Grüne Wirtschaft

Der "gelbe Becher" mit Kultstatus - die regionale Zuckeralternative

INTERVIEW | Der "gelbe Becher" ist für viele einfach Kult auf dem Frühstückstisch. Erfahre wieso der süße Goldsaft nicht nur auf dem Brot schmeckt und warum es eine echte grüne Alternative zu anderem Zuckerersatz ist.

Die regionale Zuckeralternative
Designelement

INTERVIEW | Der "gelbe Becher" ist für viele einfach Kult auf dem Frühstückstisch. Erfahre wieso der süße Goldsaft nicht nur auf dem Brot schmeckt und warum es eine echte grüne Alternative zu anderem Zuckerersatz ist.

06.08.2020 | Ein Interview geführt von Michelle Tempels

Es ist bekannt, dass immer mehr Menschen zu einer vollwertigen, bewussten Ernährung tendieren. Und dennoch liegt der Pro-Kopf-Verbrauch von Zucker in Deutschland bei 95 Gramm pro Tag (Quelle Statista). Süß und gleichzeitig dennoch bewusst sowie gesund – geht das denn überhaupt Hand in Hand? In Sachen Zuckeralternativen wird oft zu nahezu exotisch klingenden Süßmachern, wie Xylit oder Kokosblütenzucker gegriffen. Warum aber nicht einfach das nutzen, was direkt vor unserer eigenen Haustür wächst? Im Interview mit Kathrin Maaß-Diemler von Grafschafter kommst du weiter auf den süßen Geschmack und erfährst, was alles in Ihrem traditionellen und regional produzierten Goldsaft steckt.

 

LifeVERDE: Grafschafter ist ein Traditionsunternehmen. Was ist das Besondere an Grafschafter im Markt für Brotaufstriche und Süßungsmittel?

Kathrin Maaß: Grafschafter Goldsaft ist einzigartig im Geschmack und in seiner Konsistenz. Dadurch ist er so vielseitig einsetzbar, dass er sowohl für das tägliche Frühstück, die Mahlzeit zwischendurch, aber auch zum Kochen und Backen verwendet wird. Einfach ein Naturtalent und Alleskönner! Kein anderer süßer Brotaufstrich wird aus nur einer Zutat hergestellt, nämlich aus 100 % Zuckerrüben und sonst nichts! Er ist absolut frei von allen Zusätzen. Ideal für eine bewusste und auch vegane Ernährung.

 

Den "gelben Becher" kennt man schon seit Kindheitstagen vom Sonntagsfrühstück bei Oma. Hat sich seitdem etwas an der Rezeptur geändert?

Seit über 120 Jahren stellen wir den Sirup immer nur aus einer Zutat her und immer mit dem gleichen Herstellungsverfahren. Die Rezeptur ist immer gleich geblieben.

Wie kommt die Zuckerrübe in den Becher?

Während der Erntezeit der Rüben im Herbst werden die frischen Rüben in unserer Fabrik zunächst gewaschen, in fingergroße Schnitzel geschnitten und vorgekocht. Anschließend wird die so genannte Maische über mehrere Stunden in großen Kochtürmen gedämpft.

Beim Dämpfen wird die Inversion, d.h. die Umwandlung der in den Rüben enthaltenen Saccharose in Glukose und Fructose (Invertzucker), ausgelöst.

Bei der Sirupherstellung ist entscheidend, dass das Verhältnis von Saccharose zu Invertzucker 1:1 beträgt, da somit das Auskristallisieren der Saccharose (bei der Zuckerherstellung erwünscht) verhindert wird.

Der Rübenbrei wird im Anschluß ausgepresst und der erzeugte Rohsaft über mehrere Filter von Feststoffen gereinigt. Der so entstandene Klarsaft gelangt über Leitungen in die Verdampfanlage, wo ihm das Wasser bis zur gewünschten Konsistenz entzogen wird.

Nach sorgfältiger Kontrolle des Endprodukts durch das eigene Labor wird der Zuckerrübensirup in großen Tanks eingelagert und kann von dort aus für die Abfüllung entnommen werden.

 

Hat die signifikante Produktverpackung eine Bedeutung?

Durch die gelbe Becherverpackung, die bereits seit 1954 in fast unverändertem Design im Regal steht, hat das Produkt einen Kultstatus erreicht. Diese prägnante Verpackung entwickelte in den 1950er Jahren der Sohn des Firmengründers, Albert Schmitz. Er überlegte sich, wie sein Produkt in den Regalen des Lebensmitteleinzelhandels optimal zwischen den roten und gelben Konfitüren der anderen Hersteller positioniert werden könne. Es handelt sich ja um ein sehr dunkles Produkt und ein Glas kam somit nicht in Frage.

Die Idee für den Becher kam ihm gemäß den Überlieferung im Eis-Café. Die hier verwendeten Becher inspirierten ihn, weil man sie bedrucken konnte und sie somit eine einzigartige Verpackung für einen Brotaufstrich darstellte. Durch die gelbe Farbe stach der Becher optisch zwischen allen anderen Produkten hervor. Dazu passte auch der Namen "Grafschafter Goldsaft". Bis heute ist die Farbe Gelb und der Becher das Wahrzeichen der Marke Grafschafter.

Immer mehr Menschen wollen sich bewusster ernähren. Spüren Sie ein verstärktes  Nachfrageaufkommen?

Grafschafter Goldsaft ist der im Absatz zweitstärkste Einzelartikel* im Segment der Konfitüren, Marmeladen und Sirupe (* Quelle: Information Resources International | Stand: Juni 2020).

Das zeigt, wie beliebt der Artikel beim Verbraucher ist. Es gehört einfach zu einer vollwertigen, bewussten und dennoch genussvollen Ernährung dazu. Denn Zuckerrübensirup schmeckt absolut einzigartig, ist vielseitig einsetzbar und liefert Energie. Also eine gute, zudem preiswerte und nachhaltige Alternative zu Zucker und den so genannten Zuckeralternativen, wie Agavendicksaft, Reissirup oder Ahornsirup, die in fernen Ländern produziert und aufwendig zu uns transportiert werden müssen.

Zuckerrübensirup hingegen wird in der Region des Rheinlandes hergestellt. Der einzige Rohstoff für das Produkt, die Rübe wächst rund um die Fabrik, im Umkreis bis zu 12 km Entfernung. Das garantiert extrem kurze Transportwege. Unser Unternehmen ist eng mit der Region und seinen Landwirten verbunden, wir stehen zu unseren Wurzeln und fühlen uns mit ihr tief verbunden.

 

Ist das Thema Nachhaltigkeit/nachhaltiges Handeln auch innerhalb Ihrer Unternehmensführung fest verankert?

Das Thema Nachhaltigkeit mit all seinen umfangreichen Facetten beschäftigt ein so kleines Unternehmen wie das Unsrige bereits seit Jahrzehnten. Denn es liegt auch im ökonomischen Interesse eines Unternehmens, mit den vor Ort vorhandenen Ressourcen verantwortungsvoll und sparsam umzugehen. Den Aspekt der Regionalität haben wir schon etwas beleuchtet. Hierzu kann man ergänzen, dass auch die Art und Weise der Verarbeitung der Rübe in unserem Betrieb einen Beitrag zum Umweltschutz leistet, denn die Feldfrucht wird zu 100% genutzt. Es entsteht kein Abfall und es gelangen wertvolle Bestandteile der Rübe wieder in den Wertstoffkreislauf zurück. Dies bezieht sich auf die Rübenschnitzel, die beim Auspressen des Rübenbreis entstehen, die so genannten Pressschnitzel. Sie werden nicht einfach entsorgt, sondern dienen als natürlicher Dünger oder nahrhaftes Tierfutter.

Und um die natürlichen Ressourcen schonend zu nutzen, setzen wir auf alternative Energien. Seit 2008 nutzen wir eine 320-kW Photovoltaik Anlage. Auch ein Generator zur Stromgewinnung durch Kraft-Wärme-Kopplung kommt zum Einsatz. Auf diese Weise erzeugt die Grafschafter Krautfabrik pro Jahr 700.000 kWh emissionsfreien Strom. Dies entspricht dem durchschnittlichen Jahresbedarf von ca. 200 Haushalten. Unteranderem decken wir die Hälfte unseres eigenen Strombedarfs für den Betrieb während der Kampagne (von Mitte/Ende September bis Mitte Dezember) ab.

Außerdem verwenden wir für viele Arbeitsgänge unser eigenes Brunnenwasser mit Trinkwasserqualität. Zum Beispiel für das Anfahren unseres Schwemmwasserkreislaufs, das Einspritzen der Rüben in die Schwemmkanäle, für den Transport und das Vorreinigen der Rüben bis zur Knüppelwäsche und auch einen kleinen Anteil für die Verdunstungskühlanlage.

Nach dem Transport der Rüben wird das Brunnenwasser gefiltert und geht zurück in die Schwemmkanäle. Hier wiederum schließt sich ein weiterer Kreislauf an. Für die Rübenwäsche nutzen wir außerdem das Kondensat, welches während der Produktion entsteht, auch dies in einem permanenten Kreislauf. Das Kondensat verwenden wir darüber hinaus für den Betrieb unseres Heizungssystems während der Rübenkampagne im Herbst. Dieses Wärmerückgewinnungskonzept spart den Einsatz von Frischwasser. Erst wenn Wasserüberschuss entsteht, wird dieses Wasser in unserer firmeneigenen Kläranlage biologisch aufbereitet und dem öffentlichen Abwassernetz zugeführt. Das Brunnenwasser findet zudem Einsatz bei der Reinigung von Bodenflächen im Außenbereich und bei der Reinigung der Erdepresse (weitere Informationen hierzu siehe unten). Natürlich nutzen wir für andere Tätigkeiten auch Wasser aus dem öffentlichen Netz. Dieses genutzte Wasser bereiten wir ebenfalls in unserer Kläranlage wieder soweit auf, dass wir es ins öffentliche Abwassernetz einleiten dürfen.

Mit den Rüben wird auch anhaftende Erde vom Feld mitgeliefert. Je nach Witterung sind die Rüben unterschiedlich dreckig. Diese Erde wird während des Transports der Rüben in den Schwemmkanälen abgewaschen und über mehrere Lamellenklärer vom Wasser getrennt, danach gesammelt, um dann in unserer Erdepresse verpresst zu werden. Die so separierte Erde wird als Mutterboden gelagert und wieder der Landwirtschaft zugeführt.

Im Bereich der Verpackungen sind die meisten unserer Verpackungen aus Glas, wo es nicht möglich ist, wird sortenreiner Kunststoff eingesetzt. Sowohl unsere Glas- als auch Kunststoffverpackungen sind zu 100% recycelbar und teilweise für den Verwender mehrfach nutzbar. Im Einkaufsbereich arbeiten wir gerne, sei es bei Dienstleistungen, Energieversorgung oder Transport- und Verpackungsmaterialien, bevorzugt mit Lieferanten aus unserer Nähe zusammen. Zum einen, um die Region zu unterstützen und Arbeitsplätze zu erhalten und zum anderen, um kurze Lieferwege zu garantieren.

Auch beim Transport unserer Ware an die verschiedenen Handelskunden wird bei der Disposition der Touren darauf geachtet, die Transportwege so effizient und ökologisch wie möglich zu gestalten.

 

Planen sie die Einführung einer neuen Produktlinie?

Aktuell befinden sich verschiedene Produkte noch in der Testphase. Wir sind also dabei, unser Produktsortiment etwas zu erweitern.

 

Wie essen Sie den Goldenen Sirup von Grafschafter am liebsten?

Am Wochenende immer auf einem knackfrischen Brötchen mit Frischkäse. Er schmeckt mir auch sehr gut auf frischen Pfannkuchen und Kartoffelpuffer geht ebenfalls nicht ohne Goldsaft!

Lies auch: Gute-Laune-Snacks aus natürlichen Rohstoffen

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Bilder: Grafschafter



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