Grüne Wirtschaft

Die App, die dir in Sachen CO2-Verbrauch zur Seite steht

INTERVIEW | Du fragst dich, wo du eine Übersicht über deinen persönlichen CO2-Verbrauch erhalten und wie du diesen gezielt reduzieren kannst? Unser Tipp ist diese innovativen App.

INTERVIEW | Du fragst dich, wo du eine Übersicht über deinen persönlichen CO2-Verbrauch erhalten und wie du diesen gezielt reduzieren kannst? Unser Tipp ist diese innovativen App.

03.09.2020 | Ein Interview geführt von Deborah Iber | Bild: Worldwatchers

Was uns vielleicht nicht immer bewusst ist: Wir verbrauchen bei alltäglichen Aktivitäten jede Menge CO2. Sei es bei der Fahrt zur Arbeit, beim Kauf von Lebensmitteln und Konsumprodukten oder innerhalb unserer vier Wände. Einen Überblick über den persönlichen CO2-Verbrauch haben die Wenigsten. Das möchte das Team von Worldwatchers mithilfe ihrer App Klimakompass ändern. Im Interview stellt Michael Kochs die App und die Hintergründe vor und erläutert deren Funktions- und Wirkungsweise für Privatpersonen und Unternehmen.

LifeVERDE: Bevor wir auf euer Unternehmen und die Mission dahinter eingehen, eine Frage vorab: Welche Bereiche des alltäglichen Lebens sind mit dem höchsten CO2-Verbrauch verbunden?

MICHAEL KOCHS: Wir scheuen an dieser Stelle pauschale Aussagen. Gemeinhin wird gesagt, dass Wohnen, Mobilität und Ernährung die großen Brocken beim CO2 sind. Das habe ich letztens erst wieder in einem Interview gehört. Richtig ist, dass diese drei Bereiche zusammen für insgesamt 55% des Gesamtbudgets stehen, das ist aber die Summe der drei Bereiche. Der größte Einzelposten ist allerdings der „sonstige Konsum“, der für gut 40% steht (die verbleibenden 5% sind die öffentlichen Emissionen). Damit ist er der mit Abstand größte Einzelposten. Insofern gibt es für uns nicht „den oder die Bereiche“ mit dem größten CO2-Ausstoß, letzten Endes müssen wir alle Bereiche betrachten und in jedem gibt es „hotspots“.

Beispielhaft sind sicherlich „die 3 Fs“ – Flug, Fleisch, Fast Fashion – zu nennen. Elektronik, andere technische Geräte, Möbel aber auch ein Besuch in einem luxuriösen Hotel oder einer Saunalandschaft tragen einen nicht zu unterschätzenden Anteil zur persönlichen CO2-Bilanz bei. Sorry – die Antwort auf diese vermeintlich kurze Vorabfrage ist jetzt doch etwas ausführlicher ausgefallen.
 

Mit Worldwatchers ermöglicht ihr Privatleuten und auch Unternehmen eine transparente Übersicht über deren CO2-Verbrauch sowie Möglichkeiten zur Reduzierung. Wie entstand dieses Vorhaben?

Unser Co-Founder Christoph hatte vor drei Jahren die Diskussion im Freundeskreis, warum es keine App gibt, die einem einfach für alles, was man konsumiert, die Antwort zum CO2- und Ressourcenverbrauch gibt, verbunden mit einem Budget, so dass man es selbst in der Hand hat, zu entscheiden, ob und wie nachhaltig man leben möchte. Da es das nicht gab, nahm er Kontakt mit dem Wuppertal Institut auf und machte sich auf die Suche nach den richtigen Partnern.

Diese Menschen stecken hinter Worldwatchers (Bild: Worldwatchers).

Für Privatleute eignet sich hierzu eure kostenlose „klimakompass“-App. Erläutere uns einmal, wie die App funktioniert und wie der User diese bedient.  Auf welcher Basis berechnet eure App den CO2-Verbrauch und wie exakt sind diese Berechnungen?

Ich glaube, die Funktion und Bedienung zu beschreiben, würde hier etwas zu weit führen. Die App ist kostenlos in den Stores – hier sollte sich jeder selbst einen Eindruck machen. Bis dato müssen wir ganz unbescheiden sagen – das Gros der User ist wirklich begeistert.

Generell enthält die App als Herzstück den „CO2-Rechner“, der den jährlichen CO2-Footprint des Users ermittelt, als zweites gibt es den „CO2-Scanner“, mit dem im Supermarkt für Produkte des täglichen Bedarfs der CO2- sowie der Ressourcen-Bedarf ermittelt werden kann. Als dritte Besonderheit haben wir den Bereich der „CO2-Challenges“ – hier haben wir eine Anzahl von Maßnahmen aufgelistet, mit denen der User seinen CO2-Footprint verbessern kann.

Jetzt zu den Daten. Hier müssen wir nun zwei Dinge unterscheiden: Die Berechnung des persönlichen jährlichen Fußabdrucks ermitteln wir aus öffentlich verfügbaren Daten zu Durchschnittswerten der verschiedenen Lebensbereiche, kombiniert mit den spezifischen Eingaben der Nutzer. Ähnlich wie es der UBA-CO2-Rechner tut. Die gut 1,2 Mio. Produktdaten, die wir in der ersten Version des Klimakompass bieten, sind auf Basis der Daten, die die Hersteller an die „Barcode-Organisation“ GS1 liefern, verknüpft mit Algorithmen aus unserer Footprinting-Engine entstanden. Die Daten werden mit Referenzwerten von Produktions- und Logistikvorgängen, der sogenannten industriellen Wertschöpfungsketten, kombiniert und ergeben so einen aussagekräftigen Wert, wieviel CO2 entstanden ist, bis der Käufer den Artikel in der Hand hält.                             

Wenn man jetzt ein spezifisches Produkt scannt, zum Beispiel die Lieblings Nuss-Nugat-Creme, gilt der angezeigte Wert aber derzeit nicht konkret für genau diese Marke, sondern er steht für alle Nugat-Cremes. Das heißt, wenn Wettbewerbsprodukte gescannt werden, erhält man (noch) den identischen Wert. Der Wert ist richtungssicher, er wird also nicht um das Doppelte darüber- oder darunterliegen. Wenn jetzt aber ein Anbieter ein besonders CO2-freundliches Produkt herstellt, können wir sein Produkt in diesem Fall ebenfalls in unsere Datenbank integrieren. Dann sieht der Verbraucher den CO2-Vorteil dieses Produktes und kann seine Kaufentscheidung gut informiert treffen. Dies wird in einer der nächsten Version umgesetzt.

Jede Privatperson verbraucht fast täglich CO2 (Bild: Worldwatchers).

Mittlerweile gibt es mehrere Anbieter von CO2-Rechnern für Konsumenten. Was unterscheidet eure App von anderen?

Aktuell gibt es unseren Recherchen nach keine weitere App, die den jährlichen CO2-Fußabdruck inklusive des Fußabdrucks für digitales Leben berechnet. Ein zweiter sicherlich ziemlich entscheidender Vorteil ist unser Bestand an – wie oben erwähnt – aktuell 1,2 Mio. Produktdaten, die über den Barcode Scanner jederzeit und überall verfügbar sind. Der Gamification-Ansatz mit den Challenges ist sicherlich auch eine Neuheit. Spannend wird es in Kürze, da wir bereits mit verschiedenen Gemeinden spezifische Wettbewerbe und Aktionen planen, bei denen die Bürger ihre eigenen Challenges wählen, diese über einen Zeitraum gemeinsam durchziehen und am Ende sehen, wieviel sie gemeinsam während des Wettbewerbs gespart haben. Und was sie sparen könnten, wenn sie die meist unproblematisch umzusetzenden Maßnahmen generell in ihren Lebensstil integrieren.
 

Wie kann die App mir dabei helfen, meinen CO2-Ausstoß tatsächlich zu reduzieren?

Aktuell hat die App die drei oben geschilderten Funktionen: Der Rechner gibt dem User ein erstes Bild, wo er steht und welcher Lebensbereich welchen Einfluss auf seinen Fußabdruck hat. Je nach Ergebnis führt das bei dem ein oder anderen schon zu einem überraschenden Erkenntnisgewinn. Die Produktscans am Point of Sale sind ebenfalls gut geeignet, sich während des Einkaufs zu informieren, welchen Footprint ein Lebensmittel generell hat. Mit den Challenges bieten wir eine Vielzahl alltagspraktischer Tipps, wo und wie der Footprint zu optimieren ist.

Noch spannender wird unsere App, wenn wir sie in den nächsten Versionen zu einer Art „runtastic“ für’s Klima entwickeln. Dann werden wir das gemeinsam mit dem Wuppertal Institut für Umwelt, Klima, Energie entwickelte Konzept des „Personal Carbon Footprint realtime“ in die Praxis umsetzen, wodurch der User dann tagesaktuell seinen CO2-Footprint im Verhältnis zu seinem Jahresbudget ermitteln kann.
 

Worldwatchers für Unternehmen: Wie genau unterstützt ihr Unternehmen dabei, deren CO2-Fußabdruck zu reduzieren?

Unternehmen stehen vor zwei wesentlichen Herausforderungen: Zum einen die Bewertung der CO2 Emissionen in Form von „Product Carbon Footprints“ effizient und exakt auch für eine Vielzahl von Produkten durchzuführen. Auf der anderen Seite müssen Optimierungspotentiale auf der Ebene des Energieeinsatzes sowie der Werkstoffe und Produktionsprozesse definiert werden, um Maßnahmen zur CO2-Reduktion über einen definierten Zeitraum festzulegen. Nicht zuletzt müssen die Unternehmen dabei auch noch bewerten, was denn die Reduktion in €/kgCO2 kostet, denn die Produkte müssen ja weiter wirtschaftlich bleiben.

Genau für diese Herausforderungen sind wir mit worldwatchers der optimale Partner. Mit unseren Bottom-Up Footprint-Analysen und einem sehr starken Knowhow im Bereich der Herstellungsprozesse und Werkstoffe liefern wir nicht nur Analyseergebnisse, sondern helfen den Unternehmen die Reduktionsziele wirtschaftlich zu erreichen. Dass wir dabei nach den entsprechenden Normen wie der ISO 14067 arbeiten, versteht sich dabei von selbst.
 

Was ist eure Einschätzung: Wenn jeder zweite Einwohner Deutschlands eure App nutzen würde, könnte dann ein deutlicher Rückgang des CO2-Verbrauchs stattfinden? Wie lauten eure Prognosen dazu?

Das ist jetzt natürlich eine sehr fiktive Betrachtung, aber die Vorstellung, dass 40 Millionen Menschen in Deutschland unsere App nutzen und ihr Verhalten ändern hat natürlich ihren Charme.

Folgende Annahme: Eine Reduktion des Footprints von 35% ist gemäß den Ergebnissen des Projekts „Klimaneutral Berlin“ für jeden Haushalt im Bereich des Möglichen, wenn er die wichtigsten Hebel nutzt. Gehen wir davon aus, dass im Schnitt zumindest die Hälfte davon durch die 40 Mio. Nutzer mit Hilfe des worldwatchers klimakompass eingespart würden, wären das 11,6 Tonnen x 17,5% x 40 Millionen => ca. 81 Mio. Tonnen CO2.

 

Vielen Dank für das Interview, Michael!

Dir schwebt nun auch noch eine Frage im Kopf herum, die du gerne an Worldwatchers stellen möchtest?

Dann schreib sie in die Kommentare - wir freuen uns auf den Austausch mit dir!

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