Grüne Wirtschaft

Fair Trade auf allen Ebenen - sozial gerechter Handel durch Zusammenarbeit

INTERVIEW | “Fair handeln. Besser leben.”- der Leitsatz der Genossenschaft WeltPartner bringt die Mission klar auf den Punkt: Weltweiten, gerechten Handel für Mensch und Natur. 

INTERVIEW | “Fair handeln. Besser leben.”- der Leitsatz der Genossenschaft WeltPartner bringt die Mission klar auf den Punkt: Weltweiten, gerechten Handel für Mensch und Natur. 

Datum: 26.01.2022 | Ein Interview geführt von Dorothea Meyer | Bild: Elaine Casap, Unsplash

Der globale Handel hat mittlerweile Dimensionen angenommen, die für normale Verbraucher*innen kaum noch zu verstehen sind. Gerade aus diesem Grund gehen dabei häufig soziale und ökologische Grundsätze und Standards in Profitorientierung und Massenhandel verloren. Umso wichtiger, dass es Vereinigungen und Initiativen gibt, die sich zur Aufgabe gemacht haben, die gerechte Behandlung von Mensch und Umwelt entlang der globalen Wertschöpfungsketten zu etablieren und stetig zu kontrollieren. 

WeltPartner, die Fair Trade Genossenschaft aus Ravensburg hat sich genau das zur Mission gemacht. Im Interview erzählt uns Marcel Martetschläger von WeltPartner, was für die transparente, sozial-ökologisch Herstellung & Handel von Produkten wichtig ist. Wir fragen ihn, wie Fair Trade eigentlich mit Nachhaltigkeit zusammenhängt und wo viele von uns in Sachen “fairer Handel” noch umdenken müssen.

LifeVERDE: Marcel, wer ist WeltPartner und was macht euch aus?

Marcel: WeltPartner ist eine Fair Trade Genossenschaft mit mittlerweile über 700 Mitgliedern. Seit 1988 stellen wir uns den weltweiten Herausforderungen mit dem klaren Ziel, dass die Welt für alle Menschen, die mit uns verbunden sind, ein lebenswerter Ort wird – gemäß unserem Leitspruch: FAIR HANDELN. BESSER LEBEN.

Rund 50.000 Familien, in weltweit 40 Ländern, profitieren von persönlichen Direktkontakten und der Zahlung fairer Preise für ihre Produkte. Diese partnerschaftliche Zusammenarbeit bringt überzeugend hochwertige, oft einzigartige Erzeugnisse hervor. Unser Sortiment umfasst über 1.000 Kunsthandwerksprodukte und etwa 550 Lebensmittelprodukte – zu 93% in kontrollierter Bio-Qualität und vielfach Naturland Fair zertifiziert, wie z.B. Kaffee, Tee, Gewürze, Feinkost, Mango-Produkte und viele andere Leckereien.

WeltPartner Gruppenbild auf dem KlimastreikWeltPartner auf dem Klimastreik (Foto: WeltPartner)

Was bedeutet fairer Handel für euch und wie setzt ihr diese Prinzipien in der Praxis um?

Fairer Handel ist für uns weit mehr als die Zahlung fairer Preise. Wir möchten Wertschöpfungsketten aufbauen, bei denen alle gewinnen und die allen Beteiligten eine lebenswerte Zukunft bietet – mit direkten, verlässlichen und langfristigen Partnerschaften auf Augenhöhe. Dabei setzen wir auf größtmögliche Transparenz entlang unserer Lieferketten und ein hohes Qualitätsbewusstsein. Die Idee eines fairen Handels endet für uns nicht am Hamburger Hafen, über den ein Großteil unserer Produkte ins Land kommt. Wir setzen uns auch in unserer Region Oberschwaben bewusst durch Kooperationen mit sozialen Einrichtungen für Inklusion und Integration ein, d.h. wir übernehmen auch in Deutschland soziale Verantwortung – nicht nur im Globalen Süden.

Wie hängt Fair Trade mit Nachhaltigkeit zusammen? Wie schützt eure Arbeit die Umwelt?

Fair Trade und Nachhaltigkeit hängt stärker zusammen, als man im ersten Moment vermutet. Die Klimakrise ist besonders unfair zu den Kleinbäuerinnen und Kleinbauern überall auf der Welt. Die Erderhitzung trifft vor allem die Länder, die am wenigsten zur Klimakrise beigetragen. Unsere Handelspartner*innen in Afrika, Asien und Lateinamerika leiden schon jetzt stark darunter. Ernteverluste durch Dürren oder Überflutungen belasten unsere Partner*innen und bedrohen die positiven Entwicklungen, die der faire Handel teils über Jahrzehnte aufgebaut hat.

Darum soll unsere Arbeit natürlich auch ressourcenschonend und umweltverträglich sein. 93% unserer Lebensmittel-Produkte sind bio-zertifiziert. Über 100 Produkte sind gemäß den strengen Naturland Fair-Richtlinien zertifiziert. Der Öko-Anbau verzichtet auf mineralische Kunstdünger und chemisch-synthetische Pestizide. Das ist wichtig, denn alleine die Produktion des synthetischen Stickstoffs für Düngemittel für die konventionelle Landwirtschaft verbraucht jedes Jahr weltweit über 90 Millionen Tonnen Erdöl. Im Öko-Landbau steht der Boden im Mittelpunkt. Böden sind weltweit die größten Kohlenstoffspeicher. Die Öko-Landwirte sorgen mit Ihrer Anbauweise für Humusaufbau und binden damit Kohlenstoff in der Erde.

Daher fördern wir weltweit den ökologischen Anbau und geben zum Beispiel durch den Aufbau von Agroforstprojekten, wie dem für 11.000 Familien in Burundi, der Eigenversorgung und nachhaltigen Forstwirtschaft vor Ort bewusst den Vorrang. Der Export von fair gehandeltem Bio-Kaffee spielt dann nicht mehr die erste Rolle, sondern schafft als „cash crop“ das benötigte Einkommen für den Kauf notwendiger Dinge des täglichen Bedarfs.

Hier in Deutschland produzieren wir 75% unseres Energiebedarfs über unsere eigene Photovoltaikanlage und beziehen den Rest zu 100% als Ökostrom. Wir verwenden keine fossilen Energieträger, beheizen unseren Gebäude mit Geothermie und versenden unsere Pakete ab Ravensburg klimaneutral. Wir unterstützen Aufforstungsprojekte unserer Handelspartner*innen und gleichen unvermeidliche Emissionen an unserem Standort in Ravensburg aus.

Ihr vertreibt Produkte aus aller Welt. Nach welchen Kriterien wählt ihr diese aus?

Alle unsere Handelspartner sind entweder selbst nach Kriterien des fairen Handels zertifiziert (FLO/Fairtrade, Naturland Fair, WFTO) oder werden durch entsprechend dem akkreditierten Guarantee System der World Fair Trade Organisation (WFTO) geprüft. Bei allen Lebensmittelprodukten ist uns der ökologische Anbau sehr wichtig, so dass wir diesen auch bei unseren Partner*innen fördern und finanzieren. Hinsichtlich unserer neuen Kunsthandwerksprodukte steht zudem eine nachhaltige Herstellung und Sinnhaftigkeit der Produkte besonders im Vordergrund, wie beispielsweise bei unseren plastikfreien Alltags-Produkten.

Vorstand Thomas Hoyer in BurundiVorstand Thomas Hoyer in Burundi (Bild: Weltpartner)

Was unterscheidet euch als Genossenschaft von anderen Fair Trade Unternehmen?

 Als Fair Trade Genossenschaft vereinen wir alle Mitglieder der Wertschöpfungskette unter einem Dach. Bewusst legen wir als Fair Trade Genossenschaft letztendlich alle wesentlichen Entscheidungen in die Hand der Mitglieder. Einzigartig in Deutschland ist unseres Erachtens nach, dass wir alle Mitglieder der Wertschöpfungskette unter unserem Dach vereinen. Einige unserer Handelspartner*innen aus dem Globalen Süden sind genauso Mitglied, wie unsere Verarbeiter*innen, unser-WeltPartner-Team, unsere Einzelhandelskund*innen und, ganz spannend, auch deren Konsument*innen.

Unsere Mitglieder bilden ein starkes, solidarisches Fundament, auf dem wir unsere Fair Trade Arbeit aufbauen können. Das erlaubt uns, ganz gezielt auch gemeinwohlorientierte Projekte zur Umsetzung der Sustainable Development Goals, wie zum Beispiel unser Projekt „Mangos für Kinderrechte“, zu unterstützen.

Welche Prozesse könnt ihr mit Blick auf die Nachhaltigkeit noch optimieren?

Wir müssen uns genau anschauen, bei welchen Produkten stark klima-relevante Emissionen anfallen und ob wir das rechtfertigen können und wollen. Diese Abwägung stellt uns immer wieder vor Herausforderungen. Ist die Unterstützung der lokalen Wertschöpfung angesichts der vielen Kilometer, die das Produkt auf dem Seeweg zu uns zurücklegt, nun gerechtfertigt oder nicht? Ein Prozess, den es stetig zu optimieren gilt, um ein noch faireres Produkt für alle zu gestalten. Aber letztendlich steht über allem doch unser Satzungsziel, den Handel mit dem Globalen Süden zu transformieren und unsere Produzent*innen durch unseren fairen Handel zu fördern.

Auszubildender bei WeltPartnerAuszubildender bei WeltPartner (Bild: WeltPartner)

Was wünscht ihr euch für die Fair Trade Branche allgemein?

Zum einen ist es wichtig, dass alle die Idee eines fairen Handels konsequent und transparent umsetzen. Es reicht unsere Meinung nach nicht, nur minimale Mengen an Fair Trade Zutaten in den Produkten einzusetzen. Alles was in Fair Trade Qualität erhältlich ist, sollte unbedingt verwendet werden.
Generell müssen wir uns alle auch fragen, wie wir vom überwiegenden Import von ausschließlich Fair Trade Rohstoffen wegkommen. Denn auch wenn diese von uns zu fairen Preisen und in Bio-Qualität beschafft werden, es bleiben immer noch weitgehend unbearbeitete Rohstoffe.

Stattdessen sollten wir den Aufbau von größtmöglichen Wertschöpfungsketten im Globalen Süden vorrangig fördern. Daraus entstehen qualifizierte neue Arbeitsplätze mit guten Einkommen und damit langfristige Perspektiven für die Menschen vor Ort. Zudem kann durch die Verarbeitung zu hochwertigen Endprodukten eine Ernährungssouveränität geschaffen werden und durch den Aufbau regionaler Absatzmärkte auch die im Globalen Handel entstehenden, großen CO2-Emissionen deutlich reduziert werden.

Vielen Dank für das Interview Marcel!

Dir schwebt nun auch noch eine Frage im Kopf herum, die du gerne an WeltPartner stellen möchtest? 

Dann schreib sie in die Kommentare - freuen und auf den Austausch mit dir!

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