Grüne Wirtschaft

„Erst wenn der verantwortungsvolle Einkauf zu einem positiven Erlebnis wird, lassen sich alte Gewohnheiten leichter ablegen.

Michael Weber, Gründer von Bonsum zeigt im Interview die aktuellen Herausforderungen auf, um Menschen für nachhaltigen Konsum zu begeistern und erläutert neue Ansätze.

Michael Weber, Gründer von Bonsum zeigt im Interview die aktuellen Herausforderungen auf, um Menschen für nachhaltigen Konsum zu begeistern und erläutert neue Ansätze.

UMWELTHAUPTSTADT.de: Die Plattform Bonsum belohnt ihre Kunden für nachhaltigen Konsum. Wie funktioniert das genau?

MICHAEL WEBER: Bonsum bietet eine Übersicht über den fragmentierten Online-Markt nachhaltiger Produkte und Dienstleistungen. Entscheiden sich Kunden über unsere Seite bei einem gelisteten Partner-Shop einzukaufen, erhalten Sie für Ihren Einkauf Bonets, unsere Bonuspunkte. Wie viele Bonuspunkte ein Nutzer erhält ist abhängig vom Wert des Warenkorbs sowie der Provision des jeweiligen Shops. Einige Shops, z.B. Ökostrom-Anbieter, bezahlen uns eine feste Provision anstatt einer variablen Provision für die Anmeldung. Dies leiten wir auch so an unsere Kunden weiter - ganz ohne zum gläsernen Kunden zu werden.

Die beim Einkaufen über Bonsum gesammelten Bonuspunkte kann man entweder als Rabatt für den Kauf weiterer Einkäufe verwenden, spenden oder Bäume pflanzen.
Verraten Sie uns, wie viele Konsumenten sich für jeweils welche Option entscheiden?

Wir sind mit unserer Plattform am 18.07.2014 gestartet und konnten in dieser kurzen Zeit bereits 3 gepflanzte Bäume verzeichnen. Einkaufsgutscheine und Spenden wurden bisher noch keine eingelöst. Das liegt vielleicht auch an dem bisher noch relativ kleinen Kreis an Spendenpartnern. Wir arbeiten aber gerade daran, neue Projekte einzubinden und freuen uns auch hier über Vorschläge unserer Nutzer.

Welches sind die 3 Branchen in denen aktuell auf Verbraucherseite am stärksten auf Nachhaltigkeit geachtet wird beim Einkauf und warum?

Aus dem Bericht des Umweltbundesamtes „Grüne Produkte in Deutschland“ gehen die Branchen nachhaltiges Wohnen, nachhaltige Mobilität sowie Bio-Lebensmittel als derzeit umsatzstärkste Branchen der nachhaltigen Wirtschaft hervor.

Für energieeffizientes Wohnen wurden 2012 in Deutschland rund 14 Mrd. Euro ausgegeben. Diese Spitzenposition wird sicherlich von den seit Jahren ständig steigenden Strompreisen sowie der eingeleiteten Energiewende gefördert. Wer heute etwas sparen will investiert lieber in die eigenen 4 Wände statt in niedrig verzinste Kapitalanlagen.

Auch im Bereich nachhaltige Mobilität geben wir Deutschen fast genau so viel Geld aus. Unsere Städte und Straßen werden immer voller und der Sprit immer teurerer. Da ist es nicht verwunderlich, dass immer mehr preissensible Menschen beginnen sich mit neuen, günstigeren Alternativen zu beschäftigen. ÖV und Car-Sharing sind auch für uns ein großes Thema. Mit Drive-Now und einem Fernbusanbieter haben wir schon erste Partner für nachhaltige Mobilität gewinnen können.

Die wahrscheinlich am stärksten diskutierte Branche sind Biolebensmittel. Für Biolebensmittel und Produkte aus nachhaltiger Fischerei gaben wir 2012 rund 8 Mrd. Euro aus. Mehr und mehr Menschen achten auf eine gesunde und ausgewogene Ernährung und greifen dabei gerne zu Bioprodukten. Wir freuen uns über diesen Trend und möchten diese Entwicklung weiter unterstützen.

Welches sind die 3 Branchen in denen verantwortungsbewusster Konsum aktuell (noch) keine große Rolle spielt? Haben Sie auch hierfür eine Vermutung oder Erklärung?

Gerade in den Bereich Mode, Elektronikartikel und E-Commerce sehen wir aktuell noch Nachholbedarf.

Miserable Arbeits- und Produktionsbedingungen sind in der Bekleidungsindustrie noch immer keine Seltenheit. Zwar haben die meisten Modeunternehmen mittlerweile eine eigene CSR-Abteilung haben, hier tut sich aber einfach noch zu wenig. Ständig wechselnde Designs und Trends gaukeln dem Kunden vor, nicht mehr aktuell gekleidet zu sein, dass darunter meist Qualität und Umwelt scheint für viele Menschen wohl zweitrangig zu sein. Im E-Commerce liegt der Nachholbedarf besonders bei den hohen Retouren-Quoten. Wo 50% der Artikel zurückgehen, entstehen unnötig viele Transportwege und somit Emissionen. Bequemlichkeit und kostenloser Versand und Rückversand verleiten die Kunden zum maßlosen Shoppen. Was nicht passt oder gefällt wird einfach zurück geschickt. Ähnlich gehen wir mit Elektronikartikeln um. Alle 2 Jahre tauschen wir unsere Smartphones gegen ein neues aus. Das alte landet dann meistens einfach in der Schublade, obwohl es noch voll funktionsfähig ist.

Ein Umdenken und das Ablegen alter Gewohnheiten sind mühsam. Während bei Lebensmitteln der Griff zum Bioprodukt für die meisten Menschen noch plausibel ist, man ernährt sich mit Bio gesünder, bedeutet verantwortungsvoller Konsum in den oben genannten Branchen auch erstmal ein Stück weit Verzicht. Und das ist für viele dann doch noch zu unbequem.

Wie könnte man die breite Masse an Verbrauchern zu nachhaltigem Konsum motivieren? Welche Anreize glauben Sie funktionieren am besten?

Wir glauben, dass es wichtig ist Kunden aufzuklären, dauerhaft zu ermutigen und für nachhaltigen Konsum zu belohnen. Erst wenn der verantwortungsvolle Einkauf zu einem positiven Erlebnis wird, lassen sich alte Gewohnheiten leichter ablegen. Diesen Effekt verstärken wir indem wir unseren Kunden die Möglichkeit geben gleich 2x etwas Gutes zu tun. Wer beim Einkauf die richtige Wahl trifft und BIO kauft, kann mit genügend Punkten auch noch ein ökologisches oder soziales Projekt unterstützen. Wenn wir somit eine kritische Masse zum dauerhaften Umdenken bewegen können, wird auch die Industrie  nachziehen und verantwortungsvoller mit der Umwelt umgehen.

Sollte nachhaltiger Konsum ausschließlich auf einem Anreizsystem für Konsumenten basieren oder sollte die Politik auch deutlich strengere Auflagen für Unternehmen vorgeben?

Ein Umdenken der breiten Masse erfordert sicherlich mehrere Ansätze. Strengere Auflagen der Politik wären in manchen Fällen durchaus wünschenswert. Die Energiewende ist z.B. ein erster Schritt zu einem verantwortungsvollen Umgang mit unserer Umwelt. Grundsätzlich glauben wir aber, dass ein Umdenken aus der Mitte der Gesellschaft heraus kommen muss. Aber auch hier kann der Staat helfen, indem er nachhaltige Produktion stärker subventioniert.

Wie beurteilen Sie die Zahlungsbereitschaft der Konsumenten für nachhaltige Produkte? Sollte nachhaltige Qualität künftig zum Zusatznutzen werden, der nahezu nichts extra kostet?

Natürlich würden wir es begrüßen, wenn nachhaltig produzierte Lebensmittel, etwa durch Subventionen, zukünftig erschwinglicher würden. Herr Rehn, Geschäftsführer von Alnatura, hat  in einem Interview dazu kürzlich etwas höchst Interessantes gesagt. Würde man die Kosten für die Umweltbelastungen in den Lebensmittelpreis einkalkulieren, wären Bio-Produkte zukünftig die günstigeren Lebensmittel. Auch wenn es noch nicht so weit ist, die stetig wachsende Nachfrage an Biolebensmitteln zeigt, dass Kunden durchaus bereit sind für nachhaltig produzierte Produkte etwas mehr zu bezahlen.

Wie können Verbraucher erkennen, ob ein Unternehmen nur ein CSR-Image pflegt oder tatsächlich umweltfreundliche und ethisch korrekte Produkte herstellt?

Das ist in der Tat nicht immer einfach. Viele Unternehmen haben zwar eine eigene CSR-Abteilung, haben das Thema Nachhaltigkeit aber nicht in ihrer Unternehmens-DNA verankert. Wir orientieren uns bei der Auswahl unserer Partner an den Ratings von Rank-a-Brand und bekannten BIO und Fair Trade Siegeln. Auf unserer Seite führen wir außerdem eine Liste der Siegel, an denen sich Verbraucher beim Einkauf orientieren können.

Wagen Sie einen Blick in die Zukunft, wie wird unser Konsumverhalten in 10 Jahren aussehen?

In 10 Jahren werden mehr Menschen bewusster konsumieren. Das bedeutet nicht, dass wir weniger kaufen werden, aber wir werden vermehrt auf recycelte Produkte, neue, innovative und nachhaltige Materialien setzen. Auch bei den Lebensmitteln glauben wir, dass sich dieser Trend fortsetzen wird. Zudem werden Marken durch das Internet transparenter und  für schlechte Arbeitsbedingungen etwa schneller abgestraft. Eine positive Entwicklung, die wir weiter fördern möchten.

Wie wird sich Bonsum weiterentwickeln? Haben Sie auch Feedback Ihrer Nutzer erhalten, das Sie mit einfließen lassen?

Wir ermuntern unsere Nutzer ständig ehrliches Feedback zu geben. Uns ist es wichtig, dass das Bonusprogramm nach den Vorstellungen unserer Kunden wächst. Welche Shops im Angebot bleiben und welche Spendenpartner aufgenommen werden entscheiden letztendlich die Bonsumer. Das bisher erhaltene Feedback ermutigt uns weiterzumachen. Wir bekommen viel Zuspruch und viele neue Anregungen. Im nächsten Schritt werden wir uns bemühen unser Bonusprogramm auch offline verfügbar zu machen um langfristig mit Bonsum eine digitale Währung zu schaffen, die durch nachhaltigen Konsum generiert wird. Es lohnt sich also regelmäßig auf www.bonsum.de vorbeizuschauen.



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