Grüne Wirtschaft

Tee ohne Aromen – stick & lembke zeigt wie´s geht

INTERVIEW | Bei stick & lembke kommen Aromen nicht in den Teebeutel. Die naturbelassenen Tees punkten mit natürlichem Geschmack, Bio-Anbau und transparenter Lieferkette.

INTERVIEW | Bei stick & lembke kommen Aromen nicht in den Teebeutel. Die naturbelassenen Tees punkten mit natürlichem Geschmack, Bio-Anbau und transparenter Lieferkette.

23.03.2021 | Ein Interview geführt von Deborah Iber | Bild: stick & lembke

Bei Tee wird meistens davon ausgegangen, dass nur Teeblätter in der Teemischung enthalten sind. Die meisten Tees sind jedoch zusätzlich mit Aromen von süß bis sauer versetzt. Dadurch geht der natürliche Geschmack verloren. Das Hamburger Unternehmen stick & lembke hat sich ganz dem naturbelassenen Tee verschrieben und verzichtet auf jegliche Zusatzstoffe. Außerdem ist es dem Unternehmen wichtig, Transparenz in der Teelieferkette zu wahren, damit man genau weiß, wo welches Teeblatt herkommt. Wie das Teeunternehmen das umsetzt, erzählt uns einer der Gründer, Kai Lembke, im Interview.

LifeVERDE: Ihr seid Experten für naturbelassene Tees frei von Aromen und sonstigen Zusätzen – „Die Mit Ohne“. Was bedeutet naturbelassen für euch?

Kai: Für uns sind Aromen jeder Art oder mögliche Zusätze im Früchtetee, wie z.B. Zitronensäure, Geschmacksverstärker. Wir finden, das braucht es nicht. Bei uns gibt es daher auch keine natürlichen Aromen. Das ist es, was wir meinen, wenn wir von „naturbelassen“ sprechen. Dabei verurteilen wir den Gebrauch von Aromen oder Zusätzen nicht. Wir wollen es nur bei uns nicht. 


Die beiden stick & lembke Gründer und Namensgeber Thorsten Stick und Kai Lembke (Bild: stick & lembke).

Womit sind herkömmliche Tees oft versetzt und was zeichnet den natürlichen Geschmack eurer Tees aus?

Bis zu 90% aller Tees, egal ob Fachhandel oder Supermarkt, sind in der Regel aromatisiert. Auch wenn es auf den ersten Blick nicht den Anschein hat. Aroma benötigt Süße oder Säure, um voll zur Geltung zu kommen. Deswegen enthalten Früchtetees darüber hinaus manchmal Zitronensäure, die nicht deklariert werden muss. Das schmeckt nach unserem Empfinden auch gar nicht schlecht, wenn man es intensiv mag. Doch wir mögen es rund und ausgewogen, was der Grund dafür war, warum wir vor mehr als 10 Jahren stick&lembke gegründet haben.

Nachhaltigkeit ist von Beginn an Bestandteil eurer Firmen-DNA. Welche Aspekte, neben der Natürlichkeit, sind euch dabei wichtig?

Wir finden, dass zu einem Biolebensmittel immer auch eine möglichst nachhaltige Verpackung gehört. Bisher haben wir auf Grasfaserkartons gesetzt. Mittlerweile haben wir auf paperwise® umgestellt, bei dem unsere Schachtel aus Resten der biologischen Agrarwirtschaft hergestellt wird – also aus Stängeln und Blättern. Ein hochinteressantes Projekt, wie maßgeschneidert für unsere Ziele.

Transparenz in der Lieferkette wollten wir von Anfang an, aber das stellte sich als schwieriger heraus als gedacht. Jede*r unserer Kund*innen soll wissen, wo unsere Biotees und deren Zutaten herkommen und dann selbst entscheiden, ob die Ursprünge OK für sie oder ihn sind. Da müssen wir nichts verstecken. Bei unserer neuesten Auflage haben wir dies nun endlich umgesetzt. Der Weg dahin war länger als erwartet und bindet in unserer kleinen Firma erhebliche Ressourcen. 

Woher bezieht ihr eure Teesorten denn?

Es hört sich vielleicht romantisch an, ist aber tatsächlich so und gibt uns immer wieder Anlass zur Freude: Wir machen Geschäft mit Freunden für Freunde. Egal, ob diese in Hamburg oder im schönen Marrakesch sitzen.

Unsere Teesorten kommen aus allen Kontinenten und dort aus zahlreichen Ländern. Die wichtigsten Lieferanten oder Packer kennen und besuchen wir persönlich. Dort machen wir auch unsere Audits und social Audits selbst. Wir schalten für den Import jedoch befreundete Unternehmen ein, weil wir gern auf deren Expertise im Bereich Produktsicherheit und Zollformalitäten zurückgreifen. Außerdem mischen und packen sie nach unseren Vorgaben. Das hilft uns sehr.

Durch den Bezug der Tees aus entfernten Ländern und Kontinenten wird die Lieferkette komplexer. Wie behaltet ihr den Überblick und stellt sicher, dass alle Beteiligten fair behandelt werden?

Das schaffen wir nicht mehr allein. Eine Zeitlang dachten wir, dies sei möglich, indem wir ausschließlich von Freunden kaufen und unsere Audits vor Ort selbst machen. Doch wer garantiert uns, dass der Übersetzer in Assam den lokalen Dialekt korrekt ins Englische übersetzt, wenn wir die Pflücker*innen befragen? Dafür brauchen wir Hilfe.

Wir sind deswegen schon vor Jahren Mitglied bei Ethical Tea Partnership geworden und lassen uns von „we care“ zertifizieren. Hier können wir eigentlich nie genug tun.


Die Teesorten von stick & lembke kommen alle ohne Zusätze aus und werden transparent nachverfolgt (Bilder: stick & lembke).

Wie stellt ihr außerdem sicher, dass der Tee zusatzfrei und natürlich ist bzw. bleibt?

Wir wollen es ja gar nicht anders. So ist aromatisierter Earl Grey Tee immer noch einer der absatzstärksten Teeartikel in Deutschland. Doch mit getrockneten Bergamotte-Stücken erreichen wir keinen zufriedenstellenden Geschmack. Das heißt für uns, auf eine Vermarktung zu verzichten, auch wenn es juckt.

Sehr genau beobachten müssen wir die zunehmenden Möglichkeiten zur genetischen Modifikation: Vor einiger Zeit hatte ich einen grünen Sencha in der Verkostung, der uns mit einer nuancierten Pfirsichnote im Geschmack voll überzeugte. Ein fantastischer Grüntee, der uns sicher aus den Händen gerissen worden wäre. Wir haben die Finger davongelassen, weil wir einen Einsatz von Aroma oder Genmodifikation nicht ausschließen konnten.

Anders formuliert: Der Tee war zu gut, um echt zu sein.    

Wir würden gerne eine Tee-Sorte auf ihrer Reise vom Feld bis in die Tasse begleiten. Könnt ihr unseren Leser*innen dazu einmal den Weg eines klassischen Kräutertees aus eurem Sortiment vorstellen?

Gern, aber jetzt wird es komplex. Matcha wäre einfacher gewesen. Nehmen wir mal unsere Bio Teeschönheit Kräuter & Blüten: Die Apfelstücke kommen aus der Türkei oder Deutschland, die Hagebuttenschalen aus Chile, Bulgarien, Ungarn oder Georgien, die Hibiskusblüten aus Burkina Faso, Ägypten oder dem Sudan, Melisse aus Bulgarien, Polen, Albanien, Deutschland oder Frankreich, Orangenblätter aus Paraguay oder Südafrika, Rosenblüten aus dem Iran, Sonnenblumenblüten aus Albanien oder Bulgarien, süße Brombeerblätter aus China oder Usbekistan, Süßholz aus Usbekistan, Iran, China, Ägypten, Georgien oder Kasachstan.

Nach Ankunft in Hamburg homogenisieren, zerkleinern und mischen wir diese Zutaten nach für uns exklusiver Rezeptur, zumeist bei einem befreundeten Produzenten direkt unter unserem Büro im Hamburger Hafen. Danach vernähen wir die fertige Mischung in Baumwolle in Torun, Polen. Der Produzent dort ist schon seit Ewigkeiten im Geschäft, in Hamburg aufgewachsen und begleitet uns als Freund und Geschäftspartner weit länger als wir selbstständig sind. Von dort aus liefern wir in alle Supermärkte, die unsere Sorten führen möchten.

Das werden immer mehr und hat für uns an Tempo zuletzt deutlich zugenommen. Allein in Deutschland liefern wir in weit über 1.000 Märkte. Per Ende 2023 erwarten wir, in über 2.000 Märkten zu finden zu sein.

Danke für den Einblick! Ihr seid im Bereich Nachhaltigkeit stetig dabei, neue Lösungen zu finden. Was sind aktuelle Schwierigkeiten und wie möchtet ihr diese optimieren?

Insbesondere in Assam, aber auch in Darjeeling, gibt es zahlreiche Arten von Insekten oder Schlangen in einem Bioteegarten, denen man als Pflücker nicht unbedingt begegnen möchte. Deswegen pflücken diese lieber in konventionellen Gärten und setzen sich einer möglichen Pestizidbelastung aus. Kann ich nachvollziehen, denn ich traue mich an einigen Orten auch nicht ins Biofeld hinein, schon gar nicht in kurzen Hosen.

Ein Sandkorn aus der Sahara schafft es mit etwas Wind locker bis nach Deutschland. Ein Glyphosatmolekül kann sowas auch – weltweit. Und das kann dazu führen, dass eine Familie oder Genossenschaft die Ernte nicht mehr zu einem angemessenen Preis als Bio verkaufen kann.

Abdrift über Tausende Kilometer hinweg ist eine teure Ungerechtigkeit, für die der Biobauer nichts kann. Wir kennen dafür aktuell keine Lösung, was sehr frustrierend ist, wenn eine Analyse auffällig geworden ist und wir uns sicher sind, dass der Biobauer ordentlich arbeitet. Im schlimmsten Fall stellt er von Bio auf konventionell um, weil die Risiken von Abdrift oder Kontamination in einer überbevölkerten Welt nicht mehr beherrschbar sind.

Das ist ein Trend, der zunimmt und uns ratlos macht.

Vielen Dank für das Interview, lieber Kai!

Dir schwebt nun auch noch eine Frage im Kopf herum, die du gerne an stick & lembke stellen möchtest?

Dann schreib sie in die Kommentare - wir freuen uns auf den Austausch mit dir!

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