Grüne Wirtschaft

Halten nachhaltige ETFs, was sie versprechen?

Kostengünstig und mit geringem Risiko Geld investieren und etwas für die Umwelt tun - hier erfährst du, was nachhaltige ETFs bedeutet und was es zu beachten gibt.
 

Kostengünstig und mit geringem Risiko Geld investieren und etwas für die Umwelt tun - hier erfährst du, was nachhaltige ETFs bedeutet und was es zu beachten gibt.
 

06.04.2022| Ein Beitrag von Raphael Havemann| Bild: Unsplash

Zur Anlage von privatem Vermögen bieten sich heutzutage vielerlei Möglichkeiten an. Eine davon ist sehr beliebt und zeichnet sich durch geringe Kosten und meistens durch ein geringes Risiko aus: Die Investition in ETFs.

Da Nachhaltigkeit auch in der Finanzwelt angekommen ist, gibt es hier ein großes und vielfältiges Angebot an umweltschonenden und grünen Varianten. Doch was heißt es, wenn ein ETF nachhaltig ist? Wie kann ich sichergehen, dass es nicht nur leere Versprechungen sind und was ist überhaupt ein ETF?
Das erfährst du alles hier.

Was sind ETFs?

ETF steht für Exchange Traded Fund und ist ein börsengehandelter Indexfond. 
Wir nehmen uns die Begriffe mal einzeln vor:

Ein Fond ist quasi ein Topf, in den verschiedene Anleger*innen ihr Geld einzahlen. Dieses Vermögen wird von sogenannten Fondsmanager*innen genommen und  in verschiedene Aktien, Immobilien oder ähnliches investiert, um einen größtmöglichen Gewinn (Rendite) zu erzielen.

Ein Indexfond ist eine besondere Form eines Fonds, der so gut wie möglich versucht, einen Index und seine Entwicklung nachzubilden.
Ein Index ist eine Zusammenstellung von mehreren Geldanlagen, wie zum Beispiel Aktien oder Anleihen. Er repräsentiert einen gesamten Markt, Teilmarkt oder eine Investitionsstrategie und deren voraussichtliche Weiterentwicklung und dient als Orientierung für Anleger*innen. 
Beispielsweise ist die Zusammenstellung der 40 größten Aktiengesellschaften ein Index, genauer gesagt der Deutsche Aktienindex, auch DAX genannt. Ist ein ETF nun eine Nachbildung des DAX, so steigt er, sobald der Deutsche Aktienindex an Wert gewinnt und sinkt, wenn der DAX Verluste macht. 

Ist ein Fond börsengehandelt, so kann er zu den Handelszeiten der Börse durchgängig gekauft und verkauft werden. Ist er nicht börsengehandelt, so kann Kauf und Verkauf maximal einmal täglich an die Fondsmanager*innen passieren.

ETFs sind also eine Zusammenstellung unterschiedlicher Wertpapiere, die von einem/einer Fondsmanager*in geführt werden, um einen bestimmten Index nachzubilden.

Was sind die Vorteile und Nachteile von ETFs?

Kostengünstig

Der größte Vorteil von ETFs gegenüber anderen Anlageformen ist, dass ETFs deutlich kostengünstiger sind. 
Das hat verschiedene Gründe:

ETFs sind passiv verwaltet, was bedeutet, dass ein Algorithmus nach vorher festgelegten Regeln, Aktien in den Fond aufnimmt oder ausschließt.
Bei einem Fond hingegen, der aktiv verwaltet wird , kaufen und verkaufen Manger*innen Wertpapiere und führen Analysen durch, um den Wert des Fonds zu steigern.
Durch das passive Management, welches  aufwändige Analysen ersetzt, sind die Verwaltungsgebühren von ETFs deutlich geringer als aktiv verwaltete Fonds.
Dazu kommt, dass beim Kauf von aktiv gehandelten Fonds eine Gebühr anfällt. Dieser Ausgabeaufschlag muss bei ETFs nicht gezahlt werden
Für ETFs fallen insgesamt also weniger Gebühren und Kosten an, da sie in erster Linie keine aktiven Manager*innen benötigen.

Außerdem gibt es die Möglichkeit monatlich einen kleinen Betrag einzuzahlen. Dadurch können auch Personen in ETFs investieren, die weniger Geld zur Verfügung haben.

Sicherheit und Transparenz

Ein weiterer wichtiger Vorteil von ETFs ist, der auch auf die meisten Fonds zutrifft, dass in viele verschiedene Unternehmen und Branchen investiert wird. Das nennt sich Diversifikation.
Ein wichtiger Vorteil der Diversifikation ist, dass die Risiken, starke Verluste zu erleiden, erheblich reduziert werden Schließlich werden in vieleverschiedene Unternehmen aus unterschiedlichen Branchen investiert und das macht es weniger problematisch, wenn eines davon zahlungsunfähig wird.
Werden beispielsweise 10€ in ein Unternehmen investiert und dieses meldet Insolvenz an, so ist der  lediglich Verlust 10€.
Bei einer diversen Aufteilung könnten die 10€ zu gleichen Teilen von je 1€ auf zehn Unternehmen aufgeteilt werden. Fällt nun ein Unternehmen aufgrund finanzieller Probleme weg, so ist der Verlust statt 10 € nur einer.

ETFs sind dazu von der Zahlungsfähigkeit der Fondsgesellschaft unahhängig,  denn ETFs werden als Sondervermögen gezählt und müssen somit gesondert vom Vermögen des ETF-Anbieters aufbewahrt werden. Somit sind sie im Falle einer Insolvenz der Gesellschaft nicht betroffen.

Für Anfänger*innen bieten sich ETFs auch insofern an, da sie klaren, theoretischen Spielregeln folgen. Zum Beispiel sind die Erstellungsverfahren nachlesbar und transparent.
Auch hier ist ein Vorteil, dass ETFs passiv verwaltet werden und darauf ausgelegt sind, dass sie einen Index abbilden. Somit gibt es keine Überraschungen und auch keine Strategiewechsel, da alles automatisiert passiert.

Zusätzlich sei noch erwähnt, dass ETFs schnell gekauft und auch wieder verkauft werden können, da sie börsengehandelte Fonds sind.

Nachteile von ETFs

Der größte Nachteil von ETFs ist, dass sie sich nicht dafür eignen, um kurzfristig hohe Gewinne zu erzielen.
Das liegt unter anderem daran, dass einzelne Unternehmen anteilig unterrepräsentiert sind und einzelne hohe Gewinne sich nicht unbedingt in der Rendite des ETFs widerspiegeln. Das bedeutet, dass sich erst langfristig kleine Gewinne aufsummieren, sodass sich das Investieren in ETFs nur in diesem Fall wirklich lohnt.

Nachhaltigkeit bei ETFs

Was heißt es, wenn ETFs nachhaltig sind?

Bei nachhaltigen ETFs kommen weitere Kriterien dazu, nach denen ausgewählt wird, welche Unternehmen in dem Fondstopf landen und welche nicht.
Häufig werden ESG-Kriterien angelegt, nach denen die Unternehmen selektiert werden. ESG steht hierbei für Environment, Social und Governance und soll Unternehmen herausfiltern, die in den Bereichen Umweltschutz, Soziales und Unternehmensführung vorbildlich handeln. Die Kriterien selber sind nicht klar festgelegt, sodass verschiedene Zielsetzungen als Grundlage dienen können, wie die 17 Ziele der UN für nachhaltige Entwicklung.

Bei der Selektion gibt es verschiedene Ansätze, die einzeln oder gemeinsam, zur Anwendung kommen:

Häufig wird mit einem Ausschlussverfahren gearbeitet, bei dem gesamte Branchen aus dem Fond ausgeschlossen werden, wie zum Beispiel die Rüstungs-und Pornoindustrie oder das Glücksspiel. Aber auch Unternehmen, die mit Themen wie Kinderarbeit oder Tierversuchen in Verbindung gebracht werden, fliegen raus. Diese Aktien nennt man auch “Sin Stocks”.


Ein möglicher Ansatz für nachhaltige ETFs ist es, Unternehmen aus Branchen auszuschließen, die sich nicht an bestimmte Werte halten. Zu solchen Wirtschaftszweigen zählen zum Beispiel die Tabak-und Rüstungsindustrie oder auch das Glücksspiel (Bild: Pexels, Jonathan Petersson).

Ein weiterer Ansatz, der häufig Anwendung findet, ist das Best-in-Class Verfahren. Dabei werden die “umweltfreundlichsten” Unternehmen verschiedener Sektoren wie IT oder Energie ausgewählt und in den ETF aufgenommen.
Dafür gibt es verschiedene Rating-Agenturen, die einschätzen, inwiefern ein Unternehmen nachhaltig ist oder nicht, beziehungsweise in welcher Hinsicht es ESG-Kriterien erfüllt und somit entscheiden, wer am besten in welchem Wirtschaftszweig abschneidet.
Da ESG-Kriterien nicht klar festgelegte Kriterien sind, entscheidet jede Agentur selber, welche Ansatzpunkte sie der Entscheidung zugrunde legt.
 
Zum Beispiel gibt es die Agentur MSCI ESG Research, einer der größten Anbieter im Bereich Nachhaltigkeitsanalytik für ESG-Faktoren.
Dieses untersucht, inwiefern Risiken für das Unternehmen in ESG-bezogenen Bereichen vorliegen:
Zum Beispiel im Bereich Unternehmensführung könnte MSCI ESG Research abschätzen, wie groß die Gefahr ist, dass das Unternehmen in einen Korruptionsskandal verwickelt wird. Dies würde sich nämlich auch auf die Wirtschaftlichkeit auswirken, wie es zum Beispiel beim VW-Abgasskandal der Fall war.
Bei diesen Einschätzungen steht immer die Frage im Vordergrund, ob es Auswirkungen auf die Ökonomie des Unternehmens hat, welche Risiken es gibt und wie mit ihnen umgegangen wird. Der Ausgangspunkt für diese Einschätzung sind aber ausschließlich Aspekte aus dem ESG-Bereich.
Das Rating geht von der schlechtesten Bewertung CCC und B (Laggard) bis zu AA und AAA (Leader).

Zusätzlich gibt es noch die Möglichkeit, dass Unternehmen aus Fonds ausgeschlossen werden, wenn sie ein niedriges ESG-Rating haben.

Eine Frage, die sich stellt, ist, wie die Rendite von nachhaltigen ETFs gegenüber ihrem herkömmlichen Gegenstück abschneidet.
Hier lassen sich unterschiedliche Meinungen und Beispiele finden, aber in den meisten Fällen schlagen sich die nachhaltigen ETFs mindestens genauso gut wie die nicht-nachhaltigen.
Exemplarisch sei hier der MSCI World SRI Index genannt. Der MSCI World ist die Sammlung von über 1650 Aktien von Unternehmen aus 23 Industrieländern und zählt weltweit mit zu den wichtigsten Indizes.
Für den MSCI World SRI Index wurden nach den oben beschriebenen Ansätzen über 70% des Indexes aussortiert, um einen nachhaltigen Index zu erhalten. Dieser erzielt in den letzten fünf Jahren, wenn auch nur leicht, bessere Ergebnisse als der Mutterindex MSCI World.
Es ist ein Gegenbeispiel zu dem hartnäckigen Vorurteil, dass nachhaltige ETFs schlechtere Rendite bringen, als ihre nicht-nachhaltigen Pendants.

Aufgrund des Streichens von Unternehmen, die nicht den Nachhaltigkeitskriterien des Fonds entsprechen, bleiben weniger verschiedene Aktien oder Wertpapiere zurück. Somit wird der Fonds formal weniger divers und damit einhergehend steigt das persönliche Risiko, was es individuell abzuschätzen gilt.

Wie nachhaltig sind nachhaltige ETFs wirklich?

Nachhaltige ETFs klingen nach einer optimalen Möglichkeit dafür, mit wenig Risiko und Geld zu investieren und gleichzeitig etwas Gutes für Gesellschaft und Umwelt zu tun.
Allerdings sind ETFs nicht immer so nachhaltig, wie sie es versprechen. 
Zum einen liegt das daran, dass ETFs passiv verwaltet werden. Es ist ein echter Vorteil, wenn aufgrund von fehlender Strategiewechsel keine zusätzlichen Kosten anfallen und somit Geld gespart werden kann. Wenn es um Nachhaltigkeitskriterien geht, sind ETFs dadurch aber sehr unflexibel.
Schließlich müssen für automatisierte Vorgänge Standardkennzahlen- und vorgänge genutzt werden, um Unternehmen in die Kategorien nachhaltig oder nicht-nachhaltig einzuteilen.
Warum das zu Schwierigkeiten führen kann, sehen wir beim Best-in-Class Verfahren:

Der Ölkonzern Galp Energia hat 2021 zum vierten Mal von MSCI ESG Research ein AAA - Rating im Öl - und Gassektor erhalten und zählt somit dort zu den Führenden in der Branche Öl  und Gas. 
Beim Best-in-Class Ansatz werden die besten 25% oder 50% der Unternehmen eines Sektors aufgenommen. Als Sektoren gelten Immobilien, Gesundheitsheitsversorgung oder Energie. Da Öl und Gas in den Energiesektor zählt, würde der Ölkonzern mit seinem Rating nach dem Ansatz in den ETF aufgenommen werden.
Auch wenn Galp Energia mit seiner effizienten Bodennutzung und der Reduktion der CO2 Emissionen Umweltschutz in Angriff nimmt, ist ein Ölkonzern nicht unbedingt die erste Anlaufstelle, wenn es um Nachhaltigkeit geht.

Darüber hinaus gibt es das Problem, dass unterschiedliche Rating-Agenturen verschiedene Ansätze bei ihren Bewertungen vornehmen. Je nach Ansatz kann eine unterschiedliche Einschätzung herauskommen. Das führt dazu, dass das gleiche Unternehmen von der Agentur A eine durchschnittliche Bewertung bekommt, aber von Agentur B als Spitzenreiter in seinem Sektor gesehen wird. Somit könnte es aber sein, dass das Unternehmen im Fall B mit dem Best-in-Class Ansatz in den ETF aufgenommen wird, bei Fall A aber nicht und dann würde es von der Agentur abhängen, wie nachhaltig Unternehmen sind.

Sind aktiv verwaltete Fonds nachhaltiger als ETFs?

Wenn die starren Kriterien der passiv verwalteten ETFs schlussendlich dazu führen, dass diese deutlich weniger nachhaltig sind als sie vorgeben, dann sind vielleicht aktive Fonds die Lösung für das Nachhaltigkeitsproblem in den Geldanlagen?

Warum das nicht ganz so einfach ist, lässt sich an nachhaltigen Themenfonds zeigen, die aktiv verwaltet werden:

Themenfonds sind Fonds, die sich auf bestimmte Themen spezialisiert haben, wie zum Beispiel erneuerbare Energien oder Biotechnologie oder noch spezifischere wie Wasserstoffenergie.
Sind diese aktiv verwaltet, so fallen verschiedene Kosten an, wie Managementkosten. Schließlich sind nun Fondsmanager*innen mit Analysen und An-und Verkauf von Wertpapieren dafür verantwortlich, dass der Fonds gut abschneidet.
Auch fällt ein weiterer Vorteil von ETFs weg: Themenfonds sind weniger diversifiziert, da sie sich nur auf eine Branche oder auf ein Thema beziehen. Investiert ein Themenfonds zum Beispiel in Unternehmen des Sektors Curling , so fällt er im Wert, sollte der Curlingtrend abflachen.
Zusätzlich sind in einem Themenfond meist weniger Unternehmen vertreten, was die Diversifikation weiter reduziert und Themenfonds schwankungsanfälliger und risikobehafteter macht.


Aktive verwaltete Themenfonds, die sich auf Bereiche wie erneuerbare Energie beschränken, sind trotzdem nicht zwangsläufig nachhaltig (Bild: Unsplash, Zbynek Burival).

Das eigentliche Problem der nachhaltigen ETFs ist, dass diese trotz ihrer Auswahlkriterien auch Unternehmen zulassen, die nicht nachhaltig sind. Dieses Problem wird von nachhaltigen, aktiv verwalteten Themenfonds nicht zwangsläufig gelöst.
Zum Beispiel gibt es den Fond “Sustainable Energy” von Blackrocks, der Firmen wie Enel enthält. Diese investiert zwar viel Geld in erneuerbare Energien, aber auch in Bereiche wie Atomkraft oder Kohlestrom.
Ein weiteres Beispiel wären Themenfonds, die sich auf E-Autos beziehen, oder Elektromobilität allgemein. Hier tauchen auch Unternehmen der Automobilindustrie auf, wie zum Beispiel BMW, die in Elektromobilität investieren und auch in anderen Bereichen nachhaltig agieren. Andererseits verdienen sie auch ein Großteil ihres Gewinns mit Motoren, die erhöhte CO2-Emissionen haben.
Es ist zumindest nicht sofort klar, wie nachhaltig BMW und somit auch der Themenfonds nun ist.

Das Problem, welches sowohl ETFs als auch aktive verwaltete Fonds betrifft, ist, dass der Begriff Nachhaltigkeit nicht klar definiert ist, genauso wenig wie die ESG-Kriterien, die häufig zum Beurteilen der Nachhaltigkeit von Geldanlagen genutzt werden.
Dadurch kommt es immer wieder, neben den Problemen von Best-in-Class-Ansätzen, zu Uneinigkeiten, was jetzt noch als nachhaltig gilt.
Es ist sicher unstrittig, dass Unternehmen der Rüstungsindustrie ethisch schwer zu vertreten sind. Leider sind die Beispiele selten so eindeutig und man landet schnell in Grauzonen. 

Kompromissbereitschaft bei ETFs

Schlussendlich lässt sich sagen, dass nachhaltige ETFs bisher noch nicht die finale Lösung sind, um ökologisch-und ethisch risikolos Geld anzulegen.
Dafür sind die Kriterien nicht eindeutig und klar genug oder zu unflexibel  definiert, sodass immer wieder weniger nachhaltige Unternehmen in den Fonds auftauchen.
Bis diese Eindeutigkeit, wenn es sie überhaupt gibt, erreicht ist, ist es notwendig viel Energie und Zeit in die Recherche zu investieren. So kann man abzuschätzen, welche Kompromisse man eingehen möchte und mit sich vereinbaren kann. Das ist dann in jedem Fall ein Investment, welches sich lohnt.

 




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