UMWELTHAUPTSTADT.de: Herr Bege, Sie sind Experte auf dem Gebiet der Solarthermie und der Geschäftsführer des Unternehmens B&S Wärmetechnik und Wohnen Reinhard Bege. Warum beschäftigen Sie sich seit vielen Jahren intensiv mit Solarthermie, also Sonnenheizungen?
REINHARD BEGE: Die meisten Bundesbürger wohnen in Deutschland in 1-3 Familienhäusern. Dort benötigt man nur 5-10 % der Gesamtenergie in Form von Strom, über 90 % für die Heizung und Warmwasser. Wenn ich das Benzin für das Auto dazu zähle, wird der Stromanteil pro Haushalt noch geringer.
Als Hausbesitzer muss ich also in erster Linie etwas gegen meinen Heizkostenanstieg tun. Da ist kostenlose Sonnenenergie die langfristig beste Lösung.
Sie bemängeln die fehlende Lobby-Arbeit für die Solarthermie. Weshalb sollte das Thema in Deutschland mehr Aufmerksamkeit erhalten?
Hinter der Photovoltaik-Industrie stehen Weltkonzerne und Großunternehmen. Bei der Solarheizung gibt es keinen deutschen Marktführer, d. h. es hat kein deutsches Unternehmen Interesse Geld zu investieren, um Ausländern Geschäftsmöglichkeiten zu eröffnen. Der Kunde sollte wissen, dass der Wirkungsgrad bei Solarheizungen am Dach 5 x so hoch ist wie bei PV. Selbst nach Speicherverlusten hat der Kunde immer noch mehr als doppelt so viel Energie pro € Investition. Ein mündiger Kunde fühlt sich deshalb von der Solarstrom-Lobby „auf den Arm genommen“.
Ein spannendes Thema sind die sogenannten Sonnenhäuser. Wie rüsten Sie ein Objekt zum Sonnenhaus um?
Bei Bestandsbauten wird ein großer Wassertank im Keller aufgebaut. Das können 10 – 20.000 Liter je nach Konzept sein, eventuell ist auch ein alter Öltank geeignet. Dort kann ich im Gegensatz zu Strom, der nur 24-48 Stunden speicherbar ist, die Wärme wochen- oder monatelang sammeln und speichern.
Für welchen Gebrauch eignen sich Wärmepumpen?
Die Wärmepumpe ist im Gegensatz zum „Hochglanzprospekt“ keine Lösung für alle. Als ehrlicher Berater – nicht Verkäufer – muss man von vielen Konzepten abraten. Eine Wirtschaftlichkeit ist an mehrere Faktoren geknüpft: wenig Warmwasserbedarf, am besten ein 2 Personen-Rentner-Haushalt, Neubau mit Luftdichtigkeit, sehr guten Fenstern, perfekter Dämmung und Fußbodenheizung mit geringer Temperatur. Im Altbau ist dieser Standard aber sehr teuer und damit häufig unwirtschaftlich.
Was ist eine Solarspiegelheizung und welche Vorteile bietet sie?
Eine Solarspiegelheizung, oder sagen wir besser Solarheizung mit verstellbaren Spiegeln hat eine gleichmäßigere Jahresleistung, da es dem Spiegel egal ist, ob es 20 Grad oder minus 20 Grad hat. Die Spiegel verlieren keine Wärme und der kleine Absorber auf den die Strahlen gebündelt werden ist sehr effektiv.
Sie werben für die Nutzung von Pellets, weshalb?
Pellets wurden vor 10 Jahren als Bastelei belächelt. Inzwischen ist die Nutzung sehr zuverlässig geworden und wartungsarm. Das gilt aber nur für wenige Kesselhersteller und auch nur wenn der Heizungsfachbetrieb Erfahrung hat. Erfahrung bedeutet für mich, täglicher Umgang (wie bei Öl und Gas) und nicht 3 Kessel pro Jahr. Das 2. Argument für Pellets ist der Preis. Für Öl zahle ich über 50 % mehr, bei Ölhöchstständen waren das auch schon 100 % mehr wie bei Pellets. Wie es mit Öl und Gaspreisen weiter geht, ist sehr sehr schwer abzuschätzen. Bei Pellets weiß ich aber, dass ich einen ökologischen, täglich nachwachsenden, überwiegend aus Deutschland stammenden Brennstoff habe. Die in Deutschland erzeugte Holzmasse wird zu 20-30 % nicht genutzt, d. h. wir haben jedes Jahr mehr Holz in den Wäldern – Gibt es einen anderen Brennstoff mit mehr Sicherheit?
Ein oft diskutierter Nachteil von Pellets ist der hohe Platzbedarf. Haben Sie hierzu ein Gegenargument?
Der „Nachteil“ kommt von der Öl-Lobby die immer weniger Kessel verkauft. In Dänemark wurden heuer Ölkessel für Neubauten sogar verboten. Richtig ist, dass in der Regel der Öltankraum vollständig für einen Jahresbedarf Pellets ausreicht. Ich kann aber auch alle 6 Monate tanken oder 50 % Brennstoff über neue Fenster + Dämmung sparen oder 30-60 % über eine Solaranlage. Dann reicht der Platz garantiert. Oft werden nur 3-4 qm benötigt. Wenn der Platz wirklich einmal zu klein sein sollte kann ich auch einen Speicher im Dach bauen, einen Meter meiner Garage abteilen oder ein Gartenhaus als Pelletlager verwenden. Bis ca. 20 m vom Kessel entfernt ist das überhaupt kein Problem.
An welchen Stellen in den Häusern Ihrer Kunden decken Sie die meisten Energieeinsparungsmöglichkeiten auf?
Die Liste ist wirklich lang. Viele Kunden können alleine mit Anlagenoptimierungen schon 20 – über 30 % sparen. Die Enegiesparpotenziale reichen vom Hydraulischen Abgleich, über Kesselzuluftführung, Heizraumisolierung, Rohrisolierung, Hydraulik, Regelungstechnik, Regelungseinstellung, nicht vorhandenem Außenfühler, einem Heizkreismischer bis zu Heizungspumpen die 5 – 10 x mehr Strom verbrauchen als notwendig.
Die Energieverschwendung ist haarsträubend. Der Kunde weiß nicht was er machen soll und der Heizungsbauer sagt oft nichts.
Wie geht man am besten beim Thema Förderung beispielsweise für Heizanlagen vor?
Die Fördermittel sind erheblich. Die meisten unserer Kunden erhalten zwischen 5 – 10.000 € ausbezahlt. Es gibt Bundesfördermittel, regionale Fördermittel, nicht rückzahlbare Darlehen und billige Zinssätze. Meist prüfen wir das für den Kunden, falls der Energieberater das nicht schon gemacht hat.
Anschließend erstellen wir die Antragsunterlagen unterschriftsreif für unsere Kunden. Für die meisten Kunden wäre das zu schwierig oder zu riskant da bei Fehlern die Förderung abgelehnt werden kann.
Wie stellt sich die Situation von Mietern dar, haben auch sie die Möglichkeit eine Energiemodernisierung beim Vermieter einzufordern respektive Förderungen zu beantragen?
Leider gibt es kein Streikrecht für Mieter die von Ihrem Vermieter benachteiligt werden. In der Praxis wissen über 90 % der Vermieter nicht was Ihnen an Fördermitteln zusteht. Schlaue Vermieter haben erkannt, dass es für Sie wirtschaftlicher ist, die Heizkosten drastisch zu senken und lieber die Kaltmiete etwas anzuheben. 50 % Heizkostenreduzierung sind in der Regel problemlos darstellbar. Auch für Vermieter die nicht investieren wollen oder das Geld lieber in andere Maßnahmen stecken gibt es eine Lösung. Contracting. Hier baut der Contractor eine neue Heizanlage, am besten inkl. Solarkollektoren und liefert preisgünstig die Wärme an die Mieter.
Welche Zukunftsthemen stehen bei Ihnen auf der Agenda und in welche Richtung werden Sie B&S Wärmetechnik und Wohnen Reinhard Bege weiter entwickeln?
Es gibt täglich neue Innovationen. Strom und Wärmetechnik sollten nicht als Konkurrenz angesehen werden sondern gemeinsame Lösungen bieten. Strom- und Wärmespeicher haben noch viel Entwicklungspotenzial. Strom wird erst dann wirklich zur Energiewende beitragen können wenn wir elektrisch Auto fahren. Bis dahin müssen wir unsere Wärmekosten minimieren. Das geht schon heute problemlos mit Solarheizungen. Ob die Restenergie dann mit einem stromerzeugenden Pelletskessel, einem Micro BHKW, einem gasbetriebenen Stirlingmotor, mit einer Brennstoffzelle oder mit etwas anderen erzeugt wird sollte eingehend geprüft werden.
Die einzige Tendenz die immer deutlicher wird ist die neuerdings „Hybridheizung“ genannte Strategie die Wärme über verschiedene Erzeuger bereit zu stellen. Die Mischung könnte z. B. so aussehen: 40 % kostenlose Solarenergie, 40 % könnte eine Pellets- oder Gasheizung beisteuern und 20 % würde ein wasserführender Kachelofen beisteuern. Solche Systeme lassen sich auch Stück für Stück nachrüsten und bieten eine größtmögliche Sicherheit, Zuverlässigkeit und Energieersparnis.
24.03.2014
Ich bitte um Informationmaterial über die neuen Spiegel-Solar-Thermie-Module, sowie Informationen über Ihren Vortrag auf der IHM in Mücnchen.
Vielen Dank.