UMWELTHAUPTSTADT.de: Hydrogenious Technologies ist ein weltweiter Pionier im Bereich der Wasserstoff- und Energiespeicherung auf Basis von flüssigen, organischen Wasserstoffträgern.
Welches Problem lösen Sie und wie lässt sich Ihre innovative Technologie einfach erklären?
CORNELIUS VON DER HEYDT: Wasserstoff ist weltweit das am zweit-häufigsten genutzte Industriegas nach Erdgas. Dank seiner hohen gravimetrischen Energiedichte (33,33 kWh pro kg), bietet er der Wirtschaft außerdem hervorragende Möglichkeiten zur Speicherung von Energie.
Allerdings ist die Speicherung und Handhabung von Wasserstoff extrem schwierig und teuer. Zum einen ist Wasserstoff das leichteste Molekül und somit hochflüchtig, zum anderen ist er in Verbindung mit Sauerstoff sehr leicht entflammbar und hoch explosiv.
Wir von Hydrogenious Technologies lösen dieses Problem mit unserer innovativen LOHC-Technologie. Diese ermöglicht eine sichere und effiziente Wasserstoffspeicherung und ‑distribution mittels flüssiger organischer Wasserstoffträger (engl: Liquid Organic Hydrogen Carrier: LOHC).
Hierbei wird der molekulare Wasserstoff mittels speziell von uns entwickelten und gefertigten Anlagen chemisch an eine Trägerflüssigkeit gebunden und bei Bedarf wieder freigesetzt. Dadurch kann der Wasserstoff unter Umgebungsbedingungen – d.h. unter atmosphärischem Druck und Temperatur – ungefährlich transportiert und gespeichert werden. Und das über Monate hinweg ohne Verluste.
Das revolutionäre daran ist, dass das von uns genutzte Trägermaterial nicht nur nicht-toxisch und schwer entflammbar ist, es wird zudem bereits in der Industrie genutzt und ist somit sehr leicht und günstig verfügbar.
Hinsichtlich der Speicherdichte erzielen wir Werte, die mit Wasserstoffspeicherung bei über 2.000 bar Druck vergleichbar sind – einem Wert, der mechanisch nicht darstellbar ist. Auf Energiewert bezogen sind das knapp 2 MWh/m³, das entspricht dem ca. 10-fachen einer Li-Ionen Batterie.
Wer steckt hinter Ihrem Startup?
Unser Startup ist ein Spin-off der Uni Erlangen-Nürnberg, welches im Jahr 2013 von unserem Geschäftsführer Dr. Daniel Teichmann gemeinsam mit den drei Professoren Arlt, Schlücker und Wasserscheid gegründet wurde. Dieses Team hatte, zusammen mit weiteren Wissenschaftlern bereits seit 2009 an der Universität an dem Thema LOHC geforscht. Seit einem Jahr sind wir nun auch operativ am Markt tätig und bieten aktuell 18 Mitarbeitern, hauptsächlich Verfahrenstechnikern, Chemie- und Maschinenbauingenieuren, einen extrem innovativen und abwechslungsreichen Arbeitsplatz.
Unser hoch motiviertes Team wird neben unserem CEO von drei weiteren Führungskräften geleitet, die allesamt auf ihrem jeweiligen Themengebiet - Sales & Marketing, Produktentwicklung, Projektmanagement - jahrelange Erfahrung in Beratungs- und Industrieunternehmen gesammelt haben.
Im Rahmen der Series A Finanzierungsrunde im Juli letzten Jahres konnte Hydrogenious Technologies Anglo American Platinum – den weltweit führenden Produzenten von Platinmetallen - als strategischen Investor gewinnen. Diese Investition verleiht unserem Unternehmen die nötige Finanzkraft zur Entwicklung unserer Prototypen und der Kommerzialisierung unseres Produktportfolios.
Wie lassen sich Ihre Produkte konkret beschreiben und welche Zielgruppen und Märkte bedienen Sie aktuell?
Unser Produkt sind die Anlagen, die den Wasserstoff chemisch an unsere Trägerflüssigkeit binden (die sogenannte Hydrierung) und ihn ebenso wieder aus der Trägerflüssigkeit lösen (die sogenannte Dehydrierung). Aktuell bieten wir diese in Containerbauweise in der Leistungsklasse von 15kW – 300kW an. Dies entspricht einem Wasserstofffluss von 0.5kg/h bis zu 10kg/h. Die Speicherkapazität ist davon völlig unabhängig, da diese lediglich von der Menge der Trägerflüssigkeit abhängt.
Mit unserer Technologie sorgen wir schon heute für signifikante Effizienzsteigerungen im Bereich der industriellen Wasserstofflogistik. Ein 40-Tonner-LKW kann mit unserer LOHC-Technologie die fünffache Menge Wasserstoff gegenüber aktuellen Druckspeicheranhängern (250 bar) transportieren. Das entspricht alleine beim Transport einer 80-prozentigen Kosten- und Emissionseinsparung. Potentielle Abnehmer finden sich unter industriellen Wasserstoffkonsumenten (Elektro-, Glas-, Pharma-, chemische Industrie) aber auch insbesondere im Bereich der Wasserstofftankstellen. Eben diese können wir durch günstigere und sicherere Versorgung unterstützen und so einen erheblichen Beitrag für den Ausbau der Infrastruktur für Brennstoffzellenfahrzeuge liefern. So wird dieser aktuell viel diskutierten Technologie entsprechender Aufwind verschafft.
Der zweite große Bereich ist die Energiespeicherung. Der initiale Fokus liegt hier auf autarken Off-Grid Anlagen, die sich z.B. über eine PV- oder Windanlage versorgen. Dies sind insbesondere in afrikanischen und manchen asiatischen Gebieten signifikante Märkte.
Mit dem zunehmenden Ausbau der unsteten erneuerbaren Energien werden zukünftig aber auch netznahe Anwendungen in Europa wichtiger werden, da die Batterietechnologien nicht für die Speicherung großer Mengen an Energie geeignet sind und der Ausbau z.B. von Pumpkraftwerken nur sehr limitiert möglich ist.
Welche Resonanz haben Sie bisher erhalten?
Die Resonanz war bisher durchweg positiv, auch, da wir mit unserer Technologie das Kernproblem einer gesamten Industrie angehen. Dies wird auch durch die Preise, die wir in den letzten Jahren gewonnen haben (z.B. Top Start-Up Deutschland 2014, Bayerischer Gründerpreis 2014, Science4Life) deutlich. Zudem konnten wir uns bereits einige Kundenaufträge für unsere Anlagen sichern, welche wir im Laufe der nächsten Monate aufbauen und ausliefern werden. Weitere Projekte sind kurz vor Abschluss, unsere Pipeline ist also gut gefüllt.
Für uns ist diese Resonanz ein großer Ansporn, da wir immer wieder feststellen, was für einen großen Impact unsere Technologie haben kann.
An welchen Herausforderungen arbeiten Sie derzeit?
Auf Seiten der technischen Entwicklung arbeiten unsere Ingenieure an Lösungen zur weiteren Effizienzsteigerung unserer Anlagentechnik. Zudem gilt es die Anlagenkosten weiter zu reduzieren. Die aktuell laufenden Prototypen zeigen hier aber bereits sehr gute Ergebnisse und wir sind zuversichtlich das wir hier noch viel Potential freisetzen können.
Die größte Herausforderung ist sicher das Finden von Partnern und Finanzierung zur Realisierung der ersten Anlagen im Feld. Dies ist uns aber bisher sehr gut gelungen und wir werden nächstes Jahr die ersten Anlagen bei Kunden zu realen Feldtests platzieren.
Sie wurden nominiert für den Next Economy Award, der im Rahmen des deutschen Nachhaltigkeitspreises verliehen wird.
Hilft Ihnen diese mediale Aufmerksamkeit oder benötigen Sie mehr Unterstützung, um Ihre Technologie einem breiten Publikum bekannt zu machen und die richtigen Akteure zu erreichen?
Die mediale Aufmerksamkeit hilft auf jeden Fall sehr. Auch weil das vertretene Publikum beim Next Economy Award aus entsprechend relevanten und auch innovationsaffinen Branchen und Bereichen kommt. Somit sind die Streuverluste der Berichterstattung limitiert.
Natürlich wünschen wir uns noch mehr von dieser medialen Aufmerksamkeit und nehmen hier jede mögliche Unterstützung gerne an. Wir selber arbeiten hart daran die entsprechende Aufmerksamkeit auch zu rechtfertigen.
Wie sehen Ihre nächsten Meilensteine aus? Können Sie mit Ihrer Technologie weitere Einsatzfelder erschließen?
Der nächste große Meilenstein für unsere junge Firma wird die Auslieferung eines Dehydrierers zur Wasserstofffreisetzung an einen Kunden in Stuttgart sein. Dies ist für das Frühjahr 2016 geplant. In Kombination mit einer 30kW Brennstoffzelle, wird der Dehydrierer dort zur Spitzenlastversorgung eines Smart-Grids eingesetzt.
Weitere Projekte werden aktuell zudem im Bereich der Wasserstoffdistribution in den USA und Europa entwickelt und im Laufe des nächsten Jahres realisiert.
Prinzipiell bietet unsere LOHC Technologie noch weitere spannende Einsatzfelder, allerdings wollen wir uns initial auf die oben genannten Themenfelder konzentrieren und erstmal in diesen erfolgreich Fuß fassen.
Gibt es Ihrer Meinung nach alternative Möglichkeiten und Technologien, die dasselbe Problem in Zukunft lösen können?
Natürlich achten wir sehr genau darauf, welche alternativen Technologien sich im Markt entwickeln. Auf dem Gebiet der flüssigen Wasserstoffträger gibt es sowohl in Japan als auch den USA Versuche mit alternativen Trägermaterialien wie z.B. Toluol oder N-Ethyl-Carbazol. Diese weisen aber signifikante Nachteile auf. Tatsächlich war es so, dass die Gründung von Hydrogenious erst erfolgte, als man an der Universität Erlangen-Nürnberg ein alternatives Trägermaterial fand, welches auch tatsächlich kommerzialisierbar ist.
Neben den alternativen Flüssigkeiten gibt es noch das Feld der Metalhydridspeicher. Diese weisen allerdings ein sehr hohes Gewicht auf und sind daher höchstens für stationäre Anwendungen geeignet und nicht so vielfältig einsetzbar wie unsere Technologie.
Verfolgen Sie eine „große Vision“?
In der Tat haben wir die – wir glauben daran, dass mit Hilfe unserer Trägerflüssigkeit die Vision einer nachhaltigen Wasserstoffwirtschaft endlich Realität werden kann. Dann würden wir in Deutschland nicht mehr nur von einer Energiewende sprechen sondern von einer Ressourcenwende. Um das umzusetzen arbeiten wir jeden Tag hart.
KONTAKT
HYDROGENIOUS TECHNOLOGIES GmbH
Weidenweg 13
91058 Erlangen
Cornelius von der Heydt
Leiter Geschäftsentwicklung & Vertrieb
Mail: cornelius.heydt@hydrogenious.net
Web: www.hydrogenious.net