Grüne Wirtschaft

"Stellen Bienen Rechnungen?"

Pavan Sukhdev hat eine Wandlung vom erfolgreichen Banker zum Grünen Rechnungsleger hingelegt und ist überzeugt: "Gratis geht nicht lange gut". Im Interview mit forum erklärt der Banker, Naturschützer und Autor des Buches "Corporation 2020", wie zukunftsfähige Unternehmen arbeiten.

Pavan Sukhdev hat eine Wandlung vom erfolgreichen Banker zum Grünen Rechnungsleger hingelegt und ist überzeugt: "Gratis geht nicht lange gut". Im Interview mit forum erklärt der Banker, Naturschützer und Autor des Buches "Corporation 2020", wie zukunftsfähige Unternehmen arbeiten.

Von Nadine Michelberger - forum

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Herr Sukhdev, als ehemaliger Leiter der Abteilung "globale Märkte" der Deutschen Bank Indien kennen Sie den Konzern besser als die meisten Nachhaltigkeitsverfechter und Kritiker des Bankensektors. Was trägt die Deutsche Bank zur Nachhaltigkeit bei?

Eigentlich eine ganze Menge! Die Deutsche Bank London, bei der ich viele Jahre gearbeitet habe, bezieht seit 2008 ihren gesamten Strom aus erneuerbaren Energien. Global hat sich die Deutsche Bank das Ziel gesetzt, bis 2013 CO2-neutral zu sein. Auf ihrer Internetseite hat sie einen "Kohlendioxid-Zähler" eingerichtet, um das Bewusstsein für die Treibhausgas-Emissionen zu stärken. Sie war der wichtigste Unterstützer von "Solar Impulse", dem Flugzeug, das mit Sonnenenergie fliegt. Ich war wirklich froh, all diese Entwicklungen um mich herum miterleben zu können.

Sie wurden mit Ihrer Studie "The Economics of Ecosystems and Biodiversity" (TEEB) berühmt. Was hat Sie dazu bewegt, der Natur einen monetären Wert zuzuschreiben?

Ich habe mich oft darüber gewundert, warum manche Dinge Geld kosten und andere nicht. Man bezahlt für einen Kinofilm, aber nicht für den wunderschönen Sonnenuntergang. Saubere Luft, reines Wasser, ein stabiles Klima, die Bestäubung der Pflanzen - all diese Dinge sind sehr wertvoll für uns. Aber wir geben dafür kein Geld aus. Oder hat Ihnen schon einmal eine Biene eine Rechnung zukommen lassen? Aber genau diese "ökonomische Unsichtbarkeit" der Ökosystem-Dienstleistungen ist das Problem: Sie sind wie eine "kostenlose Mahlzeit", aber auf Dauer kann das nicht funktionieren. Wir verlieren tatsächlich Naturkapital. Also dachte ich: Wenn wir den ökonomischen Wert der Natur bestimmen könnten, dann wären wir auch in der Lage, diese Tatsachen in den Köpfen von Politikern und Ökonomen zu verankern. Ein paar Freunde und ich begannen, diese Idee in meinem Heimatland Indien umzusetzen. Nach und nach wurde die Öffentlichkeit auf unsere Arbeit aufmerksam und würdigte sie. Daraufhin wurde ich als Leiter der TEEB-Studie ausgewählt.

Nach Abschluss der Studie nahmen Sie Ihren Job bei der Deutschen Bank nicht mehr auf. Warum?

Am Ende meiner Auszeit im Februar 2011 verließ ich die Bank, da es nun so viel Neues in meinem Leben gab, das ich unbedingt angehen wollte: Ich wollte interessierte Länder bei ihrem Übergang in eine "Green Economy*" unterstützen, Unternehmen und Staaten beraten, wie sie aus der TEEB-Studie Nutzen ziehen können, das angesehene "McCluskey Stipendium 2011" der Universität Yale annehmen und mein Buch "Corporation 2020" schreiben, und und und . All das, so dachte ich, müsste ich aufgeben, ginge ich zurück. Also wagte ich den Sprung und gab meinen Job bei der Deutschen Bank auf.

Hat uns Rio+20 in irgendeiner Weise näher an die "Green Economy" gebracht?

Ehrlich gesagt habe ich mir keine großen Hoffnungen auf überzeugende Ergebnisse bei Rio+20 gemacht. Es ist sehr schwierig, 193 Länder dazu zu bewegen etwas einstimmig zu beschließen, vor allem wenn sie ihre Wettbewerbsfähigkeit gefährdet sehen. Trotzdem ging ich hin, da ich hoffte, dass "Green Accounting*" bei Unternehmen und Regierungen einen Aufschwung erfahren würde.

Außerdem dachte ich, selbst wenn dies nicht eintreffen würde, würde mir zumindest die breite Öffentlichkeit Gehör schenken und meine Botschaft hören: Heutige Unternehmen - ich nenne sie "Corporation 1920" - MÜSSEN sich zu sogenannten "Corporations 2020" weiterentwickeln, um eine "Green Economy" verwirklichen zu können. Glücklicherweise erfüllten sich beide Hoffnungen und deshalb bin ich durchaus zufrieden mit dem Resultat aus Rio. Natürlich könnten Sie nun sagen: Ihre Erwartungen waren ja auch entsprechend niedrig. Aber mal ehrlich: Wer hatte denn hohe?

Sie unterscheiden zwischen der "Corporation 1920", der "Brown Economy*", in der wir heute leben, und der grünen "Corporation 2020". Was sind die zentralen Unterschiede?

Die Corporation 1920 ist ständig auf Wachstumsjagd, koste es was es wolle. Ein solches Unternehmen agiert aggressiv und unreflektiert. Es verschuldet sich offensiv und bringt gewaltige Summen für Lobbyarbeit auf, um die Politik zu seinen Gunsten zu beeinflussen. Es bringt zwar private finanzielle Gewinne für seine Anteilseigner hervor, verursacht jedoch enorme Verluste für die Natur und die Gesellschaft. Es ist nicht so, dass es seine negativen Externalitäten einfach nur versäumt zu bemessen oder einzudämmen, vielmehr sieht dieses Unternehmen sie als Mittel zur Gewinnmaximierung.

Von Davos zur SusCon nach Bonn - Pavan Sukhdev im Profil

Pavan Sukhdev war bis 2011 sehr erfolgreich bei der Deutschen Bank tätig. Er gründete die Unternehmensberatung GIST Advisory und leitete die "The Economics of Ecosystems and Biodiversity"(TEEB)-Studie sowie die "Green Economy Initiative" des Umweltprogramms der Vereinten Nationen (UNEP). Zudem sitzt er im Gremium von "Conservation International" und des "Stockholm Resilience Centre". Außerdem ist er Autor des Buches "Corporation 2020".

2010 und 2011 war Sukhdev Sprecher des "World Economic Forums" in Davos.

Dieses Jahr wird Pavan Sukhdev Hauptredner bei der SusCon, der internationalen Konferenz zu Sustainable Business and Consumption in der UN-Stadt Bonn sein. Die Veranstaltung findet vom 27. bis 28. November mit dem Thema "Green Economy" statt.

www.suscon.net




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