Gesellschaft

Wie glücklich sind die Deutschen?

Der aktuelle World Happiness Report der Vereinten Nationen ist am internationalen Weltglückstag, den 20. März 2017, erschienen. Laut dieser Studie sind wir Deutschen auf Platz 16 von 155. Ein Interview mit Gina Schöler vom Ministerium für Glück und Wohlbefinden.

Der aktuelle World Happiness Report der Vereinten Nationen ist am internationalen Weltglückstag, den 20. März 2017, erschienen. Laut dieser Studie sind wir Deutschen auf Platz 16 von 155. Ein Interview mit Gina Schöler vom Ministerium für Glück und Wohlbefinden.

29.03.2017 - Bild © Gina Schoeler

LifeVERDE: Wie glücklich sind die Deutschen?

GINA SCHÖLER: Der aktuelle World Happiness Report der Vereinten Nationen ist am internationalen Weltglückstag, den 20. März 2017, erschienen. Laut dieser Studie sind wir Deutschen auf Platz 16 von 155. Ob das nun die Antwort auf die Frage ist, wie glücklich wir Deutschen wirklich sind, darf jeder selbst entscheiden.

Meine persönliche Einschätzung nach fast 5 Jahren im Amt der Glücksministern ist, dass es uns deutschen besser geht als wir es uns manchmal eingestehen wollen. Oft bekommen wir von außen den „Grummel-Stempel“ aufgedrückt oder sehen uns auch selbst gerne in dieser Rolle. Das stimmt meiner Meinung nach aber in viel weniger Fällen als man denken mag. Wenn man offen auf fremde Menschen zugeht, ein Lächeln, eine nette Geste oder einen flotten Spruch parat hat, dann schmilzt das Eis sehr schnell. Und gerade, wenn ich mit der kleinen, großen Frage „Was macht dich glücklich?“ unterwegs bin, öffnen sich die Herzen der Deutschen in Windeseile und sehr viele erkennen schnell, dass sie sich glücklich fühlen.

Sie haben das „Ministerium für Glück und Wohlbefinden“ ins Leben gerufen. Was war der Auslöser hierfür und was ist Ihr Ziel?
Entstanden ist diese interaktive Kampagne Ende 2012 an der Hochschule Mannheim. Hier war es Aufgabe, eine Kampagne zu gestalten, die innerhalb der Gesellschaft einen Wertewandel initiiert und begleitet. Inspiration zur politischen Metapher war das kleine Land Bhutan samt seines Bruttonationalglücks. Mit diesem Sinnbild soll die große Frage nach dem guten Leben gestellt werden. Daraus wurde mein Beruf und ich führe diese Initiative als Glücksministerin mit ganzer Leidenschaft weiter, um Menschen auf kreative und alltagsnahe Weise zu inspirieren und dazu zu motivieren, das persönliche und gesellschaftliche Glück wachsen zu lassen.

Lässt sich Glück messen?
Es gibt sehr viele verschiedene Glücksstudien, Statistiken und Erhebungen. Die Glücksforschung ist in vollem Gange, hat aber auch einige Kritiker. So unterscheiden sich die Ergebnisse von Studie zu Studie und es scheint schwierig zu sein, so etwas Großes und Abstraktes wie Glück an festen Parametern zu messen. Für den World Happiness Report z.B. wurden Dinge wie Bruttoinlandsprodukt, Lebenserwartung, Selbstwahrnehmung, Stärke des sozialen Umfelds oder Vertrauen in Regierung und Unternehmen abgefragt und gemessen.

Was würden Sie sagen, wovon hängt Glück im Alltag ab?
Ich denke, es ist wichtig, wahrnehmen zu können, was bereits alles da ist. In uns und um uns herum. Das kleine Glück ist überall, wir müssen es nur erkennen. Wahrnehmen – wertschätzen – wachsen lassen – weitergeben heißt hier die Devise. Wenn wir all diese wunderbaren Momente, Erlebnisse, Sinneswahrnehmungen und Begegnungen sammeln, kommt da eine Menge zusammen. Genau darüber habe ich auch 222 Kurzgeschichten in meinem Buch „Das kleine Glück möchte abgeholt werden – 222 Anstiftungen vom Ministerium für Glück und Wohlbefinden“ gesammelt, was September 2016 beim Campus Verlag erschienen ist.

Die Schnelllebigkeit unserer Gesellschaft übt auf manche Menschen Druck aus. Können Sie Tipps geben, wie man diesem Druck entgegnen kann?
Alles wird immer schneller. Die Informationsflut, die Kommunikation, der Transport. Zeit ist Geld? Stress ist Erfolg? Hier gibt es viele Gegenbewegungen und gesellschaftliche Trends wie Achtsamkeit, Entschleunigung, Meditation – oder auch z.B. Formate wie Digital Detox Retreats, in denen ganz bewusst auf digitale Technik verzichtet wird, um dem Druck, ständig erreichbar sein und funktionieren zu müssen, zu entgehen.

Meine persönlichen Tipps beziehen sich auf eine gesunde Wahrnehmung des eigenen Handelns. Wie oft schaue ich am Tag auf das Handy, checke E-Mails? Wie viele Termine habe ich in meinem Kalender? Und wozu das alles? Welchen Sinn und Zweck hat es und würde es nicht auch anders gehen? Ausmisten ist angesagt. Im Kalender, im Malifach, im Kopf. Das tut gut und man wird staunen, dass man auf viel mehr Verständnis stößt als man vermuten möchte. Manchmal muss man seine Mitmenschen auch ein wenig „erziehen“, dass auf eine E-Mail nicht innerhalb von 2 Stunden beantwortet werden muss. Wir sollten uns gegenseitig dabei unterstützen, wieder auf ein normales Level zu kommen, das allen gut tut. „Offline is the new luxury“ habe ich neulich irgendwo gelesen und war begeistert.

Ihr persönlicher Rat an all diejenigen, die sich unglücklich fühlen. Was kann man ändern, um schnellstmöglich glücklicher zu sein?

Es gibt da die große „Henne-oder-Ei-Frage“: Sollte man sich zuerst selbst glücklich machen, um es an andere weiterzugeben oder gibt man etwas nach außen, so dass es zu einem zurückkommen und glücklich machen kann?

Wenn ich einen grauen Tag habe, hilft es mir, wenn ich offen auf andere zugehe, mit fremden Menschen herzlich umgehe, jemandem helfe – es kommt unmittelbar zurück und hilft mir sehr, die Lichtblicke im Alltag wieder zu erkennen.

Es ist die gesunde Balance aus Gas geben und auf die Bremse treten. Raus aus der Komfortzone, Neues wagen, Neues lernen, kleine Abenteuer erleben, Menschen kennenlernen und dann aber auch wieder Ruhe genießen, abschalten und zu sich selbst finden. Es hilft zudem, sich darüber bewusst zu werden, was einem wirklich gut tut. Eigene Bedürfnisse und Emotionen wahr- und ernst zunehmen. Muss ich nun funktionieren? Welche Erwartungen gibt es an mich und muss ich diese nun erfüllen? Oder ziehe ich mich gerade lieder zurück, gönne mir ein warmes Bad oder einen lustigen Film? Da sind der Fantasie keine Grenzen gesetzt und das Glück ist ja bekanntlich so individuell wie wir selbst.

 




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