Gesellschaft

Ökologischer Haus-Bau gegen schwindende Energieressourcen

THEMENWOCHE UMWELTFREUNDLICH BAUEN | „Angesichts schwindender fossiler Energieressourcen und dem sich immer deutlicher abzeichnenden Klimawandel wird ökologisches Bauen in Zukunft immer wichtiger werden“, davon ist Frank Hartung, unabhängiger Bauberater, überzeugt.

THEMENWOCHE UMWELTFREUNDLICH BAUEN | „Angesichts schwindender fossiler Energieressourcen und dem sich immer deutlicher abzeichnenden Klimawandel wird ökologisches Bauen in Zukunft immer wichtiger werden“, davon ist Frank Hartung, unabhängiger Bauberater, überzeugt.

29.03.2017 - © www.pixabay.com

LifeVERDE: Herr Hartung, was bedeutet ökologisches Bauen?

Frank Hartung, Inhaber Hausbauberater: Bei einem ökologisch erstellten Gebäude werden die Wechselbeziehungen zwischen dem Menschen, dessen erbauter Umwelt sowie den Ökosystemen berücksichtigt. Auf diese Weise soll allen nachfolgenden Generationen eine Umwelt hinterlassen werden, die intakt ist. Das Umweltbundesamt legt auf die Feststellung Wert, dass in sämtlichen Lebenszyklen eines Bauwerks von seiner Errichtung über die Nutzung bis zur Entsorgung der Verbrauch von Energie und Ressourcen sowie die Belastung des Naturhaushalts so gering wie möglich gehalten werden sollen. Einen rechtlich definierten Standard für das ökologische Bauen gibt es nicht, auch ein festes Konzept existiert nicht. Um eine möglichst lange Nutzungsdauer und somit eine größere Nachhaltigkeit zu gewährleisten, werden die meisten Öko-Häuser so geplant, dass sich mit ihnen verschiedene Lebenssituationen bewältigen lassen. Daher wird häufig eine Einliegerwohnung vorgesehen oder auf die Barrierefreiheit des Hauses geachtet.

Welche Vorteile gibt es und wo bestehen Schwierigkeiten?

Ökologisches Bauen schont die Umwelt und unterstützt diejenigen Hersteller, die sich um Nachhaltigkeit bemühen. Da nur mit natürlichen Materialien gearbeitet wird, verbessert sich das Raumklima des Hauses, wovon insbesondere Allergiker sowie sehr junge und alte Menschen profitieren.
Der Nachteil sind im Vergleich zum herkömmlichen Bauen die höheren Baukosten. Seit einiger Zeit ist außerdem bekannt, dass in Häusern, in denen ungebrannter Lehm verbaut wurde, ein erhöhter Wert des radioaktiven Radon-Isotops Thoron nachweisbar ist: Messungen des Helmholtz-Zentrums München ergaben bei einem teilweise aus Lehm errichteten Fachwerkhaus in Bayern unter realistischen Wohnbedingungen eine jährliche Dosis radioaktiver Strahlung von 1,6 Millisievert, obwohl nur wenige Bauteile Lehm enthalten. Bei einem vollständig aus Lehm gebauten Haus würde die Strahlenbelastung den von der WHO empfohlenen Schwellenwert um ca. 50 % übersteigen.

Wird sich unsere Art Häuser zu bauen in den nächsten Jahrzehnten grundlegend verändern? Bekommen ökologische Aspekte deutlich mehr Gewicht?

Angesichts schwindender fossiler Energieressourcen und dem sich immer deutlicher abzeichnenden Klimawandel wird ökologisches Bauen in Zukunft immer wichtiger werden. Architekten und Forscher arbeiten bereits an alternativen ökologischen Baustoffen: So hat das Startup-Unternehmen Ecovative (USA) ein kleines Holzhaus entwickelt, dessen Holzplatten von getrocknetem Pilzschaum zusammengehalten werden (http://mushroomtinyhouse.com/). Eine andere Idee ist das Hochhaus aus Holz, das mit Bäumen bepflanzt wird (http://www.cfmoller.com/r/Wooden-Skyscraper-i13265.html). Auch über ein ökologisches „Upgrade“ von stillgelegten Kraftwerken machen sich Planer Gedanken (http://azpml.com/#/projects/wedel-vattenfall-power-plant/4152). Worüber heute nachgedacht wird, könnte schon morgen in die Serienfertigung gehen.

Muss man für ökologisches Wohnen mehr Geld ausgeben und sind die Menschen dazu bereit?

Ökologisches Bauen und Wohnen kosten etwas mehr Geld. Für ein nach ökologischen Gesichtspunkten erstelltes Holz-Einfamilienhaus sollten Bauherren etwa 1.600 Euro/qm Wohnfläche einkalkulieren. Fertighaushersteller, die mit Bezeichnungen wie „Bio-Designhaus“ werben, bieten ihre Domizile sogar für ca. 2.500 Euro/qm an. Ein klassisches Einfamilienhaus mittlerer Qualität ist dagegen für 1.300 bis 1.400 Euro/qm zu haben. Ein Haus mit einer Standardgröße von 130 qm kostet in der ökologischen Ausfertigung als Holzhaus also etwa 30.000 Euro mehr. Ob Verbraucher willens sind, diese Mehrkosten zu bezahlen, dürfte in erster Linie von ihren finanziellen Möglichkeiten abhängen. Sicher ist: Menschen sind heute mehr denn je dazu bereit, sich eine gesunde und nachhaltige Wohnumgebung zu erschaffen.

Wie beraten Sie „Neulinge“? Worauf müssen sie besonders achten?

Neben dem allgemein gültigen Tipp, mehrere Angebote miteinander zu vergleichen und sich ggf. externen Rat zu holen, gibt es einen wichtigen Hinweis: Um ganz sicher zu sein, dass das spätere Eigenheim tatsächlich ein ökologisch gebautes Haus ist, sollte darauf geachtet werden, dass alle Baumaterialien mit dem europäischen Gütesiegel natureplus (www.natureplus.org) ausgestattet sind. Nur dann können sich Verbraucher auf deren Unbedenklichkeit verlassen. Da Bio- oder Ökohäuser keinem einheitlichen Standard unterliegen, sollten Bauinteressen sich immer nach deren Energiebilanz und weiteren Möglichkeiten, CO2 einzusparen, erkundigen. Ökologisch gebaute Häuser erreichen aufgrund ihrer Bauweise bereits eine sehr gute Energiebilanz; um allerdings einen Passivhaus-Standard zu erreichen, muss an dieselben Voraussetzungen wie bei anderen Eigenheimen gedacht werden: Die Nutzung der Sonnenenergie oder die südliche Ausrichtung der Wohnräume sind nur einige Kriterien, die auch ein Öko-Haus erfüllen sollte.

Worauf legen Ihre Kunden unter Nachhaltigkeitsgesichtspunkten am meisten Wert?

Meinen Kunden ist wichtig, dass sie in einem wohngesunden Umfeld leben können und ihr Eigenheim in allen seinen Lebensphasen die Umwelt so wenig wie möglich belastet. Immer wieder werden die Senkung des Energiebedarfs und des Verbrauchs von Betriebsmitteln, die Reduzierung der Transportwege auf ein notwendiges Minimum sowie die Nachnutzungsmöglichkeiten als wichtigste Entscheidungskriterien genannt. Außerdem ist den meisten Kunden ihre Verantwortung nicht nur für ihr nächstes persönliches Umfeld, sondern auch für nachfolgende Generationen bewusst.

Können Ihre ökologischen Häuser überall errichtet werden?

Ökologische Häuser können überall dort gebaut werden, wo es die örtlichen Bauvorschriften zulassen. Eine Baugrunduntersuchung gibt Aufschluss über die geologischen Eigenschaften des künftigen Bauplatzes und weist darauf hin, worauf beim Hausbau geachtet werden muss – ganz wie bei einem konventionell errichteten Gebäude. Eigens für Öko-Häuser formulierte Vorgaben gibt es nicht.

Zur Person:
Frank Hartung arbeitet seit 1995 als unabhängiger Bauberater, Baubetreuer und Mediator in der Baubranche. Unter www.hausbauberater.de können sich Interessierte eine Überblick über seine Betätigungsfelder verschaffen.

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Umweltfreundlich Bauen mit Holz



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