Gesellschaft

Fast Fashion – Das zwiespältige Geschäft mit der Mode

Günstige Preise, stetig wechselnde Kollektionen, mangelnde Qualität: Fast Fashion boomt. Doch laut einer Studie sehen immer mehr Deutsche die schnelle Mode kritisch. Sie fordern mehr Transparenz und Nachhaltigkeit.

Günstige Preise, stetig wechselnde Kollektionen, mangelnde Qualität: Fast Fashion boomt. Doch laut einer Studie sehen immer mehr Deutsche die schnelle Mode kritisch. Sie fordern mehr Transparenz und Nachhaltigkeit.

16.01.2019 - Autor: Eva Burghardt - Bilder: Pixabay

Seit gestern schweben sie wieder über die Laufstege: Die stylishen Models auf der Berliner Fashion Week. Die Hauptstadt im Ausnahmezustand. Events und Laufsteg-Shows. Teure Kleider, teure Frisuren, internationale Designer. Das Mode-Mekka für die Einen, eine Farce für die Anderen. Ist die glitzernde, schillernde Welt der Fashionistas doch nur im Scheinwerferlicht prunkvoll und beeindruckend. Hinter den Kulissen der Modeindustrie sieht's düster aus. Die Kehrseite der günstigen Preisschilder ist das Leben unter widrigsten Bedingungen in den Produktionsländern. 12 -Stunden-Schichten, für einen Hungerlohn arbeiten, an den giftigen Dämpfen der Chemikalien krank werden oder vom Feuer eingeschlossen werden und sterben, wie in der Textilfabrik in Pakistan im Jahr 2012. All das sieht man nicht in den Schaufenstern der Fast Fashion Giganten wie H&M oder Primark. Hier wiederholt sich das Mantra der "schnellen Mode": Sale! Sale! Sale! Hier hat das Jahr nicht mehr vier Saisons wie Frühling, Sommer, Herbst und Winter. Nein, nahezu jede Woche landet eine neue Kollektion in den Läden. Was nicht mehr passt, wird noch günstiger verkauft oder einfach weggeworfen. Ohnehin ist hier vieles zum Wegwerfen, denn die günstige Produktion wirkt sich auf die Qualität aus. Eine lockere Naht? Ein kleiner Fleck am Hosenbein? Ab in die Tonne.

Die Deutschen sehen hin

Wie die Verbraucher in Deutschland über die Bekleidungsfirmen und die Textilindustrie denken, hat jetzt eine Studie der Changing Markets Foundation und der Clean Clothes Campaign aufgezeigt. Das Ergebnis ist deutlich und ein klares Statement Richtung Modeindustrie. Die Mehrheit der Deutschen ist skeptisch, wie nachhaltig die Modeindustrie aufgestellt ist. Über die Hälfte der befragten Teilnehmer wären bereit mehr Geld für Kleidung auszugeben, wenn dadurch die Produktionsbedingungen verbessert würden.

Durchgeführt wurde die Studie von dem Marktforschungsunternehmen Ipsos Mori. 7701 Erwachsene im Alter von 16 bis 75 Jahren in sieben Ländern nahmen daran teil. Neben Deutschland wurde die Studie außerdem in den USA, Frankreich, Großbritannien, Italien, Polen und Spanien durchgeführt. Hierzulande beteiligten sich 1093 Menschen an der Studie und zeigten, dass den Deutschen vor allem eines beschäftigt: Fairere Löhne. So waren über zwei Drittel der Befragten der Meinung, dass in der Modeindustrie grundsätzlich Billiglöhne gezahlt werden und 66% der Teilnehmer wären bereit bis zu 5 % mehr für teurere Kleidungsstücke auszugeben  - so viele wie in keinem anderem der fünf untersuchten Kernmärkte der Europäischen Union.

Forderungen nach mehr Transparenz und Verantwortung

Die Studie zeigte außerdem das große Misstrauen der Deutschen in die Modeindustrie auf. 79% waren der Meinung, dass die Bekleidungsfirmen mehr ihr Engagement für die Umwelt und Maßnahmen zur Senkung der Umweltbelastung bereitstellen sollten. 71 % fordern, dass die Bekleidungsunternehmen für die Geschehnisse in der Produktionskette zur Verantwortung gezogen werden sollen. Eine deutliche Forderung, die in diesen Tagen traurige Aktualität erhält: Am 10. Januar hat das Dortmunder Landgericht die Klage gegen KiK abgewiesen. Das Bekleidungsunternehmen betrieb eine Produktionsfirma in Karatschi wo im Jahr 2012 bei einem Brand über 200 Menschen ums Leben kamen, die für den Konzern Kleidung nähten. In einem aufwendigen Verfahren waren in den folgenden Jahren die Angehörigen bis vor das Dortunder Landgericht gezogen, um KiK in die Verantwortung zu ziehen. Das hat jetzt entschieden: Der Fall ist verjährt.

Geringes Vertrauen

Neben der Forderung nach faireren Produktionsbedingungen und Verantwortung, sahen die Teilnehmer der Studie auch ein Problem bei der Glaubwürdigkeit großer Textilkonzerne. Nicht einmal jeder sechste Befragte gab an, die eigenen Angaben der Modegiganten zum Thema Nachhaltigkeit für glaubwürdig zu halten. Das mangelnde Vertrauen zieht sich hierbei durch alle Marken und Preisklassen: Lediglich 13 % sahen bei luxoriösen Marken wie Hugo Boss Nachhaltigkeit in den Lieferketten. Damit liegt Hugo Boss mit dem Fast Fashion Giganten H&M gleich auf. Bei Lidl lag die Einschätzung bei 11 % und damit immer noch vor Gucci mit 10%. Hier zeigt sich, dass es keinen Unterschied zwischen den teuren und billigen Produzenten gibt. Die Deutschen sind misstrauisch gegenüber den Modegiganten.

Chancen für eine nachhaltige Modeindustrie?

Die Ergebnisse der Studie sind ein Lichtblick im Chaos des Fast Fashion Dschungels: Zeigt sie doch auf, dass unter den Befragten eine ausgeprägte Sensibilität für die Produktionsbedingungen und Lieferketten der Modegiganten vorhanden ist. Wenn mit dieser Erkenntnis ein erster Schritt Richtung Besserung getan wird: Gut! Wenn die Besserung langfristig bedeutet, dass Kleidung nachhaltiger produziert wird: Besser! Doch auch, wenn die Fast Fashion die Kleiderschränke vieler Deutschen immer noch besiedelt, gibt es Licht am Horizont. Durch die wachsende Sensibilität für die unfairen Produktionsbedingungen und die Wegwerfpolitik der Modeindustrie, entstehen immer mehr fairtrade-Labels, die sich dieser Tendenz entgegenstellen. Durch die Nutzung recycelter Produkte oder nachwachsender Rohstoffe kann die Umwelt geschont werden. Ein enger Konatkt mit den Näherinnen und Nähern an den Produktionsstandorten sorgt für ein ausgeglichenes Verhältnis – faire Löhne selbstverständlich inbegriffen.

Und nicht nur neue und faire Modelabels verändern unser Kaufverhalten in eine nachhaltige Richtung: Durch den Kauf von Secondhand-Kleidung oder die Teilnahme an Kleidungs-Tauschparties, wird auch der Wegwerfkultur der Modeindustrie etwas entgegen gesetzt. Wie kleine Lichtblicke steigen die nachhaltigen Alternativen aus dem Dunklen der Fast Fashion Industrie hervor und setzen neue Akzente für eine nachhaltige Zukunft.

Sogar die Mode-Fans und Veranstalter der Fashion Week können sich diesem Trend nicht entziehen: Neben "Fashion und Technology" geht es dort in diesen Tagen auch um nachhaltige Mode: "Sustainable Fashion".

Auch interessant: Kleidung mieten, aus zweiter Hand oder von der Straße, das ist nachhaltig!

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