Grüne Wirtschaft

Lehm als universeller, nachhaltiger Baustoff

INTERVIEW | CLAYTEC bietet verarbeiteten Lehm als Baustoff in verschiedenen Einsatzgebieten an: Von Dämmmaterial bis hin zur Lehmfarbe. Im Interview erfährst du mehr.

INTERVIEW | CLAYTEC bietet verarbeiteten Lehm als Baustoff in verschiedenen Einsatzgebieten an: Von Dämmmaterial bis hin zur Lehmfarbe. Im Interview erfährst du mehr.

07.01.2022 | Ein Interview geführt von Nora Malitz | Bild: Unsplash

Lehm ist umweltfreundlicher als viele herkömmliche Baustoffe und laut CLAYTEC ganz verschieden einsetzbar: Ob als Dämmmaterial, Putz oder Farbe: Die Firma bietet Lehm in vielen Varianten an. Im Interview erfährst du, wie der Gründer von CLAYTEC auf die Idee gekommen ist und was genau Lehm als Baustoff so nachhaltig macht.

LifeVERDE: Peter, wie bist du auf die Idee gekommen, Lehm als Baustoff zu vermarkten?

Peter: Die Idee Lehm als Baustoff verfügbar zu machen reifte bereits zu Beginn der 80er Jahre. Viele Menschen waren zu dieser Zeit bereits willens, Fachwerkhäuser authentisch zu sanieren, auch fiel das Augenmerk dabei immer wieder auf den Baustoff Lehm, allerdings fehlte es an logistischer, maschineller und personeller Infrastruktur. In den 80er Jahren haben wir als Familie Lehmbauarbeiten am Fachwerkprojekt Tho-Rieth-Hof durchgeführt. Der Tho-Rieth-Hof in Viersen war zu diesem Zeitpunkt seit Jahren die Versuchsbaustelle unserer Familie zu Techniken der Denkmalpflege und eben auch zum Lehmbau. Die Architektin, spezialisiert auf Denkmalpflege, war meine Mutter, Inge Breidenbach, die zur gleichen Zeit ebenfalls als Architektin für ein altes verfallenes Fachwerk-Bauernhaus in Neuss beauftragt war. Der Bezug zum traditionellen Bauhandwerk wurde mir also quasi bereits mit in die Wiege gelegt, ich stamme aus einer Architektenfamilie, die vorrangig im Bereich der Denkmalpflege tätig war. Die Eigentümer und Bauherren des verfallenen Fachwerk-Bauernhauses in Neuss, Familie Batt, hatten die Lehmbauarbeiten am Fachwerkprojekt Tho-Rieth-Hof der Familie Breidenbach in Viersen besichtigt und wünschten sich eine gleichartige Ausführung mit Stroh-Leichtlehm. Die Denkmalpflege unterstützte den Ansatz einer klassischen Fachwerkrestaurierung des Kollenberger Hofes in Lehmbautechniken mit Begeisterung, weil diese Baustelle die erste Baustelle im damaligen Westdeutschland war, bei der Lehmbauarbeiten gewerblich ausgeführt werden sollten.

Hier war die Idee geboren, Lehmbau Breidenbach zu gründen. Im Alter von 21 Jahren übernahm ich somit meinen ersten großen Bauauftrag. Lehmbau Breidenbach war als erste Firma in Deutschland überhaupt im Lehmbau tätig.

Was macht Lehm als Baustoff so nachhaltig?

Das wohl naheliegendste Argument für Lehm sind die ökologischen Vorteile. Als natürlicher Baustoff besitzt er sehr gute bauphysikalische und baubiologische Eigenschaften. Lehmbaustoffe lassen sich dem „Cradle-to-Cradle“ Prinzip zuordnen. Definiert als Ansatz für eine stetige Kreislaufwirtschaft bedeutet „Cradle-to-Cradle“ sinngemäß „vom Ursprung zum Ursprung“. Produkte, die dem „Cradle-to-Cradle“ Ansatz zugeordnet werden sind 100% biologisch abbaubar oder wiederverwendbar. So ist Lehm als kreislaufgerechtes Produkt beliebig oft wiederverwendbar und ressourcenschonend. Von der Gewinnung, über die Veredlung, vom Einbau über die Nutzung bis hin zur erneuten Nutzung irgendwann gilt: Für kaum ein anderes Baumaterial wird so wenig Energie aufgewendet. CO²-Emission entfällt bei erdfeuchten Lehmmischungen nahezu vollständig. Die Festigkeit und Bindekraft von Lehm gibt uns die Natur gratis. Außerdem sind Lehmputze sehr robust und dauerhaft. Sollte doch einmal eine Reparatur notwendig werden, kann das Material problemlos mit reinem Wasser angelöst und ergänzt werden. Dies unterscheidet Lehm von allen anderen Baustoffen. Die Verarbeitung des Rohstoffs erfolgt ohne den Zusatz von chemischen Inhaltsstoffen. Ton ist das Bindemittel und Farbgeber, sodass auf natürliche Weise mehr als hundert verschiedene Farbtöne entstehen. Ein weiterer Vorteil ist, dass Lehm als thermischer Speicher mit seinen wärmespeichernden Eigenschaften dazu beiträgt Heizaufwand zu reduzieren und Energiekosten einzusparen. Lehm bietet also eine Vielzahl an Vorteilen.

Bagger mit Lehm

So wird der Lehm transportiert (Bild: CLAYTEC).

Ihr bietet Lehm an um zu verputzen, dämmen und sogar um Oberflächen zu gestalten. Warum ist Lehm so vielfältig einsetzbar?

Lehm ist in der Verwendung extrem vielfältig - bei CLAYTEC bieten wir vom Lehmstein oder Lehm-Trockenbauplatten bis hin zum Lehm-Designputz oder der Lehmfarbe, für jedes individuelle Bauprojekt das passende Produkt an. Lehm ist leicht zu verarbeiten, extrem robust und dauerhaft, so eignet sich der ökologische Baustoff als Dämmung, für den Trockenbau, als Putz oder für die Oberflächengestaltung. Mit dem ökologischen Baustoff Lehm stehen Interessenten alle Gestaltungsmöglichkeiten offen. Für die Oberflächengestaltung wird bei CLAYTEC beispielsweise ein Farbtonsystem von 146 verschiedenen, natürlichen Erdfarbtönen geboten, ohne Zugabe von Pigmenten oder Farbstoffen. Durch seine Vielfältigkeit kann Lehm für jedes Bauvorhaben ideal genutzt werden, egal ob für historische Fachwerkbauten, für ein modernes Neubauprojekt oder für eine Sanierung im Bestand; Lehm ist der ideale Baustoff für jedes Bauvorhaben. Ziel unseres Unternehmens war und ist es, den Baustoff Lehm, der sich durch hervorragende Umwelteigenschaften ausweist, für das heutige Bauen verfügbar zu machen und ihn in dessen Strukturen zu integrieren.

Was sind bisher die größten Herausforderungen gewesen?

Seit dem Beginn unserer Arbeit mit dem Baustoff Lehm als handwerklichem Betrieb konnten wir nie jemanden fragen, wie wir etwas machen können oder sollen, oder wie eine Leistung kalkuliert wird. Zuletzt war Lehm als Notbaustoff nach dem zweiten Weltkrieg eingesetzt worden und hatte dann schnell seine Bedeutung verloren, weil es vermeintlich bessere Materialien gab. Es gab für uns bis auf ganz wenige Bücher, die natürlich bestenfalls das Wissen der 50er-Jahre wiedergaben, keinerlei Literatur oder Anleitungen. Fast alles musste, zumindest was die Notwendigkeiten gewerblicher Verwendung angeht, neu erarbeitet werden. Da waren z.B. kalkulatorische Fehler vorprogrammiert. Gravierende handwerkliche Fehler sind uns glücklicherweise nicht unterlaufen. Hinzu kam, dass es keinerlei Maschinen für eine effiziente handwerkliche Verarbeitung gab auch diese mussten vollständig neu entwickelt werden. Als wir dann mit der Herstellung von Lehmbaustoffen begannen, musste in diesem neuen Gebiet ebenfalls wieder alles, von den Kalkulationen bis zu den Anlagen, neu konstruiert und gebaut werden. Selbstverständlich auch wieder mit Fehlversuchen, aber unter dem Strich sehr erfolgreich. Eigentlich hat sich an dieser innovativen wegbereitenden Tätigkeit bis heute nichts verändert.

Rückblickend hat uns dieser Weg unglaublich viel Freude bereitet, die größte Herausforderung war es aber immer wieder, von dieser Arbeit Außenstehende, wie z.B. natürlich auch Banken, zu überzeugen.

Lehm als Dämmung

Lehm kann auch zum Dämmen verwendet werden (Bild: CLAYTEC).

Was bieten Lehmbaustoffe für die aktuellen energetischen Fragen beim Bauen?

Mit leichten Beimengungen wie Holzhackschnitzel können Lehmdämmstoffe hergestellt werden, sie sind für sensible Aufgaben wie die Innendämmung von Fachwerkwänden geeignet.  Ihre großen Vorteile haben die grundsätzlich schweren Lehmbaustoffe aber als thermische Speicher für den sommerlichen Hitzeschutz, die Raumtemperatur bleibt angenehm kühl. Im Winter heizen sich die Bauteilmassen auf und geben ihre Wärme bei Bedarf an den Wohnraum ab. Das schafft eine stabile Temperierung: Im Sommer kühl – im Winter warm. Auch die besondere Fähigkeit Luftfeuchtigkeit zu speichern trägt zu diesem thermischen Effekt bei. Dazu kommt das Raumklima: Das ökologische, schadstofffreie Baumaterial wirkt ausgleichend, schafft atmungsaktive Oberflächen, bindet Gerüche und senkt das Risiko von Schimmelbildung. Besonders attraktiv ist die Kombination aus Wandflächenheizungen und CLAYTEC-Lehmputzen, da Lehm als Strahlungswärme in deutlich größerem Maß abgibt als andere mineralische Materialien. 

Was wollt ihr mit CLAYTEC noch erreichen?

Der Klimawandel ist eine der größten Herausforderungen unserer Zeit. Unser derzeitiger Umgang mit Energie und Rohstoffen entscheidet darüber, wie wir und vor allem unsere nachfolgenden Generationen, in den kommenden Jahren leben werden. Die EU-Kommission stuft daher das "Nachhaltige Bauen" als einen der sechs Leitmärkte der Zukunft ein. Zugleich sind 40% des Gesamtenergie-Verbrauchs in der EU dem Gebäudesektor zuzurechnen. Sie verursachen etwa 35% aller Treibhausgasemissionen. Ohne nachhaltige Baustoffe sind die Ziele der EU-Klimapolitik also nicht zu erreichen. CLAYTEC ist Spezialist auf dem Gebiet der ökologischen Baustoffe und mit über 35 Jahren Erfahrung der richtige Partner, um in diesem Bereich zu unterstützen. Wir wollen demnach noch mehr Menschen auf die Notwendigkeit des ökologischen Bauens aufmerksam machen. Lehmbaustoffe sind die Antwort auf viele Fragen im leider nicht sehr nachhaltigen Bauwesen. Wir müssen alle gemeinsam daran arbeiten, unsere Natur und unsere Existenz zu unterstützen – und der Bausektor hat einen maßgeblichen Anteil daran.

Mann nutzt Lehm zu verputzen

Lehm ist auch zum Verputzen beliebt (Bild: CLAYTEC).

Was wünscht ihr euch von anderen Baustoffherstellern in Bezug auf Nachhaltigkeit?

Wir wünschen uns mehr Offenheit und Transparenz, aber auch Willen, etwas verändern zu wollen. Viele Hersteller/-innen konventioneller Baustoffe sehen keine Notwendigkeit, Aspekte der Nachhaltigkeit und des Klimaschutzes wirklich aktiv zu berücksichtigen. In diesem Bereich wird leider viel mehr gesagt als getan. Wir würden uns wünschen, dass alle Unternehmen aus der Baubranche Verantwortung für ihre Produkte übernehmen und daran arbeiten, Konsumenten und Konsumentinnen entsprechend aufzuklären. Der Bauherr oder die Bauherrin entscheidet letztendlich, was in sein/ihr Haus kommt -  wenn er/sie aber nicht weiß, was gut oder schlecht für die Umwelt ist, fällt die Bewertung häufig zugunsten des kostengünstigsten Produktes aus. Durch die mangelnde Berücksichtigung zukünftiger Entsorgungskosten oder Umweltsteuern sind es dann leider immer noch die konventionellen Baustoffe, die gewählt werden. Wir sind uns aber sicher: Konsumenten und Konsumentinnen würden sich für die nachhaltige Produkte entscheiden, wenn sie wüssten, wie sie sich, ihre Gesundheit und unsere Umwelt damit schützen.

Vielen Dank für das Interview, lieber Peter!

Dir schwebt nun auch noch eine Frage im Kopf herum, die du gerne an CLAYTEC stellen möchtest?

Dann schreib sie in die Kommentare - wir freuen uns auf den Austausch mit dir!

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