Grüne Wirtschaft

„Saubere Technologien boomen – trotz aller Rückschläge!"

Martin Stuchtey, Leiter des McKinsey Global Center for Sustainability über die aktuelle McKinsey-Studie "Myths and Realities of Clean Technologies".

Martin Stuchtey, Leiter des McKinsey Global Center for Sustainability über die aktuelle McKinsey-Studie "Myths and Realities of Clean Technologies".

UHS: In der aktuellen Studie mit dem Titel “Myths and Realities of Clean Technologies” widmet sich McKinsey der Zukunft von sauberen Technologien (Clean Technologies). Welches sind die wichtigsten Ergebnisse?

MARTIN STUCHTEY: Kurz zusammengefasst: Saubere Technologien boomen – trotz aller Rückschläge. Unter dem Begriff „Clean Technologies“ fassen wir Produkte und Prozesse, die die Umweltauswirkungen im Baugewerbe, Transport, Energie- und Wassersektor sowie in der Abfallwirtschaft reduzieren. Wie bei anderen noch nicht am Markt etablierten Technologien auch folgt auch hier die Entwicklung nach der üblichen Chronologie aus Übertreibung, Enttäuschung und Konsolidierung – bevor sich die Produkte schließlich am Markt durchsetzen. Dieser Prozess ist gekennzeichnet durch das Ausscheiden nicht wettbewerbsfähiger Unternehmen – wie wir es in den vergangenen Jahren zum Beispiel in der Solarindustrie gesehen haben.

Und was war der Anlass für die Studie?

Unser Ziel war es, einen realistischen Blick auf den globalen Status Quo zu bekommen. Dazu haben wir 16 Technologien genau unter die Lupe genommen: Von fortgeschrittenen Bauverfahren, Fahrzeugen mit alternativen Antrieben, über Recycling, Biomasse, „Carbon Capture and Storage“ bis hin zur Wassertechnologie. Klar ist: Saubere Technologien sind schon lange kein Nischenthema mehr.

Was heißt das konkret?

Einige Technologien haben wir als disruptiv identifiziert – das heißt, dass sie ganze Branchen und die Wertschöpfungsstrukturen durcheinander wirbeln. Damit verändern sie gewissermaßen die „Spielregeln“ für ganze Branchen – so wie es zum Beispiel die Einführung der Mobiltelefonie seit den 1990er-Jahren getan hat. Wir sehen disruptives Potenzial unter anderem bei neuen Gebäudetechnologien, in der Landwirtschaft, in der Steuerung der Energienetzlast sowie bei Energiespeichern, neuen Antrieben für Autos und bei intelligenten Transportsystemen.

 

Wie geht es nun weiter mit den sauberen Technologien? Wird es in den nächsten Jahren einen plötzlichen Durchbruch geben oder verläuft die Entwicklung eher kontinuierlich?

Viele der Technologien sind bereits aus den Kinderschuhen entwachsen und haben ihre Marktfähigkeit unter Beweis gestellt. Beispiel Windenergie: Zwischen 2006 und 2012 ist die installierte Kapazität weltweit um 25 Prozent gestiegen – im Jahr. Dasselbe – wenn auch auf einem niedrigerem Level – gilt für die Photovoltaik, die sogar um 57 Prozent jährlich zugelegt hat. Andere Technologien wie LEDs sind aktuell dabei, den Lichtmarkt zu revolutionieren. Der Preis für LEDs ist in den vergangenen fünf Jahren um mehr als 85 Prozent gefallen. Grundsätzlich gilt: Saubere Technologien werden durch die Bank Jahr für Jahr wettbewerbsfähiger.

 

Auf welchen Gebieten kann der Standort Deutschland eine Vorreiterrolle übernehmen?

Deutschland hat bei vielen Technologien bereits lange Erfahrung, beispielsweise in den erneuerbaren Energien oder bei der energetischen Optimierung von Gebäuden. Und durch die Energiewende ist die Frage nach bezahlbarer, sauberer Energie noch stärker ins gesellschaftliche Zentrum gerückt. Deutschland ist darüber hinaus aber auch stark in der Erarbeitung neuer Geschäftsmodelle. Wir haben hierzulande zahlreiche Unternehmen, die im Management ihrer Materialströme über das bereits bekannte Recycling – das immer ein „Downgrading“ der eingesetzten Materialien bedeutet – hinausdenken und versuchen, geschlossene Materialkreisläufe zu konzipieren. Insgesamt sehen wir, dass die Kreislaufwirtschaft, die „Circular Economy“ ein großes Potential hat. Hierbei werden die eingesetzten Materialien eben nicht nur recycelt, sondern gleichwertig in einem neuen Kontext genutzt. In den nächsten Jahren werden wir in diesem Bereich noch viele neue Ideen wie zum Beispiel Materialleasing sehen. Innovation findet also nicht nur in den Labors und Forschungszentren statt, sondern auch in den Strategieabteilungen und Vorstandsbüros.

Wo sehen Sie aktuell die größten Hindernisse für den nationalen sowie globalen Ausbau von Clean Technologies? Wie könnte man diesen Wandel beschleunigen?

Vier Faktoren müssen zusammen kommen, damit saubere Technologien am Markt erfolgreich sein können. Erstens müssen die Kosten der alternativen Technologien sich den Preisen der konventionellen Konkurrenten annähern. Dies geschieht vor allem durch einen effizienteren Produktionsprozess und höhere Stückzahlen. Zweitens müssen Unternehmen, die saubere Technologien entwickeln, für ihre Innovationen Zugang zu Kapital erhalten. Drittens müssen die Marktzugangsvoraussetzungen, also Vertrieb und Geschäftsmodelle, professioneller werden. Und viertens ist eine entsprechende Regulierung notwendig, die den Vorteilen sauberer Technologien – wie ihren geringeren externen Kosten für die Gesellschaft – Rechnung trägt. Wenn diese vier Faktoren erfüllt sind, werden saubere Technologien nicht aufzuhalten sein.

 




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