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Nachhaltige E-Bikes aus dem 3D-Drucker

   INTERVIEW | E-Bikes aus dem 3D-Drucker? Das klingt nach Utopie, doch bei Urwahn wird das zur Wirklichkeit.

   INTERVIEW | E-Bikes aus dem 3D-Drucker? Das klingt nach Utopie, doch bei Urwahn wird das zur Wirklichkeit.

29.11.2021 | Ein Interview geführt von Maximilian Jagielski und Saphira Conradi | Bild: Unsplash

Die Firma Urwahn hat es sich zur Aufgabe gemacht, ökologisch vertretbare E-Bikes zu bauen, die darüber hinaus technologisch hochwertig und regional gefertigt werden. Im Interview erfährst du, wie man ein Fahrrad aus dem 3D-Drucker herstellt, woher der Name Urwahn kommt, und wie die Firma die Akkus ihrer Fahrräder umweltfreundlicher machen will.

LifeVERDE: Ramon, bitte stell uns dein Unternehmen doch einmal vor.

Ramon: Urwahn ist ein Bike Start-Up aus dem Herzen Mitteldeutschlands. Zusammen mit Sebastian Meinecke, unserem kreativen Kopf, wurde Urwahn 2017 gegründet. Sebastian fertigte schon während seines Studiums in seiner eigenen Bike Manufaktur mit viel Liebe zum Detail über 60 Einzelstücke an. Als leidenschaftlicher Fahrradfahrer wollte er mehr Menschen zum Umsatteln auf eine umweltbewusste Art der Fortbewegung motivieren. So entstand bereits 2014 die Idee zu Urwahn. Es sollte ein Bike entwickelt werden, das nutzerorientiert ist und die Menschen mit einem puristischen Design und technischen Raffinessen auf ganzer Ebene begeistert. Als Technologiepioniere wollen wir Menschen so im urbanen Raum mit smarten, fairen und maßgeschneiderten Lösungen mobilisieren. Entstanden sind so unsere Urwahn Bikes mit ihrem einzigartigen Design und Funktion. Die Besonderheit ist bei uns natürlich der Rahmen, der aus 3D-gedruckten Verbindungselementen besteht, jene Teile, die die Rohre miteinander verbinden. So entsteht auch der „Urwahn“-typische Knick, denn im Gegensatz zu herkömmlichen Fahrradrahmen läuft das Rohr vom Sattel nicht nach unten zum Tretlager, sondern biegt vorher zur Radaufhängung hin ab.

Warum der Name "Urwahn"?

Der Name Urwahn leitet sich aus den Begriffen Urbanität und Wahnsinn ab und das wird bei uns auch gelebt. Wir sind ein verrücktes Team, dass bewusst mit Traditionen bricht und außerhalb des Rahmens denkt. Mit einer interdisziplinären Zusammensetzung aus Designjunkies, CAD-Jongleuren, Markenvirtuosen, Kundenmagneten, Rechenschiebern & Code-Liebhabern ist uns eine Symbiose aus vielfältigen Kompetenzen gelungen, die sich gegenseitig respektieren und schätzen. Wir streben nach Perfektion und leben die Schönheit und Einfachheit bis in das kleinste Detail.

Zei junge rotblonde Männer

Hier seht ihr die Gründer von Urwahn (Bild: Urwahn).

Was genau hat es mit euren 3D-Drucker Fahrrädern auf sich? Was unterscheidet sie von anderen E-Bikes?

Wie schon erwähnt sehen unsere Urwahn Bikes anders aus als herkömmliche Fahrräder. Der Fokus liegt hierbei auf unserem innovativen Rahmenkonzept, dass sich aus 3D-gedruckten Verbindungselementen aus Stahl und tiefgezogenen CrMo-Stahlrohren zusammensetzt. In Feinarbeit wird jede Fügestelle fromschlüssig verschliffen. Dies verleiht all unseren Stahlrahmen den unverwechselbaren Charakter und lässt diese wie aus einem Guss erscheinen. Ohne dieses Fertigungsverfahren gäbe es keine Softride-Geometrie mit dämpfenden Fahreigenschaften und keine nahtlos-organische Formsprache. Die Beugung im Rahmen ist dabei nicht nur optisch ansprechend, sondern generiert ein völlig neues und komfortables Fahrerlebnis. Außerdem können Verkabelung und Sattelklemme dezent im Rahmen verschwinden. Somit konnten wir ein Bike kreieren, dass sich nicht nur anhand des Designs von anderen Herstellern abhebt, sondern auch mit Fahrkomfort und technischer Ausstattung auftrumpft.

Durch den 3D-Druck haben wir neue Möglichkeiten in der Gestaltung und Dimensionierung hochkomplexer Bauteile. Wir können schnell Änderungen vornehmen, was auch Einzel- und Maßanfertigungen in Zukunft möglich machen kann. Auch aus ökologischer Sicht ist das Verfahren ressourcenschonender im Vergleich zu konventionellen Verfahren, weil fast kein Ausschuss entsteht. Des Weiteren können wir mit einer kurzen Lieferkette trumpfen. Besonders in dieser Zeit, in der viele Fahrradhersteller mit Lieferengpässen zu kämpfen haben sind wir durch die Produktion in Deutschland im Vorteil was das Timing angeht.

Was ist die größte Herausforderung bei der Herstellung nachhaltiger E-Bikes?

Konventionelle Fahrradrahmen werden zum größten Teil in Asien hergestellt. Ein Rahmen legt hierbei einen Weg von mehr als 15.000 km zurück. Ein Weg der mit dem Flugzeug oder dem Schiff zurückgelegt wird. Entgegen dem Branchenstandard wird der innovative Urwahn Stahlrahmen vollständig in Deutschland gefertigt. Auch der finale Zusammenbau unterliegt sehr hohen Qualitätsansprüchen und findet in der Nähe unseres Unternehmenssitzes in Magdeburg statt. Desweitern beziehen wir eine Vielzahl unserer Premiumkomponenten bereits von deutschen Herstellern. Hier ist aber wahrscheinlich auch die größte Herausforderung bei der Herstellung nachhaltiger E-Bikes. Rund 90% unserer Komponenten kommen aus Deutschland (ca. 75%) und Europa (15%), die restlichen 10% beziehen wir noch aus Fernost. Viele Bike Premiumkomponenten werden in Fernost produziert, wo gleichwertige Alternativen in Europa noch fehlen. Wir sind jedoch bereits dran die 10% weiter zu reduzieren.       

Mann auf E-Bike

Das 3D-Bike in der "Waldwiesel"-Edition (Bild: Urwahn).

Was ist mit den Akkus? Sind die nicht per se umweltschädlich?

Das ist tatsächlich die größte Frage, die sich beim Thema E-Bike im Bezug auf Nachhaltigkeit zu stellen gilt, denn bei der Herstellung und der Entsorgung fallen Treibhausgase an. Hier muss man in Betracht ziehen wie das E-Bike verwendet wird. Stellt das E-Bike die Alternative zum Auto da, werden die Treibhausgase laut dem deutschen Umweltbundesamt bereits nach 100 km Fahrt ausgeglichen, wenn man diese mit den eingesparten PKW-Kilometern vergleicht. Auch für das Recycling der Akkus hat die Branche bereits Lösungen gefunden, die dafür sorgen, dass 50 – 70% der Akkus wiederverwendet werden können. Natürlich ist dies noch keine perfekte Lösung, aber es tut sich sehr viel in der Branche und ich denke, dass wir in der Zukunft eine gute Lösung gefunden haben werden.

Was denkst du könnt ihr in eurer Branche hinsichtlich mehr Nachhaltigkeit erreichen?

Auch wenn das Fahrrad eine emissionsfreie Fortbewegung garantiert, wird in der Fahrradbranche größtenteils auf eine nachhaltige, umweltbewusste Fertigung und Materialbeschaffenheit verzichtet. Mit unserem eigens entwickelten Fair Frame Prädikat wollen wir die Fahrradbranche und auch die Gesellschaft für die Verwendung von fair hergestellten und gehandelten Produkten sensibilisieren. Unser Stahlrahmen erweist sich als ehrwürdiger und langlebiger Vorreiter. Ganzheitlich in Deutschland produziert unterliegt dieser einer nachhaltigen Werkstoffpolitik. Die Verwendung des ursprünglichen Werkstoffs Stahl begünstigt vor allem die Materialrückführung, da sich dieser gegenüber Carbon und Aluminium deutlich besser verarbeiten, reparieren und verwerten lässt. Im Schadensfall kann Stahl als Wertstoff eingeschmolzen werden und erneut verwendet werden. Wir versuchen dadurch den Produktlebenszyklus zu schließen.

Wir stellen immer in Frage was wir tun und auch was andere in unserer Branche machen. Mit unserem Fair Frame Prädikat erhoffen wir uns, dass auch andere Hersteller in der Branche mit auf den Zug aufspringen und z.B. ihre Produktion zurück nach Deutschland holen. Es muss nur präsenter in den Köpfen verankert werden, wie absurd es doch ist, aus Nachhaltigkeitsaspekten auf das Fahrrad als Fortbewegungsmittel umzusteigen, welches vorher einmal um die halbe Welt geflogen ist. Unsere Mission ist es, dies zu unterstützen. Ich denke auch, dass die Lieferengpässe, in den fast nun letzte zwei Jahren, dazu beitragen werden, dass mehr und mehr Hersteller sich wieder auf den Europäischen Markt konzentrieren werden.

rotes E-Bike mit Bein

Das Flaggschiff: Der "Platzhirsch" (Bild: Urwahn).

Was könnt ihr persönlich noch tun, um noch nachhaltiger zu werden?

Wir kommunizieren immer sehr offen, dass wir noch lange nicht am Ziel angekommen sind und geben selbstkritisch zu, dass es bis zu einem klimaneutralen Unternehmen noch ein sehr langer Weg sein wird. Wie schon gesagt, sind wir selber noch auf einige Lieferanten angewiesen, die zahlreiche Anbauteile in Fernost produzieren. Dies ist ein Punkt, den wir fokussieren und wo wir auch schon zeitnah Verbesserungen sehen werden können. Wir befinden uns in einem nachhaltigen Transformationsprozess, dem wir fortlaufend mit viel Energie und Zeit nachgehen. Mit unserem Fair Frame Prädikat gehen wir den Schritt in die richtige Richtung.

Vielen Dank für das Interview, lieber Ramon!

Dir schwebt nun auch noch eine Frage im Kopf herum, die du gerne an Urwahn stellen möchtest?

Dann schreib sie in die Kommentare - wir freuen uns auf den Austausch mit dir!

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