Grüne Wirtschaft

Spielkarten für mehr Gerechtigkeit und weniger Stereotype

INTERVIEW | Diskriminierung, Sexismus und Rassismus sind nach wie vor weit verbreitet. Vielfältig und gendergerecht designte Spielkarten wollen dagegen ankämpfen.

INTERVIEW | Diskriminierung, Sexismus und Rassismus sind nach wie vor weit verbreitet. Vielfältig und gendergerecht designte Spielkarten wollen dagegen ankämpfen.

20.12.2021 | Ein Interview geführt von Deborah Iber | Bild: Spielköpfe


Die herkömmlichen Spielkarten für Mau-Mau oder Skat kennen wir alle – mit „typisch“ langhaarigen Damen, Buben mit Bart und männlichen Königen. Verschiedene Nationalitäten, individuelle Merkmale oder Königinnen kommen nicht vor. Sam und Jana ist diese stereotyphafte Abbildung aufgefallen und sie haben sich dazu entschieden, neue Spielköpfe zu gestalten, die vielfältige Abbildungen von vielfältigen Menschen zeigen. Damit möchten sie Stereotype aus dem Weg räumen und eine spielerische Möglichkeit bieten, auf Diskriminierung, Rassismus und Sexismus aufmerksam zu machen und zu sprechen.

Im Interview erzählt uns Jana, wie genau es dazu kam, warum gerade diese Themen den beiden Gründerinnen wichtig sind und welche Rolle die Umweltfreundlichkeit bei den Spielköpfen spielt.

LifeVERDE: Jana, du und Sam habt zusammen Spielköpfe ins Leben gerufen, um gegen Diskriminierung voranzugehen. Wie kam es dazu und wieso liegt euch das Thema am Herzen?

Jana: Mit den Spielköpfen wollen wir spielerisch auf Sexismus, Rassismus und Stereotype aufmerksam machen und uns für eine gerechtere Welt einsetzen. Das machen wir unter anderem über das ganz normale Kartenspiel.

Sam hatte die Idee zu der Veränderung des Kartenspiels während dem Karten spielen. Zusammen haben wir uns darüber geärgert, dass es nur Könige und keine Königinnen gibt. Außerdem haben wir uns gefragt, warum alle Personen in dem normalen Kartenspiel gleich und stereotyphaft aussehen. Über ein Drittel der Menschen in Deutschland erleben regelmäßig Diskriminierung – und Diskriminierung entsteht unter anderem durch Stereotype.

Mit unserer Arbeit wollen wir unterbewusste Stereotype aufbrechen und zum Nachdenken anregen. Deshalb haben wir die Bildsprache von dem ganz normalen Kartendeck geändert und Personen vielfältig abgebildet. Wir haben verschiedene Künstler*innen gesucht, eine Crowdfunding Kampagne geplant und die ersten gendergerechten, vielfältigen und nachhaltigen Spielkarten produziert.

Besonders auf Sexismus und Rassismus wollt ihr durch eure innovativen Spielkarten aufmerksam machen. Wieso ist es euch persönlich wichtig, gerade in diesem Bereich aktiv zu werden?

Sexismus und Rassismus sind in unserer Gesellschaft immer noch weit verbreitet. Menschen werden durch Sexismus und Rassismus direkt benachteiligt. Diskutiert wird darüber vor allem im akademischen Kontext. Deshalb haben wir uns gefragt, wie wir es schaffen, Menschen im Alltag zu erreichen und auf die Problematik aufmerksam zu machen. In Bildern, zum Beispiel in Spielen, sind hauptsächlich weiße Männer abgebildet. Alle anderen Menschen haben häufig weniger Sichtbarkeit oder werden stereotyphaft abgebildet. Bilder prägen jedoch unser Denken und genau deshalb wollen wir vielfältig Menschen in unterschiedlichen Positionen abbilden.

Wie sehen eure Spielköpfe aus und was unterscheidet sie von den herkömmlichen, uns allen bekannten, Spielkarten?

Bei den Spielköpfe Spielkarten gibt es neben dem König auch eine Königin auf der K-Karte. Alle Buben, Damen und König*innen bilden wir vielfältig ab, z.B. gibt es eine Dame mit kurzen Haaren oder einen blinden König. Gezeichnet sind die Karten von sieben verschiedenen Künstler*innen. Die Zahlen und Symbole bleiben gleich, spielen kann man damit also wie gewohnt.


Die Spielköpfe sind vielfältig und individuell, so wie unser Gesellschaft (Bild: Spielköpfe).

Wie genau können eure Spielkarten zu mehr Bewusstsein im Bereich Diskriminierung beitragen?

Der Austausch über schwierige Themen wie Rassismus oder Sexismus ist bei vielen Menschen mit Unsicherheiten und Angst verbunden. Durch eine unverkrampfte Atmosphäre bei einem Spieleabend können solche Themen einfacher zugänglicher gemacht werden und regen zum Nachdenken an. Gleichzeitig soll Spielen Spaß machen und Menschen zusammenbringen. Dazu brauchen wir vielfältigere und gerechtere Bilder, in denen sich ganz unterschiedliche Menschen wiederfinden können.

Umweltfreundlichkeit liegt euch auch am Herzen, daher lasst ihr eure Spielkarten bei einer Cradle to Cradle zertifizierten Druckerei drucken. Erkläre einmal, was diese Druckerei und damit eure Karten auszeichnet.

Wir lassen unsere Karten nach den höchstmöglichen Nachhaltigkeitsstandards bei der Druckerei Gugler in Österreich drucken. Dadurch garantieren wir, dass sowohl Papier als auch Farben keine CMR-problematischen (das bedeutet krebserregende, erbgutverändernde oder reproduktive) Stoffe beinhalten. Das Papier ist FSC-zertifiziert und ideal geeignet für Recycling, Kompostierung oder Verbrennung. Die Karten werden außerdem klimapositiv gedruckt, es werden also 110 % der Emissionen kompensiert, welche bei der Produktion anfallen.

Ihr bietet auch Workshops zu den genannten Themen an. An wen sind diese gerichtet und wie laufen sie ab?

Unser Workshop-Angebot richtet sich an total unterschiedliche Gruppen. Workshops geben wir beispielsweise für Schulklassen und FSJ-Gruppen, aber auch für Unternehmen und Universitätsgruppen. Unsere Workshops sind immer interaktiv gestaltet, sodass ein Raum für Diskussionen und Austausch entstehen kann.

Beispiele unseres Workshop-Angebots sind die Themen Privilegien, Frauen in der Gründung oder dem weiblichen Zyklus im Arbeitsalltag. Wir passen die Workshops individuell an und freuen uns mit unterschiedlichen Menschen in Austausch zu kommen.

Wie nehmen die Verbraucher*innen euer Spielkarten-Konzept an und welche sind eure häufigsten Zielgruppen?

Viele Menschen freuen sich über die Spielköpfe Spielkarten und die Bilder aus den Karten. Unser Ziel ist es mit dem Kartenspiel möglichst viele Menschen zu erreichen, ob in der Schule, in der Kneipe oder im Casino. Wir wollen Menschen im Alltag auf Stereotype aufmerksam machen und zum Nachdenken anregen.

Welche Aspekte wollt ihr - mit oder ohne Spielkarten – bezüglich der Problematik Diskriminierung verbessern?

Wir wünschen uns diskriminierungssensiblere Spielsituationen und weniger Stereotype im Alltag. Wir setzen uns für weniger Diskriminierung und mehr Aufmerksamkeit gegenüber immer noch existierenden Diskriminierungsstrukturen ein. Mit jedem verkauften Deck und mit unseren Workshops wollen wir auf alltägliche Stereotype aufmerksam machen und einen Beitrag dazu leisten, dass Spielen allen Spaß machen kann. Ganz nach unserem Motto: Ändere dein Spiel, um zu ändern, wie du denkst.

Vielen Dank für das Interview, liebe Jana!

Dir schwebt nun auch noch eine Frage im Kopf herum, die du gerne an Spielköpfe stellen möchtest?

Dann schreib sie in die Kommentare - wir freuen uns auf den Austausch mit dir!

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Mehr zum Thema: Was uns bewegt im Juni: Weltweite antirassistische Demos und gegenseitiges Verständnis

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