtig und wann ist dieser wirklich nachhaltiger als Fleisch?

Wenn wir uns die gesamte Wertschöpfungskette bei der „Fleischherstellung“ (der Begriff ist schon an sich voll daneben und zeigt, dass hier überhaupt nicht mehr daran gedacht wird, dass wir es mit Lebewesen zu tun haben, die ihr Leben lassen, damit wir sie essen können) anschauen, dann geht es hier nur um Effizienz und Ausbeute. Leider zu Kosten der Tiere, der Umwelt und auch auf unsere Kosten. Die in dieser Kette entstehenden Kosten werden überhaupt nicht in ehrlicher Weise auf Fleisch- und Wurstprodukte übertragen, sondern müssen in vielen Fällen an anderer Stelle von den Konsument*innen getragen werden, ohne dass es ihnen überhaupt bewusst wird, ja es wird sogar ganz bewusst verschleiert.

Bei gründlicher Planung und Berücksichtigung der Wertschöpfungskette im Bereich der Fleischalternativen (gleiches gilt auch für Molkerei- und Fischalternativen) verbrauchen wir bei der Herstellung dieser Alternativen nur einen Bruchteil der Ressourcen im Vergleich zu Fleisch- und Wurstwaren. Dies bezieht sich auf die Menge der benötigten Rohstoffe, die Art der Verarbeitung und den damit einhergehenden Verbrauch von Wasser, Energie, Land und auch menschlichen Ressourcen. Des Weiteren hat es bei sorgsamer und achtsamer Umsetzung enorm positive Auswirkungen auf unsere Landwirtschaft und die Menschen, die dort arbeiten. Wir benötigen, bei konsequenter Umsetzung aller Möglichkeiten in der Wertschöpfungskette, nur ungefähr 5 bis 10 Prozent der Ressourcen (auch wenn wir dies im Moment vielleicht durch noch fehlende Mengenskalierung noch nicht überall erreichen, es ist gigantisch was hier im positiven Sinn möglich ist).

Bei endori habt ihr euch nach langer Suche für die Erbse als Basis eurer veganen und vegetarischen Produkte entschieden. Was macht die Erbse zum perfekten nachhaltigen Fleischersatz?

Wenn man wie wir auf heimische Rohstoffe zurückgreifen will, dann muss man mit den Pflanzen hier anfangen, die der Landwirtschaft und auch den Kund*innen bekannt sind, und mit denen sie schon Erfahrung haben. Das war unser Ansatz und so haben wir angefangen. Die Erbse hat schon früher immer einen wichtigen Beitrag in der Ernährung gespielt und war auch für die Landwirtschaft immer wichtig.

Natürlich hat die Erbse nicht die gleiche züchterische Entwicklung wie z.B. die Sojabohne hinter sich und von daher wird es auch noch eine geraume Weile dauern, bis sie einen ähnlichen Stellenwert haben wird. Dies gilt übrigens auch für alle anderen Hülsenfrüchte, die in Europa angebaut werden. All diese Hülsenfrüchte haben neben ihrem Stellenwert als wichtiger Eiweißlieferant noch eine ganz wichtige Funktion in einer gesunden Fruchtfolge für die Landwirtschaft. Mit ihren Eigenschaften, Stickstoffe im Wurzelwerk zu binden, agieren sie eben auch als natürlicher Dünger und verbessern die Bodenqualität im Allgemeinen.

Von daher haben wir mit den Erbsen sehr bewusst angefangen und arbeiten mittlerweile auch mit anderen Hülsenfrüchten, aber auch anderen Getreidesorten wie z.B. Hafer, um so für eine gesunde Fruchtfolge auf den Feldern zu sorgen. Und auch, um die ernährungsphysiologischen Möglichkeiten für eine gesunde Ernährung immer weiter zu verbessern.


Die veganen Fleischersatzprodukte von endori haben die Erbse als Basis (Bilder: endori). 

Wichtig ist euch, dass kein Soja verwendet wird. Wieso?

Grundsätzlich ist es hier einmal wichtig zu erklären, dass an Soja nicht grundsätzlich etwas falsch ist. Es geht einfach darum, ganz deutlich zu machen, welche Probleme entstehen, wenn z.B. Soja als riesige Monokultur weltweit angebaut wird, mit all den Folgen die dies dann für unsere Umwelt und uns Menschen hat. Wenn dann noch dazukommt, dass nur ein absoluter Bruchteil der produzierten Sojamengen direkt in der menschlichen Ernährung landet und ansonsten fast ausschließlich als billiges Tierfutter Verwendung findet, dann ist das einfach falsch und wir sollten versuchen, es beweisbar besser zu machen.

Nicht all eure Produkte sind vegan, denn sie enthalten zum Teil Molkenproteinkonzentrat. Warum greift ihr hier auf tierische Produkte zurück und möchtet ihr künftig alle endori-Fleischalternativen vegan gestalten?

Das stimmt und hier schlagen auch immer zwei Herzen in meiner Brust. Auf der einen Seite wollen wir auf möglichst alle tierischen Produkte verzichten, und tun dies auch schon bei mehr als 95 Prozent unserer Produkte. Auf der anderen Seite müssen wir auch erst immer pflanzliche Rohstoffe entwickeln, die die gleiche oder eine ähnliche Funktionalität bieten. Das war uns insbesondere in der Anfangs- bzw. Gründungsphase noch nicht möglich.

Heute sind wir hier wesentlich weiter und entwickeln immer mehr die notwendigen pflanzlichen Alternativen. Ich denke, dass wir schon Anfang 2022 soweit sind, alle angebotenen Produkte zu 100 Prozent vegan herstellen zu können und dies dann auch tun.

Bei endori lautet euer Prinzip „from field to fork“. Kannst du uns eure Wertschöpfungskette kurz erläutern?

Eine gesamte Wertschöpfungskette kurz zu erläutern ist wirklich schwierig, aber vielleicht kann man es wie folgt beschreiben:

Wir versuchen bei all unserem Tun immer alles so ressourcenschonend wie möglich aufzubauen. Dies fängt auf dem Feld mit dem Bauern an, setzt sich über die Pflege der Pflanzen bis zur Ernte fort und wird dann in der gesamten Verarbeitungskette weitergedacht. Hierbei ist es ganz wichtig, nicht nur die primär eingesetzten Mittel und Ressourcen zu berücksichtigen, sondern auch die sogenannten Nebenströme der Pflanzen von Anfang an mit einzubeziehen. Bei den Erbsen sind dies z.B. Stärke und Fasern. Gleiches gilt für die Herstellungsabläufe, Verpackungen, Transport usw. Natürlich haben wir noch nicht alles erreicht, aber wir verfolgen hier unseren Weg ganz konsequent und mit viel Beharrlichkeit. Das dauert dann manchmal ein wenig länger, aber am Ende werden wir beweisbar besser sein als viele andere.


"Von der Feld zur Gabel" lautet das Motto von endori. Und so könnte das vegane Ergebnis auf deinem Teller aussehen ;) (Bild: endori). 

Bei der Verpackung der veganen Produkte achtet ihr auch auf Nachhaltigkeit. Wie genau?

Genau, auch hier gilt es, sich immer wieder zu verbessern und nie mit dem Erreichten zufrieden zu sein. Wir arbeiten mit vielen Partner*innen international an den Themen und müssen unsere Bemühungen immer wieder vorantreiben. Ein ganz wichtiger Punkt ist, dass wir nicht erst warten bis wir 100-prozentige Lösungen gefunden haben, sondern dass wir auch kleine Fortschritte immer so zügig wie möglich umsetzen. Denn jede noch so kleine Verbesserung hat einen positiven Einfluss auf unsere Umwelt und unser Verhalten.

So ist es auch mit unseren Kundinnen und Kunden, wir müssen uns alle immer darüber im Klaren sein und uns jeden Tag bewusstmachen, dass jede noch so kleine Verbesserung in unserem Verhalten zu einer Verbesserung im Ganzen führt. Das gilt für das Thema Verpackung wie für alle anderen Themen, die wir angesprochen haben. Wir müssen nicht alle Veganer*innen werden, aber jeder noch so kleine Einsatz zählt und so bringen wir diese so wichtigen Verbesserungen alle gemeinsam voran.

Euer Produktsortiment bietet schon einiges rund um die Erbse (Veggie-Schnitzel, -Burger, -Hack & Co.). Ist weiteres für die Zukunft geplant?

Es wird in naher Zukunft weitere Entwicklungen auf der Rohstoffseite geben, sodass wir andere heimische Rohstoffe zusätzlich einsetzen werden. Aber auch bei der Produktpalette wird es große Neuigkeiten geben, an denen wir aktuell mit Hochdruck arbeiten. Unser eindeutiges Ziel ist es hier, über die Fleischalternativen hinaus unseren Kundinnen und Kunden im Supermarkt, dem Discount, wie auch im Gastrobereich, schmackhafte, abwechslungsreiche, gesunde und nachhaltige Produkte anzubieten. Die Produktgruppen werden immer vielfältiger werden und auch immer mehr einen eigenen Charakter bekommen, also nicht „nur“ Alternativen sein…
 

Vielen Dank für das Interview, lieber Friedrich!

Dir schwebt nun auch noch eine Frage im Kopf herum, die du gerne an endori stellen möchtest?

Dann schreib sie in die Kommentare - wir freuen uns auf den Austausch mit dir!

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Hier findest du Inspirationen, welche Gerichte du mit den veganen Alternativen zaubern kannst: 6 vegane Kochbücher, die du kennen solltest

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