Grüne Wirtschaft

fischer im Gespräch: Mit Erfindungsgeist und Wissenschaft zum nachhaltigen Erfolg

1948 gegründet vom Erfinder des Spreizdübels ist fischer heute eine global agierende Unternehmensgruppe, die auf eine wissenschaftlich-basierte Entwicklung nachhaltiger Produkte setzt wie bei der grünen Dübel-Variante.

1948 gegründet vom Erfinder des Spreizdübels ist fischer heute eine global agierende Unternehmensgruppe, die auf eine wissenschaftlich-basierte Entwicklung nachhaltiger Produkte setzt wie bei der grünen Dübel-Variante.

20.04.2022 | Ein Interview geführt von Anika Dewald | Bild: fischer

Es war einmal eine deutsche Industrie-Erfolgsgeschichte der Nachkriegszeit: 1948 wurde fischer in Waldachtal vom Schlosser Artur Fischer gegründet, der zehn Jahre später mit der Erfindung des Spreizdübels einen Meilenstein im Bereich der Befestigungssysteme setzte. Etwa 70 ereignisreiche Jahre später, fischer hat sich zur global agierenden Unternehmensgruppe entwickelt, geht es wieder um den Dübel – dieses Mal um die nachhaltige Variante des kleinen Kunststoffteils, das alle Heimwerker*innen kennen dürften. 

Über die Entwicklung nachhaltiger Produktalternativen und die Bemühungen der Unternehmensgruppe fischer im Bereich Umweltschutz und Nachhaltigkeit haben wir mit Christian Ziegler, dem Abteilungsleiter Nachhaltigkeit, Umwelt und Energie der fischerwerke GmbH & Co. KG, gesprochen.

Im Jahr 1980 übernimmt Prof. Klaus Fischer die Geschäftsleitung. Unter seiner Leitung entwickelte sich der noch stark auf Deutschland und auf Kunststoffdübel fokussierte Mittelständler zu einem global agierenden Unternehmen. Heute umfasst die Unternehmensgruppe fischer 50 Landesgesellschaften in 38 Ländern und beschäftigt weltweit rund 5400 Mitarbeiter*innen, davon 2000 in Deutschland. Es sind neben den Befestigungssystemen weitere Geschäftsfelder hinzugekommen wie fischertechnik, das vielen durch seine Konstruktionsbaukästen ‚Made in Germany‘ bekannt sein dürfte, fischer Automotive (hochwertiges Fahrzeuginterieur), fischer Consulting (Prozessberatung) und fischer Electronic Solutions (elektronische Systeme) die die wirtschaftliche Basis der Unternehmensgruppe verbreitern.

Dieser Erfolg, der sich über die Jahrzehnte kontinuierlich aufgebaut hat, hängt ohne Frage zu einem guten Stück an dem kleinen grauen Kunststoffteil, das alle Leser*innen kennen dürften: Der Dübel. In jeder Werkzeugtasche zu finden und im Heimgebrauch immer dann standardmäßig dabei, wenn es darum geht, Regale, Schränke, Bilder, Spiegel oder Lampe an Wand und Decke zu befestigen. Für die Öffentlichkeit ist die Marke fischer bis heute fest mit dem Dübel verbunden.

Hauptsitz von fischer in Tumlingen im Waldachtal

Der Hauptsitz von fischer dort, wo alles begann: Tumlingen im Waldachtal (Bild:fischer).

Seit 2014 gibt es nun eine ganz neue Generation fischer Dübel im Sortiment: Nachhaltige Dübel. Diese unterscheiden sich vom wohlbekannten grauen Modell zunächst einmal direkt ersichtlich durch ihre – sehr passend – grüne Farbe. Dass das aber nicht der größte Unterschied ist, dafür spricht beispielsweise die Verleihung des GREEN-BRAND-Germany-Gütesiegels an die Dübel der fischer GreenLine-Reihe oder auch die Tatsache, dass sie in Zusammenarbeit mit der TU Braunschweig entwickelt wurden als ein ausgewähltes Zukunftsprojekt der Bundesregierung für den “High-Tech-Standort Deutschland”.

1. Herr Ziegler, die mehrfach ausgezeichneten nachhaltigen grünen Dübel der fischer GreenLine aus nachwachsendem Rohstoff sind derzeit sicherlich das Vorzeigeprodukt Ihres Unternehmens in puncto Nachhaltigkeit. Welche weiteren nachhaltigen Produkte haben Sie im Angebot?

Ziegler: Unter anderem den FIS V Zero. Dieser bietet maximale Sicherheit für Mensch und Natur. Die patentierte Rezeptur kommt ohne Gefahrstoffkennzeichnung aus. Dafür wurde fischer beim Umwelttechnikpreis 2021 in der Kategorie „Emissionsminderung, Aufbereitung und Abtrennung“ ausgezeichnet. Oder unseren fischer DuoPower, den intelligenten Zweikomponenten-Dübel mit den drei Funktionen Spreizen, Klappen und Knoten. Dieser wählt je nach Baustoff automatisch das geeignete Funktionsprinzip und vermeidet damit Anwenderfehler.

2. Der erste Dübel entstand mit einer Feile aus Materialresten eines anderen Kunststoffteils und demnach aus einem Abfallprodukt. Das ist sehr nachhaltig. Seit wann spielt das Thema Nachhaltigkeit bewusst eine Rolle in der Unternehmensgeschichte von fischer?

Für uns bedeutet Nachhaltigkeit, unsere Zukunftsfähigkeit sicherzustellen. Mit seinen definierten Abläufen sorgt unser fischerProzessSystem (fPS) seit jeher dafür, dass Ressourcen- sowie Energieeffizienz eingelöst werden und die Kundenzufriedenheit sichergestellt ist. Unser Leitbild, das in den 1980er Jahren ins Leben gerufen wurde, dient uns als Wertesystem in Bezug auf die drei Dimensionen Ökologie, Ökonomie und Soziales. Seit dem Jahr 2015 setzen wir uns mit diesen Themen unter dem Begriff „Nachhaltigkeit“ auseinander. Dabei haben wir auf viele Elemente aus der Vergangenheit zurückgreifen können. Nachhaltiges unternehmerisches Handeln ist für uns verantwortungsvolles Handeln, das den langfristigen ökonomischen Erfolg in Einklang mit ökologischer Verantwortung und sozialer Gerechtigkeit anstrebt.

fischer Dübel aus Kunststoff und Stahl

Den grauen Spreizdübel aus Kunststoff (zweiter von links) kennen vermutlich alle Heimwerker*innen. Er wurde 1958 von Artur Fischer erfunden (Bild: fischer).

3. Welches Konzept, welche Vision verfolgt die Unternehmensgruppe fischer im Hinblick auf Nachhaltigkeit und Umweltschutz?

Unser fischer ProzessSystem, verfolgt den Ansatz, Verschwendung zu vermeiden – in unseren Produktionen ebenso wie in der Administration. Damit wird die kontinuierliche Verbesserung von Prozessen sichergestellt. Unsere Aktivitäten in diesem Bereich machen wir intern wie extern transparent. Dafür haben wir zum Beispiel den Blauen Pfad zur Sensibilisierung geschaffen. Ebenso wie den Nachhaltigkeitskompass, der für uns 20 relevante Schwerpunktthemen innerhalb der drei Dimensionen umfasst. Mit diesem Vorgehen sind wir in der Lage den Status Quo zu ermitteln, Ziele zu definieren und Maßnahmen abzuleiten sowie messbar zu machen.

4. Die Geschichte der Weiterentwicklung des Spreizdübels seit seiner Erfindung im Jahr 1958 zeigt beispielhaft, dass es möglich ist, ein sehr qualitatives und massentaugliches Produkt so zu verändern, dass ein ebenso qualitatives und massentaugliches Produkt entsteht, das jedoch wertvolle Ressourcen schont und den Müllberg erheblich verringert. Die Unternehmensgruppe fischer konnte dies auch deshalb erreichen, da sie von der Bundesregierung als zukunftsweisendes High-Tech-Unternehmen anerkannt wurde und bei der Entwicklung Unterstützung von der TU Braunschweig erhielt. Was raten Sie anderen, deutlich kleineren und weniger geförderten Unternehmen? Ist nachhaltige Produktentwicklung nicht immer auch eine Frage der finanziellen Möglichkeiten?

Nein. Nachhaltigkeit bedeutet Zukunftsfähigkeit und erhöht die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen. Vor allem Ressourcenschonung und Effizienzsteigerung sind wichtige Wettbewerbsvorteile für produzierende Unternehmen.

5.  Seit jeher spielen Erfindungen und Innovationen bei fischer eine tragende Rolle. Jedenfalls kann man bei Wikipedia nachlesen, dass 2011 aus der Belegschaft 13,2 Patente pro 1000 Mitarbeiter*innen angemeldet wurden, was deutlich über dem Industriedurchschnitt von 0,54 Patente pro 1000 Mitarbeiter*innen liegt. Wie erklären Sie sich das?

Unser fischer ProzessSystem war in der Belegschaft verankert, lange bevor es das heutige Nachhaltigkeitsmanagement gab. Seit jeher waren die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dazu aufgerufen, sich mit Ideen einzubringen, die unsere Zukunftsfähigkeit stärken. Zuletzt beispielsweise bei einer Ideenkampagne zum Thema Nachhaltigkeit und Umweltschutz.

6. Die Jahrzehnte seit dem Wirtschaftsaufschwung des 20. Jahrhunderts haben gezeigt, dass wir für den erwirtschafteten Wohlstand jetzt einen hohen Preis zahlen, da er immense, teils irreparable Schäden der Umwelt verursacht hat. Heißt das, Wohlstand für alle Menschen und der Erhalt der Umwelt schließen sich aus oder braucht es für ein umweltfreundliches Leben trotz Wohlstand vielleicht einfach mehr Erfindergeist?

Für die Zukunft wird es sehr entscheidend sein, den Ressourcenverbrauch vom Wachstum zu entkoppeln. Meines Erachtens liegen die größten Potentiale in der Innovationskraft und im technischen Fortschritt. Nachhaltiges Wirtschaften fördert Innovationen und umgekehrt.

7. Die Unternehmensgruppe fischer produziert zu über 50% in Deutschland. Aber auch in Argentinien, Brasilien und China wird produziert. Wie lassen sich diese Produktionsstandorte mit einem Nachhaltigkeitskonzept vereinbaren?

Unsere Unternehmensstrategie entspricht unserer Nachhaltigkeitsstrategie. Die Ziele unserer Unternehmensgruppe sind global, wie das Beispiel der Emissionen zeigt. Wir erfassen im Rahmen unserer globalen Klimastrategie den Corporate Carbon Footprint der gesamten Unternehmensgruppe. Dabei werden Ziele formuliert mit dem Fokus, Emissionen zu reduzieren und zu vermeiden. Auch dabei unterstützt uns unser fPS.

8. Wo sehen Sie noch Verbesserungsbedarf hinsichtlich Nachhaltigkeit in Ihrem Unternehmen?

Die Herausforderungen an verantwortungsvolle Unternehmen sind immens und verändern sich permanent. Die Rahmenbedingungen sind außerordentlich dynamisch. Ziele müssen fortlaufend angepasst werden. Technische Innovationen sind die entscheidenden Voraussetzungen für ein qualitatives und nachhaltiges Wachstum. Auch hier befinden wir uns in einem kontinuierlichen Verbesserungsprozess.

9. Wir alle kennen es nur zu gut: Der Plastikanteil am Verschluss der gigantisch aufgeblasenen Warenverpackung wurde um 8% verringert oder beim Kauf der einzeln in Plastik verpackten Kaffeeportionen wird angeblich ein Bruchteil des Kaufpreises in ein Aufforstungsprojekt investiert – das genügt vielen Unternehmen, darunter große Konzerne, die immense Umweltbelastungen verursachen, um sich als nachhaltig agierendes Unternehmen zu vermarkten. Was muss in Deutschland und Europa passieren, damit Nachhaltigkeit nicht mehr nur ein gewinnbringendes Buzzword für die Marketingabteilung ist, sondern ein verpflichtendes Kriterium bei der Konzeption und Herstellung industrieller Güter?

Die Antwort auf diese Frage ist vielschichtig: Der Begriff der Nachhaltigkeit wirkt verstärkt in den Fokus der Öffentlichkeit. So werden beispielsweise über den European Green Deal zunehmend verpflichtende Maßnahmen für Unternehmen heruntergebrochen. Gleichzeitig nehmen Aktivitäten zu, um nachhaltige Maßnahmen messbar und vergleichbar zu machen.

Damit alle an einem Strang ziehen und den Anforderungen gerecht werden können, wird eine stetige Sensibilisierung und Aufklärung notwendig sein.
Bei der Vergabe von Aufträgen erfahren wir schon heute, dass neben Kosten, Qualität und Verfügbarkeit auch Nachhaltigkeit ein entscheidendes Kriterium ist. Dieser Weg muss in Zukunft deutlich weiter verstärkt werden. Es bleibt dabei, der Weg ist das Ziel.

Dazu gehört auch, sich stetig kritisch zu hinterfragen und den Spiegel vorzuhalten. Unternehmen müssen sich austauschen und vernetzen, um den globalen Herausforderungen begegnen zu können.

Herzlichen Dank für das Gespräch, Herr Ziegler!

Unser Interviewpartner

Christian Ziegler, Abteilungsleiter Nachhaltigkeit, Umwelt und Energie der fischerwerke GmbH & Co.KG

Christian Ziegler ist gelernter Ingenieur und bei der Unternehmensgruppe fischer als Abteilungsleiter Nachhaltigkeit, Umwelt und Energie in einer Stabstellenfunktion beim Vorsitzenden der Geschäftsführung tätig. Er hatte die Projektleitung zur Einführung und Etablierung des Nachhaltigkeitsmanagements bei der Unternehmensgruppe fischer inne.

Heute ist er der Leiter des fischer Nachhaltigkeitsteams und in dieser Rolle verantwortlich für die jährliche Veröffentlichung eines Nachhaltigkeitsberichtes nach CSR-Richtlinie.

 

"Technische Innovationen sind die entscheidenden Voraussetzungen für ein qualitatives und nachhaltiges Wachstum." (Christian Ziegler)

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