Grüne Wirtschaft

Ein echter Familienbetrieb: Die Schmiede Radsack

INTERVIEW | Robert Radsack führt das nachhaltige Familienhandwerk seines Schwiegervaters fort. Hier erfährst du mehr über die Schmiede Radsack.

INTERVIEW | Robert Radsack führt das nachhaltige Familienhandwerk seines Schwiegervaters fort. Hier erfährst du mehr über die Schmiede Radsack.

10.11.2021 | Ein Interview geführt von Nora Malitz und Saphira Conradi | Bild: Unsplash

Robert Radsack stellt von einfachen Möbelstücken bis hin zu ganzen Tiny Houses alles in seinem Betrieb her, was aus Holz oder Metall besteht. Besonders stolz ist Robert auf ihre Bauwagen. Im Interview erzählt er uns mehr über die Geschichte der Schmiede, was sein ungewöhnlichster Auftrag war, und dass Nachhaltigkeit schon immer ein wichtiger Grundsatz für ihn ist.

LifeVERDE: Robert, stelle uns doch mal die Schmiede Radsack vor!

Robert: Wir sind ein kleiner Familienbetrieb, den mein Schwiegervater schon von vor der Wende gegründet hatte. Da er zwischenzeitlich als Lehrer gearbeitet und nur in den Ferien zusätzliche Aufträge abarbeiten konnte, war der Betrieb für einige Jahre sehr reduziert.

Nach meiner Ausbildung und einem Jahr Arbeit in der Industrie bin ich zu dem Schluss gekommen, dass die Industrie einfach nicht der Platz ist, wo ich arbeiten möchte. Das war der Anstoß dafür als Familie gemeinsam zu arbeiten. Kurz darauf war auch mein Schwager Franz mit der Ausbildung fertig und stieg mit ein. Und zuletzt dann auch sein jüngerer Bruder Tillmann. Mit so viel „Arbeitskraft“ änderten sich auch die Aufträge, schnell wurde die Werkstatt zu klein. So machten wir uns daran für uns eine neue große, moderne Werkstatt zu bauen. Damals hätten wir nicht gedacht, dass wir eines Tages Bauwagen oder Tinyhouses darin bauen würden. Sonst hätten wir eventuell das eine oder andere noch anders gemacht.

Nach dem Werkstattbau brauchten wir für einen Praktikanten für ein Jahr eine Unterbringung und schnell war klar, wir kaufen einen Bauwagen. Der war schnell gefunden und stand wenig später auf dem Hof. Doch es gab die eine oder andere Ecke wo es ein wenig Nacharbeit bedurfte und bald war die erste Schimmelstelle gefunden. Also haben wir den Wagen kurzerhand neu aufgebaut. Nach 2 Jahren war der Wagen dann überflüssig und wir haben beschlossen, ihn wieder zu verkaufen.

Die Nachfrage war unglaublich und wir hatten noch ein Fahrgestell was wir für den Aufbau eines weiteren Wagens nehmen konnten. Also haben wir einen weiteren gebaut. Mittlerweile sind über 30 Wägen aus unserer Halle gerollt. Wir haben zusätzliche Mitarbeiter eingestellt und planen mittlerweile die Erweiterung der Halle, um dem Kundenansturm gewachsen zu sein. Unsere Firma liegt mitten in einem winzigen Dorf in der idyllischen, leicht hügeligen Landschaft Mecklenburgs. Das Dorf selbst steht dank der Bemühungen meiner Schwiegereltern fast komplett unter Denkmalschutz. In so einer Umgebung will man natürlich nur möglichst nachhaltig und ökologisch wirtschaften. Und das ist auch unsere Philosophie.

Von Hufbeschlägen bis hin zu Möbeln bietet ihr so ziemlich alles an, was mit Holz oder Metall zu tun hat. Was davon erschaffst du am liebsten?

Bei uns geht es weniger um das „Was“ als vielmehr um das „Wie“. Wir versuchen immer das, was wir tun in einem möglichst sinnstiftenden Rahmen zu tun. Das beginnt bei der Materialbeschaffung und endet mit dem Abtransport. Schon bei der Planung versuchen wir nicht nur nachhaltige Materialien zu benutzen, sondern auch den Arbeitsprozess auf ein optimales Gleichgewicht zwischen Kosten und Langlebigkeit auszurichten und nicht rein wirtschaftlich möglichst günstig zu fertigen. Denn über den gesamten Produktzyklus ist das in der Regel die teurere Variante. Natürlich ist es bei uns vor allem die Vielfalt, die das Arbeiten schön macht.

Bauwagen aus Holz

Die Bauwägen der Schmiede sind ihre Spezialität (Bild: Schmiede Radsack).

Mittlerweile gibt es bei euch sogar Tiny Houses und Zirkuswagen. Wie lange dauert es, bis sowas fertig ist?

Natürlich ist das eine Frage, die nicht so leicht zu beantworten ist. Da wir vom kleinen Klowagen bis hin zur riesigen, voll ausgebauten Wohnung alles schon gemacht haben, ist natürlich der Fertigungsaufwand, wie auch die damit verbundenen Kosten, sehr unterschiedlich.  Einfache Wagen ohne großartig eingebaute      Wasserinstallationen oder Elektrik schaffen wir schon mal in einem Monat. Bei einem großen voll ausgebauten Wagen können dagegen schon mal 4 Monate ins Land gehen, bis wir Abnahmereif sind.

Was war der ungewöhnlichste Auftrag, den ihr jemals angenommen habt?

Tja da gäbe es bei uns mehrere. Der schwierigste Auftrag war eine Treppenanlage mit Vollstahlwangen, die in Einzelsegmenten in einen fertigen Baukörper eingebaut werden musste. Die Treppen waren jeweils halbkreisförmig gebogen. Die Seiten bestanden aus 12mm Schiffbaustahl. Diese haben wir uns von einem Windradhersteller biegen lassen und dann die einzelnen Seitenteile der Segmente ausgebrannt. Die Treppe ging über 2 Stockwerke. Wir mussten die Segmente alle mit einem Hubwagen durch die Tür des Treppenhauses bekommen. Das ging nur, wenn man mit dem 450kg Element im richtigen Winkel durch die Tür gefahren ist, da die Elemente minimal Breiter als der Türausschnitt waren. Die Elemente für die untere Treppe mussten wir dann mit einer von uns im Obergeschoss angebrachten Seilwinde nach unten fahren. Danach haben wir eine dynamisch-belastbare Zwischendecke eingebaut, um zunächst die obere Treppe montieren zu können. Danach wurde das Segment mit Baustützen gesichert und das nächste mittels Hochhubwagen in Position gebracht, angeschweißt, wieder gesichert usw. bis das 7. Segment dann wieder an den Bewehrungsanschluss passen musste. Anschließend haben wir die Zwischendecke wieder rausgenommen, den Hochhubwagen in einer Nacht und Nebelaktion die Böschung herunter getragen und im Untergeschoss durch die Tür gezirkelt und dann das Spiel von vorne begonnen. Nach dem das dann geschafft war, begann das abenteuerliche Durchschweißen der Konstruktion, da Stahl in dieser Stärke mehrlagig verschweißt wird. Die Kollegen haben hier im Abseilgeschirr frei im Treppenhaus hängend kilometerweise Steignähte geschweißt. Wir haben unheimlich viel Lärm und Rauch auf dieser Baustelle fabriziert. Aber am Ende ist eine tolle Treppe entstanden, die sich durchaus sehen lassen kann.

Welchen Beitrag leistet ihr mit eurem Handwerksbetrieb zur Nachhaltigkeit?

Da wir unser gesamtes Leben nachhaltig ausrichten, und das eigentlich schon immer, versuchen wir auch unseren Betrieb innerhalb unserer Möglichkeiten so nachhaltig wie möglich zu führen. Wir haben eine Große Solaranlage auf dem Dach, die unseren Strombedarf zu einem guten Drittel deckt. Für den Batteriespeicher sparen wir noch, damit sollten wir fast 100% Deckung schaffen und der Strom, den wir kaufen, ist auch schon seit es den ersten Ökostromanbieter gibt nur grün.

Unser Gas ist BIO-Flüssiggas, ein Nebenprodukt bei der Biodieselherstellung. Bei den Metallen gibt es leider noch keine wirklichen Wahlmöglichkeiten, was uns auch ein wenig ärgert. Beim Holz aber versuchen wir So regional und ökologisch wie es geht einzukaufen und die Lieferketten möglichst kurz und transparent zu halten.

Neben dem Posten Material und Energie versuchen wir auch unsere Arbeit so nachhaltig wie möglich zu machen, also energiesparend zu arbeiten und auch Verschnittmengen zu minimieren, was ja auch im wirtschaftlichen Sinne sinnvoll ist, ebenso wie eine qualitativ hochwertige Verarbeitung für deutlich längere Lebenszyklen der Produkte sorgt, was ebenso unsere Ressourcen schont.

Kommode blau aus Holz

Handegertigte Möbel gibt es dort auch zu kaufen (Bild: Schmiede Radsack).

Wie blickst du in die (klimafreundliche) Zukunft des Holz- und Metallhandwerks?

Als die Schlüsselkomponente sehe ich hier die netzunabhängige, regenerative Energieversorgung von Betrieben. Für holzverarbeitende Betriebe ist das deutlich einfacher zu bewerkstelligen, da der Energiebedarf geringer ist und gleichzeitig mit den Restmaterial ein CO2 neutraler Energieträger zur Verfügung steht. Bei der Metallverarbeitung ist das leider nicht der Fall und vor allem in der Schmiede ist ein hoher Energieeinsatz für die Verarbeitung nötig. Da wir Holz und Metall verarbeiten haben wir hier einen großen Vorteil um uns, auch refinanzierbar, Energieunabhängig zu machen.

Bei der Materialbeschaffung ist es ganz ähnlich. Die Materialbeschaffung im Holzsektor ist mit dem Blickwinkel auf die Nachhaltigkeit deutlich einfacher, da die Verarbeitung vom Rohmaterial zum nutzbaren Baustoff deutlich einfacher und nicht so energieintensiv ist und zudem auch in vielen Fällen in regionalen Strukturen zu realisieren ist. Bei Stahl und anderen Metall-Materialien ist das deutlich schwieriger, oft gibt es hier noch gar keine Möglichkeiten. Zudem gibt es für Metall auch keine Zertifikate oder Nachweise, dass sie möglichst nachhaltig gewonnen wurden. Trotzdem ist das Metall aus den heutigen Konstruktionen nicht wegzudenken, schon allein wegen der Werkzeugmaschinen, die auch in der Holzbearbeitung nötig sind. Hier wäre es wichtig, Zertifikate einzuführen.

Vielen Dank für das Interview, lieber Robert!

Dir schwebt nun auch noch eine Frage im Kopf herum, die du gerne an Schmiede Radsack stellen möchtest?

Dann schreib sie in die Kommentare - wir freuen uns auf den Austausch mit dir!

________________________________

Noch mehr gibts hier: Neue Dimension der Dachbegrünung - Der Pflanzstein

Mit dem LifeVERDE-Newsletter bist du immer up to date zu den neuesten nachhaltigen Produkten & Dienstleistungen




Kommentar erstellen

Name *
E-Mail *
URL
Kommentar *


Grüne Unternehmen